Exodus: Götter und Könige

Blu-ray Review

Exodus Götter und Könige Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, seit 07.05.2015

OT: Exodus: Gods and Kings

 


Von einem, der auszog …

Ridley Scott macht’s mal wieder monumental.

Inhalt

30 Jahre lang hat Moses neben Ramses unter Pharao Sethos in Memphis als Ägypter gelebt und die Schlachten seines Königs geschlagen. Als er eines Tages zu einer Kundschaft über einen Statthalter gesandt wird, berichten ihm einige der ältesten Sklaven, Hebräer, dass Moses ursprünglich zu ihnen gehört und als Findelkind in ägyptischem Hause großgezogen wurde. Es galt das Gebot von Sethos, alle männlichen Nachfahren der Israeliten in seinem Einflussgebiet zu töten, um den Einfluss der Hebräer zu brechen. Während Moses die Geschichte nicht glaubt, ist Ramses, der mittlerweile den verstorbenen Sethos als Pharao beerbt hat, anderer Meinung und verbannt seinen Weggefährten. Moses findet Aufnahme in einem Dorf und heiratet. Neun Jahre später, während eines schweren Regens, begegnet ihm Gott und trägt ihm auf, alle Israeliten aus Ägypten zu befreien. Als er zu Ramses zurückkehrt und ihm die Forderung aufträgt, alle Hebräer frei zu lassen, reagiert dieser mit dem Auftrag, Moses und dessen Familie töten zu lassen. So lange dies nicht geschehen ist, lässt Ramses Tag für Tag eine jüdische Familie töten. Dann jedoch wendet sich das Blatt: Die Stadt Memphis wird von den sieben Plagen heimgesucht. Ramses lenkt ein und ordnet an, 400.000 Sklaven zu vertreiben – der Exodus beginnt …

Ridley Scott hat mit Gladiator bewiesen, dass er opulentes Kino beherrscht und dies mit Königreich der Himmel (vor allem in der Langfassung) auf die Spitze getrieben. Nun inszenert er eine der bekanntesten Geschichten aus der Bibel. Eine Geschichte, die selbst diejenigen unter uns kennen, die mit dem Alten Testament nur wenig am Hut haben. Exodus nimmt sich der Erzählung des Zweiten Buch Mose an, in dem der Auszug der Israeliten aus der Skaverei unter der ägyptischen Herrschaft beschrieben wird. Die Tatsache, dass dies eine so bekannte, religiöse Erzählung ist, liefert gleichzeitig den Hintergrund für das größte Problem von Exodus: Das heutige Kinopublikum will zu großen Teilen unterhalten und nicht missioniert werden. Wenn sich dann ein Regisseur, der epische Abenteuer- und Sci-Fi-Geschichten in seiner Vita hat, einer biblischen Geschichte annimmt, droht entweder Kritik von Seiten der säkularisierten Gesellschaft, falls Scott seinen Film zu religiös anlegt oder aber von Seiten der Gläubigen, für die seine Interpretation unter Umständen viel zu profan daherkommt. So sitzt Scott mit Exodus irgendwie zwischen den Stühlen. Man merkt ihm förmlich an, wie er versucht, den religiösen Hintergrund zu entmystifizieren, in dem er einen coolen Ramses präsentiert, der lapidar ein „sind doch nur Kröten“ in den Raum wirft und sich von einem Minister die vermeintlich wissenschaftliche Erklärung für die Plagen geben lässt. Andererseits versucht er herauszuarbeiten, in welchem persönlichen Konflikt Moses mit Gott steht, ihn immer wieder herausfordert und fragt, warum er für diesen Auftrag seine Familie im Stich lassen musste.  Apropos Gott: In Anbetracht dessen, was die sieben Plagen in seinem „Auftrag“ anrichten, hat man zwischendurch kein sonderlich gutes Bild vom Allvater. Ganz im Gegenteil: er ist ein ziemlich brutaler Typ, der vor massenhafter Vernichtung nicht zurückschreckt und sich letztlich nicht anders verhält als vor ihm Pharao Sethos selbst. In einem der besten Momente von Exodus reitet ein gebrochener Ramses mit seinem toten Kind auf dem Arm zu Moses und fragt ihn verbittert, was das für Fanatiker sind, die einen Gott anbeten, der im Zuge der Plagen vor der Tötung der ägyptischen Kinder nicht zurückschreckt.

Diese Szenen gehören zu den stärksten Momenten, wenn’s um das Erzählerische in Exodus geht. Inszenatorisch muss man Scott attestieren, dass er es einfach versteht, monumentale Bilder in ein modernes Gewand zu verpacken. Seine Massenszenen sind von exquisiter Austattung und Vielfalt, seine sieben Plagen sind tricktechnisch äußerst gelungen, extrem packend umgesetzt und der finale Höhepunkt, das Hereinbrechen der großen Welle, ist gar absolut atemberaubend. Trotz des Tempobruchs nach Moses‘ Verbannung kann man Exodus also kaum absprechen, über seine Laufzeit von 2,5 Stunden unterhaltsam zu sein. Das liegt aber nicht nur an den opulenten Bildern und der guten Tricktechnik, sondern auch an den Darstellern. Christian Bale, der zunächst einen extrem relaxten und in sich ruhenden Moses gibt, wechselt überzeugend in den selbstzweifelnden und Gott anklagenden Führer der 400.000 – wenngleich nicht so ganz nachvollziehbar ist, warum  er es sich dann doch anders übelegt und für sein Volk, seine Wurzeln kämpft. Joel Edgerton ist ein sarkastischer Pharao, der überzeugend mit der Arroganz des überheblichen Ägypters spielt und dennoch Facetten zeigt. Vollkommen unnötig hingegen erscheint die Besetzung mit Sigourney Weaver als Ramses‘ Mutter Tuya. Scott und die Aktrice mögen seit Alien dicke Freunde sein, sie deshalb in zwei hasserfüllten „Töte Moses“-Szenen auftreten zu lassen, steht weder ihr noch dem Regisseur gut zu Gesicht. Im Grunde konzentriert sich Exodus dann auch auf den Zweikampf zwischen den als Brüdern aufgewachsenen Moses und Ramses. Schade, dass aber gerade deren spätere Aufeinandertreffen viel mehr Potenzial böten als Scott letztlich nutzt. Zu sehr setzt er in diesen Momenten auf einen lockeren Spruch Ramses‘ und einen bedeutungsschweren Blick Moses‘ und lässt dann wieder die Tricktechnik spielen. Immerhin fügt er mit Ben Kingsley (der schon mal selbst als Prophet das rote Meer teilte) und zuletzt als Ägypter in Nachts im Museum 3 noch auf der „anderen“ Seite stand, eine Figur hinzu, die als Ruhepol in der Geschichte dient. Leider hat der viel zu wenig Platz, um der Geschichte wirklich dienen zu können. Dass ein Film, der sich eines biblischen Themas annimmt, nicht ohne Kontroverse auskommt, scheint kaum vermeidbar. So sind es bei Exodus gleich zwei Dinge, die öffentlich diskutiert wurden. Inszenatorisch warf man Scott vor, dass er das Ende zu sehr zieht und den Gang nach Kanaan mit den zehn Geboten im Gepäck unbedingt noch reinquetschen wollte. Gesellschaftspolitisch war die Kritik herber, denn große soziale Netzwerke riefen aufgrund der hauptsächlich weißen Besetzung der Hauptfiguren zum Boykott des Films auf – immerhin spielt der Film zu einer Zeit in Afrika, als dort kaum Weiße anzutreffen waren.

Bild- und Tonqualität

Optisch unterscheidet sich Exodus deutlich von Scotts Gladiator. War Letzterer von einem sichtbaren Korn geprägt, das den staubigen Charakter der Arena widerspiegelte, ist Exodus zu jeder Zeit bestechend ruhig und ohne jede Unruhe. Schärfe und Detailtiefe suchen bei derzeitigen Veröffentlichungen ihresgleichen und die Schriftzeichen im Palast sind selbst im Hintergrund noch perfekt erkennbar (3’54). Nahaufnahmen von Details, Ramses‘ güldene Rüstung oder die Einzelheiten an den Pferdewagen – lange schon hat ein Bild nicht mehr derart beeindruckende Vielfalt geliefert. Wenn man überhaupt Kritik an der Bildqualität üben möchte, so geht es am ehesten noch dem arg hohen Kontrastumfang an den Kragen, der in dunklen Szenen/Details schon mal ein etwas zu knackiges Schwarz präsentiert, das hier und da etwas Zeichnung verschluckt. Auch an Rändern der Obelisken ist hin und wieder eine leichte Unruhe in den diagonalen Linien zu erkennen – doch das ist Meckern auf allerhöchstem Niveau.
Auch akustisch ist Exodus ganz große Klasse – und das vollkommen unabhängig, ob der englische dts-HD-Master-Sound oder die deutsche dts-only-Spur gewählt wird. Im Gegenteil: Bisweilen klingt die deutsche Version einen Hauch offener. Lautstärke-Unterschiede sind keine zu beklagen und die Dynamik des Pferdegetrampels während der anfänglichen ersten Schlacht, ist herausragend. Geradezu großartig ist die Räumlichkeit während des Pfeilbeschusses. Wenn gefühlt 10.000 Geschosse den Bogen verlassen und über den Heimkinozuschauer hinweg rasen, zieht man unweigerlich den Kopf ein. Auch im weiteren Verlauf bleibt der Sound stets präsent, liefert hervorragend verständliche Dialoge, eine Fülle von direktionalen Effekten, dynamische Explosionen (67’28) und sehr luftige Filmmusik. Wenn dann die sieben Plagen über die Stadt Memphis hereinbrechen und Myriaden von Fliegen im Heimkino unterwegs sind, beginnt man sich unweigerlich überall zu jucken.

Bonusmaterial

Die Single-Disk-Blu-ray von Exodus enthält einen Audiokommentar von Ridley Scott und Jeffrey Caine sowie neun entfernte oder erweiterte Szenen. Haupt“feature“ ist der „Exodus Historical Guide“, der, einmal aktiviert, als Trivia-Track mitläuft und während des Films den historischen Kontext herstellt. Während der Kommentar untertitelt ist, muss man beim Trivia-Track über Englischkenntnisse verfügen.

Fazit

Ridley Scotts Bibelfilm Exodus ist ein Mammutwerk, das opulente Bilder vor den bedeutungsschweren Inhalt stellt und oberflächlich durchaus überzeugen kann. Was die Auseinandersetzung mit der Geschichte um Moses angeht, wird die Vielschichtigkeit jedoch nur angekratzt. So ist Exodus kurzfristig unterhaltsam aber nicht lange nachwirkend.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 30%
Film: 65%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: Großbritannien/USA/Spanien 2014
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Christian Bale, Joel Edgerton, John Turturro, Aaron Paul, Ben Mendelsohn, Sigourney Weaver, Sir Ben Kingsley, María Valverde, Dar Salim, Indira Varma
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 150
Codec: AVC
FSK: 12

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