ExitUs – Play It Backwards

Blu-ray Review

ExitUS - Play it Backwards Blu-ray Review Cover
EuroVideo, seit 27.08.2015

OT: Exeter

 


DIY-Exorzismus

Nach dem unterirdischen Conan kehrt Marcus Nispel ins Horrorgenre zurück – erfolgreich?

Inhalt

Exeter war mal eine Erziehungsanstalt für geistig Behinderte, die aufgrund akuter Überbelegung, beklagenswerter Zustände und unverantwortlicher medizinischer Experimente vor zig Jahren geschlossen wurde. Nun will der Priester, der das Anwesen eine Zeit lang als Drogenklinik mit zweifelhaften Therapiemethoden die Trümmer des abgebrannten Hauses mit einer Gruppe ehrenamtlicher Jugendlicher (unter ihnen auch Patrick) aufräumen. Bevor das passieren kann, organisiert einer der Kumpels von Patrick allerdings eine exzessive Party, die im Morgengrauen zu einem albernen okkulten Ritual führt. Kurz darauf ist Rory, das „Opfer“ des Experiments, irgendwie besessen und entwickelt ungeahnte Kräfte. Nachdem der eiligst herbeigerufene Priester durch einen bedauerlichen Unfall zu Tode kommt und sich das Gebäude selbst verriegelt, wissen die noch lebendigen Partyteilnehmer rund um Patrick, dass es ihnen an den Kragen gehen könnte …

Marcus Nispel hat einen wechselhaften Weg in den USA hinter sich: Zunächst mit den Remakes von Texas Chainsaw Massacre und Freitag, der 13. finanziell und künstlerisch durchaus erfolgreich, schmierte er zuletzt mit Conan an der Kasse und bei den Zuschauern ab. Nur konsequent, dass er mit seiner ersten eigenen Skriptidee zurück ins gewohnte Horrorgenre geht und sich auf ein begrenztes Szenario beschränkt. Mit einem Horrorthriller, der sich irgendwo auf dem Feld von Tanz der Teufel und Der Exorzist bewegt, gelingt ihm mit ExitUs – Play it Backwards durchaus, ein bisschen frischen Wind ins Exorzistengenre zu pusten – zumindest was sein Talent für atmosphärisch düstere und schmuddelige Bilder angeht. Viele Einstellungen in ExitUs (der übrigens in manchen Ländern auch unter Backmask, Exeter oder Asylum bekannt ist) geraten wirklich angemessen schaurig. Zudem weiß Nispel, was er seinem Publikum in Sachen Härte schuldet und spart nicht mit Blut- und Goreeffekten. Bis es soweit ist, muss man sich als erwachsener Zuschauer allerdings durch elend alberne Saufspiele und Drogenexzesse quälen, die von den nur bedingt talentierten jungen Darstellern nicht wirklich glaubwürdig dargeboten werden. Waren die Schauspieler in Nispels TCM noch cool und charismatisch, hat man es hier mit Witzfiguren zu tun. Einziger Lichtblick ist Stephen Lang (AvatarIn the Blood), der zwar nicht am Limit seines Könnens agiert, aber immerhin einen fiesen Geistlichen abgibt. Was leider überhaupt nicht funktioniert, ist der aufgesetze Humor. ExitUs will sich einfach nicht auf die reine Horrorseite stellen und versucht, mit blöden Sprüchen das Gezeigte aufzulockern. Nispel hätte besser daran getan, seinen Film ernst zu nehmen – das hätte auch besser zu den gezeigten Bildern gepasst. Wirklich atmosphärisch hingegen geraten die verwackelten und immer wieder integrierten „Archivaufnahmen“, die einen Hauch von Pseudodoku versprühen.

Wer meine Reviews zu Filmen des Exorzismus-Subgenres schon mal überflogen hat, der weiß, dass ich nie so Recht verstanden habe, warum dieses klerikale Thema überhaupt für Schrecken sorgen kann. Gerade die Austreibungsszenen sind in meinen Augen meist eher anstrengend-nervig als irgendwie schockierend. Ähnlich ist das auch in ExitUs, dessen Dämonenaustreibung bei Rory spätestens bei der zigfachen Wiederholung eines Beschwörungssatzes auf die Nerven geht. Glücklicherweise besinnt sich Nispel danach auf Schockkino und lässt das Exorzismusthema ruhen. Zumal man ab der Hälfte gar nicht mehr so schnell gucken kann, wie der Dämon den Körper wechselt. Das Ende wartet dann noch einmal mit einer kleinen Überraschung auf, die in einem blutigen und feurigen Finale gipfelt. Apropos blutig: Laut Anbieter EuroVideo ist ExitUs ungeschnitten, was man beim Sichten des Films durchaus bestätigen kann. Allerdings gibt die FSK den Film mit  knapp 95 Minuten Laufzeit (24fps) an. Hierbei kann es sich aber eigentlich nur um eine Falschangabe handeln, da auch die UK-Version die 91:40 Minuten der hier getesteten Fassung hat. Jedenfalls gibt es keinen Anlass anzunehmen, dass in der deutschen Version, die diesem Review zugrundelag, gut dreieinhalb Minuten fehlen. Wer übrigens bis zum Ende wartet, bekommt noch mal einen kleinen Hinweis auf eine mögliche Fortsetzung.

Bild- und Tonqualität

Marcus Nispel mag’s braun und körnig. Das hat er in seinem Remake von TCM bereits eingeführt und in Pathfinder zelebriert. In ExitUs – Play it Backwards sieht’s anders aus, denn hier regiert der Blau-Grün-Filter. Das Korn wich hingegen einem eher soften, wenig scharfen Look und dazu gesellen sich während vieler Szenen bewusst schwache Kontraste. Der Blaustich lässt schwarze Haare sichtbar eingefärbt rüberkommen, weshalb sich ein knackiges Bild zu keiner Zeit einstellen will. Akustisch macht es ExitUs besser: Die Exorzismen sowie die Attacken der dämonisierten Teenies gelangen laut und dynamisch ans Ohr – ebenso wie die zahlreichen Jump-Scares, die meist vor allem deshalb effektiv erschrecken, weil sie soundtechnisch so effektvoll unterlegt sind. Dass der Sound ein paar Federn lassen muss, liegt daran, dass gerade direktionale Sounds über die Rears schon mal etwas krachledern tönen.

Bonusmaterial

Im Hintergrundfeature „Behind the Blood“ zeigen sich Nispel und seine Darsteller im Umfeld des Drehortes ziemlich entspannt und sind voneinander begeistert. Das hat man schon obefflächlicher gesehen als hier, im Bonusmaterial von ExitUs.

Fazit

ExitUs – Play it Backwards ist Marcus Nispel in Sachen Ausstattung, Atmosphäre und Setting hervorragend gelungen – leider ist die Geschichte dünn und seine Figuren sind dem Zuschauer schon alleine wegen deren Albernheiten zu Beginn herzlich egal. Das nächste Mal bitte wieder blutig UND ernst, denn das hat schon in Nispels Remake von TCM sehr gut funktioniert.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 30%
Film: 55%

Anbieter: EuroVideo
Land/Jahr: Großbritannien/USA/Australien 2013
Regie: Marcus Nispel
Darsteller: Gage Golightly, Brittany Curran, Stephen Lang, Kevin Chapman, Kelly Blatz, Nick ‚Nic Nac‘ Nicotera
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 91’40
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)

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