Halyna Hutchins (†) 21. Oktober 2021

Sterben Menschen, ist das – nicht zuletzt für Hinterbliebene – immer traurig bis tragisch. Filmschaffende, egal welchen Rang und Namens, sterben täglich. Dieser Blog kann und will das gar nicht reflektieren. Aber es gibt Momente, in denen man von einem Verlust mehr berührt wird als sonst. Das war für mich zum Beispiel der Fall, als Sean Connery verstarb, mit dem ich eine Art filmischer Sozialisation verband. Und ich mag wirklich gar nicht daran denken, wie ich mich fühlen werde, wenn der eine oder andere (mittlerweile etwas ältere) Filmschaffende von uns gehen wird …

… Die Meldung, dass Kamerafrau Halyna Hutchins am Set zum Film Rust durch einen tragischen Unfall ums Leben kam, ist nun fast zwei Tage alt, hat mich nach Bekanntwerden, gestern Morgen, aber unglaublich bewegt. Zum einen, weil man einfach nicht versteht, wie so etwas passieren kann und ich mich spontan in die Situation des Ehemanns hineinfühlen musste. Zum anderen, weil Alec Baldwin für mich zu den sympathischsten Typen gehört, die das Filmbusiness bevölkern. Und weil er eben auch ein überzeugter Befürworter von Waffenkontrollen in den USA ist, ist es umso tragischer, dass Halyna Hutchins durch seine Hand zu Tode kam.
Dieser Beitrag soll NICHT zu irgendwelchen Spekulationen über die Hergänge (wir waren alle nicht dabei und sind allesamt keine Spezialisten) anregen. Ich lasse die Kommentarfunktion zur Anteilnahme offen. Sobald sich aber wilde Theorien entwickeln, schließe ich sie. Ich bitte also darum, sich hier nicht die Köpfe heiß zu diskutieren.

Hutchins mit Pollyanna McIntosh am Set von „Darlin'“

Wichtig finde ich, dass Halyna Hutchins ein kleines Forum, einen kleinen Nachruf bekommt. Denn irgendwie wird sie in zahlreichen Berichterstattungen etwas vergessen: Hutchins kam in der Ukraine zur Welt, wuchs auf einer Militärbasis in Murmansk (umgeben von Rentieren und Atom-U-Booten) auf und begann mit einem Wirtschaftsstudium, das sie jedoch bald in eins der Journalistik änderte. Nach ihrem Abschluss beteiligte sie sich öfter an Produktionen für Dokumentarfilme und offenbarte Leidenschaft für investigativen Journalismus. Bei diesen Arbeiten entwickelte sie ihr Interesse an der Kameraarbeit. Meist waren es Dokumentarfilme, die sich um Osteuropa drehten und das Team an entlegene Orte brachte. Hutchins war davon fasziniert, wie man durch die Kameraarbeit (basierend auf Hintergründen echter Menschen) Geschichten erzählen kannNachdem sie nach Los Angeles zog, studierte sie zwei Jahre am American Film Institute (AFI) und schloss mit dem Master of Fine Arts in Cinematography ab. In der Filmindustrie galt sie als aufstrebendes Talent. Vor allem als eine Frau, die für andere (Kamera)Frauen den Weg bereiten konnte. So gelten Kamerafrauen bei Genrefilmen immer noch als absolute Ausnahme. Eine ihrer ersten Arbeiten in diesem Bereich war jene für Pollyanna McIntoshs Darlin‘.
Außerdem gehörte sie zu einer kleinen Gruppe von acht Frauen, die dem Fox DP Lab angehörten, das sich dafür einsetzte, mehr Möglichkeiten für Kamerafrauen zu schaffen. Ihre letzte Arbeit, der Superhelden-Mystery-Thriller Archenemy von Adam Egypt Mortimer, wird ihr Vermächtnis sein. 

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Michael

Auch mich hat der Tod von Halyna Hutchins, dieser so begabten Kamerafrau, echt schockiert, zumal jeder weiß, dass dieser Tod zu verhindern war und alleine schon deswegen macht es einen schon sprachlos! Man kann nur hoffen das daraus Lehren gezogen werden, damit nicht noch einmal so etwas passiert. Unfälle lassen sich nicht vermeiden, aber das hier war zu verhindern, Punkt! Meine tiefe Anteilnahme gilt vor allem Ihrer Familie und den Angehörigen.
Auch Alec Baldwin wird Zeit seines Lebens lernen müssen mit diesem Trauma zu leben, und ich glaube nicht das sich auch nur jemand ansatzweise vorstellen kann, welche Leiden er dabei in Zukunft durch machen wird.

RIP Halyna Hutchins!

Tim

R.I.P. 🙁

Alex

Mich hatte ein Freund bei der Fahrt zum Wochenend-Einkauf gefragt, ob ich auch gehört hätte, dass Alec Baldwin eine Kamerafrau erschossen habe. Ich schaute ihn nur ungläubig an, bis ich selbst danach suchte und die 2-3 Stunden alten Schlagzeilen ließ. Diese traurigen Nachrichten über einen solch furchtbar schmerzhaften Verlust eines noch so jungen Talentes, die tiefen Schmerzen der Hinterbliebenden, die unforstellbaren seelischen Folgen für Baldwin selbst, der mir hier unheimlich leid tut, und auch all das, was die verantwortliche Person, ob Requisiteur oder Waffen- und Sicherheits-Verantwortlicher, nun durchmachen muss, hat mich den gesamten restlichen Tag innerlich beschäftigt.

Man kann nur hoffen, dass alle Umstände einer umfassend aufgearbeiteten Klärung unterzogen werden, um solche Unfälle zukünftig zu vermeiden. Ja, Unfälle am Filmset sind nichts, wovon man noch nie gehört hätte; Stunt-Frauen und -Männer wurden und werden vermutlich auch zukünftig verletzt. Ein solcher jedoch, der vermutlich mit vergleichsweise wenig Aufwand hätte durchaus verhindern werden können, lässt einen schon recht erschüttert zurück. Zumal man hätte vermuten können, dass spätestens seit „The Crow“ deutlich mehr Augenmerk auf Waffenhandhabung gelegt werden würde.

PS: Timo, diesen Teil hier kannst du bitte gern löschen, sobald korrigiert: In dem Bild hast du das Datum mit dem Jahr 2022 eingestellt, was sehr sicher 2021 hätte heißen sollen.

Stefan

Danke Dir Timo. Du hast alles gesagt.
Meine Anteilnahme gilt ebenfalls der Familie, den Angehörigen, den Betroffenen am Filmset.

Ich fühle auch mit Dir bezüglich der Gehenden und Gegangenen, die uns das, was wir so lieben, erst möglich gemacht haben. Die Filmschaffenden.

Jonas

Sehr schöner Nachruf, vielen Dank, R.I.P. Halyna Hutchins