Finale – Mediabook Limited Edition [2019]

Blu-ray Review

Pierrot Le Fou, 05.06.2020

OT: Finale

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Body Language

Thriller meets Torture Porn in diesem dänischen Horror-Flick.

Inhalt

Wer stellt nur dauernd dieses Luftdruckgerät mitten in den Weg?

Agnes hatte eigentlich nicht mehr vor, in der Tankstelle ihres Vaters zu arbeiten. Immerhin will sie bald zum Studieren nach Deutschland und dort mit ihrem Freund Benjamin Zeit verbringen. Doch Dänemark steht im WM-Finale und außer Agnes hat sich nur die etwas unbekümmerte Belinda zum Dienst gemeldet.
Infolgedessen müssen die beiden ziemlich ungleichen Frauen noch mal eine gemeinsame Nachtschicht verbringen. Und das ohne Kunden. Naja, nicht ganz ohne Kunden. Denn ein paar träufeln dann doch nach und nach ein. Allerdings nicht gerade die angenehmsten. Besonders zwei Kerle, die ständig mit einer Kamera vor Agnes‘ Nase rumfuchteln wirken bedrohlich. Doch als Agnes ihren Freund aus dem Finale raus- und zur Hilfe herbeitelefonieren möchte, geht dieser nicht dran. Die beiden Damen sind auf sich gestellt – und das auch, als die Bedrohung Realität wird …

Der Zeremonienmeister lässt bitten

So eine im Namen des Regisseur vorausgeschickte Warnung vor dem kommenden Film hat ja schon was: Ein clownisch geschminkter Vorführer betritt den Raum und schickt einige einleitende Wort zu Finale voraus, die durchaus als Hinweis auf die kommenden 90 Minuten und deren Intensität angesehen werden dürfen. Zartbesaitete sollten sich also schon mal ein Kissen bereithalten, hinter dem sie ihr Gesicht verbergen können.
Und er macht es auch geschickt, dieser Søren Juul Petersen. Um zu verdeutlichen, wie gottverlassen die beiden Frauen sind, nimmt er sich gut 15 Minuten Zeit, ihre Einsamkeit in der Tankstelle zu schildern. Die Langeweile beim Kommissionieren der Regale, der langsame Wechsel von Tageslicht auf Dunkelheit, die zunächst kühl-distanzierten Gespräche zwischen den beiden, bis Agnes dann als Seelentrösterin herhalten muss.
Mit stimmungsvollen Bildern wird die Tankstelle eingefangen, Momentaufnahmen von Zapfsäulen, im Wind wehende Einmalhandschuhe, dazu nur spärlich eingesetzte Filmmusik – Petersen versteht es geschickt, die Spannung nach und nach aufzubauen und mit einem Bedrohungsszenario zu unterlegen, das den Zuschauer auch schon mal auf eine falsche Fährte lockt. Nicht jeder komische Typ, der vorbeikommt, muss ja direkt ein Psycho sein – oder doch?

Agnes bekommt erst einmal eine anonyme Maske auf

Gleichzeitig spielen frühzeitig die Überwachungskameras eine prominente Rolle. Immer wieder werden sie von der Filmkamera beäugt und blicken wie ein aus der Fremde gesteuertes Auge auf die Szenerie. Man ahnt, wohin die Story-Reise geht.
Denn der gleichnamige und als „Horror Novel of the Year (2011)“ ausgezeichnete Roman von Steen Langstrup (dem „Stephen King Dänemarks„) bietet eben jene Grundlage für eine Geschichte, die auf dem Thema Voyeurismus fußt – jener „Unterhaltung“ für die moralisch Verkommenen, für die kranken Geister dieser Gesellschaft.
Dass der Regisseur sich überhaupt eine Romanvorlage nahm, liegt vornehmlich daran, dass er nicht die benötigte Zeit hätte aufwenden können, um eine originäre und gleichzeitig originell-überzeugende Geschichte selbst zu schreiben. Und Langstrup kannte Petersen schon seit vielen Jahren.
Wie das Buch auch, so erzählt der Regisseur seinen Film auf zwei Ebenen, die zunächst unterschiedliche Zeiten repräsentieren und dann zusammenlaufen. Auf der einen Ebene sehen wir, wie Agnes und Belinda ihre Schicht vollbringen und von vermeintlichen Tankstellen-Kunden bedroht werden. Die zweite Ebene ist einen Schritt weiter. Dort zeigt man uns, wie eine der beiden Frauen eingesperrt ist und später gefoltert wird.

Der Bürohefter hinterlässt seine Wirkung

Zum Thriller-Szenario mischt sich mit der zweiten Erzählebene also bald Torture-Porn-Horror mit Anleihen bei SAW oder Das Haus der 1000 Leichen.
Dass das trotz der einschlägigen Vorbilder dennoch unterhaltsam gerät, liegt vor allem an der überraschend zünftigen Härte und dem extrovertiert agierenden Moderator im Zirkus-Clowns-Kostüm. Damon Younger in der Rolle des Manegen-Direktors gibt eine launische und sehr überzeugende Performance ab, während Anne Bergfeld als Agnes in ihrer ersten großen Filmrolle zwar aufs Klischee reduziert bleibt, aber im Angesicht der Folterergebnisse durchaus glaubwürdig leidet.
Tja, und dann funktioniert das Ganze natürlich auch noch nach dem üblichen Prinzip, dass sich Finale das Publikum zum Komplizen macht und auch ihn zum Voyeur werden lässt – darf man hier zuschauen und das auch noch unterhaltsam finden? Selbst wenn der Film hier keine Position einnimmt und den Rezipienten mit seinen Gedanken zu dem Thema alleine lässt, wird die unterliegende Kritik dennoch deutlich. Die End-Credits sind unterlegt mit Bildern von den römischen Gladiatoren-Kämpfen – Brod und Spiele für das Volk. Stellt sich die Frage, ob in Zeiten von sozialen Netzwerken und Amoklauf-Videos bei Twitter & Co. die Moral der Menschen nicht schon wieder auf jene aus der Zeit von 260 v. Chr. gesunken ist.

Der Präsentator treibt Agnes an den Rand des Erträglichen

Bild- und Tonqualität

Rennt, ihr Beiden, rennt!

Finale wurde mit einer Panasonic Lumix DMC-GH4 aufgenommen. Die liefert in den wenigen gut ausgeleuchteten Szenen sehr ruhige Bilder, wird aber etwas körniger, sobald es dunkler wird und die ISO entsprechend hochgefahren werden musste. Ebenfalls sichtbar werden dann ausreißende helle Oberflächen, beispielsweise Lichtflecken auf Gesichtern. Während der späteren Folterszenen werden die Kontraste noch etwas harscher, was an Genre-Vorbilder wie Texas Chainsaw Massacre erinnert und die Gewalt durch einen Schmuddelfaktor noch weiter atmosphärisch unterstützt. In dunklen Bereichen bleibt die Durchzeichnung auf eher mittlerem Niveau. Die Schärfe geht in Close-ups in Ordnung, offenbart dann auch viele Details auf den Gesichtern und den detailreichen Klamotten der beiden Mädels.
Akustisch lockt die Blu-ray zwar mit dts-HD-Master-Spuren in 5.1, doch echte Surround-Aktivität oder Dynamik und Druck bleiben weitgehend aus. Selbst während der Folterszenen werden nur selten mal echte Attacken geboten. Später kommt allerdings ein sonor brummelnder Subwoofer dazu, der für eine Intensivierung des Gezeigten sorgt und die Stimmung bedrückender gestaltet. Sehr sauber kommen die Dialoge aus dem Center, was umso erfreulicher ist, da die Synchro wirklich gelungen ist.

Bonusmaterial

Atmosphärisch gelungene Aufnahmen hat „Finale“ ausreichend

Das schicke Mediabook von Finale enthält die Blu-ray und DVD des Films. Hinzu kommt ein Poster zum Film und ein 24-seitiges Booklet, das unter anderem ein Interview mit Regisseur Petersen enthält. Von ihm ist auch der etwas spröde Audiokommentar, dem man anmerkt, dass er sich im Englischen nicht ganz so wohl fühlt. Immer wieder kommt’s zu Erzählpausen. Dennoch ist es interessant, wie ein Film dieser Gattung mit entsprechend geringen finanziellen Mitteln umgesetzt wird. Leider gibt’s keine Untertitel. Das eigentliche Bonusmaterial enthält dann drei Interviews sowie ein Question & Answer mit Cast & Crew beim Obscura Filmfest in Berlin.
Bei den Interviews stellt sich Anne Bergfeld als sympathische Schauspielerin heraus, die im Grenzbereich von Flensburg und Dänemark zweisprachig aufwuchs und hier seit Längerem mal wieder die deutsche Sprache bemüht, um die (eingeblendeten) Fragen zu beantworten. Petersen bleibt beim Englischen und erzählt davon, wie er überhaupt dazu kam, vom Produzenten (der er eigentlich ist) zum Regisseur zu wechseln. Peter K. Nørgaard, der den Score für den Film komponierte, ist der letzte (ein wenig verschlafen und eintönig antwortende) Interviewpartner. Er erzählt über seinen Background und die gemeinsame Arbeit mit Petersen.
Das Q&A hält Festivalbetreiber David Ghane mit dem Regisseur und den beiden Hauptdarstellerinnen.

Fazit

Schauspieler, Setting, Atmosphäre, Härte, Inszenierung, Kamera – Finale bietet in jedem einzelnen Bereich für einen Horrorfilm durchweg Werte weit über dem üblichen Genre-Durchschnitt. Die letzte halbe Stunde schnürt dem Zuschauer zudem die Kehle zu, wenn der Terror Einzug hält und erst nach dem actionreichen Finale ein wenig Entspannung einkehrt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 70%
Film: 75%

Anbieter: Pierrot Le Fou
Land/Jahr: DK 2018
Regie: Søren Juul Petersen
Darsteller: Anne Bergfeld, Karin Michelsen, Damon Younger, Kristoffer Fabricius, Mads Koudal, Kim Sønderholm
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 99
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Pierrot Le Fou)

Trailer zu Finale

 

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5 Kommentare
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Michael

Die synchrofassung lässt leider sämtliche Surround Effekte fallen. Auch finde ich diese stimmungsmässig schwach. Ich kann nur empfehlen den Film im o-Ton zu schauen.

Chris

Der Film ist mega – mega kacke!! Obwohl ich eigentlich dänische Horrorfilme liebe, wurde ich hier bitter enttäuscht! Ein Spannungsverlauf, wie das Brühen eines Kaffees – und hierbei bleibt man wenigstens wach! Hostel – simply the best

Dennis

4 7 bei IMDB spricht eigentlich fast für Kernschrott… ich achte da eigentlich weniger drauf, aber Bewertungen die unter 5 liegen gucke ich mir dann doch nicht an.

charles Goddard

I am sad to see that you only mention two actors from this film. Karin Michelsen. who is onscreen as much as Anne Bergfeld and much more than Damon Younger, puts in such a convincing and vital performance as Belinda. Mads Koudal as Kenny is also noteworthy.