Freeheld – Jede Liebe ist gleich

Blu-ray Review

Freeheld - Jede Liebe ist gleich Blu-ray Review Cover
Universum Film, seit 26.08.2014

OT: Freeheld

 


“Ihr habt die Macht!”

Wie ein Präzedenzfall in New Jersey vor zehn Jahren dafür sorgte, dass sich das Klima der US-Gesellschaft gleichgeschlechtlicher Paare gegenüber langsam veränderte …

Inhalt

Laurel Hester hat gerade mit ihrem Kollegen einen kleinen Drogenring ausgehoben und genießt für einen Moment den Erfolg. Privat ist die Polizistin nicht ganz so erfolgreich, weil es praktisch unmöglich für sie ist, ihre Homosexualität mit dem repräsentativen Job zu verbinden. Als sie während eines Volleyballspiels die junge Stacie kennenlernt, fühlt sie sich vom burschikosem Charme der Automechanikerin allerdings sehr angezogen. Die beiden verlieben sich trotz des Altersunterschieds und Stacie zieht sogar bei Laurel ein. In der Öffentlichkeit bleibt die Beziehung allerdings nach wie vor geheim, obwohl sich die beiden ihre Partnerschaft sogar eintragen lassen. Als sich bei Laurel Schmerzen im Unterleib zeigen und die Diagnose auf Krebs lautet, ändern sich die Vorzeichen allerdings. Weil sie dafür sorgen möchte, dass Stacie die Pension der Polizistin erhält, sobald Laurel gestorben ist, stellt sie einen Antrag an den Gemeinderat. Die Pension bekommen allerdings nur Ehepaare und der Gemeinderat besteht nicht gerade aus liberalen Vorkämpfern. Der Antrag wird entsprechend abgelehnt und es besteht nur eine Chance, dass die Entscheidung revidiert wird, wenn man an die Öffentlichkeit geht – und zwar in jeder Konsequenz …

Julianne Moore und Ellen Page spielen behutsam und überzeugend die beiden Hauptrollen in diesem auf wahren Begebenheiten beruhenden Film, der zeigt, dass es mit der Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Paare immer noch nicht wirklich gut gestellt ist. Freeheld – Jede Liebe ist gleich beginnt als romantisches Drama mit sozialen Aspekten und endet als fesselnder Mix aus Drama und Quasi-Gerichtsthriller, dessen Motive dem Zuschauer auf sensible und stets nachvollziehbare Weise nahegebracht werden. Oft ärgert man sich mit den Figuren, wenn die Maklerin bspw. direkt das Haus verlässt, als sie hört, dass ein lesbisches Paar einziehen will. Regisseur Peter Sollett übertreibt es allerdings zunächst nicht mit den emotional aufwühlenden Momenten, nur um den Zuschauer möglichst billig gegen die Ignoranz der Gesellschaft aufzubringen. Was Sollett allerdings auch etwas zu wenig ausgeprägt zeigt, ist die schwere Zeit, durch die Laurel und Stacie gemeinsam gehen, während um sie herum Aktivisten, Freunde und Kollegen für die filmbestimmende Gerechtigkeit sorgen. Die individuelle Geschichte der Partnerschaft der beiden kommt in all dem etwas zu kurz. Aber zurück zu den Schauspielern: Julianne Moore, die zuletzt immer wieder gezeigt hat, dass sie in dramatischen und differenzierten Rollen überzeugen kann, ist beängstigend gut und bringt vor allem in den Zeiten des sich offenbarenden Krebs mit Mut zur ganzen Hässlichkeit der Krankheit eine herausragende Leistung. Ellen Page bleibt zwar etwas reduziert auf die taffe und leicht klischeehafte Figur des männlichen Parts der Beziehung, wirkt aber authentisch und ist mit Leidenschaft bei der Sache. Herausragend sind erneut auch die Nebendarsteller.

Michael Shannon als Laurels Kollege Dane, der sich für seine Partnerin einsetzt und dabei keine Rücksicht darauf nimmt, wie die anderen Polizisten darüber denken könnten, liefert eine überzeugende Leistung ab. Er agiert nuanciert und bringt perfekt rüber, dass die Situation für ihn auch vollkommen ungewohnt ist. Gleichzeitig öffnet er sich einer Welt, mit der er spontan und überraschend konfrontiert wird. Dazu kommt Steve Carell, der als schwuler jüdischer Aktivist die kämpferische Natur seines Wesens zum Vorschein bringt – nicht ganz ohne dem ihm stets innewohnenden spitzbübischem Humor. Wenn er einem der Gemeinderäte sagt, “er könnte da was machen”, weil der keiner von “ihnen” sei, dann darf man sogar mal befreiend lachen, wo es ansonsten ernst und aufwühlend zugeht. Freeheld, der sich im letzten Drittel zum spannenden Verhandlungs- und Debattierdrama entwickelt, bezieht dann auch immer mehr Stellung. Die altertümliche Meinung konservativer Christen, die jegliche Rechte für homosexuelle Paare ablehnen, wird durch einen der Gemeinderäte vertreten, dessen Argumentation in den Augen und Ohren aufgeklärter Liberaler für aufkeimende Wut sorgt. Dennoch nutzt der Film sein Thema nicht für billige Stimmungsmache, denn gerade Laurel betont immer wieder, dass es ihr um Gleichstellung, nicht um Bevorzugung oder gar einen Feldzug gegen Heterosexuelle geht. Ganz ohne Pathos kommt der Film am Ende aber doch nicht aus, wenn sich endlich die Leute regen, die zuvor feige den Schwanz eingezogen haben.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Freeheld besticht durch seine absolut hohe Laufruhe und die Freiheit von Korn oder Rauschen. Die natürlichen aber sehr kräftigen Farben und der hervorragende Schwarzwert hinterlassen einen plastischen Eindruck – unabhängig von Innenraumszenen oder Außenaufnahmen ist der Kontrastumfang beständig hoch. Die Schärfe gelingt zudem äußerst homogen. Sowohl Nahaufnahmen als auch Halbtotale wirken plastisch und dreidimensional. Besonders Close-ups von Michael Shannon sind klasse und auch der Gerichtssaal überzeugt mit hervorrander Detailtiefe (48’58). Bis auf wenige, ganz leicht Wischeffekte auf Gesichtern in Bewegungen gibt’s hier kaum etwas zu mäkeln. Akustisch geht Freeheld nur dann etwas aus sich heraus, wenn die Filmmusik anschwillt oder Naturgeräusche etwas Atmosphäre liefern. Ansonsten gibt es nicht viel zu hören aber auch nicht zu bemängeln. Die Stimmen kommen klar und verständlich rüber, Emotionen werden auch in der sehr guten Synchronisation hervorragend deutlich.

Bonusmaterial

Neben den Originaltrailern und Programmtipps warten noch sieben Interviews im Bonusmaterial von Freeheld auf den Käufer der Blu-ray. Darin kommen die Hauptdarsteller und -innen sowie der Regisseur, der Drehbuchautor und der Produzent zu Wort. Sonderlich lang fallen die Kommentare der Beteiligten nicht aus und meist erzählen sie auch nur ihre Sichtweise auf den Film, ohne tiefergehende Details zu liefern.

Fazit

Freeheld ist nicht nur ein kleiner Film über die (auch rechtliche) Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, sondern vor allem vorzüglich vorgetragenes Schauspielkino mit liberaler Botschaft – schlimm genug, dass es auch heute immer noch solcher Filme bedarf, um nach wie vor existente Ressentiments und Engstirnigkeiten aufzuzeigen. Schade, dass die individuelle Note im Kampf für Gerechtigkeit etwas untergeht.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 20%
Film: 70%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Peter Sollett
Darsteller: Julianne Moore, Ellen Page, Michael Shannon, Steve Carell, Josh Charles, Luke Grimes, Mary Birdsong
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 104
Codec: AVC
FSK: 12