Findet Dorie 3D

Blu-ray Review

Findet Dorie 3D Blu-ray Review Cover
Disney©, 16.02.2017

OT: Finding Dory

 


Home is Where Your Heart is

Mit Findet Dorie liefert Pixar eine würdige Fortsetzung zum 2003er Animationshit Findet Nemo.

Inhalt

Als Kind hat Paletten-Doktorfisch Dorie ihre Eltern verloren. Die Tatsache, dass sie unter Gedächtnisschwund leidet, half ihr kaum dabei, sie zurückzufinden, weshalb sie sich langsam mit ihrem Leben als Single abgefunden hat. Immerhin hat sie mit Nemo und dessen Vater Marlin eine Ersatzfamilie gefunden, nachdem sie dem kleinen Clownsfisch bei dessen Suche nach den Eltern geholfen hatte. Doch dann führt ein Trigger-Ereignis dazu, dass sie sich an ihre Familie erinnert und sie fühlt, wie sehr sie sie vermisst. Von da an existiert nur ein Gedanke: Sie will sie suchen und natürlich finden. Gemeinsam mit Nemo und Marlin macht sie sich auf. Doch die Drei werden getrennt und Dorie landet in einem Quarantäne-Aquarium des Meeresbiologischen Instituts. Dort trifft sie auf den miesepetrigen Oktopus Hank. Der würde am liebsten sein Leben in einem großen Bassin in Cleveland verbringen, um ja nicht mehr ins Meer zurückkehren zu müssen. Und weil sich die Zwei gegenseitig helfen können, bilden sie eine Zweckgemeinschaft, die ein abenteuerliche Reise quer durch das Institut bewältigen muss …

13 Jahre haben sich Andrew Stanton und Pixar Zeit gelassen, um ihre angekündigte Fortsetzung des damaligen Megahits Findet Nemo auf den Weg zu bringen. Offenbar genug Zeit, um eine gewisse Begehrlichkeit zu wecken, denn mit Mit 1,03 Mrd. Dollar weltweitem Einspielergebnis hat Findet Dorie nicht nur den Vorgänger von 2003 überholt, sondern ist aktuell der vierterfolgreichste Animationsfilm überhaupt (nach Die Eiskönigin, Minions und Toy Story 3). Und das durchaus zurecht. Grundsätzlich lag es natürlich nahe, dem liebenswerten Sidekick von Clownsfisch Nemo einen eigenen Film zu geben, doch würde die Geschichte um den Paletten-Doktorfisch, dessen Kurzzeitgedächtnis einem leeren Blatt Papier gleicht, auch für 90 Minuten Handlung reichen? Stanton und Co-Regisseur MacLane geben darauf eine klare Antwort, denn ohne den Gag des Erinnerungsschwunds als immer wiederkehrenden Loop allzu sehr zu strapazieren, schaffen sie es, eine herzerwärmende Geschichte zu erzählen. Diese mag zwar ohne den sonst gerne in Pixar-Filmen vorhandenen doppelten Boden auskommen und sie wirkt auch sehr nahe am Vorgänger, hält dafür aber eine universelle Botschaft von „Heimat ist dort, wo deine Liebsten sind“ bereit. Und Findet Dorie ist dabei einfach so niedlich, dass man ihn nur liebhaben kann. Wenn die ganz junge Dorie mit gesenktem Kopf dem Fischpärchen von ihrem „Gedächtnisverschwund“ erzählt und dabei mit herzzerreißender Stimme spricht, wird selbst in hartgesottenen Zuschauern der Beschützerinstinkt geweckt. Zwar springt der Film dann relativ schnell in die Gegenwart, wobei er einen augenzwinkerndes, kurzes Cross-Over mit Findet Nemo liefert, doch auch der ausgewachsenen Dorie folgt man gerne auf ihrer Suche nach der Familie.

Zumal es ein Wiedersehen mit bekannten und beliebten Figuren gibt. So sind natürlich Marlin und Nemo mit von der Partie und auch die ultracoole Schildkröte Crush sorgt erneut für Esprit. Doch es bleibt nicht bei den bekannten Charakteren. Selbstverständlich kommen aber auch Neue hinzu. In Form von Okto … ähm … Septopus Hank sogar einer, der zum Kult werden könnte. Nicht nur ist er einfach fantastisch animiert (siehe Bonusmaterial), haben die Macher doch gerade die spezifischen Eigenschaften eines Kranken extrem genau studiert und nutzen sie für teils slapstickhaften Humor. Die Tarnfähigkeit des Weichtieres liefert immer wieder brüllkomische Situationen und seine geschmeidigen Bewegungen sind ein Augenschmaus. Die Herzen rührt er spätestens dann, wenn er ein wenig rot anläuft, nachdem Dorie ihm sagt, sie würde ihn nie vergessen. Wahlhai Destiny und ihre Kurzsichtigkeit geben ebenfalls Anlass für witzige Situationen (Sprung aus dem Becken) und Beluga Baileys Hypochondrie erweitert das Meerestiere-Universum um eine weitere charmante Macke. Ein Brüller ist der kleine Krebs, der im Korallenbecken das Meeresgestrüpp nach Vorbild eines englischen Rasens stutzt. Dass man in deutschen Synchronfassungen von animierten Tierfilmen immer wieder unpassenden bayerischen Dialekt integrieren muss, ärgert allerdings auch in Findet Dorie. Die beiden Seelöwen kommen im Original mit schottischem Akzent um Welten witziger rüber als in der hiesigen Fassung. Wenn schon, hätte man sie mit norddeutschem Slang versehen sollen, der schon rein geologisch besser zur Tierart sowie ihren Namen „Boje“ und „Smutje“ gepasst hätte. Noch nerviger ist nur noch der Kurzauftritt einer hart-bajuvarisch redenden Muschel. Glücklicherweise ist diese Szene wirklich sehr kurz.

Inszenatorisch vermischt der Film nach etwas über einer halben Stunde Tempo mit Message, wenn Hank und Dorie eine irrwitzige Odyssee durch das Meeresbiologische Institut antreten. Beim Durchqueren der Kinderwelt und den gefährlichen Momenten im „Anfassbecken“ wird dann berechtigte Kritik am Umgang mit den Meeresbewohnern laut. Sie fällt zwar moderat aus, animiert aber dennoch vielleicht ein wenig zum sorgsamen Verhalten. Für erwachsene Filmfans gibt’s noch ein paar großartige Alien-Zitate obendrauf, was im Original noch dadurch unterstützt wird, dass Sigourney Weaver die Lautsprecherstimme des Instituts gibt. Absolut erstaunlich ist, was während der vergangenen 13 Jahre in Sachen Animationsqualität für Fortschritte gemacht wurden. War Findet Nemo schon atemberaubend für seine Zeit, werden gerade die feinen Details heutzutage dermaßen realistisch und plastisch realisiert, dass man den Film noch ein zweites Mal sehen könnte, um alles zu entdecken. Alleine der feine Sand im Meer oder am Strand ist sensationell. Man nähme dem Film ohne weiteres ab, dass irgendjemand jedes einzelne Körnchen von Hand hineinanimiert hat. Geradezu grandios ist das Spiel von Licht und Schatten im Meer und an Land sowie kleine Schwebepartikel, die im Wasser für Leben und Realismus sorgen.

Bild- und Tonqualität

Von einem Pixar-Film erwartet man in Sachen Bildqualität kaum etwas anderes als absolute Perfektion. Das gilt natürlich auch für Findet Dorie, dessen Farben wunderbar leuchtend wiedergegeben werden und der einen absolut kräftigen Kontrastumfang hat. Die Tatsache, dass es auf Hintergründen und um Figuren herum ein wenig milchig-verschwommen aussieht, lässt das Geschehen noch weitaus realistischer erscheinen und bringt den typischen, leicht trüben Look des Meers etwas authentischer rüber. Unrealistisch wäre es hier eher, wenn bis zum letzten Seegrashalm alles klar konturiert und scharf wäre. Natürlich ist die Auflösung im Vordergrund erhaben und die Bildruhe könnte kaum besser sein. Hervorragend gelingen Farbübergänge, die zu keiner Zeit Color-Banding verursachen und sehr homogen verlaufen.
Findet Dorie liegt zwar leider nicht in Dolby Atmos oder einem anderen 3D-Soundformat vor, liefert aber zwei vorzügliche hochauflösende Tonspuren. Erstes echtes Surround-Highlight ist hier der Chor der vorüberziehenden Rochen, der sich voluminös über sämtliche Lautsprecher legt und über den Zuschauer hinwegfegt. Auch die erste Begegnung des Trios mit einem Oktopus sorgt für Freude, wenn das Grummeln des acht-tentakligen Weichtieres den Subwoofer fordert und die Verfolgungsjagd für höchsten Effektreichtum sorgt (19’00). Ein wirklich raumfüllendes Ereignis ist dann Dories Eintauchen in den Sog des Abwasserkanals, das mit zahlreichen direktionalen Effekten für ein echtes Mittendrin-Gefühl sorgt. Qualitativ unterscheiden sich die beiden Fassungen nicht. Sowohl die dts-HD-Master-Spur als auch ihr deutsches Dolby-Digital-Plus-Pendant klingen differenziert und gleichwertig dynamisch. Die Stimmen der Synchronfassung sind etwas vordergründiger und deshalb besser verständlich, während sie im Original weniger präsent sind.

3D-Effekt

Da Findet Dorie vollständig am Rechner entstanden ist, musste hier natürlich auch nichts ins Dreidimensionale konvertiert/hochgerechnet werden. Die Ausgangssituation ist für Animationsfilme deshalb immer eine sehr gute, wenn es darum geht, möglichst hochwertiges 3D zu verwirklichen. Dabei übertreibt es der Film während der ruhigeren Szenen glücklicherweise nicht mit dem vordergründigen Effekt. Zu Beginn beispielsweise sorgt das Dreidimensionale „nur“ für eine dezente Steigerung der Tiefe, wenn Dorie im Vordergrund mit dem Sand spielt, während ihre Eltern sich verstecken. Die Lens-Flare-Effekte des einfallenden Lichts bieten hier mehr Plastizität und stecken dadurch hervor. Als das kleine Fischmädchen kurz darauf verlassen und allein in den dunklen Meeresalgen schwebt, sorgt schon alleine die winzige Darstellung der Dorie für einen Schwebe-Effekt, der sehr griffig erscheint und den Eindruck vermittelt, man könne sie einfach so aus dem Wasser greifen. Da allerdings viel Geschehen in der Horizontalen (also von links nach rechts oder andersherum) passiert, ist echtes 3D-Feeling immer nur dann gegeben, wenn Fische Richtung Zuschauer schwimmen oder in dessen Richtung schauen. Findet Dorie nutzt dann den Hintergrund (bspw. den versunkenen VW Käfer) ausschließlich flach und zweidimensional und lässt die Hauptfigur davor wirklich lebensecht im Raum stehen. Auch Schildkröte Crush erscheint formatfüllend und macht den Eindruck, als wolle sie aus dem Fernseher oder der Leinwand herausschwimmen. Ein paar echte Pop-out-Effekt gibt’s natürlich auch. So zum Beispiel, wenn Becky Marlin und Nemo im Eimer transportiert (37’49) oder die beiden Clownsfische vom Springbrunnen in die Luft katapultiert werden (47’48). Einer der besten Effekte dieser Art seit den Anfängen der „neuen“ 3D-Technik ist dann das große Finale des in Zeitlupe gedrehten Absturzes des LKW. Was hier an Fischen, Meeresgetier und Wassertropfen gen Zuschauer fliegt, sucht seinesgleichen und ist extrem plastisch.
Echte Probleme in der 3D-Darstellung gibt’s nur bei äußerst schnellen Schwenks wie jenem nach 15’35, in dem die Kamera vertikal über das Meer fegt und von links nach rechts ein Schwarm Vögel vorbeifliegt – hier zwinkert man notgedrungen mit den Augen, weil die Elektronik derart komplexe Abläufe überhaupt nicht einfangen kann.

Bonusmaterial

Die Triple-Disk von Findet Dorie liefert gleich zwei Silberlinge, die mit Extras aufwarten. Neben jenen, die auf der Filmdisk selbst sind, gibt’s noch eine separate Bonus-Blu-ray obendrauf. Schön ist, dass der (zuckersüße) Kurzfilm „Piper“ sowohl auf der 3D-Scheibe als auch auf der 2D-Blu-ray vorliegt – vor allem, weil er dann ebenfalls in 2D und 3D angeschaut werden kann ist. Die 2D-Fimdisk enthält zusätzlich einen Audiokommentar von Regisseur Stanton, Co-Regisseur MacLane und Lindsey Collins, der Produzentin. Hinzu kommen sieben Featurettes: „Interviews im Meeresbiologischen Institut“ macht den Anfang und lässt die Figuren des Films pseudodokumentarisch von ihren ersten Begegnungen mit Dorie erzählen. „Ein Oktopus misch Pixar auf“ erzählt von der Komplexität der Animation des Kraken, der das Pixar-System an seine Grenzen brachte – ein Grund, warum man ihm nur sieben Tentakel machte und froh war, dass man diesen „verflixten“ achten Arm nicht auch noch animieren musste. „Wie war noch mal die Geschichte“ charakterisiert hingegen Hauptfigur Dorie und deren Gedächtnisverlust. „Fahrgemeinschaft“ lässt Regisseur Stanton mit ein paar seiner Synchronsprecher zur Arbeit fahren. „Animation & Darstellung“ gibt hingegen Einblicke ins Synchronstudio selbst. Im „Monterey Bay Aquarium“ bringt noch mal die Recherche-Arbeiten von Pixar nahe und „Meeresbewohner und ihre Besonderheiten“ erzählt davon, was die Originalsprecher von ihren Fischen … ähm Figuren lernen konnten.
Die reine Bonusdisk besteht dann aus einem Bereich mit Hinter-den-Kulissen-Featurettes sowie acht zusätzlichen, bzw. alternativen Szenen. Wobei „Prolog“ ein 20-minütiges Statement von Regisseur Stanton ist, wie dynamisch sich die Filme im Laufe ihrer Herstellung verändern. Hier werden gleich mehrere unterschiedliche Filmanfänge gezeigt. Vier lebendige (animierte) Aquarien, die als „Bildschirmschoner“ genutzt werden können, komplettieren das Angebot. Der Hinter-den-Kulissen-Bereich enthält fünf weitere Featurettes: „Skaten und Zeichnen“ erzählt die Geschichte von Jason Demer, der 1997 als Möbelrücker auf Tagesbasis beschäftigt wurde. Seine Zeichnungen, die er in Pausen auf Kaffeebecher zeichnete, verschafften ihm dann eine Festanstellung als Zeichner. „Dories Lied“ gibt Einblicke in die Arbeit am Soundtrack, „Ein rauher Tag am Riff“ hingegen ist ein witziges Feature über Computerfehler während der Animationsarbeiten. „Findet Nemo erzählt mit Emoji“ trägt der heutigen What’s-app-Gesellschaft Rechnung und „Jeder Fisch is‘ anders“ lässt noch einmal ganz viele unterschiedliche Meeresbewohner auftauchen. Leider ist keines der Featurettes wirklich lang und erschöpfend geraten. Ein echtes, stringentes Making-of fehlt.

Fazit

Findet Dorie erzählt eine zwar nicht allzu komplexe oder tiefgründige, dafür aber herzerwärmende Geschichte über den Wert und das Geborgenheitsgefühl von Familie und ist damit eine würdige Fortsetzung von Findet Nemo. Zwar fehlt hier und da etwas Wortwitz und die Story wirkt vom Original fast 1:1 übernommen, doch die rasanten Szenen sowie die tollen Figuren sorgen für reichlich Slapstick und Wiedererkennungswert. Technisch ist der jüngste Pixar-Film ohnehin über jeden Zweifel erhaben und liefert ein ausgewogenes 3D-Bild, das immer dann richtig plastisch wird, wenn es auch wirklich Sinn macht.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 100%
Tonqualität (dt. Fassung): 85%
Tonqualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 70%
Film: 75%
3D-Effekt: 85%

Anbieter: Walt Disney
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Andrew Stanton & Angus MacLane
Sprecher: Anke Engelke, Christian Tramitz, Elisabeth Günther, Oliver Siebeck, Axel Malzacher, Udo Wachtveitl, Franziska van Almsick, Anja Stadlober
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // Dolby Digital Plus 7.1: de
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 97
Codec: AVC/MVC
Real 3D: Ja
FSK: 0

Trailer zu Findet Dorie

FINDET DORIE - Offizieller Trailer (deutsch | german) - Disney HD

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