Blu-ray Review
OT: Hail, Caesar!
Genosse Drehbuchautor
Auch Hail, Caesar! beweist, dass die Coen-Brüder ganz außergewöhnliche Filmschaffende sind.
Inhalt
Eddie Mannix ist der Mann für alle Fälle der Capitol Pictures Studios. Sein Job ist es, die unter Vertrag stehenden Schauspieler und Regisseure vor übler Nachrede oder Schlimmerem zu schützen. Außerdem müssen Filme im Frühstadium ihrer Produktion an seinen kritischen Augen vorbei. Aktuell werden gigantische Mittel für „Hail, Caesar!“ aufgewendet – selbst führende Geistliche werden befragt, damit auch ja ein religiöser Konsens entsteht. Doch dann geschieht das Unglaubliche: Baird Whitlock, der Star des Films, wird entführt – von Kommunisten. Das bewirkt natürlich Verzögerungen beim Dreh des Sandalenfilms, der teuer werden könnte. Noch dazu fordern die Entführer, die sich als „Die Zukunft“ bezeichnen, 100.000 Lösegeld. Dem nicht genug, muss sich Mannix auch noch mit zwei ziemlich penetranten Journalistinnen (sensationelle Doppelrolle von Tilda Swinton) sowie der Verheiratung einer Diva und einem falsch besetzten Schauspieler herumschlagen. Währenddessen scheint Whitlock die Ideen seiner Entführer zunehmend interessant zu finden und der Lösegeld-Empfänger ist kein Unbekannter …
Der 17. Langfilm der Oscar-Preisträger Joel und Ethan Coen bezieht sich nach Barton Fink zum zweiten Mal auf die Zeit in Hollywood, in der die großen Produktionen auf den Weg gebracht wurden und man die goldene Kuh . Während die Regie-Querköpfe in ihrem ’91er Werk die 40er Jahre anvisierten, geht’s nun den 50ern an den Kragen. Wobei Hail, Caesar! ja nicht prinzipiell eine bitterböse Parodie, sondern gleichzeitig eine Verbeugung vor dem alten Hollywood ist. Denn während die Coens einerseits das Gehabe der wichtigen Männer in Hollywood an den Pranger stellen und mit einer für sie typisch manischen Figur besetzen, zelebrieren sie auf der anderen Seite die großen Epen dieser Zeit – vom Western über den Sandalenfilm bis zum Musical. Letzteres inszenieren sie mit ihrem angestammten Team aus Kameramann, Set-Designern und Ausstattern mit höchster Liebe zum Detail. So sieht man natürlich, dass die Coens sämtliche Film-im-Film-Szenen auf Soundstages in Studios abdrehten. Das gelingt aber derart authentisch und atmosphärisch, dass man sich fast vor Ort wähnt. Auch die Ausstattung in den Außenbereichen ist grandios und führt den Zuschauer direkt in die 50er Jahre. Die schon angesprochene zentrale Figur des Eddie Mannix basiert auf dem realen Vorbild des gleichnamigen Mannes aus einfachen Verhältnissen, der sich nach und nach bei den MGM-Studios bis zum Vizepräsidenten hocharbeitete. Dabei nannte man ihn irgendwann „Fixer“ in Anspielung darauf, dass er jedes Problem lösen konnte. In Hollywood hieß das seinerzeit, dass man massiv Einfluss auf Schauspieler und Regisseure nahm, um deren mühsam aufgebautes Image zu schützen – bis hin zur Veranlassung von Hochzeiten oder Scheidungen oder zur Vertuschung von sehr halbseidenen Vorgängen. Mannix selbst wurde den Vorwurf nie ganz los, in den Tod des Superman-Darstellers George Reeves verwickelt gewesen zu sein.
Diese historische Tatsache gibt dem Film eine zusätzliche Würzung, die auf die bekannt-ironischen Elemente der Coens aufbaut. Und darüber verfügt Hail, Caesar! ebenso wie sämtliche Vorgänger der Regie-Brüder. Wenn Mannix eine kleine Versammlung christlicher Führer einberuft, um deren Absicherung bezüglich der religiösen Themen der kommenden Großproduktion zu erhalten und sich ein Geistlicher über logische Brüche des gelesenen Drehbuchs anstatt über die Darstellung von Jesus Christus beschwert, ist das ein typischer Coen-Moment. Ebenso wie die sich daran anschließende Diskussion der vier Vertreter unterschiedlicher Religionen über das Wesen von Gottes Sohn. Es mag sein, dass es in Hail, Caesar! nicht ganz so tiefgründig zugeht wie in den direkteren Vorgängern, doch gerade der subtile Humor funktioniert grandios. Wenn beispielsweise der etwas einfältige aber körperlich fitte und deshalb auf Westernfilme abonierte Nachwuchsschauspieler Hobie plötzlich in einem Drama Liebesdrama auftreten muss und weder versteht, was er machen muss, noch in der Lage ist, seinen breitbeinigen John-Wayne-Gang abzulegen, dann ist der Witz eben unterschwellig und nicht frontal. Natürlich funktionieren diese und auch andere Szenen vor allem auch deshalb, weil die Coens (wie immer) auf ein unfassbares Star-Ensemble setzen können. George Clooney als entführter Filmstar ist zum Brüllen komisch, wenn er auf einer klapprigen Liege in Embryonalstellung seinen Narkoserausch ausschläft und anschließend ungläubig vor seinen kommunistischen Entführern sitzt – stets im Kampf mit seiner Schwert-Requisite. James Brolin in der Hauptrolle des Mannix verliert glaubwürdig zunehmend die Kontrolle und Alden Ehrenreich spielt den intellektuell schwächlichen Cowboy-Darsteller Hobie derart charmant, dass man ihm für seine Fehltritte niemals böse sein kann. Sein Nebenplot ist derart gelungen und coenesk, das er einen eigenen Film verdient hätte. Der junge Schauspieler empfahl sich aufgrund dieser und vorheriger Leistungen offenbar bis ganz oben, ist er doch als Han Solo für den für 2018 datierten Star-Wars-Film über den frühen Werdegang des Weltall-Outlaws gesetzt. Auch Christopher Lambert, den man zuletzt meist in Z-Filmen sah, hat einen großen Moment als nordischer Regisseur Arne Seslum. Und wenn Frances McDormand ihre Beinahe-Strangulation lapidar mit „ich sollte keine Schals tragen“ kommentiert, ist das einfach irre witzig. Dazu gibt’s noch unter anderem noch Channing Tatum als Musical-Tänzer, Scarlett Johansson als zickige Badenixen-Diva, Ralph Fiennes als vornehmen britischen Regisseur oder Dolph Lundgren als U-Boot-Kommandeur – alle einzelnen Cameos und Kurzauftritte zu entdecken, ist ein weiterer Spaß, denn man aus dem Film ziehen kann. Und dann ist da ja noch die sozialpolitische Komponente: Die Coens machen sich geradezu genüsslich lustig über die damaligen FBI-Verdächtigungen, Hollywood sei die Fünfte Kolonne der Sowjetunion, wenn sie die Drehbuchautoren ganz offen darüber reden lassen, dass sie kommunistische Botschaften in ihren Filmen platzieren. Allerdings hätte dieser Subplot mehr Witz vertragen, denn die zweite Hälfte des Films fällt gegenüber der ersten deutlich ab. Hail, Caesar! ist deshalb nicht der beste Coen aber dafür einer der detailverliebtesten.
Bild- und Tonqualität
Das grundsätzlich im Format von 1,85:1 gemasterte Bild von Hail, Caesar!, variiert je nach gerade gezeigter Filmproduktion und geht dann schon mal auf ein 4:3 (mit 1,85:1-Balken oben und unten). Auch die Farbgebung differiert ein wenig, um zu den jeweiligen Filmdrehs zu passen. So sind die Szenen des Römer-Films sichtbar gelbbraun gefärbt, während das Musical mit Scarlett Johansson eher bläulich wirkt. Die Nicht-Film-im-Film-Szenen gefallen durch ihre ausgewogene Schärfe und Rauschfreiheit. Die Kontrastierung indes könnte besser sein, denn weder lässt sich hier tiefes Schwarz noch helles Weiß erkennen – vielmehr ist das Bild durchweg etwas zu hell und flach. Akustisch bleibt Hail, Caesar! zwar unspektakulär und meist frontbezogen, präsentiert die Dialoge aber entsprechend prägnant und mit sattem Timbre. Ein wenig Effektarbeit dürfen die rückwärtigen Speaker leisten, wenn der anfängliche Regen räumlich über alle Lautsprecher ins Heimkino prasselt und den Zuschauer (zumindest akustisch) im Regen stehen lässt. Die Filmmusik öffnet ebenfalls ab und an den Raum, ohne allzu druckvoll zu werden.
Bonusmaterial
Vier Featurettes warten im Bonusmaterial von Hail, Caesar! In „einen Film über Hollywood drehen“ dürfen die Schauspieler berichten, warum sie gerne in einem Film der Coen-Brüder mitmachen wollten. „Konstellation der Sternchen“ stellt die Beziehung der Figuren zueinander dar, lässt aber auch ein paar Kommentare dazu ab, welche Zeit man im Film porträtiert. Das kommt in „Eine glamouröse Epoche“ natürlich noch stärker zum Tragen, wenn Szenenbild, Ausstattung und Kostüme begutachtet werden. „Magie einer vergangenen Epoche“ blickt noch einmal darauf, dass Hail, Caesar! eben auch eine Liebeserklärung an die großen klassischen Produktionen der Hollywood-50er ist.
Fazit
Hail, Caesar! ist eine große Liebeserklärung an die goldenen Zeiten des Hollywoodfilms und gleichzeitig eine sarkastische Abrechnung mit dem, was hinter den Kulissen der Traumindustrie stattfand – nicht so vielschichtig wie bisherige Coen-Filme, auch nicht ganz so bitter/böse aber dafür voller Querverweise und großartigem subtilem Slapstick.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 80%
Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Joel Coen & Ethan Coen
Darsteller: Josh Brolin, Alden Ehrenreich, George Clooney, Max Baker, Ralph Fiennes, Heather Goldenhersh, Tom Musgrave, Tilda Swinton, Patrick Fischler, Fred Melamed, Scarlett Johansson, Channing Tatum, Jonah Hill, Dolph Lundgren, Christopher Lambert
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 106
Codec: AVC
FSK: 0