Fear the Walking Dead – Die komplette erste Staffel

Blu-ray Review

Fear the Walking Dead - komplette erste Staffel Season 1 Blu-ray Review Cover
Splendid Film/WVG, ab 16.11.2015

OT: Fear the Walking Dead

 


Ursprünge

Das lang erwartete Spin-off von The Walking Dead hat viele gute aber auch ein paar weniger gute Eigenschaften.

Inhalt

Als Nick aufwacht, sucht er zunächst vergeblich nach seiner Freundin. Vom Delirium des Drogenrausches der vorherigen Nacht noch benebelt, stolpert er die Treppen der alten Kirche hinunter und folgt seltsamen Schmatzgeräuschen, bis er seine Partnerin zu erkennen glaubt. Doch als die sich umdreht, gleicht sie einem Monster, das noch dazu voller Fleischeslust an einem toten Körper zugange ist. Auf der Flucht vor ihr wird Nick von einem Auto erfasst und landet im Krankenhaus. Dort vertraut er sich zunächst dem neuen Partner seiner Mutter Madison an, da er annimmt, er würde seiner Geschichte als erstes glauben. Und tatsächlich, Travis versucht Nick die Story von der monströsen Veränderung des Mädchens abzunehmen. Den Beweis dafür bekommen er und Madison am späten Tag, als sie Nicks Drogendealer gleich mehrfach überfahren, ohne dass dieser dadurch stirbt. Irgendetwas stimmt ganz und gar nicht in Los Angeles, das zunehmend im Chaos und in Plünderungen versinkt und das außerdem von Menschen bevölkert wird, die sich krank und seltsam benehmen. Als feststeht, dass die öffentliche Ordnung zusammenbrechen wird, wollen Madison, Travis, Nick und dessen Schwester Alicia LA verlassen. Doch dann werden sie zunächst getrennt. Kaum hat man sich wieder zusammengefunden und will sich auf dem Weg machen, hält das Militär Einzug und sorgt scheinbar für Sicherheit in der Siedlung – eine trügerische Ruhe …

Fear the Walking Dead ist die konsequente „Fortsetzung“ des Megaerfolgs The Walking Dead. Ebenfalls ersonnen von Robert Kirkland spielt das Spin-off allerdings zeitlich vor dem Original und beschreibt außerdem den Zusammenbruch einer Großstadt. Die Konzentration auf eine Patchworkfamilie mit dysfunktionalen Eigenschaften hält dabei von Beginn an eine Menge Dramatik bereit, die das Interesse schürt, wenngleich die Beißerthematik zunächst eher eine Randerscheinung bleibt. Von ein, zwei Szenen abgesehen, dauert es immerhin bis zur dritten Folge, ehe das erste Mal ein nennenswerter Splatteranteil integriert wird. Kompensiert wird das durch spannende und sehr individuelle Charaktere, die allesamt ganz eigene Motivationen und Verhaltensweisen an den Tag legen. Vor allem die wenig harmonische Situation zwischen dem süchtigen Sohn, der taffen Mutter, dem alternativen und scheinbar viel zu weichen neuen Partner sowie dessen Ex-Frau und leiblichem Sohn hält genug Potenzial für Entwicklungen bereit, die man beim großen Serienbruder zunächst nicht erwartet hatte und die erst im Laufe der Staffeln zum Tragen kamen. Es scheint also so, dass Kirkman sich bei Fear the Walking Dead tatsächlich vor allem auf das Zwischenmenschliche konzentrieren will und den Horror nur langsam hinzuaddiert. Um dieses Konzept (dessen Verlängerung nach den ersten sechs Folgen von Season 1 bereits beschlossen ist) erfolgreich umzusetzen, bedarf es nicht nur guter Drehbücher, sondern vor allem passender und treffend besetzter Darsteller. Die haben die Macher in der Tat gefunden: Kim Dickens, die man als hervorragende Nebendarstellerin aus Gone Girl oder Blind Side sowie aus Serien wie House of Cards oder Sons of Anarchy kennt, ist als Madison Clark idealbesetzt, hat nach zwei starken ersten Episoden jedoch zwei Folgen lang einen (drehbuchbedingten) Durchhänger. Den hat Cliff Curtis, der Madisons neuen Partner spielt, nicht. Im Gegenteil: Seine Rolle wird mit jeder Folge tiefer und vielschichtiger. Der zunächst überzeugte Pazifist muss zunehmend feststellen, dass eine gewaltfreie Einstellung vielleicht nicht dauerhaft aufrecht zu erhalten ist. Curtis, den man aus 10.000 BC, Training Day oder Sunshine kennt, löst das mit Bravour, bringt aufgrund seiner polynesischen Herkunft eine passende Exotik mit in die Rolle und ist darstellerisch ohnehin eine Bank. Eine echte Entdeckung ist Frank Dillane, der Nick, den heroinabhängigen Sohn Madisons spielt.
Die erste echte Überraschung ist dann der plötzliche Stimmungs- und Tempowandel, der im Prinzip mit dem Mündungsfeuer in den letzten Sekunden der vierten Episode beginnt und dann in Folge fünf seine konsequente Fortführung findet. Die bis dato eher gemütliche Stimmung von Fear the Walking Dead und das schleppende Tempo enden abrupt und werden von Entführung, Korruption und Folter abgelöst. Episode fünf ist es auch, die einen neuen, höchstwahrscheinlich noch sehr interessanten und wichtigen Charakter einführt – einen, der schon im ersten Moment vielschichtig und geheimnisvoll wirkt. Im Finale dann holt Fear the Walking Dead nach, was es während der ersten fünf Folgen in Sachen Zombies hinter dem Berg hielt: Mit einer Masseninvasion Untoter kommt erst ins Rollen, was offenbar den Verlust der Kontrolle bewirkt hat und was letztlich (auch) zu den Ereignissen in The Walking Dead führte. Der Cliffhanger zur zweiten Staffel hätte zwar noch ein wenig heftiger ausfallen dürfen, lässt aber auf einen spannenden Einstieg ins zweite Jahr der Serie hoffen. Kritisch sehen kann man definitiv, dass gerade mit dem Finale eine Differenzierung zur Urserie nur noch bedingt auszumachen ist. Hatte man Fear the Walking Dead noch als Serie propagiert, die die Ursprünge der Zombieseuche beleuchten sollte, weiß man nach sechs Folgen darüber rein gar nichts und die sich herauskristallisierenden Ereignisse wirken eher wie eine Parallel- nicht wie eine Vorgeschichte. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die zweite Staffel entwickeln wird und ob die zwei Serien am Ende eigenständig weiter existieren können.

Bild- und Tonqualität

Im Gegensatz zum Look von The Walking Dead nutzt Fear the Walking Dead ein etwas weniger körniges Bild, lässt es gerade in den Innenraumaufnahmen ruhiger zugehen, wobei die Schärfe durchweg nur mittelprächtig bleibt. Farblich orientiert sich die Serie dann allerdings wieder am Show-Nachbar und nutzt vor allem Brauntöne und eine warme Filterung. Weniger schön sind die Kontrastausreißer auf hellen Oberflächen in Gesichtern – hier überstrahlen Bereiche bisweilen. In gut beleuchteten Außenaufnahmen gefallen Kontrastgebung und Auflösung. So bieten Vogelperspektiven von L.A. eine schöne räumliche Tiefe und Strands schwarzer Anzug hebt sich platisch von seinem weißen Hemd ab.
Abgesehen von den wenigen Actionsequenzen während der ersten drei Episoden, bleibt es es akustisch ansonsten meist eher unspektakulär und frontal. Die Dialoge bestimmen das Geschehen, sind dafür aber sehr gut eingefügt und ebenso verständlich. Wenn dann in den letzten beiden Episoden die Dramatik zunimmt und die Actionanteile größer werden, zeigt Fear the Walking Dead durchaus, dass es auch anders kann. Dann hört man einen Hubschrauber entfernt über den Köpfen kreisen und Schüsse während des Übergriffs auf die Kaserne gelangen mit direktionalen Effekten auf die Rearspeaker. Detonationen beliefern sogar den Subwoofer mit Informationen und das Gekreische der Untoten füllt den Raum mit gänsehauterregenden Sounds

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial der Blu-ray von Fear the Walking Dead finden sich insgesamt drei Featurettes: In „Greetings from the Set“ begleiten wir die Darsteller und Serienschöpfer hinter die Kamera. „Die Charaktere“ kümmert sich, dem Namen entsprechend, um die einzelnen Figuren und ihre Eigenschaften. Zu guter Letzt gibt’s noch „Ein Blick auf die Serie“ mit weiteren Infos über das Spin-off von The Walking Dead. In Letzterem wird kurz angerissen, welche Grundidee die Serie bewegt – leider sind die Featurettes mit knapp über zwei Minuten nicht gerade üppig ausgefallen,

Fazit

Fear the Walking Dead hat ein schweres Erbe anzutreten. Fans der Urserie wird unter Umständen die anfängliche Blutarmut stören. Aufgeschlossene Serienschauer freuen sich hingegen über die von Beginn an starken Charaktere, die weitgehend klischeefrei agieren. Dass speziell die letzte der sechs Episoden stark an die Stimmung von The Walking Dead erinnert, lässt das Finale zu einem Erlebnis mit gemischten Gefühlen werden. Man wird also noch abwarten müssen, wohin die Reise geht …
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Serie: 70%

Anbieter: Splendid Film/WVG Medien
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Adam Davidson, Kari Skogland, Stefan Schwartz
Darsteller: Kim Dickens, Cliff Curtis, Frank Dillane, Alycia Debnam-Carey, Mercedes Mason, Lorenzo James Henrie, Rubén Blades, Elizabeth Rodriguez, Colman Domingo
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en // dts HD-Master 2.0: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 287
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)

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