Blu-ray Review
OT: Extremity
Das Schicksal von Glas
In Extremity testet die traumatisierte Allison ihre Grenzen aus.
Inhalt
Allison geht gerne an ihre Grenzen. Nach der Dusche ritzt sie sich schon mal den Hals mit einer Nagelfeile. Außerdem steht sie auf alles, was mit Horror zu tun hat. Zeichen davon, dass sie durch ein Ereignis in ihrer Kindheit schwer traumatisiert wurde. Um dieses Trauma zu überwinden, will sie sich nun final ihren Ängsten stellen und die Hölle betreten. Die Hölle, das ist „Perdition“ – eine Geisterbahn für Erwachsene. Für Unerschrockene. Und für solche, die drei Schritte weitergehen wollen, als sich nur ein bisschen erschrecken zu lassen. Denn hier wird angefasst, gefoltert – psychisch wie physisch. Seine „Rechte“ tritt man zuvor per Vertrag ab und übergibt sich vollkommen den Spielleitern. Und zwar bis in die allerletzte Konsequenz …
Klaustrophobie, Arachnaphobie, sonstwasphobie – Extremity macht sich all die bekannten Fürchte und Ängste zum Nutzen und quetscht sie in ein Korsett, das sich optisch irgendwo zwischen SAW, Haus der 1000 Leichen und Schwarzlicht-Minigolf bewegt. Letzteres ist ein bisschen gemein und ein bisschen sarkastisch, soll es doch lediglich ausdrücken, dass man der kanadischen Produktion ein wenig ansieht, dass sie für günstiges Geld in einem leerstehenden Gebäude realisiert wurde. Zum Szenario gibt’s dann noch ein bisschen Sadomaso-Sex und einen weiteren Mitstreiter, der zumeist jämmerlich in einer Ecke hockt. Nicht nur an ihm scheiden sich etwas die Geister, weil man sich fragt, warum sich so ein Winsler überhaupt für so ein Experiment meldet. Die Antwort darauf gibt es dann immerhin irgendwann im letzten Drittel des Films. Was in der ersten Hälfte indes wirklich gut funkioniert, ist der Terrorfaktor. Man wird durch Beleuchtung, Szenario und Verhalten der Peiniger durchaus auch als Zuschauer ein bisschen gefordert.
Schade hingegen, dass man auch Allison hätte etwas sorgfältiger charakterisieren dürfen. Auf der einen Seite bittet sie darum, an ihre Grenzen geführt zu werden, auf der anderen Seite ist sie dann doch schnell über eine gewisse Panik hinaus und schreit um ihr Leben – so richtig will das nicht zusammen passen.
Außerdem zieht es sich nach etwas über einer Stunde dann doch ganz schön. Während im Hintergrund die Figuren/Spielleiter nach und nach offenbart werden und etwas über ihre Mission preisgeben, wird Extremity auch noch ein guter Teil des Schreckens genommen. Welche privaten Probleme bspw. Bob hat, ist nur bedingt von Interesse und entzaubert seine Figur.
Dass sich zudem das Szenario in der runtergekommenen Fabrikhalle immer mehr abnutzt, merken die Macher selbst und wechseln nach 70 Minuten in die verschneite Natur. Das gibt dem Film noch mal eine kleine Variante in Richtung The Tournament. Was dem Film am Ende an Überraschungen und Ideen etwas fehlt, kann er zu einem Teil aus seiner Atmosphäre, dem gruselig-schrägen und sägenden Score sowie den durchaus überzeugenden Darstellern gewinnen. Dana Christina in der Rolle der Allison überzeugt trotz des unentschlossenen Drehbuchs, das permanente Emotionswechsel von ihr verlangt.
In Sachen Gewalt hält sich Extremities übrigens bis zum Finale ziemlich zurück. Nur um dann mit einem Schlag und ganz plötzlich eruptiv darzustellen, wie Allison ihren Peinigern die Maske wortwörtlich vom Schädel reißt und in einem ziemlich Blutbad aus der Hölle heraustritt.
Bild- und Tonqualität
Extremity hat ein recht kühles Bild im Format von 2,35:1. Während der gut ausgeleuchteten Szenen wirkt das Ganze noch recht ruhig. Sobald es jedoch dunkler wird und in die „Spielzimmer“ wechselt, beginnt das Bild unruhiger und körniger zu werden. Während der teils starken Farbbeleuchtung werden Gesichter zudem matschig und in Bewegungen schliert es.
Der Ton von Extremity leidet etwas unter den verhältnismäßig leise eingebetteten Dialogen. Ohnehin ist es mit Dynamik nicht weit her. Der Subwoofer hat praktisch kaum mal etwas zu tun und die Rears werden nur für dezentes Rauschen genutzt. Deutlich aktiver geht’s auf den Frontspeakern zu, die während der zahlreichen Experimente der Spielführer mit kratzenden, schabenden und wabernden Geräuschen angereichert werden. Auch das ist nicht sonderlich dynamisch, passt aber immerhin ganz gut zum schmuddeligen Fabrikhallen-Szenario. Insgesamt wäre hier aber nicht nur in Sachen Dynamik, sondern auch bei der Nutzung der Rears wesentlich mehr drin gewesen.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Extremity findet sich ein halbstündiges, ziemlich gut gelauntes Extreme-Talk-Interview mit Regisseur Anthony DiBlasi und Dokufilmer John Schnitzer. Dankenswerterweise schicken sie eine Spoiler-Warnung voraus, damit man , das ein Behind The Scenes, sowie fünf Minuten an deleted Scenes und zwei Jack Rabes Fatal Bleeding Selects. Der Zweite dieser kurzen und blutigen Shortcuts dürften den Herren der Schöpfung nicht gefallen. em gibt’s noch ein kurzes Featurette über echte Haunted-House-Shows.
Fazit
Atmosphärisch ist Extremities beachtlich geworden. Schade, dass dem Drehbuch nach einem interessanten Beginn nicht mehr viel einfällt und die Mittel am Ende auch ein bisschen beschränkt gewesen zu sein scheinen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 60%
Film: 55%
Anbieter: Tiberius Film
Land/Jahr: Kanada 2018
Regie: Anthony DiBlasi
Darsteller: Dana Christina, Chad Rook, Chantal Perron, Dylan Sloane, Ashley Smith, Yoshihiro Nishimura
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 98
Codec: AVC
FSK: 18 (uncut)
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Tiberius Film)