Gleißendes Glück

Blu-ray Review

OT: –

Gleißendes Glück Blu-ray Review Cover
Universum Film, 21.04.2017

 


Von verlorenem Glauben und Pornosucht.

Deutsches Drama basierend auf einem erfolgreichen Roman.

Inhalt

Helene Brindel kann nicht schlafen. Nacht für Nacht wacht sie neben ihrem Mann Christoph auf und muss sich beschäftigen, um die Zeit totzuschlagen. Bis sie dann frühmorgens vor dem Fernseher auf dem Boden einschläft. Ihr Arzt, ein Freund des Ehepaares, schickt sie ins Fitnessstudio, damit sie sich mal richtig auspowert und will ihr nichts gegen ihre Schlaflosigkeit verschreiben. also geht der Trott weiter. Sie bereitet Christoph mitten in der Nacht dessen Lunchpaket für den nächsten Arbeitstag und wartet darauf, dass es Tag wird, damit sie ihr reguläres Leben weiterleben kann. Dann hört sie im Radio eine Sendung, in der ein gewisser Eduard E. Gluck eine ähnliche Geschichte beschreibt. Sie besorgt sich sein Buch und fühlt sich erkannt und verstanden. Als ein guter Nachbar stirbt, eskaliert die ohnehin schon nicht entspannte Situation zuhause und Christoph wird (mal wieder) übergriffig. Da sie ihren Glauben an Gott schon lange verloren hat, nimmt sie ganz bewusst Kontakt zu Gluck auf und erhofft sich Antworten. Der schlagfertige Professor fasziniert sie von Beginn an und Helene ruft in Eduard im Gegenzug hervor, dass er sich ihr öffnet und ihr gesteht, dass er trotz aller Abgeklärtheit und dem Bewusstsein, dass man die Realität mit seinen Gedanken beeinflussen kann, unter seiner Sucht nach pornografischen Bildern leidet.

Alison Louise Kennedys 2000er Roman Gleißendes Glück beschreibt das Drama einer von Gott und der Liebe verlassenen Frau, die auf ihrer Suche nach Antworten Gehör bei einem Hirnforscher findet. Sven Taddicken (Emmas Glück) machte aus der Vorlage eine ziemlich originalgetreue Verfilmung, die sogar der Autorin gefiel. Mit Ulrich Tukur und Martina Gedeck praktisch ideal besetzt, funktioniert der Kinofilm aber nicht nur aufgrund der Nähe zum Roman, sondern auch wegen des feinen Humors und der authentischen Schilderung der kleinen und großen Geheimnisse, die Menschen mit sich herumtragen. Sehr nahe am Leben beispielsweise ist die ungelenke Erklärung Glucks für die pornografischen Bilder, die Helene auf seinem Rechner sieht – welcher Mann würde hier sofort mit der Wahrheit rausrücken, wenn es ihm unangenehm ist und er am Anfang einer wie-auch-immer gelagerten “Beziehung” steht. Tukur ist es, dessen spontaner und intelligenter Humor den Zuschauer ein wenig gefangen nimmt, während Gedeck die eher undankbare Rolle hat, verlorenen Glauben und devote Haltung ihrem Mann gegenüber darzustellen. Wer mit Gott und Glaube nicht viel anfangen kann, wird ihr Seelenleben nur wenig nachvollziehen können und muss sich daran festhalten, dass sie gleichzeitig auch noch unter ihrem gewalttätigen und erniedrigenden Ehemann zu leiden hat. Die Szenen zwischen den beiden sind mal bedrückend und mal schockierend, aber immer auf eine bestimmte Art ungemütlich.

Bisweilen etwas unfreiwillig komisch hingegen sind Glucks Erklärungen gegenüber Helene, was er in den pornografischen Bildern sieht. Es geht eigentlich um sein Leid, das er in diesem Moment teilt und das ihn offenbar zu geißeln scheint. Gleißendes Glück findet in dem Moment aber nicht den richtigen Ton zwischen Erregung und Bedrohung, was für einen Augenblick eher Belustigung hervorruft. Auch wenn er Helene später sagt, dass er 24 Stunden lang keine pornografischen Bilder mehr angeschaut und stattdessen an sie gedacht habe, drängt sich leider ein inneres Lachen auf – man nimmt es Tukur einfach nicht ab und denkt sich “Nee, is klar – auch eine Art, eine Frau rumzukriegen”. Zur gleichen Zeit entwickelt man einen ziemlichen Hass auf den von Johannes Krisch dargestellten Christoph. Seine Darstellung ist zunächst (leider) extrem kalt und reduziert, was ihn auf einen Stichwortgeber reduziert, bis er nach gut 65 Minuten erstmals richtig agieren darf. Das macht ihn für den Zuschauer zwar noch unsympathischer, aber ein schlagender Ehemann ist ja nun mal auch kein emotionaler Anker für den Betrachter. Es sind die mitunter gestelzt wirkenden Dialoge, die im Anschluss an diesen Gewaltausbruch Christophs für Empathie sorgen sollen, aber eher befremdend wirken: Was Gluck von “Fotoplatte und Silbernitrat”, vom “Bild der Wurzel, die aus der Seele kommen” vor sich hin brabbelt, führt einfach nicht dazu, dass man die sich entwickelnden Gefühle der beiden glaubt, sie ihnen abnimmt. Der Film verliert seinen Zuschauer an solchen Stellen und wirkt wie eine Projektionsfläche für sämtliche aufgestauten Probleme kaputter Partnerschaften. Möglicherweise finden sich gerade solche Menschen hier wieder, doch als rein filminteressierter Zuschauer schaltet man hier innerlich (ein wenig genervt) ab. So bleiben der immer wieder spontan aufflammende Humor sowie zwei sich redlich Mühe gebende Hauptdarsteller mit mutigen Spiel, die aber kaum gegen die spröde Vorlage ankommen.

Bild- und Tonqualität

Für eine deutsche Produktion ist das Bild von Gleißendes Glück erstaunlich reduziert. Farben wirken ein wenig entsättigt und der Kontrastumfang ist eher gering. Dazu geht in Halbtotalen die Schärfe schon sichtbar in die Knie. Auch Randbereiche (vor allem die unteren) leiden unter Unschärfen. Bildunruhen fallen nur in dunkleren Szenen auf, wo sich schon mal etwas Körnung auf uniformen Bereichen dazugesellt.
Akustisch muss sich Gleißendes Glück natürlich erst gar nicht mühen, denn ein Actionfilm ist er nun nicht. Dialoge stehen im Mittelpunkt und werden glasklar wiedergegeben. Die Filmmusik ist sehr sanft und lediglich die Naturumgebung sorgt bisweilen für etwas Räumlichkeit in Außenszenen. Druck von unten gibt’s ebenfalls kaum, die Subwooferlampe bleibt meist auf Standby.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Gleißendes Glück warten insgesamt sechs Szenen mit neun Minuten an entfallenen Szenen sowie vier Interviews mit den drei Hauptdarstellern sowie mit Regisseur Sven Taddicken.

Fazit

Gute Schauspieler und aufblitzender, feiner Humor kämpfen gegen eine Vorlage, die kaum Raum für eine Bindung zu den Figuren lässt – Gleißendes Glück ist sicherlich eine gute Romanverfilmung, deshalb aber nicht zwigend (und schon gar nicht für jeden) ein guter Film.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität: 60%
Bonusmaterial: 30%
Film: 55%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Sven Taddicken
Darsteller: Martina Gedeck, Ulrich Tukur, Johannes Krisch, Hans-Michael Rehberg
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de // Tonfassung für Blinde und Hörgeschädigte
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 102
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Gleißendes Glück

Gleissendes Glück - Trailer (deutsch/german; FSK 6)

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