Ender’s Game – Das große Spiel

Blu-ray Review

Ender's Game Blu-ray Review Cover
Highlight Communications, seit 06.03.2014

OT: Ender’s Game

 


Kindersoldaten

Ebenso effektvolle wie fragwürdige Verfilmung des erfolgreichen Romans „Das große Spiel“.

Inhalt

Nachdem vor fünf Jahrzehnten ein Angriff bösartiger insektoider Aliens nur durch den aufopfernden Einsatz eines Kommandanten abgewehrt werden konnte, ist die Erde in ständiger Alarmbereitschaft. Da man nicht abwarten will, bis die Außerirdischen erneut vorbeischauen, setzt man auf Prävention und sucht dafür die besten Kadetten, die noch als junge Menschen rekrutiert und ausgebildet werden. Colonel Graff ist seit langer Zeit auf der Suche nach einem „Auserwählten“, nach einem, der Grips hat und taktische Führung beherrscht, einem wahren Anführer. Gerade in Ender Wiggin, dem schmalsten, zurückgezogensten und von allen anderen gemobbten Hänfling sieht er dieses Potenzial. Auf Graffs persönliche Einladung hin darf Ender am Programm teilnehmen und langsam entwickelt er sich vom Einzelgänger zum Leader. Er vereint jugendliche Weisheit mit Intellekt und Teamgeist und entwickelt – sehr zum Gefallen von Graff – echten Killerinstinkt. Doch das alles ändert auch das Wesen des Jungen …

Regisseur und Schauspieler Gavin Hood (Machtlos, X-Men Origins: Wolverine) nahm sich des überaus erfolgreichen Romans von Orson Scott Card an, der (wenig verwunderlich bei dessen militärischem Grundton) vom US-Marinecorps für Offiziersanwärter empfohlen wird. Wie die Vorlage auch liefert Hoods Film ein höchst fragwürdiges Bild ab, das die militärische Ausbildung und Entwicklung eines minderjährigen Jungen schildert, der vom zurückgezogenen Außenseiter zum Kriegsstrategen wird und als solcher einen Genozid anrichtet. Das kann man als Kritik an einer computerisierten Generation verstehen, aber eben auch als Propagandawerk mit faschistoiden Tendenzen, dass sich am Ende selbst applaudiert. Für welche Interpretation man sich auch entscheidet, unstrittig ist, dass Harrison Ford lange schon nicht mehr einsilbiger und eindimensionaler agiert hat als in Ender’s Game. Das geht soweit, dass man sich fragt, was den überzeugten Umweltaktivisten und Liberalen zu dieser Rolle eines unerbittlichen und knallharten Soldaten bewegt haben mag, der den Krieg vor die freie Entfaltung der Kinder stellt. Nach dem Motto: „Krieg ist zwar doof, aber notwendig“ schlägt Ford in die gleiche Kerbe, die vor ihm schon George W. Bush bearbeitet hatte und dessen Gegner der Han-Solo-Darsteller während des Irak-Kriegs so leidenschaftlich gewesen war.

Und dann ist da noch der verdiente Sir Ben Kingsley, der im Schneidersitz und mit Gesichtstätowierungen Enders Yoda gibt – meist hart an der Grenze zur Lächerlichkeit. Da hilft dann auch nur noch bedingt, dass dem jungen Protagonisten irgendwann doch noch die Erleuchtung kommt, denn mit dieser bleibt der Junge, der nur deshalb überhaupt gezeugt werden durfte, um seiner Bestimmung nachzukommen, allein. Zumal dieser Teil, der im Buch deutlich ausführlicher beschrieben wird, im Film innerhalb von drei Minuten abgehandelt wird. Was beim Schauen von Ender’s Game beinahe ohnmächtig macht: Da kreiden die „zivilisierten“ Weltmächte den entsprechenden Gesellschaften in Uganda, Sierra Leone oder Liberia das Rekrutieren von Kindersoldaten an und Hollywood stilisiert es hier zur Kultur im Hochglanzformat – mit dem einzigen Unterschied, dass die Kids hier einen Joystick in der Hand halten und keine AK47.
Dass Ender’s Game hin und wieder durchaus fesselnde Momente hat, liegt an Jungdarsteller Asa Butterfield, dem Hugo Cabret aus Scorseses gleichnamigen Film. Die Wandlung vom schüchternen Mobbingopfer zum harten Anführer nimmt man ihm zweifellos ab. Das zweite Argument für Unterhaltung bieten die hohen Schauwerte und die herausragenden Tricks des Films. Gerade die Szenen in Schwerelosigkeit wurden selten überzeugender realisiert.

Bild- und Tonqualität

Leiden manchmal Blu-rays in dunklen Szenen unter Problemen wie Unruhen oder erhöhtem Rauschfaktor, legt Ender’s Game unter schwierigen Bedingungen erst richtig los. Die Anfangsszenen mit Harrison Ford und Viola Davis im dunklen Kontrollraum sind extrem knackig und ultrascharf. Die Bildruhe bleibt stets absolut perfekt und Farben werden natürlich und lebhaft wiedergegeben. Die Kantenschärfe ist hervorragend, Doppelkonturen bleiben dauerhaft aus und die Detailtiefe ist herausragend.
Wenngleich Ender’s Game nicht permanente Daueraction liefert, nutzt der 7.1-dts-HD-High-Resolution-Sound seine acht Kanäle voll aus. Schon in der kurzen Zusammenfassung der Ereignisse vor 50 Jahren hagelt es Effekte und der Subwoofer bekommt ordentlich zu tun. Immer wieder sirren und surren elektronische Geräusche auf den Rearspeakern. Beim Start des Shuttle wähnt man sich akustisch mit auf der Abschussrampe (12’40). Sensationell authentisch wirkt auch die Akustik im Trainingsraum der Kadetten, in dem Schwerelosigkeit herrscht und Geräusche leise verhallen (22’00).

Bonusmaterial

Kernstück der Extras von Ender’s Game ist das siebenteilige „Ender’s Game Special“, das gut eine Stunde Laufzeit aufweist und mit zahlreichen Kommentaren der Filmemacher und Schauspieler gespickt ist. Spannend ist es, nachzuvollziehen, wie die Aufnahmen in Schwerelosigkeit realisiert wurden. Vermutlich gab es bisher noch nie so viel „Drahtarbeit“ für Filmschaffende und Stuntkoordinatoren. Dazu gibt’s einen unkommentierten Blick hinter die Kulissen und sechs Interviews.

Fazit

Mag sein, dass scheinbar ausweglose Situationen besondere Maßnahmen erfordern. Allerdings wird das in Ender’s Game derart eindimensional geschildert, dass es einem übel aufstößt. Ein Film, der auf einem Jugendbuch basiert, mit jugendlichen Darstellern besetzt ist und sich an ein jugendliches Publikum richtet, sollte anstatt auf derart kriegstreibende Argumente besser auf eine ausgewogene Darstellung Wert legen, sollte das Graue zwischen dem Schwarz und dem Weiß thematisieren. Die Botschaft des Films jedenfalls ist höchst fragwürdig, zumal der eigentliche „Skandal“ der Geschichte, die kriegerische Instrumentalisierung von Kindern und die Indoktrination von militärischem Gedankengut in 14-jährige Kids vollkommen kritikfrei bleibt und der Protagonist ohne jede psychologische Unterstützung damit zurechtkommen muss, einen Genozid begangen zu haben. Manchmal ist’s eben NICHT einfach nur Unterhaltung.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalfassung): 90%
Bonusmaterial: 70%
Film: 5%

Anbieter: Highlight Communications
Land/Jahr: USA 2013
Regie: Gavin Hood
Darsteller: Harrison Ford, Asa Butterfield, Hailee Steinfeld, Viola Davis, Abigail Breslin, Sir Ben Kingsley
Tonformate: dts HD-High Resolution 7.1: de, en // DD 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 114
Codec: AVC
FSK: 12

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3 Kommentare
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Helmut

Ich empfand halt auch schon den im gesamten Filmverleih zunehmenden Widerwillen gegen die entmenschlichenden Rekrutierungsmethoden, den auch du empfunden hast, als vom Filmemacher beabsichtigt, ähnlich wie bei Starship Troopers, nur ohne dessen satirische Zuspitzung, welche die Distanzierung leichter machte (was den Film dennoch nicht vor Faschismusvorwürfen geschützt hat). Hab aber auch viele Kritiken zu EG gehört die das ähnlich sehen wie du, von daher scheint es dem Regisseur zumindest nicht gelungen zu sein, seine Botschaft unmissverständlich rüberzubringen

Helmut

Gerade erstmals deine alte Kritik gefunden, weil ich eigentlich schauen wollte ob die US 4k Version was taugt. Ich mag den Film sehr, bin aber in meiner Auffassung von filmischen Kriegsverherrlichung eigentlich wohl durchaus auf deiner Linie.. Einer von uns muss den Film falsch verstanden haben (den Roman habe ich nicht gelesen). Das Ende stellt doch alles auf den Kopf und die faschistoide Umerziehung der Kids in Frage, weshalb sich die Hauptfigur der Rettung des vermeintlichen Feindes verschreibt. Dass den Kids eine reale Schlacht als Spiel untetgejubelt wird findet m.E. im Film keine Rechtfertigung. Der Trick auch für den Zuschauer ist die anfangs scheinbare Identifikation. Regisseur Gavin Hood hat Filme wie „Rendition“ oder Eye in the Sky“ gemacht, ich würde mich bei ihm auch sehr über eine militaristische Botschaft wundern. Vielleicht nochmal eine Chance geben?