Gringo

Blu-ray Review

Gringo Blu-ray Review Cover
Tobis Home/Universum Film, 24.08.2018

OT: Gringo

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Karotte oder Banane?

Famos besetzte und schwarzhumorige Komödie mit zahlreichen Wendungen.

Inhalt

Harold ist ein eher durchschnittlicher Angesteller in einer Firma für Pharma-Produkte. Seine devote Ader führt nicht nur dazu, dass er sich von seinen beiden Chefs Richard und Elaine herumkommandieren, sondern sogar vom eigenen Yorkshire-Terrier dominieren lässt. Weil Richard die Zukunft der Arzneimittel in Cannabis sieht, schickt er Harold nach Mexiko, um dort alles in die Wege zu leiten, eine neue Fabrik für die Herstellung von Cannabisprodukten aufzubauen. Das ist aber noch nicht alles, denn sein Steuerberater eröffnet ihm gerade, dass er quasi pleite ist und seine Firma kurz davor ist, von einem größeren Pharmakonzern geschluckt zu werden. Das Fass läuft über, als er erfährt, dass seine Frau ausgerechnet mit Richard eine Affäre hat. Nun hat er nichts mehr zu verlieren und kommt auf die spontane Idee, seine eigene Entführung zu inszenieren. Dumm, dass niemand für ihn Geld bezahlen will und dann auch noch das mexikanische Drogenkartell hinter ihm her ist, weil nur er den Zugang zu einem speziellen Arznei-Rezept hat. Das Chaos ist perfekt, als Richard seinen Ex-Söldner-Bruder engagiert, um Harold nach Hause zu holen …

Der gleiche Nachname von Nash und Joel kommt nicht von ungefähr – die beiden Egertons  sind Brüder. Während Joel sich in den letzten Jahren zum begehrten Darsteller mauserte, ist sein Bruder erfolgreicher Stuntman geworden. Das Filmdrehen brachte er sich dann selbst bei – angeblich weil er eine Art Ungeduld dabei entwickelt wenn er sah, wie die Szenen, der Filme, in denen er mitspielte, am Ende zusammengesetzt wurden. 2008 griff er dann in The Square erstmalig selbst zur Filmklappe und inszenierte sein Langfilmdebüt. Nach zahlreichen Shorts lässt er mit der schwarzen Komödie Gringo nun sein zweites Vollzeitwerk aufs Publikum los. Das weist zwar erstaunliche Parallelen zu ähnlich bösen Satiren wie Fargo oder auch Pulp Fiction auf, doch gut stibitzt ist immer noch besser als schlecht selbst erfunden. Und weil schon alleine die Besetzung für sich spricht, ist der Anfangsreiz schon mal gesetzt.
Apropos Besetzung: Während Joel Edgerton schon genüsslich das Ober-Arschloch gibt, ist es Charlize Theron, die vollends Spaß macht. Ihre unfassbar arrogante Darstellung der Elaine ist so drüber, dass man ihr in jeder Szene den Spaß anmerkt, den sie beim Drehen hatte. Wenn sie einen mexikanischen Geschäftspartner, der eine Fotowand mit Töchtern und Nichten im Büro hat, mit „verkaufen die keine Kondome hier, oder was?“ begrüßt, ist das nur ein kleiner Vorgeschmack auf ihre Bösartigkeit in Gringo.

David Oyelowo (Selma) ist der unterwürfige Angestellte, der zwar nicht ganz so trottelig daherkommt wie ein William H. Macy als Lundegaard, dafür aber selbst dann noch handzahm bleibt, wenn er von der Affäre seiner Frau erfährt. Gut, er plündert die Hotelbar, aber mehr Wut bringt er dann doch nicht zustande. Wunderbar, ja geradezu köstlich ist es, wenn er weinerlich vor Spritzen Angst hat oder im Angesicht von auf ihn gerichteten Pistolen um Gnade fleht.
Es braucht zwar ein wenig, bis der (mit 112 Minuten etwas lange) Mix aus schwarzer Komödie und Action in Fahrt kommt, doch spätestens mit der Inszenierung der Entführung geht’s dann los. Klasse, wie die engagierten Mexikaner selbst zusammenzucken, wenn Harold sich eine brennende Zigarette auf dem Arm ausdrückt. Spätestens mit dem Auftritt von Sharlto Copley (District 9, Hardcore) schlägt die Story dann Haken und liefert zahlreiche Wendungen. Copley, der als „Wiederbeschaffer“ für die Rückkehr Harolds sorgen soll, greift hart durch und ist umso verwunderter, dass Harold scheinbar gar nicht gerettet werden will. Schade ein wenig, dass sich der Film nicht ganz auf diese dynamische Begegnung konzentriert hat. Was hätte das für eine rasante Geschichte werden können, wenn die beiden sich durch halb Mexiko gezofft und gezickt hätten …
Ein bisschen entschädigen die Actionszenen, die es (ebenso wie die blutigen Momente) durchaus in sich haben. Und was vor allem wäre ein Film von einem Stuntman, wenn’s nicht auch entsprechende Stunts gäbe? In Gringo fallen diese möglichst anarchisch und wild aus – und das ganz bewusst. Edgerton war es wichtig, die Szenen improvisiert wirken zu lassen. Und so haut Sharlto Copley Harold halt auch mal mit einer Tasche von einer Mauer runter. auch die Art, wie Harold kurz zuvor über die Straße rennt, ist schreiend komisch.

Bild- und Tonqualität

Gringo ist von Beginn an etwas körnig, was später ganz gut zur heißen Atmosphäre in Mexiko passt. Die Farben sind recht warm gehalten – schon in den Szenen in den USA. Ganz hervorragend sind die Schärfewerte in den Close-ups. Gerade Oyelowos Antlitz ist schon mal richtig knackig und zeigt jede Einzelheit. Probleme in den Randbereichen gibt’s nicht.
Beim Sound gefallen von Beginn an die luftigen Musiknummern, die natürlich oft von mexikanischen Folklore-Gitarren bestimmt werden. Die akustischen Klänge verteilen sich räumlich und auch sonst werden Umgebungsgeräusche authentisch wiedergegeben. Wenn nach etwas über 50 Minuten der Wagen verunglückt, gibt’s außerdem ein bisschen Dynamik und der Überschlag gelangt entsprechend effektvoll ins Heimkino.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Gringo teilt sich in einen deutschen und einen englischen Bereich auf. Im hiesigen gibt’s neben Trailern und einer Bildergalerie noch ein kurzes fürs deutsche TV produziertes Making-of. In der Originalsprachler-Sektion kommen neben einer unkommentierten B’Roll noch vier Featurettes und zwei Interviews (Nash Edgerton und Charlize Theron) dazu. Die Featurettes sind relativ kurz, zeigen aber ganz nette Eindrücke vom Dreh in Mexiko und gehen natürlich auch auf die irrwitzigen Stunts ein.

Fazit

Gringo hat tolle, manchmal sogar grandiose Momente. Außerdem lockt er mit teils wunderbar extrovertierten Darsteller-Leistungen. Ein wenig mehr Tempo (oder wahlweise weniger Laufzeit) wäre allerdings nett gewesen. Und etwas böser hätte er auch noch sein dürfen. Allerdings entschädigt die geniale Mariachi-Coverversion von The Cures „Just Like Heaven“ für so einige Längen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 40%
Film: 70%

Anbieter: Tobis Home Entertainment/Universum
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Nash Edgerton
Darsteller: David Oyelowo, Charlize Theron, Joel Edgerton, Amanda Seyfried, Thandie Newton, Sharlto Copley
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 111
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Gringo

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