Hercules – Extended Cut

Blu-ray Review

Hercules Extended Cut Blu-ray Review Cover
Paramount Home, seit 02.01.2015

OT:

 


Starker Typ

Nicht das erste Mal beschert uns ein Kinojahr zwei Varianten von ein- und demselben Stoff. Kann Hercules mit Dwayne Johnson den zeitlich zuvor produzierten und ziemlich schwachen The Legend of Hercules übertreffen?

Inhalt

Herkules ist nicht nur der Sohn von Zeus, dem König der Götter, sondern ein Bastard – immerhin betrog Zeus mit der sterblichen Alkmene seine Frau Hera. Dass die Göttin dies nicht gerade witzig findet, liegt auf der Hand und so sucht sie nach einer Möglichkeit, Herkules zu töten. Der wiederum entwickelt sich prächtig und erledigt zwölf rasend gefährliche Taten, um Hera zu besänftigen. Er schlägt der Hydra die Köpfe ab, besiegt den Erymanthischen Eber und spaltet dem nemeischen Löwen den Kiefer. Einige Jahre später zieht er als Söldner mit einem Trupp seiner kampfesmutigsten Kameraden durch die Lande, um für Gold entsprechende Aufträge zu erfüllen. Nachdem man ihm seine Frau und Kinder genommen hat, hat der Hühne nämlich nur noch im Sinn, genügend Geld zu verdienen, um sich in die Einsamkeit zurückzuziehen und dort niederzulassen. Da kommt das Angebot von König Cotys gerade Recht, denn der will Herkules in Gold aufwiegen lassen, wenn dieser ihm dabei hilft, die Truppen von Rhesus abzuwehren. Der Halbgott bildet aus Bauern eine schlagkräftige Armee aus und schlägt Rhesus zurück. Doch kämpft Herkules wirklich auf der richtigen Seite?

Was mussten sich die groß angelegten Sandalenfilme der letzten Jahre nicht alles an Kritik gefallen lassen. Von Kampf/Zorn der Titanen über John Carter bis zu The Legend of Hercules war keiner davon ein Liebling der Kritiker und in den Kinos floppten sie teilweise grandios. Teils sicher berechtigt, kann man für Hercules von Rush-Hour-Regisseur Brett Ratner zwar ähnliche Kritikpunkte zu Felde führen (Logik, Oberflächlichkeit, wenig akurate Darstellung der Göttergeschichte), doch Hercules hat etwas, mit dem die anderen Filme nicht aufwarten können: Dwayne Johnson. Der hühnenhafte Wrestler ist, ähnlich wie seinerzeit Schwarzenegger als Conan, die Idealbesetzung für den mythischen Griechen und liefert etwas, das sämtlichen anderen Darstellern der oben genannten Filme abgeht: Selbstironie und charmantes Charisma. Seine Interpretation des sagenumwobenen Halbgottes ist vollkommen entspannt und augenzwinkernd angelegt. Nicht eine Sekunde zweifelt man an seiner körperlichen aber auch intellektuellen Überlegenheit. Gerade Letzteres gelingt The Rock hervorragend. Man weiß von ihm, dass er kein hohlbirniger Muskelprotz ist, wie eine ganze Reihe seiner Kollegen, sondern durchaus ein nachdenklicher und reflektierter Typ. All diese Attribute lässt er auch seinem Herkules angedeihen und macht so sämtliche Szenen mit ihm zum Vergnügen. Es würde auch heute nicht ansatzweise funktionieren, eine im Grunde lächerlich überhöhte Figur wie die des Halbgottes ernsthaft darzustellen. Versuche, ihn als tragischen Helden zu etablieren, würden schon an dessen angeblichen Heldentaten scheitern. Ratner hingegen kann in Hercules auf ein Skript vertrauen, das von Ryan Condal und Evan Spiliotopoulos mit Drive, Witz und durchaus gelungenen Dialogen umgesetzt wurde. Den beiden gelingt es scheinbar mühelos, gerade Herkules und seine treuen Söldner Sprüche auf den Leib zu schreiben, die zwar immer wieder für Schmunzler und Lacher sorgen, die aber zu keiner Zeit albern sind oder ihre Figuren der Lächerlichkeit preisgeben. Vor allem Autolycus (Rufus Sewell) gefällt mit sarkastischen Kommentaren und witziger Mimik. Auch Ian McShane als Seher Amphiaraus sorgt für komische Momente, agiert aber gleichzeitig souverän. Wenn man Darsteller kritisieren wollte, dann trifft es dieses Mal wohl John Hurt, dessen Figur einfach zu limitiert und stereotyp ist und die ihm keinen Spielraum für seine sonst nuancierten Darstellungen lässt.

Der auf der Blu-ray enthaltene Extended Cut läuft insgesamt dreieinhalb Minuten länger und liefert in der Tat ein Plus an blutigen Taten. So ist’s vermutlich ein Mix aus den blutrünstigeren Szenen als auch die Tatsache, dass die Blu-ray/DVD zu Hause pausiert und beliebig wiederholt werden kann, das für eine drastischere FSK-Einstufung sorgte. War Hercules im Kino noch ab 12 freigegeben, so trägt die Blu-ray nun ein 16er-Siegel. Nicht ohne Grund, wenn man sich die etwas detaillierteren Darstellung der Auswirkungen am Volk der Bessi so anschaut. Da nagt dann schon mal eine Krähe in den Augenhöhlen eines gefallenen Soldaten.

Ohnehin, die Schlachten in Hercules: Hier hat man sich wirklich Mühe gegeben, den vergleichsweise kostengünstig produzierten Film (halb so viel Budget, wie bspw. X-Men: Zukunft ist Vergangenheit) deutlich opulenter aussehen zu lassen, als man vermuten würde. Die knapp zehnminütige Bessi-Schlacht gehört zum aufregendsten und rohesten, was man seit längerem gesehen hat. Wie die in grüner Kriegsbemalung angepinselten Männer ohne Rücksicht auf Verluste in die Schwerter und Speere von Herkules und König Cotys rennen, hat schon einen hohen Schauwert. Schade, dass das Finale dagegen etwas schwach daherkommt.

Bild- und Tonqualität

Dem Bild von Hercules kann man keinen Vorwurf machen. Es ist auch in dunklen Szenen sehr ruhig und rauscharm, seine Farben sind stets kräftig und die Kontraste während der großen Schlachten bei vollem Tageslicht sind bestechend. Vielleicht sind Rottöne ein kleinwenig zu pink, ansonsten gibt’s hier nichts zu mäkeln. Auch die Schärfe ist jederzeit Herr über die Lage und erreicht in Nahaufnahmen sogar bestechendes Niveau. Ob es das vom Leben gegerbte Konterfei von John Hurt oder die Details in Dwayne Johnsons Gesicht sind. Sehr zum Leidwesen des Ex-Wrestlers ist die Detailauflösung so gut, dass man in Hercules auch die starken Geweberisse des Hühen sieht – Zeichen seines zu schnellen Muskelwachstums.
Wir kennen es mittlerweile von den Blockbustern der größeren Anbieter – oft bleibt die hochauflösende Tonspur der englischen Fassung vorbehalten. Paramount ist leider keine rühmliche Ausnahme, wie man zuletzt bei Transformers: Ära des Untergangs notieren musste. Leider ist auch Hercules von dieser Unart betroffen: Die deutsche Dolby-Digital-Spur in 5.1 ist der Originalfassung in 7.1-dts-HD-Master weit unterlegen. Das beginnt beim deutlichen Lautstärkeunterschied, der, je nach Receiver, bis zu zehn dB-Stufen betragen kann. Jetzt könnte man diesem Manko durch eine drastische Anhebung des Volumens begegnen, muss dann allerdings feststellen, dass auch die Räumlichkeit und der Tiefbass noch nicht auf dem Niveau der hochauflösenden Tonspur sind. Wenn Herkules seine Keule schwingt, splittert das Holz auf der Originalspur in sämtliche Hörrichtungen – bei der deutschen Fassung legt es sich etwas beschämt vor die Füße des Zuhörers. Das Stimmvolumen der Darsteller ist ungleich kräftiger als die deutsche Synchro es wiedergibt und auch der Filmscore klingt offener und mit breiterer Bühne. Wer genau hinhört, nimmt außerdem Kompressionen wahr, sobald die Schlachten in Hercules lauter werden.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Hercules findet sich ein Audiokommentar von Regisseur Brett Ratner und Produzent Beau Flynn. Daneben warten insgesamt fünf Featurettes und einige entfernte, bzw. erweiterte Szenen. In „Brett Ratner und Dwayne Johnson: Eine Einführung“ erzählen beide, warum sie vom Hercules-Mythos so begeistert sind. The Rock, dessen Selbstironie im Actionfach fast ohne Beispiel ist, erwähnt nebenbei, dass er den Film natürlich nur deshalb drehen wollte, damit er mal im Lendenschurz durch die Gegend laufen kann. Auch wurde der Drehbeginn um einige Wochen nach hinten verschoben, da der Wrestler sich in der Vorbereitung für den Film gleich zwei Sehnen vom Becken abriss. „Hercules und seine Söldner“ läuft ca. elf Minuten und beschreibt das Verhältnis des Halbgottes zu seinen Kriegerkollegen. „Waffen“, man glaubt es kaum, kümmert sich um die individuellen Schwerter, Bögen und Schilder sowie um die Keule des Titelhelden. In „Die Bessi-Schlacht“ wird aufgerollt, wie intensiv und fordernd die Dreharbeiten der rohen Auseinandersetzung waren. „Die Effekte von Hercules“ beleuchten die Arbeit an den visuellen Special-Effects-Szenen. Allerdings betonen die Macher, dass man so viel wie irgend möglich „in echt“ gedreht hat. Insgesamt fünfzehen entfernte & erweiterte Szenen inklusive einem alternativen Ende ergänzen die kurzweiligen Extras von Hercules.

Fazit

Hercules ist sicher nicht die hohe Kunst des Kinos und man hat auch schon gehaltvollere Actionfilme gesehen. Man kann Brett Ratners Film allerdings nicht vorwerfen, nicht unterhaltend, kurzweilig und amüsant zu sein. Seine Darsteller sind allesamt gut aufgelegt, die Schlachten machen richtig Spaß und die nicht immer ganz gelungenen CGI-Effekte zu Beginn sind ohnehin so kurz, dass man sie schnell vergessen hat. Auf der Blu-ray profitiert Hercules vor allem von der blutigeren und damit authentischeren Extended-Cut-Fassung nochmals.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 85%

Bonusmaterial: 50%
Film: 70%

Anbieter: Paramount Home
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Brett Ratner
Darsteller: Dwayne Johnson, Ian McShane, Rufus Sewell, Aksel Hennie, Ingrid Bolso Berdal, Reece Ritchie, Joseph Fiennes, Peter Mullan, John Hurt
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // Dolby Digital 5.1: de, sp, fr, it
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 98’03/101’35
Codec: AVC
FSK: 16

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