Blu-ray Review
OT: Escape Room
Beobachtung stoppt Bewegung
Wenn aus Spiel, Spaß und Spannung tödlicher Ernst wird …
Inhalt
Sechs mysteriöse Würfel, sechs Einladungen. Was die schüchterne Studentin Zoey in den Händen hält, bekommen auch fünf weitere Menschen eines Tages zugestellt. Jeder dieser Sechs hat damit eine Einladung für einen angesagten Escape Room erhalten. Zoey scheint von ihrem Professor zum Mitspielen verdonnert worden zu sein. Der erkennt zwar ihr Talent für den Unistoff, möchte aber, dass sie endlich mal aus sich heraus kommt und ihre Ängste überwindet. Ben hingegen hat Probleme mit dem Alkohol und keine Freunde und Amanda hat eine posttraumatische Belastungsstörung. Sie alle müssen sich nun ihrem größten Feind stellen: Ihren inneren Dämonen. Dabei gilt es aber nicht nur die zunehmend gefährlicher werdenden Räume zu überwinden, sondern vor allem mit den Dynamiken innerhalb der Gruppe sich fremder Menschen umzugehen. Und während das Sextett versucht, aus dem Spiel zu entkommen, fordert der Escape Room erste Opfer …
Die sogenannten Escape Rooms sind seit einigen Jahren auch in Deutschland beliebtes Freizeit-Vergnügen. Ob als reiner Spaß unter Freunden oder gruppendynamische Maßnahme bei Firmen-Events – die Flucht aus einem mit Rätseln gespickten Motto-Zimmer wird immer beliebter. Selbst wenn durch ein schreckliches Unglück in Polen die Branche insgesamt etwas in Verruf geriet. Es bleibt zu hoffen, dass nie mehr ein Escape Room die Türklinke als Teil des Spiels versteckt – was ohnehin nicht den geltenden Sicherheitsbestimmungen entsprochen hat.
Escape Room von Adam Robitel verschärft die Situation etwas, indem er seinen Raum nicht (nur) mit kniffligen Rätseln, sondern vor allem mit Fallen spickt. Deshalb umweht den im Kino erstaunlich erfolgreichen Film auch ein bisschen SAW-Atmosphäre kombiniert mit Motive aus Cube. Unglücklich ist allerdings der Einstand in das „Spiel“, wenn man ausgerechnet die Türklinke als Initiator des Ganzen verwendet (was bei den Hinterbliebenen der Opfer in Polen sicher schmerzhafte Erinnerungen wecken dürfte). Unglücklich vor allem deshalb, weil der Film deutlich vor dem Unglück inszeniert wurde und man ihm deshalb keine böse Absicht unterstellen kann.
Davon abgesehen beginnt Escape Room durchaus spannend, wenn die bunt zusammen gewürfelte Truppe mit den ersten Rätseln konfrontiert wird und nach und nach immer mehr Mysterien freiknobelt.
Das Problem ist einzig, dass die Logik immer wieder auf der Strecke bleibt: Sechs Gläser Wasser, die durch ihr Gewicht einen Mechanismus auslösen und das Wasser geht aus? Kein Problem, Ben kippt einfach den Inhalt seines Flachmanns in das halb leere Glas. Warum er nicht einfach den Flachmann selbst (oder etwas anderes mit Gewicht) auf das Glas legt? Das weiß wohl nur der Autor des Drehbuchs.
Sieht man über solche und ähnliche Löcher in der Story sowie über den arg aufgesetzt dramatisierenden und später nervtötend elektronischen Soundtrack hinweg, macht Escape Room aber durchaus Spaß – selbst wenn die Differenzierung zu SAW mit der fortlaufenden Zeit immer schwieriger wird.
Ein bisschen mehr Originalität hätte man sich auch mit den Ängsten machen können: Hitze, Kälte, Höhe – das sind dann schon ziemlich klischeehafte Phobien, die man nutzt, um für Spannung zu sorgen. Spannung, die aber durchaus vorhanden ist, wenn in Raum #3 Kamera und Setting ein bisschen auf M.C. Escher machen.
Außerdem stimmen die Schauspieler-Leistungen, die entlang ihrer klischeehaften Figuren durchaus passen.
Bleibt abzuwarten, ob eine angesteuerte Fortsetzung tatsächlich kommt – zumal hier die SAW-Inspiration in eine SAW-Kopie abzudriften droht.
Bild- und Tonqualität
Das Bild des digital gefilmten Escape Room bleibt beständig extrem ruhig, rausch- und kornfrei. Dazu gelingt die Schärfe in praktischer jeder Einstellung herausragend gut. Close-ups sind dermaßen knackig, dass es keine Verbesserungswünsche gibt. Je nach Stimmung nutzt der Film warme (Uni und Studentenheim) oder kühle Filter (Bürogebäude in dem Jason arbeitet), was stets zur Situation passt und sauber wiedergegeben wird. Weil es später dann durchweg dunkler wird, werden herausstechende Bild-Attribute etwas weniger und im ersten Raum, der alsbald in sehr rotes Licht getaucht wird, gibt’s dann doch mal leichtes Farbrauschen. Dennoch eins der besseren Live-Action-Bilder der letzten Monate.
Akustisch geht’s direkt zu Beginn mit der effektvollen und ziemlich lauten Eröffnung los. Von überall knarzt, kracht und scheppert es. Das ist ziemlich krachig, aber in dieser Szene noch nicht sonderlich differenziert – zumal die Stimme des Opfers auf gleichbleibendem Level bleibt und im Geschehen dumpf unter zu gehen droht.
Sobald der Film dann in den titelgebenden Escape Room wechselt, darf man sich aber vor allem über eine extrem lebhafte Surroundkulisse freuen, die allgegenwärtig die Situation in den Räumen ins Heimkino überführt und ständig Informationen liefert. Das macht schon ordentlich Spaß. In einigen Rückblicken aus Amandas Vergangenheit gibt es dann außerdem doch noch echte Dynamik, wenn der Subwoofer wirkungsvoll ins Geschehen eingreift und tatsächlich für eine Spreizung der Laut-Leise-Unterschiede sorgt. Auch in den Räumen wird es dann druckvoller und dynamischer. Was in der ersten Sequenz etwas fehlte, holt der Film später somit nach.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Escape Room warten insgesamt acht entfernte Szenen inkl. einem alternativen Ende sowie drei Featurettes. In „Wirst du je“, einem zweiteiligen Feature erzählen die Darsteller, ob sie selbst schon mal in einem Escape Room waren. „Spiel, Sets, Match“ kümmert sich um die unterschiedlichen Räume und deren Gestaltung und „Die einsamen Überlebenden“ beleuchtet die Darsteller sowie die Hintergründe ihrer Figuren.
Fazit
Gute Darsteller, spannende Gruppen-Dynamiken und einfallsreiche Räume stehen einem nervtötendem Soundtrack und zahlreichen Logiklöchern gegenüber. Wer den Score mag, wie er ist und über die Logikprobleme hinwegsehen kann, wird allerdings spannend unterhalten.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 85%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 40%
Film: 65%
Anbieter: Sony Pictures Entertainment Deutschland
Land/Jahr: USA/Kanada 2018
Regie: Adam Robitel
Darsteller: Taylor Russell, Deborah Ann Woll, Tyler Labine, Logan Miller, Jay Ellis, Nik Dodani
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 100
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder: © 2019 Columbia Pictures Industries, Inc. All Rights Reserved.)
Danke dir für die ausführliche Antwort.
Hallo Timo.
Sag mal, wirst du die Möglichkeit haben bzw. es in Erwägung ziehen, vereinzelte Filme, wie aktuell „Escape Room“ von Sony auch in 4K zu testen, wenn diese nur noch mittels Download erscheinen. Sony wird wohl immer öfters keine 4K Disc mehr pressen lassen, sondern wie im aktuellen Fall von „Escape Room“ und „White Boy Rick“ nur noch über Apple iTunes und Amazon Video die 4K Version mit DolbyVision/HDR zu vertreiben.
Gruss Sven
Hi Sven.
Hast eine PN.
Da freue ich mich drauf und die Trailer im Kino sahen auch gut aus. Sony liefert bei Blu-ray,s immer gut ab. Gute Bild und Tonwerte stimmen meist immer. Ich habe wirklich einige Scheiben von Sony und ich wüsste jetzt nicht das eine Scheibe nicht gut gemastert ist. Da kommt bei mir die pure Freude auf. Da könnten sich viele eine Scheibe von abschneiden.