Blu-ray Review
OT: Fukushima 50
Druckablass
Japanischer Film, der die Katastrophe in der Nuklearanlage von Fukushima beschreibt.
Inhalt
Der 11. März 2011: Ein Erdbeben der Stärke 9 erschüttert die Gegend rund um die Anlage des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi. Während das Kraftwerk abgeschaltet wird und sich die Leute in Sicherheit bringen, fürchtet man bereits, dass die Lage direkt am Pazifik zu einer Tsunami-Situation anschwellen könnte. Und so ist es dann auch. 50 Minuten später rollt ein riesige Flutwelle über die komplette Anlage und schneidet das Kraftwerk von der Stromversorgung ab. Ohne Strom keine Kühlung der Brennstäbe. Das Wasser rund um die Brennstäbe begönne zu verdampfen und die Brennstäbe würden schmelzen – eine Kernschmelze wäre das Resultat. Ohne Kühlung lassen sich nicht mal die Messgeräte ablesen, um einschätzen zu können, welche Temperaturen bei den Reaktoren herrschen. Während die Krisenstäbe sich die Kompetenzen und Verantwortungen gegenseitig zuschieben, versucht man im Kraftwerk, Energie umzuleiten – notfalls mit Autobatterien oder tragbaren Stromgeneratoren. Doch dazu müssen Mitarbeiter teilweise bis zu den Reaktorräumen selbst vordringen – eine Selbstmordaktion …
Die Nuklearkatastrophe von Fukushima im Frühjahr 2011 führte nicht nur zu massiven wirtschaftlichen Verwerfungen innerhalb Japans, sondern weltweit mitunter zu einem Umdenken in puncto Kernenergie-Nutzung. Auch Deutschland reagierte seinerzeit und revidierte beispielsweise Laufzeitverlängerungen einiger Kraftwerke, nachdem diese zwischenzeitlich als Zugeständnisse an die Betreiber und Länder gemacht wurden. Aber natürlich wirkte die Katastrophe vornehmlich in Japan nach. Bis heute hat man noch nicht mit der Dekontamination der Umgebung beginnen können. Das radioaktive Material, das durch die Kernschmelzen frei wurde, kann erst ab 2022 geborgen werden. Zahlreiche Probleme mit der umgebenden Landwirtschaft und Fleischwirtschaft, akuter Strommangel durch die Überprüfung sämtlicher japanischer Kernkraftwerke, politische Rücktritte – die Konsequenzen aus dem Unglück sind bis heute in Japan gegenwärtig. Regisseur Setsurô Wakamatsu kümmert sich in seinem Film allerdings weniger um die Nachwirkungen, sondern um die Katastrophe an sich.
Fukushima beginnt mit einem Flug über den Oragahama Leuchtturm südlich des Kraftwerks (der eigentlich nördlich steht), nur um dann augenblicklich ins Wasser abzutauchen und das von dort entstehende Erdbeben direkt auf den Weg zu bringen. Man hält sich also überhaupt gar nicht auf mit irgendwelchen Vorgeplänkel oder dem Vorstellen diverser Charaktere, sondern steigt direkt ein in die Katastrophe. Nach sieben Minuten ist dann auch schon die Tsunami-Welle über die Anlage gerollt und die Filmtitel blenden sich ein. Die restlichen knapp zwei Stunden beschäftigt sich der Film also mit dem Krisenmanagement während der Katastrophe.
Und das tut er mit reichlich japanischem Tenor. Für den europäischen Zuschauer gibt es ziemlich schnell ziemlich viele „Jawolls“ und „Wird gemachts“. Es wird deutlich gemacht, wie zackig die Kommandostrukturen in japanischen Einrichtungen und Bürokratien ist. Da gibt es keine Diskussionen, keine Widerworte, da wird getan was befohlen wird. Das ist frühzeitig nicht nur etwas befremdlich, sondern man fragt sich, ob der Film hier etwas kaschieren möchte, was in Wirklichkeit möglicherweise doch etwas anders gewesen ist. Schon ziemlich bald ist das ziemlich anstrengend. Da wird keine gemeinsame Problemlösung angestrebt, kein Teamgeist geübt, sondern einfach nur noch lauter gebrüllt, was gefälligst zu tun ist, während die Untergebenen noch ein bisschen weiter den Buckel krümmen, um ihre Unterwürfigkeit zu demonstrieren. Was man hier auf keinen Fall erwarten sollte, ist ein düster-intensiver Blick in das Innenleben der Menschen wie es bei der Kurzserie Tschernobyl so brillant inszeniert wurde. Irgendwann wird das zur Schau gestellte System aus Obrigkeit und Untertan wirklich anstrengend. Dazu kommt das extrem hektische Verhalten und die mitunter unglaublich dumm wirkenden Arbeiter im Kraftwerk. Man mag – japanische Kommandostruktur hin oder her – eigentlich nicht glauben, dass das Fukushima-Personal bis auf eine Handvoll Angestellter aus Bücklingen ohne jede Spur von Kompetenz bestand. Um auch filmisch Kritik am Katastrophen-Management zu üben, hätte man sich doch auf die tatsächlich bestehenden Probleme zwischen Regierung, Behörden und Angestellten des Betreibers konzentrieren können, ohne zusätzlich die Mitarbeiter wie chaotisch umherlaufende Dilettanten zu porträtieren.
Dass man besonders den japanischen Premierminister unfassbar unsympathisch portraitiert hat, mag als Kritik an ihm zu verstehen sein – wenn es nicht eher ein Lob an seine Dominanz sein soll. Naoto Kan wird als cholerischer Schreihals dargestellt, dem der Überblick zu fehlen scheint. Tatsächlich trieb den Bürgerrechtler wohl auch sein tiefes Misstrauen gegenüber den Verflechtungen der Wirtschaft mit der japanischen Bürokratie. In jedem Fall führte dies aber wohl dazu, dass er Einfluss auf das Krisenmanagement nehmen wollte. Immerhin ist der Film so gnädig, nicht ihm das Selbstmordkommando der Männer, die in den Reaktorbereich geschickt wurden, anzudichten, was wiederum damalige Zeitungsberichte taten (Quelle).
All das Gebrülle und Gerangel macht es auf jeden Fall dauerhaft schwer, in die Geschichte einzutauchen. Erst wenn die Mitarbeiter Richtung Reaktor in Zweiergruppen unterwegs sind, um vor Ort die Lage zu prüfen, kommt Spannung auf und man kann als Zuschauer nachvollziehen, in welcher Situation sich die Techniker gefunden haben. Das wird umso intensiver, wenn nach 40 Minuten weitere Freiwillige in den Reaktorbereich vordringen, um dort manuell für eine Druckentlastung zu sorgen. Das sind die wirklich starken Szenen des Films, die dann auch mal ein bisschen an die entsprechenden Sequenzen aus Tschernobyl erinnern. Bis etwa zur Mitte des Films gibt’s solche Momente aber schlicht zu selten. Immerhin hat man mit Kraftwerksleiter Masao Yoshida (porträtiert vom bekannten Ken Watanabe) eine Identifikationsfigur. Ihm nimmt man ab, dass er sich darüber aufregt, dass Premierminister Naoto Kan just in dem Moment zum Kraftwerk fliegen muss, in dem das Venting zum Ablass des Drucks schon hätte durchgeführt werden können.
In der zweiten Stunde des Films – einhergehend mit den dramatischer werdenden Ereignissen – gelingt die tonale Ausgewogenheit besser. Es wird nicht mehr nur rumgebrüllt, sondern auch mal kurz innegehalten. Zwar gibt’s immer noch unterwürfige „Es tut mir so leid“-Momente, aber je bedrohlicher es für alle wird, desto eher scheint man ein wenig besser zusammen zu finden. Fukushima wird in der zweiten Hälfte dadurch stärker. Dennoch muss man sich durch eine sehr anstrengende und teils nervige erste Stunde kämpfen.
Bild- und Tonqualität
Fukushima wurde sichtbar digital gefilmt. Die Blu-ray präsentiert dieses digital aufgenommene Bild nahezu lupenrein und ohne jedes Rauschen. Gerade die Aufnahmen in den Innenräumen sind von hoher Klarheit und Güte und sehen wirklich gut aus. Zumindest solange es nicht zu dunkel wird, denn dann versumpfen Details immer mal wieder, was an dieser Stelle auch nicht als Stilmittel durchgeht. Der Kontrastumfang ist ohnehin etwas reduziert und nutzt nicht die komplette Bandbreite. Weder gibt’s sonderlich helle Aufnahmen, noch ist schwarz ausgewogen satt. Die Farben gehen insgesamt in Ordnung, Hauttöne wirken natürlich und sind nicht allzu kräftig getönt. Außenszenen dürften allerdings durchweg etwas heller sein, hier geht es dann doch etwas düster-gräulich zu. Die Schärfe ist gut und recht ausgewogen über den Bildschirm verteilt und in Close-ups wirklich sehr gut. Dort lassen sich dann auch sehr schön Details auf Gesichtern erkennen. Gegenüber dem etwas düsteren Bild, hat die Blu-ray ein ganz eindeutiges Highlight: Ihren phänomenalen Ton. Die DTS HD-Master-Spuren setzen dem Heimkino bereits nach einer Minute dermaßen übel zu, dass man das Beben nicht nur visuell, sondern auch körperlich erfährt. Fast wähnt man sich selbst in den Wellen der Explosionen. Was hier an Tiefbass erzeugt wird, ist wirklich herausragend gut und bleibt es beispielsweise auch, wenn man kurz darauf die Dieselgeneratoren zu sehen bekommt. Das sonore Brummen der Aggregate ist richtig klasse. Dazu kommt eine äußerst lebhafte Surroundkulisse, wenn sich Leuchtstoffröhren einschalten, Alarmsignale von hinten zu hören sind oder andere elektronische Geräusche vermittelt werden. Setzt sich nach fünf Minuten die Tsunami-Welle in Bewegung, gibt’s erneut ein dynamisches Feuerwerk zu hören. Dumpf brabbelnd baut sie sich auf, schlägt dann mit ihrer Gischt im Hochtonbereich zu und donnert kraftvoll über die Anlage und sämtliche Lautsprecher und vor allem den Subwoofer hinweg. Wenn die Zweierteams in den Reaktorbereich vordringen, hört man das Atmen durch die Masken sehr immersiv um sich herum und auch die gedrungene Atmosphäre in den engen Gängen und Räumen kommt realistisch zur Geltung. Das trägt massiv zur Atmosphäre bei und lässt den Film mehr wirken als man annehmen würde. Wenn dann Reaktor 3 explodiert, gibt’s wirklich kein Halten mehr – das ist Sound auf hohem und sehr pegelfestem Niveau. Nichts für schwachbrüstige Anlagen.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial enthält lediglich Trailer und Programmtipps. Hintergrundberichte zur Katastrophe wären schön gewesen. Gerade, wenn es um ein so spannendes Thema wie einen atomaren Störfall von internationaler Tragweite geht. Hintergründe und Dokumentationen hätten hier sicherlich für ein paar schöne Infos gesorgt.
Fazit
Fukushima schildert eine nationale Tragödie internationaler Tragweite. Das tut er allerdings auf sehr japanische und ziemlich aufgeregt-hektische Art und Weise. Es ist sicherlich richtig und wichtig, das Kompetenzgerangel kritisch zu beäugen. Für europäische Sehgewohnheiten und Verhaltensweisen wirkt das allerdings befremdlich und auf Dauer enervierend. Versöhnlich stimmen das gute Bild sowie der hervorragende Sound der Blu-ray.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 10%
Film: 60%
Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: USA 2019
Regie: Setsurô Wakamatsu
Darsteller: Kôichi Satô, Ken Watanabe, Hidetaka Yoshioka, Naoto Ogata, Shôhei Hino, Mitsuru Hirata
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, jp
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 121
Codec: AVC
FSK: 12
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Capelight Pictures)
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Trailer zu Fukushima
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Keiner hat da Fehler gemacht nur eben die böse Natur.Na ja ….
Habe mich auf den Streifen auch gefreut.Dachte hier bekommt man ähnliches wie die „Chernobyl“ Miniserie geboten.Leider hatte ich nach 20 Minuten schon genug.Bei den Japanern wirkt alles immer irgendein ein bizarres Bühnenspektakel.Jeder bewegt sich hektisch oder ist nur dem Gegenüber sich angemessenen zu Verbeugen.Soziales Verhalten ihin oder her!Ich habe den gearde so zu Ende geschafft.War nicht so ganz mein Ding.Bluray lege ich mir nicht zu mir hat der Stream gereicht
Also eigentlich sagt der Film doch aus, dass die Menschen in ihrer Arroganz
die Natur unterschätzt haben. Hat sich für mich nicht danach angehört, als würden
die hier der Natur die Schuld geben.
Aud den Film freu ich mich schon. Bin echt gespannt auf die Soundsur. Meine Anlage braucht neues Futter 🙂