Blu-ray Review
OT: –
Best-Ager-Pubertät
Wenn die Mittlebenskrise volle Kanne zuschlägt.
Inhalt
Paul mag die Abende unter Freunden, bei denen mit fortgeschrittenem Alkoholpegel Scheherazade gespielt wird. Emilia mag sie nicht. Wie Emilia ohnehin nicht mehr so viel mag, was sich nach 20 Jahren Ehe mit Paul so als Alltag darstellt. Und irgendwie ist halt auch die Luft raus. Paul schläft mit Kauschiene, Emilia nur noch mit Schlafmaske. Und die drei Kids der beiden stellen mittlerweile auch eher die unbequemen Fragen. Die wilden Zeiten jedenfalls liegen hinter ihnen. Während Emilia durch ihre Yoga-Sessions für ein wenig Me-Time sorgt, probiert es Paul (erfolglos) mit Männerkugeln. Als sie eines Abends mit ihrer Freundin zum Spieleabend unterwegs ist, geht Emilia sprichwörtlich ein Risiko ein und hat einen One Night Stand mit einem hübschen und viel jüngeren Kerl. Als sie das am nächsten Tag gesteht, nimmt Paul es zunächst mit Fassung. Doch nach einer längeren Diskussion will sie sich eine Pause von der Ehe gönnen. Eine Rast auf der Autobahn des Lebens. Während Emilia ihre neue Freiheit zunächst in vollen Zügen genießt, fällt Paul in eine Art Midlife-Crisis-Ohnmacht und weiß mit seiner Zeit nichts anzufangen …
„Charles Manson hat auch nur einmal Leute abgeschlachtet“ – Es sind Sätze wie dieser, die nur ein Christoph Maria Herbst mit dieser unnachahmlichen Mischung aus empörter Gelassenheit hervorzubringen in der Lage ist, nachdem ihm seine (Film)Frau offenbart, dass sie in der Nacht zuvor das erste Mal in 20 Jahren Ehe fremdgegangen ist. Und Maria Herbst ist es, der in der Buchverfilmung des gleichnamigen Spiegel-Bestsellers von 2018 neben einer großartigen Christiane Paul agieren darf. Maxim Leo und Jochen Gutsch hatten vor vier Jahren ihr Trostbuch für Alterspubertierende veröffentlicht, das als ideales Geschenk für Ü45-jährige nicht selten auf den Geschenktischen der genannten Zielgruppe gelandet ist. Auf dass diese mit ein wenig Augenzwinkern über ihre eigenen Klischees lachen kann. Es geht um die Männer, die plötzlich noch mal das Fitnessstudio auf links krempeln müssen oder eine Leidenschaft für irgendeine Extremsportart entwickelt. Es geht um die Frauen, die auf die Reise nach sich selbst gehen, die Spiritualität entdecken und ein Verhältnis mit dem Yogalehrer anfangen. Ist das klischeehaft? Unbedingt. Aber eben auch entlarvend witzig, wenn es – so wie hier – von einem gut aufgelegten Darsteller-Gespann vorgetragen und versierten Regisseur inszeniert wird.
Wobei Florian Gallenberger tatsächlich ein wenig Neuland betritt. Denn der Filmemacher war bisher vornehmlich auf Dramen spezialisiert, die auch mal historische Bezüge hatten (Colonia Dignidad, John Rabe). Nun also eine Komödie, die sich lustvoll über Männer und Frauen in der Midlife-Crisis amüsiert. Und wie das Buch auch, lässt die Verfilmung von Es ist nur eine Phase, Hase kaum ein Klischee, kaum einen Fettnapf aus. Vom spätpubertären Kiffen über den prüden Umgang mit sexuellen Experimenten oder dem puren Aktionismus im Fitnessstudio; vom Sex mit einem Jüngeren oder dem Genuss, endlich mal alleine Dinge tun zu können. Das hätte natürlich als Film auch furchtbar peinlich werden können. Ist es aber (meist) nicht. Und das liegt am genüsslichen Umgang mit diesen Stereotypen sowie am Darsteller-Ensemble. Der angesprochene Christoph Maria Herbst ist sogar noch souverän, wenn er sich eine Newtonpendel-Kugel in den Allerwertesten schiebt und Christiane Paul wirkt absolut glaubwürdig, wenn sie zwischen Kindererziehung und lustlosem Ehemann auch mal versucht, Zeit für sich zu finden. Jürgen Vogel, dessen Theo die Mittlebenskrise mit einer blutjungen Freundin überspielt, bleibt unterfordert, ist aber immer dann witzig, wenn er die Dinge einfach beim Namen nennt.
Okay, der eine oder andere Gag ist ein wenig arg plakativ geraten. Hätte beispielsweise nicht Not getan, dass Paul nach dem mehr oder weniger freiwilligen rektalen Einführen einer „Männerkugel“ unbedingt einen Toast mit Nuss-Nougat-Creme schmiert. Und die sexistische Kameraeinstellung im Fitnessstudio ist sogar echt daneben. Gut, dass Es ist nur eine Phase, Hase neben dem Auseinandernehmen von Klischees immerhin auch noch die Zeit für Wahrhaftigkeiten findet. Die finden von dem Moment an statt, da sich Paul und Emilia eine Beziehungspause gönnen. Während Emilia die neu gewonnene Freiheit genießt, versinkt Paul in Depression und weiß rein gar nichts mit sich anzufangen. Auch das nutzt zwar nicht viel mehr als eine klischeehafte Ausgangslage, findet aber ein paar Wahrheiten im Kern – und damit ist nicht Pauls Prostata-Untersuchung gemeint, sondern beispielsweise Pauls Moment bei Heikes 50. Geburtstag. Apropos Kern: Im Kern ist die Geschichte von Es ist nur eine Phase, Hase übrigens ziemlich altbacken und konservativ. Geht’s doch um das Wiederentdecken alter Liebe, um Familie und damit um ein ziemlich bekanntes Thema. Doch das kommt im letzten Drittel durchaus anrührend rüber, weil auch hier Christiane Paul und Christoph Maria Herbst gut harmonieren.
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Bild- und Tonqualität
Warme, fast sepiagetönte Farben eröffnen Es ist nur eine Phase, Hase und bleiben während der Innenraumszenen auch durchweg erhalten. Hinzu gesellt sich hin und wieder ein leichter Weichzeichner rund um Objekte – gerade, wenn seitliches Licht einfällt und helle Bereiche etwas überstrahlen. Hauttöne werden durch die Bank gut gebräunt dargestellt, was den Darstellern und Darstellerinnen vermutlich nicht selten schmeichelt. Der Sonnenaufgang bei 3’40 wird gut aufgelöst dargestellt und weist keine Banding-Artefakte auf. Die Schärfe gelingt harmonisch – egal, ob es Close-ups sind oder Halbtotale, in denen Protagonisten zu sehen sind. Wunder sollte man nicht erwarten, aber was man an Feinheiten erkennen kann, geht durchaus in Ordnung. Farben sind durchweg etwas kräftiger, was in dunkleren Szenen nochmals deutlicher wird. In eben diesen dunkleren Momenten geht schon mal eine Spur an Zeichnung verloren, wenngleich es nicht bis zum Versumpfen führt. Sehr gut gelingt die Bildruhe, die in hellen Tageslichtszenen wirklich mustergültig ist. Der deutsche Ton von Es ist nur eine Phase, Hase liegt in DTS-HD-Master vor (neben einer Fassung für Sehbeeinträchtigte) und agiert durchaus offen. Schon die Party zu Beginn liefert eine recht räumliche Vorstellung. Wenn’s dann nach 20 Minuten in die Disko geht, muss man sich wundern, wie satt und wuchtig eine deutsche Komödie pumpen kann – das ist fast schon ein bisschen drüber. Also quasi wie ein spätpubertärer Subwoofer, der noch mal richtig nach Geltung verlangt. Derweil sind die Dialoge stets gut verständlich und bleiben das sogar in den akustisch unübersichtlichen Situationen. Ein paar echte Surroundeffekte gibt’s dann auch noch, wenn nach 58 Minuten ein paar CGI-Blitze auf Ruben einprasseln.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Es ist nur eine Phase, Hase finden sich neun Interviews mit einer respektablen Gesamtlaufzeit sowie ein fünfteiliges, aber ziemlich oberflächliches Hinter-den-Kulissen-Featurette. Hinter Christoph & Christiane versteckt sich ein ebenfalls fünfteiliges Zusammentreffen der beiden Hauptdarsteller, die noch mal ein paar Themen des Films humoristisch aufgreifen und unter Wisst ihr noch? verstecken sich zwei 90er-Jahre-Quiz.
Fazit
Auch wenn Es ist nur eine Phase, Hase zwischendurch etwas die Puste ausgeht und nicht jeder Gag treffsicher ist, retten Christiane Paul und Christoph Maria Herbst über ein paar alberne Momente, den peinlichen Auftritt von H.P. Baxxter und die ziemlich konservative Story hinweg.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 50%
Film: 65%
Anbieter: Universal Pictures/Majestic Film
Land/Jahr: USA 2021
Regie: Florian Gallenberger
Darsteller: Christoph Maria Herbst, Christiane Paul, Jürgen Vogel, Bettina Lamprecht, Peter Jordan, Jytte-Merle Böhrnsen, Ulrich Tukur
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 106
Codec: AVC
FSK: 12
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Universal Pictures / Majestic Film)
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Trailer zu Es ist nur eine Phase, Hase
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Deutsche Filme sind meist immer meh, scheint hier auch der Fall zu sein.