Blu-ray Review
OT: Samba
Duft von Moschus
Nach Ziemlich beste Freunde liefert das Regieduo Olivier Nakache/Èric Toledano mit Heute bin ich Samba seinen Nachfolgefilm ab.
Inhalt
Samba kommt aus dem Senegal und lebt seit vielen Jahren illegal in Frankreich. Als Tellerwäscher verdient er sich ein paar Euro und kann dennoch nicht verhindern, dass er in Abschiebehaft gerät, als er nach einer Aufenthaltsgenehmigung fragt. Dort trifft er auf die die resolute Sozialarbeiterin Manu und deren ehrenamtliche Hilfe Alice. Letztere hat sich eine Auszeit vom Job genommen, um in der Zeit einen sozialen Beitrag zu leisen. Unbeholfen und nervös sitzt sie dem großen Mann gegenüber, der sie mit seinen braunen Augen anschaut und um ihre Telefonnummer bittet, nachdem er seine mitteilen musste. Distanz, die Manu Alice einimpft, ist schon von dem Moment an Geschichte. Vor Gericht scheitert Samba und bekommt einen Abschiebebefehl. Eigentlich muss er das Land verlassen, versucht jedoch durch möglichst unauffälliges Verhalten in der Masse unterzutauchen. Doch auch Alice hat ihr Päckchen zu tragen und ist seit einem Burnout ein nervliches Wrack mit chronischen Schlafstörungen und ohne soziale Bindungen. Nach und nach wird Samba für die Alice zum Redepartner und die Zwei merken, dass sie sich gegenseitig helfen können.
Frankreich hat als Kolonialmacht eine lange Historie afrikanischer Einwanderer und auch heute noch ein Problem damit, diesen Teil der Geschichte (und damit verbunden die zahlreichen Emigranten) zu integrieren. Èric Toledano und Olivier Nakache, die beiden Regisseure von Ziemlich beste Freunde bauen um diese Grundlage herum in Heute bin ich Samba eine zarte Romanze, die den Blick vor der aufreibenden täglichen Arbeit der Sozialarbeiterinnen mit den Einwanderern aus aller Herren Länder nicht scheut. Schon bei Alices erstem Tag in der Einrichtung geht es drunter und drüber. Ein Dolmetscher für Russisch wird benötigt, einem Inselflüchtling muss klargemacht werden, dass er nicht mit einem Bus von dort eingereist sein kann und die Sprachschwierigkeiten fördern zahlreiche kuriose Missverständnisse. Als Zuschauer sitzt man bald mit dem gleichen Unverständnis vor dem Gezeigten, wie Alice, die es sich irgendwann nur mit etwas Humor erleichtern kann. Die Stimmung in Heute bin ich Samba ist dabei von Beginn an von einem melancholischen Humor geprägt. Der wiederum wird perfekt getragen von einem Omar Sy, der eben vor allem dann gut ist, wenn er keinen platten Schenkelklopferwitz präsentiert, sondern analog zu Ziemlich beste Freunde mit leichtem Sarkasmus schwierige persönliche Situationen meistert. Diese Art von hintergründigem und verschmitztem Witz steht dem modernen französischen Film ohnehin viel besser als das alberne Retro-Geplapper und Herumgefuchtel, das sich auf den Spuren eines unerreichbaren Louis de Funès bewegt. Sy ist durch seine positive, leicht naive und durchweg charmante Art und Weise der perfekte Vermittler für die Kluft zwischen vollkommen unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Das war so als leicht flippiger Pfleger des querschnittsgelähmten Philippe und ist es hier als illegal im Land lebender Einwanderer ebenfalls. Dass das Ganze immer mal wieder etwas leicht und unbeschwerlich wirkt, Samba als Einwanderer bisweilen zu gut scheint, um wahr zu sein, mag man kritisieren. An Omar Sy kann es jedenfalls nicht liegen, denn der weiß als Kind aus den Arbeitervierteln vor Paris durchaus, was es heißt, sich von ganz unten nach oben zu kämpfen. Neben dem Mann mit einem senegalesischen Vater und einer mauretanischen Mutter agiert eine Charlotte Gainsbourg angenehm zurückhaltend (ihre zwei Wutausbrüche mal ausgenommen) und sensibel. Ihre letzten Filme waren bisweilen durch ihr exaltiert-ausgeprägtes Spiel geprägt, sodass es in Heute bin ich Samba wohltuend auffällt, wie unaufgeregt sie sich in den Dienst der Geschichte stellen kann. Musikalisch haben sich Toledano und Nakache gedacht, dass sie einfach einsetzen, was sich schon mal bewährt hat. So wird ihr Film erneut von den Klavierklängen Ludovico Einaudis begleitet, dessen sanftmütiges Spiel perfekt zu den teils melancholischen Szenen und Momenten passt. Wer die moderne Klassik des Komponisten mag, der wird hier immer wieder Gänsehaut bekommen.
Bild- und Tonqualität
Das beständig unterkühlte Bild von Heute bin ich Samba hat eine reduzierte Farbpalette, kontert jedoch mit angenehmen Kontrasten, die im ausgewogenen mittleren Dynamikbereich angesiedelt sind. Vor allem während der Close-ups von Omar Sy sind dessen Gesichtskonturen vorzüglich erkennbar. Die feinen Strukturen seiner Lippen, die Oberfläche seiner Lederjacke – das hat man auch schon weniger detailliert gesehen.
Akustisch bleibt’s unspektakulär. Hin und wieder vernimmt man ein paar atmosphärische Umgebungsgeräusche. Ansonsten bleibt Heute bin ich Samba auf den Center beschränkt, lässt von dort die Stimmen gut hörbar erklingen und beglückt mit den aus anderen Filmen bekannten Synchronsprechern der beiden Hauptdarsteller. Einaudis Klänge legen sich warm über die beiden Frontlautsprecher und vermitteln genau die richtige Stimmung.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Heute bin ich Samba versteckt sich ein Making-of, das mit 45 Minuten Laufzeit den Namen tatsächlich mal verdient hat. Von Impressionen hinter der Kamera über Statements der Filmemacher und Stars und ein paar Späßchen vor der Kamera sowie der Charakterisierung der Figuren wird hier praktisch alles kurz abgehandelt. Natürlich gibt’s auch ein kleines Feature über die Musik von Ludovico Einaudi, das den Komponisten im Studio zeigt und ein paar Bilder der Dreharbeiten einblendet. Ein weiteres kleines Extra zeigt die Stars bei Premierenfeiern. Abgerundet wird das schöne Bonusmaterial von nicht verwendeten und wahlweise kommentierten Szenen.
Fazit
Heute bin ich Samba ist vielleicht nicht der allesübergreifende Überhit, wie es Ziemlich beste Freunde war, beschäftigt sich dafür ohne jedes Betroffenheitsszenario mit einem ernsten Thema auf eine unbeschwerte Art und Weise, ohne jedoch den Blick für durchaus existente Probleme zu verlieren. Das Hauptdarstellerpaar harmoniert und Omar Sy sollte Abstand von den albernen Buddykomödien nehmen, die er zuletzt drehte. Als charmant-gutmütiger Kerl mit sozial-schwierigem Hintergrund ist er bedeutend besser.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 50%
Film: 80%
Anbieter: Senator Film
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Olivier Nakache, Èric Toledano
Darsteller: Omar Sy, Charlotte Gainsbourg, Tahar Rahim, Izïa Higelin, Youngar Fall, Issaka Sawadogo, Hélène Vincent, Christine Millet, Clotilde Mollet
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, fr
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 119
Codec: AVC
FSK: 6