Good Kill – Tod aus der Luft

Blu-ray Review

Good Kill Tod aus der Luft Blu-ray Review Cover
Ascot Elite, seit 09.06.2015

OT: Good Kill

 


First Person Shooter

Der moderne Antiterrorkrieg findet ferngesteuert statt.

Inhalt

Treffer! Der lapidare Kommentar seines Einsatzleiters beschreibt die Tatsache, dass Major Thomas Egan soeben am Joystick per Drohne sechs vermeintliche Terroristen eliminiert hat – klinisch rein, ohne Kollateralschäden und selbstredend ohne sich die Hände schmutzig gemacht zu haben. Es ist das tägliche Brot des ehemaligen Bomberpiloten, der einst im Irak-Krieg seine Einsätze flog. Die Distanz zwischen seinem Arbeitsplatz und dem Einsatzort seiner Drohne hilft augenscheinlich über die mortale Tätigkeit hinweg. Doch Thomas trauert seiner Pilotenzeit nach, fühlt sich als Feigling und vermisst die Angst und Gefahr. Nur zu gerne würde er den statischen Computer-Kill-Job loswerden. Dieses Verlangen wird noch stärker, als sich plötzlich die CIA in die Befehlskette einschleust und die tödlichen Drohneneinsätze weniger reflektiert, sondern vielmehr flächendeckend und auf Empfehlung von Informanten nutzt. Dabei wird das Töten von Nicht-Kombattanten bewusst mit einkalkuliert und die Grenzen zwischen dem Verhalten der Terroristen und der US-Staatsverteidigung verschwimmen immer mehr. Während Egan durch diese neue Befehlskette weiter an seiner Arbeit zweifelt, nehmen die Dispute mit seiner Frau ebenfalls zu – Thomas droht die Kontrolle zu verlieren …

Autor und Regisseur Anrew Niccol hat vor gut zehn Jahren mit Lord of War einen der, wenn nicht DEN besten filmischen Beitrag zum internationalen Waffenhandel inszeniert und zuvor schon mit der Drehbuchvorlage zu The Truman Show bewiesen, dass ihm gerade die sozialkritischen Themen am Herzen liegen. Das ist in Good Kill – Tod aus der Luft nicht anders. Akribisch und hautnah beobachtet er die exakte Arbeit seiner Protagonisten, fährt mit der Kamera nahe heran, wenn Egan den Bildschirm beobachtet und verharrt mitunter fast minutenlang auf den Gesichtern, nachdem sie gerade eine schreiende Ungerechtigkeit aus 10.000 Metern Höhe beobachtet/begangen haben. Dabei ist die betont ruhige Inszenierung kein Manko, sondern sogar die Stärke von Good Kill. Wo bei Kriegsfilmen mit unmittelbaren Schauplätzen die Explosionen dröhnen und die Waffen knallen, fallen die Bomben in Niccols Film lautlos und unsichtbar. Was bleibt, sind Staub und tote Zielpersonen. Gerade diese Stille während der Aktionen sorgt für einen unangenehmen Kloß im Hals und vermittelt eindringlich, welch gnadenloses Tötungswerk hier gerade verrichtet wird. Dabei hilft ihm nicht nur sein Gespür für die richtigen Visualisierungen, sondern auch sein hervorragendes Timing bezüglich des Spannungsaufbaus. Mit nur wenigen, sehr dezenten und ruhigen Parts untermalt die Filmmusik die sich aufbauende Spannung in der Einsatzzentrale und intensiviert das Geschehen. Auch verzichtet Niccol auf technische Spielereien, wie die Nachzeichnung des Laufwegs einer Kugel zu Beginn von Lord of War. Das hat Good Kill auch gar nicht nötig, denn die Observation per Drohnenkamera reicht vollkommen aus, um dem Schrecken ein Gesicht zu geben.

Langsam und stetig zeichnet der Regisseur das Bild eines Soldaten, der an seiner Arbeit zu (ver)zweifeln beginnt und seine angestauten Frustrationen erst spät seiner Frau mitteilt, was nach knapp 80 Minuten einer der emotionalen Höhepunkte von Good Kill ist. Dass Niccol seine Hausaufgaben in Sachen kritischer Betrachtung des Themas gemacht hat, ist exemplarisch schon bei der morgendlichen Ansprache von Ltd. Colonel Jack Johns abzulesen, der seine Soldaten darüber aufklärt, dass dies kein Computerspiel, sondern absolute Realität ist. Dass das Abdrücken am Joystick bedeutet, dass man Menschen tötet, echte Menschen aus Fleisch und Blut, keine Pixelgegner. Dabei stellt sich der Regisseur nicht plakativ auf eine Seite, sondern nutzt seine Filme dafür, unbequeme Fragen zu stellen. Fragen, auf die er keine Antworten liefert, sondern die dazu anregen, dass der Zuschauer sich selbst seine Gedanken macht und eine Meinung bildet. Ein wenig ärgerlich ist das auch hier genutzte Klischee des Protagonisten, der seine Probleme zunehmend mit Alkohol kompensiert – das hat man einfach schon zu oft gesehen und deshalb wirkt es mittlerweile ein bisschen plump. Gut, dass Good Kill sich auf einen erneut blendend aufgelegten Ethan Hawke verlassen kann, der den Film trägt und als tragische Figur genau den richtigen müden Blick aufsetzt, um seinem frustrierten Major ein Höchstmaß an Authentizität zu verleien. An seiner Seite steht Zoe Kravitz (Lennys Tochter) für das gute moralische Gewissen, die einen Gegenpol zu den unreflektieren ultrapatriotischen Typen im Team bildet. Als souveräne Vaterfigur fungiert Bruce Greenwood, der einen selten ausgeglichenen und rechtschaffenen Ltd. Colonel verkörpert.

Bild- und Tonqualität

Good Kill spielt häufig in gedämpftem Licht. Die Szenen am Arbeitsplatz sind dominiert von reduzierter Kunstbeleuchtung, und dennoch ist die Schärfe und Detailklarheit herausragend gut. Lange gab es schon nicht mehr so ein extrem ruhiges, rausch- und kornfreies Bild, das sich durch keinerlei Einfluss stören lässt. Gerade die Schärfe ist absolut bestechend, egal ob es düster oder hell zugeht. Einen kleinen Tadel fängt sich die Umsetzung dennoch, denn hin und wieder sind Randbereiche unscharf.
Akustisch bleibt Good Kill ebenso ruhig wie Niccol ihn erzählt. Nur selten öffnet sich mal der Raum nach hinten – meist dann, wenn Egan in seinem Muscle-Car unterwegs ist. Die Dialoge und Stimmen sind sehr gut verständlich umgesetzt und funktionieren in der deutschen Synchronisation ebenso gut wie im Original.

Bonusmaterial

Im Bonusbereich von Good Kill findet sich neben den Originaltrailern ein viertelstündiges Behind the Scenes, das sich vor allem um die Authentizität der im Film geschilderten Militärgeräte und die Arbeit mit Regisseur Niccol kümmert.

Fazit

Good Kill liefert nicht das rasante Tempo eines Lord of War, sondern bemüht sich um eine ruhige, dem Thema angepasste Inszenierung. Das ist nur ganz selten etwas zäh, meist jedoch äußerst spannend und stellt vor allem die richtigen Fragen zur richtigen Zeit. Die entsprechenden Antworten muss dann jeder Zuschauer für sich selbst finden.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 85%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 80%

Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Andrew Niccol
Darsteller: Ethan Hawke, Bruce Greenwood, Jake Abel, January Jones, Fatima El Bahraquy, Zoe Kravitz
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 103
Codec: AVC
FSK: 16

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