Francesca

Blu-ray Review

Francesca Blu-ray Review Cover
Mad Dimension/AL!VE, seit 29.01.2016

OT: Francesca

 


Mörder aus der Vergangenheit

Freunde des italienischen Giallos aufgemerkt!

Inhalt

Eine brutale Mordserie hält die Polizei in Atem. Zuletzt starb eine junge Frau, die ihrerseits wegen mehrfachen Betrugs in Verdacht stand. Am Fundort finden sich Bekennerschreiben mit zusammengeklebten Buchstabenbotschaften. Außerdem liegen stets zwei Münzen auf den Augen der Opfer. Da der Killer Handschuhe trägt, lassen sich keine weiteren Hinweise finden. Der ermittelnde Komissar Bruno Moretti tappt also zunächst angemessen im Dunkeln. Doch dann führen die Ermittlungen glattweg zu einer Frau, die vor 15 Jahren spurlos verschwand und schon als Kind Gewaltfantasien pflegte: Francesca …

Aufnahmen von Beinen, Close-ups von klavierspielenden Händen einer rot behandschuhten Frau, bedeutungsschwangere Zooms auf Porzellanfiguren, schräge Kamerahaltung, krasses Spiel mit Schärfenuntiefen und ein brutaler Mord zu 70er-Jahre-Diskobeats – wer die Blu-ray zu Francesca startet, weiß augenblicklich, welches Subgenre Regisseur Luciano Onetti inspiriert hat. Sein Film ordnet alles dem visuellen Stil unter und atmet den Giallo wie der Mensch die Luft. Eigentlich ist Francesca auch kein Film, sondern spult eher stilvolle Fotografien mit 24 Bildern pro Sekunde ab. Die zugrundeliegende Geschichte ist eher wenig innovativ und kommt dem Genrebetrachter durchweg nicht unbekannt vor. Lucianos Bruder Nicolas gibt im Interview aus dem Bonusbereich zu Protokoll, dass sie mit dem zweiten Film des Regisseurs ein größeres Publikum durch eine konventionellere Erzählweise erreichen wollten. Ob Ersteres gelungen ist oder nicht, entzieht sich meiner Kenntnis, Zweiteres jedoch lässt sich unterschreiben. Für einen Giallo ist Francesca erstaunlich verständlich und nachvollziehbar geworden – und das, obwohl er ständig zwischen Zeitebenen und Ereignissen hin- und herspringt. Sieht man mal vom finalen Überraschungsmoment ab, den Onetti plötzlich aus dem Hut zaubert, gab es schon kryptischere Giallos. Dennoch bleibt das Untergenre des Horrorfilms ein sehr individuelles. Man muss Optik, Stimmung und Kunstaspekt schon mögen, um Filmen wie Francesca etwas abgewinnen zu können. Horror-Mainstream-Fans werden sich vermutlich langweilen oder das Geschehen als völlig abgedreht abtun. Im Zuge einer kleinen Rennaissance des Giallo reiht sich Onetti allerdings relativ weit vorne ein und überzeugt vor allem in visueller Hinsicht. Wer übrigens während des Abspanns schon abschaltet, verpasst tatsächlich die intensivste Szene des Films – also: Dranbleiben!

Bild- und Tonqualität

Genauso stilisiert wie Francesca an sich präsentiert sich bei einem echten Giallo selbstverständlich auch das Bild: Mit harter Kontrastierung, überrissener Helligkeit und drastischen Überschärfungen wirkt es stets ebenso künstlich wie der Film künstlerisch ambitioniert erscheint. Bisweilen sind die eingesetzten Filterung derart harsch, dass man kaum mehr Details erkennen kann. Auch Bewegungen leiden darunter und häufig hat man Geisterbilder vor den Augen. Die Farben sind teils über die Maßen kräftig, teils ausgewaschen, die Körnung ist beachtlich hoch.
Während man das Bild noch als Stilmittel deklarieren kann, ist der Ton für eine 5.1-dts-HD-Master-Spur wirklich zu dünn geraten. Bei den Dialogen oder Kommentaren, die dünn und fragil aus dem Center kommen, ist das noch beabsichtigt, doch bei der Filmmusik hätte man durchaus mal etwas mehr Druck machen können. Selbst Blitz und Donner kommen wie bei einem uralten Monofilm hauchdünn von vorne. Dass Francesca es eigentlich besser kann, zeigt der italienische O-Ton, der zwar nicht viel druckvoller ist, dafür aber wesentlich mehr Räumlichkeit aufweist.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Francesca findet sich neben einer entfernten noch eine „versteckte“ Szene sowie ein Interview mit Regisseur Luciano Onetti und seinem Bruder und Produzenten Nicolas. Luciano gibt zu Protokoll, dass ihn „Night of the Living Dead“ und „Texas Chainsaw Massacre“ dazu brachten, Filme machen zu wollen. Dann wiederum inspirierten ihn Argentos „Tenebre“ und „Deep Red“, deren Zitate sich in Onettis bisherigen zwei Filmen wiederfinden. Das ebenfalls enthaltene Behind the Scenes lässt für eine Viertelstunde Einblicke in die Arbeit am Make-up zu und wird von Onetti kommentierend begleitet.

Fazit

Francesca ist Giallo pur und für Freunde des Subgenres willkommenes Fressen. Visuell macht das Ganze nämlich ziemlich Spaß und dürfte geneigte Fans überzeugen. Für alle Mainstream-Horrorfans kann’s nur heißen: Finger weg!
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 40%
Tonqualität (dt. Fassung): 40%
Tonqualität (Originalversion): 50%
Bonusmaterial: 30%
Film: 60%

Anbieter: AL!VE AG
Land/Jahr: ARG/IT 2015
Regie: Luciano Onetti
Darsteller: Luis Emilio Rodriguez, Gustavo Dalessanro, Silvina Grippaldi, Raul Gederlini
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 78
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)

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