Fear the Walking Dead – Die komplette zweite Staffel

Blu-ray Review

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Splendid/WVG, 04.11.2016

OT: Fear the Walking Dead

 


Tod auf allen Frequenzen

Der Serienableger von The Walking Dead geht in die zweite Season.

Inhalt

Madison, Nick, Travis und Alicia haben sich mit Chris, Ofelia und Daniel auf Victor Strands Yacht retten können. Das offene Meer verspricht Sicherheit vor den wandelnden Toten, was allerdings nicht davor schützt, dass man auf Flüchtlinge in Schlauchbooten trifft, die von Strand eiskalt ignoriert werden. Strand ist es auch, der seinen Passagieren unmissverständlich klar macht, dass die Abigail SEIN Boot sei und er sagt, was zu tun ist und wem man hilft oder vor allem wem nicht. Als man für kurze Zeit an Land geht und auf eine Familie trifft, stellt sich die Frage, ob man nicht besser an Land bleibt. Auf dem Wasser jedenfalls mehren sich ebenfalls die Gefahren, denn die Abigail ist nicht das einzige Boot auf dem Meer und viele andere kamen auf die Idee, auf diese Weise vor der Epidemie zu flüchten. Das bedeutet auch, dass jedes andere Boot (oder auch ein abgestürztes Flugzeug) eine potenzielle Todesfalle ist, solange dort nur irgendjemand gestorben oder wahlweise neidisch auf Proviant und Sprit ist. Doch auf der Abigail kann man nicht ewig bleiben, weshalb hin und wieder Stopps angesagt sind, um Vorräte zu beschaffen. Die Rechnung allerdings geht nicht auf und bald sieht sich die Gruppe in drei Teile geteilt und in alle Richtungen verstreut. Ob man sich je wiederfinden wird, steht in den Sternen …

Fear the Walking Dead hatte Robert Kirkland vor einem Jahr mit zunächst sechs Folgen ins Rennen geschickt, um die Geschichte um die Entstehung der Zombieseuche zu erzählen. Er wechselte aber nicht nur die Zeit, sondern verortete das Prequel-Spin-off auch in einem ganz anderen Teil der USA, um eine möglichst große Distanz zum Original zu schaffen. Die Serie konzentrierte sich während der ersten Episoden bedeutend stärker auf die Charaktere und die Dramatik zwischen ihnen und ließ zunächst blutige Konfrontationen mit den Untoten aus. Dies sowie die eher behäbige Inszenierung waren dann auch die wesentlichen Kritikpunkte der Zuschauer und Rezensenten, die sich zu sehr auf ein zweites Walking Dead gefreut hatten. Und als ob die zweite Staffel die erste Lügen strafen wolle, gibt’s zum Einstand eine zünftige Auseinandersetzung mit ein paar Zombies, die dann auch schon mal (gut sichtbar) einer Außenborder-Schraube zum Opfer fallen. Der Beginn der zweiten Season schließt dann auch recht nahtlos an das Finale der ersten Staffel an, die in ihrer letzten Episode an Tempo gewann. Nach dem Opener kommt allerdings sofort die erste Konsolidierungsphase. Auf der Yacht passiert zunächst einmal nicht viel, außer dass die schon bekannten Konflikte zwischen den einzelnen Charakteren weiter schwelen. So steht Nick zwischen Strand und seiner Familie, muss den Vermittler spielen, wenn die eine Partei Hilflose retten will und die andere kategorisch jegliche Hilfe zugunsten Dritter ablehnt. Vor allem aber kriegt Chris seine Nerven nach wie vor nicht in den Griff. Er ist sauer und stinkig auf jeden, gibt ganz den missmutigen Sohn, der seinem Vater wohl nie zu verzeihen gedenkt. Leider nervt das genauso wie im ersten Teil, sodass man einer Figur der Serie das baldige Ableben durch einen Zombieangriff wünscht. Man merkt aber auch, dass man ihn nach und nach zu einem hasserfüllten Zombiekiller heranwachsen lässt, der es schon in der zweiten Folge genießt, den Untoten mit einer Spitzhacke den Schädel zu spalten.

Fear the Walking Dead ist aber in der Tat immer dann gut und spannend, wenn man auf dem Meer auf andere Menschen/Zombies trifft oder sich entsprechende Probleme entwickeln. Auch das Szenario der abgestürzten Maschine von Flug 462, das sich in Episode drei hinzuaddiert, punktet mit spannenden Szenen aus dem abgebrochenen Rumpf des Fliegers. Hier hält die Show dann auch eine besonders unangenehme Situation für Chris parat, die zu den bisher intensivsten der zwei Staffeln gehört. Ohnehin geben diese Sequenzen einige der schaurigsten und auch rasantesten Zombie-Momente her, weshalb die dritte Episode, „Der Ouroboros“ (die Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt), zu den besten überhaupt gehört. An deren Ende zeigt sich auch erneut, dass Strand eine höchst ambivalente Figur ist, die alles andere als leicht zu durchschauen ist. Nach und nach erzählt man übrigens in Rückblenden, wie sich einzelne Figuren vor der Zombieplage verhalten haben, wo sie herkommen und was sie zuvor gemacht haben. Gerade bei Strand sollte man da mit einigen Überraschungen rechnen. Wenn dann zum Ende der vierten Episode einige der Anwesenden ihre Unschuld verlieren, wird deutlich, dass die Parallelen zu The Walking Dead immer stärker werden. Auch entwickelt sich Madison immer mehr zu einer Art „Rick“, wenn sie relativ eigenmächtig über das Schicksal einer wichtigen Figur entscheidet und dabei kaum Erbarmen kennt. Das Staffel-Halbfinale gerät deshalb ziemlich bedrückend und erstaunlich zwiespältig. Während der zweiten acht Folgen wird dann an drei Fronten gekämpft: Nick landet im nicht ganz so sympathischen und religiös etwas verblendeten Camp einer mexikanischen Truppe, die daran glaubt, dass die Untoten ab und an ein Opfer verlangen. Madison und Strand schlagen sich nach Norden durch und Travis und Sohn Chris bleiben alleine zurück.

Gerade das gegenüber der Mutterserie heißere Klima Mexikos fügt atmosphärisch einen anderen Look hinzu und mittendrin ist mal wieder Nick. Zu Beginn des 2. Teils von Fear the Walking Dead sehen wir zu, wie er irgendwann vor Durst sein eigenes Urin trinken muss und bekommen auch etwas mehr Einblick in dessen Zeit vor dem Ausbruch der Epidemie. Man erfährt außerdem, wie es dazu kam, dass er keinen Vater mehr hat. Erneut ist es eine der besten und intensivsten Folgen, wenn Nick keinen Ausweg mehr weiß, als sich der Untotenhorde anzuschließen, um überhaupt noch vorwärts zu kommen. Ohnehin entwickelt sich der Ex-Junkie zum mit Abstand interessantesten Charakter der Show, was sicherlich daran liegt, dass er vor dem Ausbruch der Epidemie selbst einen Todeswunsch hatte und sich nun in den ausweglosesten Situationen immer wieder zu retten weiß. Und so findet er auch einen Weg, in dem mexikanischen Lager zurechtzukommen, weiß gar seine Talente einzusetzen, um den Leuten dort zu helfen. Der Anführer der Colonia könnte zudem ein Geheimnis an seiner Schulter tragen, das noch von großer Tragweite werden kann, oder …?Währenddessen muss sich Travis langsam fragen, was für einen Sohn er da herangezogen hat und die Tatsache, dass Strand, Madison und Tochter Alicia scheinbar einen Safe Haven gefunden haben, sorgt zu Beginn von Episode 13 für einen bemerkenswerten und bitteren Moment. Mit einem krassen Moment wartet hingegen Folge 14 auf: Hat man sich bisher auf die üblichen Zombieeffekte reduziert und keine allzu heftigen Gore-Einlagen geliefert, darf Nick hier urplötzlich äußerst beherzt hinlangen – hätte auch TWD gut gestanden (Ep. 15, 19’55). Es ist aber nicht nur dieser eine Moment, der diese Folge deutliche hervorhebt. Auch wenn Travis im Finale seine Unschuld verliert, bleibt man mit aufgeklapptem Mund zurück und fragt sich mit den ebenfalls heftigen Geschehnissen der finalen Folge, ob die Macher das Gefühl hatten, sie müssten etwas nachholen. Wie dem auch sei: Fear the Walking Dead entwickelt während der letzten drei Episoden immer mehr das „will mehr sehen“-Gefühl, das man von TWD kennt. So kann’s gerne weitergehen.

Bild- und Tonqualität

Im Gegensatz zum Serienbruder ist Fear the Walking Dead nicht mal ansatzweise so stark gekörnt. Auf uniformen Hintergründen sieht man zwar leichte Unruhen, doch das geht als angenehm filmisch durch. Die genutzte Farbpalette ist deutlich braungelb gestimmt und unterstützt die Hitze Mexikos und des Grenzgebiets, in dem die Geschichte spielt. Der Kontrastumfang ist ebenfalls etwas besser als TWD. Allerdings bleibt die Schärfe etwas hinter dem Serienkollegen zurück und in dunklen Szenen wuselt es schon mal etwas stärker auf Gesichtern oder Haaren. Während der besser ausgeleuchteten Momente und in den Close-ups ist die Auflösung relativ gut gelungen, dennoch bleiben Randunschärfen im unteren Bereich nicht aus. Der Ton liegt für beide Sprachen jeweils in dts-HD-Master vor – einmal mit 5.1-Spuren und einmal in Stereo. Die Sechskanal-Variante gefällt mit atmosphärischer und weitläufiger Musik, die zwar nur selten mal den Subwoofer richtig fordert, den Zuschauer dafür aber räumlich gefangen nimmt. Stimmen sind sowohl während der mexikanischen als auch bei der deutschen Sprachausgabe griffig. Ab und an hört man die Kompression etwas, wenn die Originalsprache einsetzt und das Hintergrundrauschen der Aufnahme dazustößt (Episode 15, 37’16). Fallen Schüsse, wird’s dynamisch und umso effektvoller (Episode 15: 43’17).

Bonusmaterial

War das Bonusmaterial der ersten Staffel von Fear the Walking Dead schon nicht sonderlich reichhaltig, hat man bei der zweiten Season einfach völlig drauf verzichtet. Außer Programmtipps des Anbieters gibt’s hier rein gar nichts zu entdecken – schade.

Fazit

In der zweiten Staffel von Fear the Walking Dead entwickelt die Serie mehr und mehr Eigenständigkeit. Das ersetzt zwar auch nicht das oft fehlende Tempo, lenkt aber mehr und mehr davon ab, dass TWD wie ein übermächtiger Bruder über der Show steht. Und weil die finalen drei Folgen außergewöhnlich gut, spannend und hart geraten sind und danach nichts mehr so ist, wie es mal war, gibt’s dieses Mal ein paar mehr Prozentpunkte.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 5%
Serie: 75%

Anbieter: Splendid Film/WVG Medien
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Adam Davidson, Kari Skogland, Stefan Schwartz
Darsteller: Kim Dickens, Cliff Curtis, Frank Dillane, Alycia Debnam-Carey, Mercedes Mason, Lorenzo James Henrie, Rubén Blades, Elizabeth Rodriguez, Colman Domingo
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en // dts HD-Master 2.0: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 668
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)

Trailer zu Fear the Walking Dead – Season 2

Fear the Walking Dead - Season 2B | official Comic-Con 2016 trailer

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