Erlösung – Flaschenpost von P

Blu-ray Review

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NFP/Warner Home, 24.11.2016

OT: Flaskepost fra P

 


Soldat des Satans

Jussi Adler-Olsen zum Dritten.

Inhalt

Während Carl Mørck seit einiger Zeit nicht im Dienst war, weil er von den letzten Fällen komplett ausgebrannt ist, erreicht Assad eine mindestens sechs Jahre alte Flaschenpost. Kaum leserlich zwar stellt man bald fest, dass menschliches Blut an ihr klebt und sie offenbar von einem kleinen Jungen verfasst wurde, dessen Vorname mit P beginnt. Assad erzählt Mørck von seinem Fund und kann den Kollegen dazu bringen, wieder zur Arbeit zu kommen. Ihre gemeinsamen Nachforschungen gehen schon bald in Richtung einer Gemeinde der Zeugen Jehovas. Doch es wurden nie Kinder als vermisst gemeldet. Und wie aus dem Nichts scheinen sich die Ereignisse zu wiederholen, denn es beobachtet jemand, wie zwei Kinder in ein Auto gezerrt werden und erneut geht keine Meldung über eine vermisste Person bei der Polizei ein. Natürlich treffen Assad und Mørck vor Ort auf eine Mauer des Schweigens – selbst die Eltern der Entführten geben nichts preis und begegnen dem muslimischen Polizisten zudem mit Verachtung. Nur mit Mühe und Not bekommen die beiden Ermittler Zugriff auf das, was der Entführer den Eltern mitteilt und können während der Geldübergabe des erpressten Lösegelds auf einen Zugriff hoffen. Doch erstens kommt es anders und zweitens auch noch extrem gefährlich …

Nach Erbarmen und Schändung folgt nun mit Erlösung – Flaschenpost von P die dritte Verfilmung eines Romans von Jussi-Adler Olsen. Nach einer verschwundenen Politikerin und ungelösten Fällen im Umfeld eines Internats geht es nun noch etwas düsterer zu. Denn hier ist offenbar ein Kindesentführer unterwegs – und was gibt’s perfideres als das Quälen und Töten von Kindern? Hans Petter Moland übernimmt als Regisseur von Mikkel Nørgaard, der die ersten beiden Filme verantwortete und konzentriert sich ebenso wie sein Vorgänger auf die Atmosphäre und die Entwicklung der Figuren. Die Dynamik zwischen Mørck und Assad steht dabei erneut im Vordergrund und wird dieses Mal um eine religiöse Komponente bereichert. So trifft der bekennende Atheist Mørck auf Assad, der zumindest an „etwas Größeres“ glaubt – zwei gegensätzliche Positionen, die auch die Ermittlungen im religiösen Umfeld beeinflussen. Vorurteile zwischen den Glaubensrichtungen treten zum Vorschein und sind zeitgleich auch ein Kommentar zur aktuellen gesellschaftspolitischen Lage. Erlösung kann sich dabei erneut auf absolut starke Schauspieler verlassen, von denen Fares Fares wieder einmal herausragt. Während Nikolaj Lie Kass den mies gelaunten (und noch dazu psychisch angeschlagenen) Mørck einmal mehr überzeugend gibt, gebühren Fares die dynamischeren Momente. Er ist das Bindeglied zum Zuschauer, die gute aufrechte und moralisch einwandfreie Seele, die sogar zwischen den Gefühlen und Befindlichkeiten der Eltern und dem rüden Carl vermitteln muss. Dass gerade seine Figur einen muslimischen Hintergrund hat, wird in dieser Geschichte besonders auffällig, aber eben auch sensibel genutzt.

Dazu kommt der typisch lakonische Humor, den nur die Skandinavier so hinbekommen. So zum Beispiel, wenn Mørck erneut um Urlaub bittet, um seine Verwandten in der Gegend zu besuchen, in der der neue Entführungsfall stattgefunden hat (31’00) oder wenn sich die beiden ermittelnden Kollegen über Glauben und Nicht-Glauben unterhalten. Da aber jeder Thriller nur so gut ist wie der Bösewicht, gebührt auch Pål Sverre Hagen als Johannes großes Lob. Seine Figur ist nur deshalb so fies, weil der Darsteller das entsprechend überzeugend rüberbringt. Das lässt auch darüber hinwegsehen, dass nach einem starken Beginn das Tempo für gut 35 Minuten sehr verflacht. Richtig Spannung kommt dann allerdings auf, wenn der Vater von der Polizei flankiert im Zug zur Geldübergabe fährt – viel nervenzerrender kann man das kaum machen und noch dazu mit einem respektablen Trick aufwerten, wenn Mørck äußerst knapp vor dem Zug über den Bahndamm fährt. Praktisch die komplette zweite Hälfte des Films steigert sich dann mehr und mehr und gipfelt vorerst in einem adrenalintreibenden Showdown im Krankenhaus. Das gegenüber den beiden Vorgängern einzige Manko ist der etwas geradlinige Plot. So gibt es hier kaum Rätsel aufzuklären oder doppelte Böden zu entdecken. Einzig der familiäre Hintergrund des Entführers lässt ein paar Interpretationen zu, wenn man erfährt, dass Johannes unter vielen Namen unterwegs ist. Nichtsdestotrotz ist auch Erlösung – Flaschenpost von P ein hervorragender Thriller mit einem äußerst unheimlichen Killer und nachhaltig verstörenden Szenen im Bootshaus. Fans der Romanvorlage werden übrigens nicht ganz glücklich sein, denn die Geschichte wurde für den Film massiv verändert und nur noch im Grundkonstrukt beibehalten.

Bild- und Tonqualität

Sieh mal an: Im Gegensatz zum meist düsteren und sehr kontrastarmen Bild der Vorgänger darf Erlösung auch jene erfreuen, die mehr Wert auf eine gute und prägnante Bildqualität legen. Vor allem im düsteren Keller von Carl und Assad lässt sich nun deutlich mehr erkennen und die gut ausgeleuchteten Tageslichtszenen geraten gar richtig plastisch. Körnung gesellt sich (absichtlich) nur während der Rückblicke hinzu, während die Gegenwart sehr laufruhig und rauschfrei erscheint. Die Schärfe ist (außer in Close-ups) nicht immer ganz perfekt, dafür passen die Hautfarben und auch die generelle Farbgebung. Leider treten auch hier immer mal wieder Randunschärfen im unteren Bereich auf.
In Sachen Raumklang bleibt Erlösung zunächst sehr unspektakulär und ruhig. Dominiert wird das Geschehen von sehr gut verständlichen Dialogen der hervorragenden Synchronisation. Die Filmmusik wird ebenfalls erst einmal nur dezent genutzt und richtig räumlich wird’s erst nach knapp einer Stunde. Hier fliegt dann zunächst ein Hubschrauber dynamisch von hinten nach vorne durch den Raum und wird dann von einem wuchtig intonierten Zug abgelöst (56’45). Während der späteren Rückblicke in Johannes‘ Kindheit darf zudem der Subwoofer ordentlich zupacken.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Erlösung finden sich neben den Trailern zu den anderen Filmen der Reihe nur drei Interviews mit Carl-Darsteller Nikolaj Lie Kaas sowie mit Regisseur Moland und Johannes-Schauspieler Pål Sverre Hagen.

Fazit

Nicht ganz so spannend wie der Erstling, dafür packender als der direkte Vorgänger – Erlösung – Flaschenpost von P bietet astreine Thrillerkost aus Skandinavien mit nur kleinen Mängeln. Herausragend ist erneut die Charakterisierung der Figuren und so wachsen dem Zuschauer Assad und Mørck mehr und mehr ans Herz. Verfilmung #4 darf gerne kommen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 20%
Film: 80%

Anbieter: Warner Home/NFP
Land/Jahr: Dänemark/Deutschland 2016
Regie: Hans Petter Moland
Darsteller: Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Pål Sverre Hagen, Johanne Louise Schmidt, Jacob Lohmann, Amanda Collin, Jakob Oftebro, Signe Mannov
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 112
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Erlösung

ERLÖSUNG | Trailer | Deutsch HD German

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