Blu-ray Review
OT: Five Fingers for Marseilles
Der Löwe von Marseilles
Stimmungsvoller Neo-Western vor südafrikanischem Hintergrund.
Inhalt
Tau und seine vier Freunde bilden die “Five-Fingers”-Bande. Obwohl sie noch jung an Jahren sind, möchten sie ihre Heimatstadt Marseille in Südafrika gerne von den rassistischen und korrupten weißen Polizisten befreien. Dass es soweit kommen würde, dass Tau aus Verzweiflung zwei der Cops umbringt, konnte keiner der Fünf ahnen. Zwanzig Jahre Gefängnis bringt es dem Jungen ein, bevor er wieder freikommt und nach Marseille zurück kehrt. Doch was er dort vorfindet, ist ein anderes Südafrika. Ein Land, das sich verändert hat und seinen Platz nicht zu finden scheint. Auch seine vier Freunde von damals haben sich verändert. Während Zulu gestorben ist, hat sich Bongani zum korrupten Bürgermeister ohne großes Rückgrat entwickelt. Unathi ist Priester geworden und Lerato sorgt sich um ihren (und Zulus) Jungen. Doch die Veränderung seiner einstigen Freunde ist nur das eine Problem. Viel schwerer wiegt, dass die Stadt von einem gewalttätigen Kerl, den alle nur “Geist” nennen, terrorisiert wird. Tau kann nicht umhin, etwas ändern zu wollen und tritt seinen vielleicht letzten Kampf an …
Wenn im Tonformate-Einstellungsmenü einer Blu-ray neben der deutschen Spur eine weitere anwählbar ist, die auf den Namen “Originalsprache” lautet, dann weiß man, dass es hier etwas weniger gewöhnlich zugeht. Und tatsächlich: Five Fingers for Marseilles mag zunächst wie ein typischer Western beginnen, zeigt aber schon bald, dass der Schauplatz hier nicht der Westen der USA ist – zumindest, wenn man davon ausgeht, dass die indigene Bevölkerung Amerikas keine dunkelbraune Haut hatte. Der vom Südafrikaner Michael Matthews inszenierte Film spielt in seiner Heimat – im südafrikanischen Marseille am Ostkap, um genau zu sein. Dort erzählt uns der Regisseur eine Geschichte von fünf Jugendlichen, die sich zur Zeit der Apartheid schworen, für ihr Zuhause (Marseille) zu kämpfen. Matthews bedient sich der Westernoptik und -erzählweise, nutzt teils fantastische Aufnahmen der Landschaft und zitiert schon zu Beginn auf charmante Art und Weise den klassischen Mexican Standoff der Italo-Western. Doch der lockere Ton ändert sich bald. Von dem Moment an, da sich für Tau das Leben drastisch verändert, verändert sich auch der Tonfall des Films. Zwischen Melancholie und düsterer Hoffnungslosigkeit reflektiert Fiver Fingers for Marseilles zu Beginn zum einen das einfache Leben der nativen Südafrikaner zur Zeit der Apartheid und erzählt zum anderen eine Geschichte über fünf Menschen, deren Leben sich durch eine impulsive Tat für immer verändern sollte. Viel deutlicher aber kommt zum Tragen, wie sich die Welt in Südafrika nach dem Ende der Apartheid verändert hat.
Nicht zum Besten, wie man deutlich erkennen kann. Zwar sind die alten Feinde nicht mehr da, dafür haben sich aber neue etabliert. Der gesellschaftliche Wandel hat andere Schurken hervorgebracht. Schurken, die keine weiße Haut tragen und in den Irrungen und Wirrungen des Endes der weißen Herrschaft über das Land ihre Vorteile gnadenlos ausnutzten. Südafrika ist immer noch ein ungleiches Land. Eins, in dem die Schulentwicklung weiter hinter den noch ärmeren Ländern Afrikas zurück bleibt und eine umgekehrte Rassenquote für wenig Chancengleichheit sorgt. Im Marseilles, in das Tau nach seiner Zeit im Gefängnis zurück kehrt, herrscht ein Vakuum. Das Ende der Apartheid hat offenbar nicht dafür gesorgt, dass die Bewohner ihr Schicksal in die eigene Hand genommen haben. Der Bürgermeister ist korrupt und unfähig, die Polizei korrupt und brutal und in das vorhandene Vakuum ist ein halb blinder “Geist” eingedrungen, der mit brutaler Hand seine Macht durchsetzt. Verhältnisse, die wie geschaffen sind, einen Neo-Western zu inszenieren, in dem ein namenloser Fremder das Gleichgewicht wieder herzustellen sucht und die bösen Dämonen vertreiben will. Denn Tau bleibt zunächst unerkannt und geht mit seiner Identität auch nicht offensiv um. Dass man sich für Five Fingers for Marseilles etwas Zeit nehmen und aufpassen muss, liegt an der gemächlichen Inszenierung und der Unübersichtlichkeit der Figuren. Man bekommt nicht mit, was in Taus Abwesenheit passierte und muss sich (gemeinsam mit Gesichtern, die man noch nicht kennt) die Zusammenhänge erst im Nachhinein zusammen reimen. Bisweilen wird ein bisschen zu viel auf bedeutungsschwangere, aber nicht sonderlich tiefgründige Gespräche gesetzt, was die dann aber umso heftiger heraus stechenden Momente der Gewalt hervorhebt.
Bild- und Tonqualität
Um dem analogen Film etwas näher zu kommen, hat man Five Fingers for Marseilles mit einem geringen Korn versehen, das vor allem die Aufnahmen der weiten Landschaft etwas bevölkert. In den Innenraumszenen lässt das weitgehend nach und das Bild wird stabiler. Die Schärfe ist gut über den gesamten Bildbereich verteilt und die Farben wurden sehr warm und mit bräunlich-roter Dominanz umgesetzt. Schwarzwerte sind gut, ohne absolute Referenz zu erreichen. Ab und an werden auf neutralen Flächen Probleme mit der Farbtiefe erkennbar (81’00)
Der Ton in verlustfreiem dts-HD-Master konzentriert sich zumeist auf die saubere Darstellung der Dialoge, die präzise aus dem Center kommen. Umgebungsgeräusche wie ein Windsäuseln oder andere Natur-Sounds öffnen den Raum ebenso wie der elegisch-getragene Score. Ab und an nutzt der Film eine massive Anhebung der Lautstärke, um Dramatik zu erzeugen. Das sorgt dann schon mal für Dynamiksprünge (81’50).
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Five Fingers for Marseilles gibt’s neben den Trailern noch drei kurze Featurettes zur Geschichte, der Besetzung und der Produktion
Fazit
Five Fingers for Marseilles ist erlesen fotografiert und atmosphärisch gefilmt. Die Thematik bringt dem Zuschauer das Thema Apartheid sowie die Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels in Südafrika näher und erzählt nebenbei noch eine vom Western inspirierte Geschichte um einen Namenlosen, der einen Despoten vertreibt – kann man machen!
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: %
Film: 70%
Anbieter: Donau Film
Land/Jahr: Südafrika 2017
Regie: Michael Matthews
Darsteller: Vuyo Dabula, Zethu Dlomo, Hamilton Dhlamini, Kenneth Nkosi, Mduduzi Mabyso
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, Originalsprache (mehrsprachig)
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 119
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Donau Film)