Good Boys – Nix für kleine Jungs

Blu-ray Review

Universal Pictures, 09.01.2020

OT: Good Boys

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Flaschendrehen

Wie man richtig küsst, Lektion 1.

Inhalt

Ja, so eine sechste Klasse kann schon stressig sein. Die drei Freunde Max, Thor und Lucas beschließen deshalb, immer zusammen zu halten, um gegen die älteren Jungs und ihre fiesen Scherze bestehen zu können. Gar nicht so einfach, wenn Lucas‘ Eltern ihm gerade eröffnet haben, dass sie sich scheiden lassen werden. Während Lucas das zunächst für sich selbst behält, steht der nächste Ärger ins Haus: Eine Party mit Küssen. Denn Max nimmt den Mund ein bisschen zu voll, als er behauptet, schon mal geküsst zu haben. Und zwar so richtig und mit Zunge. Um heraus zu finden, wie das funktioniert, schauen sich die Drei einen Porno an. Dumm nur, dass dort nicht geküsst wird – jedenfalls nicht auf den Mund. Auch die verknallte Nachbarin ist keine Hilfe – ganz im Gegenteil. Und bald ist guter Rat teuer, denn die Zeit rückt vor und von Küssen haben die Jungs immer noch keine Ahnung …

Ja, der Trailer hat schon Recht. Wenn Seth Rogen den drei Hauptdarstellern der von ihm koproduzierten Komödie The Good Boys sagt, dass die Jungs zwar schlimme Schimpfwörter nutzen, sich aber ihren eigenen Film dazu nicht ansehen dürfen, wirkt das erst einmal spaßig. Es steckt aber Wahrheit dahinter, denn aufgrund der zahlreichen F-Wörter und sexuellen Anspielungen hat die Teenie-Komödie in den USA ein R-Rating bekommen. Die zweithöchste Einstufung, die einen Kinobesuch für Kinder und Jugendliche unter 17 untersagt, ist in der Regel ein Todesstoß für Filme. Und deshalb darf’s ruhig auch ein bisschen als Kritik aufgefasst werden, wenn Rogen im Trailer ziemlich darauf rumhackt. Umso überraschender, dass die Teenie-Komödie über 80 Mio. Dollar in den USA einspielen konnte. Denn eigentlich schauten dort ja dann vornehmlich Erwachsene zu, wie 12-jährige ihr (vornehmlich) sexuelles Coming-out haben.
Während die FSK in Deutschland mit einer 12er Einstufung deutlich gnädiger (und realistischer) war, überzeugte das sogar hiesige Kinogänger. 600.000 Besucher sind auch in Deutschland ein schöner Erfolg. Und er ist nachvollziehbar. Zwar tritt Good Boys in die bereits reichlich ausgetretenen Pfade von Komödien wie Superbad, Booksmart oder Das ist das Ende, aber Langfilmdebütant Gene Stupnitsky (einer der The-Office-Macher) geht den entscheidenden Schritt im Alter seiner Protagonisten zurück.

Plötzlich passt, was in Das ist das Ende hochgradig (und sehr nervig) albern war. Die ganzen unflätigen Ausdrücke und Sprüche, die aus dem Mund von Mittzwanzigern bis Dreißigern kommen und beim Betrachter (ohne entsprechende Alkoholisierung oder vorherigen Konsum bewusstseinserweiternder Substanzen) nurmehr ein müdes Gähnen verursachen, wirken bei Kids viel authentischer und witziger. Natürlich kann man sich immer noch drüber aufregen, wenn der Wortschatz scheinbar nur aus „verfickte Scheiße“, „Flittchen“ oder „Fuck“ zu existieren scheint. Aber wenn das dermaßen charmant und entwaffnend vorgetragen wird wie von diesem Dreiergespann, kann man keinem der Jungs böse sein.
Zumal man bspw. von Jacob Tremblay ja weiß, dass er auch anders und viel tiefgründiger kann. Der gerade 13 gewordene Schauspieler überzeugte schon in so unterschiedlichen Filmen wie Raum, Shut in und vor allem als im Gesicht missgebildeter Auggie im großartigen Wunder. Da kann man es ihm kaum übel nehmen, wenn er in einem Film auch mal so richtig die Sau fliegen lassen und über die Stränge schlagen möchte. Wo die albernen Komödien eines Seth Rogen oder (ebenfalls Koproduzent) Jonah Hill schon mal wirklich gewöhnungsbedürftig sind, funktioniert das Ganze also in The Good Boys.
Eben auch, weil man ähnliches vielleicht selbst erlebt und ähnliche Gedanken selbst gehabt hat, als man im gleichen Alter war.
Was hätte aber alles schief gehen können, wenn man die schlüpfrigen Sprüche und Situationskomiken von untalentierten Kinderdarstellern hätte vortragen lassen. Solchen, die schon beim Wort „Penis“ unprofessionell in sich hinein kichern. Nein, die Besetzung ist vorzüglich und die feinen Nuancen zwischen Komik und (ein bisschen) Drama und (ein bisschen mehr) Coming-of-Age verfehlen nie ihre Wirkung.

Gut, dass Stupnitsky, der mit Lee Eisenberg (eigentlich auch als Ko-Regisseur mit von der Partie) gemeinsam das Drehbuch verfasste und es auch selbst inszenierte. Nur die beiden konnten wissen, wie sie die Gags beim Schreiben meinten und wie das Ganze zwar schlüpfrig, aber eben nicht peinlich erscheinen lassen. Wenn das Trio bspw. einen Porno schaut, um sich für die Kussparty vorzubereiten, und dabei schockiert feststellt, dass dort überall hin geküsst wird, nur nicht auf den Mund, ist das nicht nur ein treffender Gag, sondern auch ein bissiger Kommentar auf die seltsamen Verhaltensweisen und Vorlieben der heutigen Gesellschaft. Käme dieser Spruch in diesem Moment von einer erwachsenen Figur, würde er schlicht nicht funktionieren.
So aber ist’s auch ein Brüller, wenn die Kids mit dem Sexspielzeug … ähm … den „Waffen“ der Eltern experimentieren und Analkugeln als Nunchakus missbrauchen. Großartig ist im nächsten Moment auch der Gastauftritt von Stephen Merchant. Der Regisseur/Produzent/Autor/Schauspieler (Fighting With my Family) hat als Käufer einer Spielkarte und Wiederbelebungspuppe eine Gag-Garantie.

Bild- und Tonqualität

The Good Boys passt visuell zum Film: er ist kunterbunt. Und das, was bunt ist, ist so richtig bunt. Egal, ob Orange, Grün oder Gelb – sämtliche Farben werden überkräftig wiedergegeben. Die Bildruhe ist währenddessen stets hoch und ohne Körnung. Allerdings wirken Gesichtseinstellungen bisweilen etwas soft und wachsig. Gut gelingt der Kontrastumfang, der sattes Schwarz und helles Weiß präsentiert, hin und wieder aber etwas überzeichnet.
Beim Ton von The Good Boys arbeitet Universal mit dem Standard bei den kleineren und mittleren Veröffentlichungen. Das bedeutet dts 5.1 fürs Deutsche und dts-HD-Master fürs Englische. Dynamisch wird das immer dann, wenn die Filmmusik einsetzt, die schon mal fette Hip-Hop-Beats ins Heimkino pumpt. Stimmen sind derweil gut eingebettet und auch die Kinder-Synchro ist gelungen. Effektvoll wird’s, wenn nach knapp 20 Minuten die Drohne gen Himmel steigt und mitunter unkontrolliert durch die Luft fliegt. Ähnliches gilt für die Überquerung des Highways, die zahlreiche vorbeirauschende Autos liefert.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Good Boys gibt’s ein alternatives Ende, elf unveröffentlichte und erweiterte Szenen eine Gag Reel sowie sechs Featurettes und einen Audiokommentar von Stupnitsky und Eisenberg.
In den Featurettes geht’s um die Besetzung, die Location in Vancouver oder auch um die Gags. Spaßig, wenn die Autoren und Produzenten sich einen Joke daraus machen, dass sie das Hauptdarsteller-Trio wie „Marionetten“ nutzen konnten, weil die drei Jungs die anzüglichen Dialoge und Wörter gar nicht kannten. In „Gaststars“ werden dann die zahlreichen Cameos von bekannten Komikern oder Schauspielkollegen der beiden Macher etwas näher beleuchtet. Die Featurettes laufen alle allerdings nur sehr kurz.

Fazit

Kurz, knapp und bündig – eine Kids-Komödie, die in Sachen pubertärer Albernheit den Ton weit besser trifft als jene, in denen Jonah Hill, Seth Rogen, James Franco & Co. sonst über ihre Hormone stolpern. Dazu gibt’s ein paar sehr wahrhaftige Freundschafts-Momente und gut aufgelegte Hauptdarsteller. Letztere dürfte man gerne nach Deutschland einladen, denn hier dürften sie ihren Film ansehen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 50%
Film: 70%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2019
Regie: Gene Stupnitsky
Darsteller: Jacob Tremblay, Molly Gordon, Keith L. Williams, Will Forte, Retta, Lil Rel Howery, Millie Davis, Midori Francis
Tonformate: dts 5.1: de // dts-HD-Master: en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 89
Codec: AVC
FSK: 12

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Universal Pictures)

Trailer zu Good Boys – Nix für kleine Jungs

Good Boys - Trailer deutsch/german HD

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