Erpressung – Wie viel ist deine Familie wert?

Blu-ray Review

Erpressung - Wie viel ist deine Familie wert Blu-ray Review Cover
Ascot Elite, 30.06.2017

OT: Extortion

 

 


Mit letzter Kraft

Hier kommt ein ziemlich spannender Thriller aus der zweiten Reihe.

Inhalt

Dr. Kevin Riley hat sich mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn endlich die verdiente Auszeit genommen und startet in einen Kurzurlaub in die Karibik. Für den Ausflug hat er lange gespart, ist er doch „nur“ Arzt in einem kleineren Bezirkskrankenhaus. Weil er seinem Sohn versprochen hat, dass er mit ihm vor Ort Jetski fahren wird, der Vermieter der Hotelanlage aber ausgebucht ist, wendet sich Kevin an ein paar Einheimische. Das Angebot für 200 Dollar einige Stunden ein echtes Motorboot zu leihen, ist verlockend und Riley verbringt mit seiner Familie zunächst einen tollen Tag auf dem Meer. Doch auf dem Rückweg von einer einsamen Insel springt der Motor nicht mehr an. Am zweiten Tag ohne Wasser lässt man sich mit dem manövrierunfähigen Boot aufs Meer hinaustreiben, um eventuell auf andere Boote zu treffen. Als man aber erneut auf ein verlassenes Eiland stößt, scheint die Hoffnung vorüber. Wenn da nicht plötzlich ein kleines Fischerboot auftauchen und Hilfe leisten würde. Allerdings werden die Ohren des Einheimischen hellhörig, als Riley erwähnt, dass er Arzt sei. Ärzte sind vermögend, so vermutet man und so verlangt der Retter gleich mal eine Million Dollar. Geld, das Kevin nicht mal ansatzweise hat. Immerhin knapp 200.000 Dollar kann er auftreiben und die Erpresser damit zufriedenstellen. Doch die denken gar nicht daran, ihn am Leben zu lassen …

Mit Bilderbuch-Postkarten-Romantik lockt Erpressung sein Publikum an und nimmt sich die gebührende Zeit, die Familie vorzustellen, damit man mit ihr mitempfinden kann. Erst nach einer guten halben Stunde offenbart sich dann, welche Richtung der Film nehmen wird. Regisseur Volken tut dabei gut daran, die Erpresser nicht als übermächtige und berechnende Killer darzustellen, sondern charakterisiert sie mit nachvollziehbaren Motiven, die eine Affekthandlung begehen. Barkhad Abdi spielt den Rädelsführer der Kidnapper und variiert damit seine Rolle als Schiffsentführer aus Captain Phillips, für die er seinerzeit eine Oscarnominierung absahnte. Hier ist er nicht ganz so diabolisch und lässt damit auch Raum für TV-Serien-Star Eion Bailey (Once Upon a TimeCovert Affairs), der als zunehmend mitgenommener Familienvater absolut überzeugend Wut, Verzweiflung und wilde Entschlossenheit vereint – gerade, wenn ihm der lokale Detective (routiniert: Danny Glover) ein Szenario entwirft, das ihn selbst zum Verdächtigen macht. Erpressung ist hier sicherlich nicht ganz frei von Klischees (gerade gegenüber den ach so wenig zivilisierten Karibik-Inseln), doch man kann dem von Volken selbst geschriebenen Film sicher nicht abstreiten, dass er keine Spannung erzeuge.

Von kleinen ärgerlichen Details abgesehen (wenn der als äußerst dünn beschriebene Entführer laut Computer 75kg bei 165cm Körpergröße haben soll, muss er wohl Knochen aus Blei haben), sorgt die zweite Hälfte des Films durchaus für Thrill. Riley setzt seine Nachforschungen dort an, wo die Polizei sich weigert zu suchen. Dass er am Ende durch sein Verhalten selbst dafür sorgt, dass man ihm nicht mal mehr im Ansatz glaubt, dramatisiert den Film zwar noch weiter, wirkt dann aber doch ein wenig übertrieben. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen, zumal die Laufzeit mit 110 Minuten schon nicht ganz kurz geraten ist. So bekommt man allerdings die Gelegenheit, noch stärker mit Riley mit zu empfinden. Allerdings droht er zwischendurch auch zu dem typischen Amerikaner zu werden, der sich auf der Welt wie ein polternder Egoist benimmt und sich alles nimmt, was er braucht, um sein Ziel zu erreichen. Gut, dass Eion Bailey ausgewogen genug agiert, um seine Figur immer wieder die Kurve kriegen zu lassen. Inszenatorisch macht Volken das durchgängig gut und lässt seinen Film immer wieder teurer aussehen als er eigentlich ist. Trotz Besetzung aus der zweiten Reihe und trotz des relativ unbekannten Namens auf dem Stuhl des Regisseurs gelingt mit Erpressung ein durchweg unterhaltsamer Streifen, der den Vergleich mit großen Vorbildern nicht zu scheuen braucht.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Erpressung nutzt ausgiebig Weichzeichner rund um Objekte und Figuren. Zusätzlich ist die Schärfentiefe bisweilen sehr kurz, was Köpfe und Details stark in den Vordergrund stellt. Die Bildruhe ist durch die Absoftung sehr gut und eine Körnung wird nur auf uniformen Hintergründen (bspw. Himmel) ein wenig sichtbar. Die Farben hat man leider ein wenig übertrieben, weshalb das Wasser der Karibik übermäßig türkis erscheint und Hauttöne nur bedingt authentisch wirken.
Beim Ton fächert sich der (manchmal) etwas schwülstig geratene Soundtrack auf alle Lautsprecher auf, klingt aber ein wenig dumpf und schwankt tonal auch etwas. Die Actionsequenzen werden mit guter Dynamik wiedergegeben und übertönen die Dialoge nicht. Letztere bleiben jederzeit gut verständlich, selbst wenn das Speedboot im Finale richtig Gas gibt (94’40).

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Erpressung findet sich neben Trailern und Programmtipps auch noch ein siebenminütiges Featurette über die Entstehung und Entwicklung des Films, in dem Regisseur Volken erzählt, dass er einen universellen Film machen wollte, der auf der ganzen Welt für Unterhaltung sorgen kann. Eine interessante Behind-the-Scenes-Galerie ergänzt das kurze Making-of.

Fazit

Erpressung ist spannend, gut gespielt, hübsch gefilmt und trotz langer Laufzeit beständig unterhaltsam – gute Kost für einen spannenden Thriller-Abend.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 65%

Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: USA/Puerto Rico 2017
Regie: Phil Volken
Darsteller: Eion Bailey, Bethany Joy Lenz, Barkhad Abdi, Danny Glover, Tim Griffin, Mauricio Alemañy
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 110
Codec: AVC
FSK: 12

Trailer zu Erpressung

Erpressung I Deutscher Trailer

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