Blu-ray Review
OT: En las afueras de la ciudad
Gequälte Seelen
Chile zeigt erneut, dass es ein Gespür für das Horrorgenre hat.
Inhalt
Irgendwann in den späten 90ern: Im Hinterland Chiles müssen zwei Schwestern und deren missgestalteter Bruder Manuel den brutalen drogendealenden Vater ertragen, der sie isoliert festsetzt und immer wieder misshandelt. Als sie von der Polizei gerettet werden, können die Drei zwar fliehen, doch die Beamten bekommen die Kettensäge des Psychopathen zu spüren und sterben an Ort und Stelle. Auf ihrer Flucht ziehen sich die Mädchen mit ihrem Bruder in eine einsame Waldhütte zurück. Doch auch dort sind sie nicht sicher. Ein vorbeikommendes Kiffer-Duo können sie noch abwehren, wie aber steht es mit den bewaffneten Schergen von Onkel Costello, die unbedingt die vermissten Drogen des Vaters wiederhaben wollen und wenn sie sich dafür die Mädchen schnappen müssen …
Patricio Valladares hat mit Hidden in the Woods ein kleines und dreckiges Independent-Terrorfilmchen realisiert, das zwar durch seine zunächst wirre Struktur den Zugang erschwert, jedoch gerade wegen der fiebrigen Erzählweise und hektischen Schnitte eine bedrohliche Atmosphäre erzeugt. Diese wird noch intensiviert, wenn man dem extrem leidenschaftlich und abgedreht agierendem Daniel Antivilo in der Rolle des Vaters zuschaut. Dass der Darsteller gerade die vom Weg abgekommenen Figuren packend gibt, hat er schon in To Kill a Man bewiesen, wo er nicht minder besessen agiert hat. Die restlichen Darsteller bewegen sich irgendwo zwischen knallchargig und akzeptabel, die teils extrem amateurhafte deutsche Synchro verleidet dem Zuschauer diverse Nebenfiguren leider völlig. Das gilt dann bedauerlicherweise ebenso für die Gewaltszenen, die für die FSK-18-Fassung um gut sieben! Minuten erleichtert wurden. Bleibt die Hoffnung, dass der Film irgendwann ungeschnitten über das nahe Ausland den Weg zum Genrefan finden wird, denn Hidden in the Woods, dessen US-Remake vom selben Regisseur mit Michael Biehn in der Hauptrolle bereits abgedreht ist, hat durchaus seine Momente. So sind die Flashbacks der drei tragischen Hauptdarsteller/innen verstörend und die Tötungsszenarien in der Hütte können sogar in der drastisch geschnitten Version noch den einen oder anderen Schockmoment platzieren – zumal sich noch ein wenig Kannibalismus dazwischen mogelt. Auch das knapp halbstündige Finale überzeugt aus atmosphärischer Sicht, da die Waldsequenzen in stimmungsvolles Licht getaucht sind und der percussive Soundtrack bedrohlich wirkt. Wenn es dann im erwarteten Blutbad endet, hinterlässt das durchaus Eindruck. Allerdings, so ehrlich muss man sein, ist Hidden in the Woods vor allem selbstzweckhaft gewalttätig und in seinem transportierten Frauenbild gar ziemlich übel. Es scheint schon bedenklich, dass Chiles Männer offenbar kaum Achtung vor ihren Frauen zu haben scheinen, wenn man Regisseur Valladares und seiner Inszenierung Glauben schenkt. Beinahe jede männliche Figur versucht den Mädels in irgendeiner Form an die Wäsche zu gehen – Helden sind nicht in Sicht. Das ist gegenüber einem I Spit on Your Grave vor allem deshalb noch mal eine Nummer drastischer, weil einfach alle Typen mit Vergewaltigungsfantasien durch die Gegend laufen und nicht nur die direkten Antagonisten.
Bild- und Tonqualität
Puh … was man als Blu-ray- und High-Definition-Fan beim Bild von Hidden in the Woods bisweilen ertragen muss, macht aus visueller Sicht kaum Spaß: Massiv überrissene Kontraste, matschige Schärfe, drastisch abfallende Durchzeichnung auf den Schattenseiten der Gesichter und bis auf Braun- und Gelbtöne kaum andere Farben – das ist zwar der düsteren Stimmung des Films zuträglich, sieht aber absolut nicht gut aus.
Beim deutschen Ton von Hidden in the Woods hat irgendjemand versucht, Geräusche hinzuzufügen. So werden Schritte vollkommen asynchron wiedergegeben und klingen alles andere als der entsprechenden Umgebung natürlich angepasst. Entsprechend dürftig fällt die Dynamik aus, lediglich der bohrend-pumpende Bass, der während des letzten Drittels immer wieder das Geschehen unterlegt, weiß zu gefallen. Ansonsten wirkt der Sound gedrungen und abgedämpft, wenig offen oder gar räumlich.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Hidden in the Woods gibt’s neben Trailern und zwei entfernten Szenen auch ein knapp 40-minütiges Making-of, das dem deutschsprachigen Zuschauer allerdings aufgrund fehlender Untertitel nur ein paar nette Bilder bringt – es sei denn, er ist des Spanischen mächtig. Ergänzend kamen noch ein paar Statements des Regisseurs und anderer Filmbeteiligter auf die Disk. Diese sind immerhin englisch untertitelt.
Fazit
Hidden in the Woods ist zwar nicht durchweg gut geschauspielert und leidet unter seinen Schnittauflagen, lässt jedoch durchblitzen, dass der Regisseur ein Gespür für düstere und brutale Atmosphäre hat. Sowohl ihn als auch den Film darf man im Auge behalten – vielleicht ja doch bald irgendwo ohne Kürzungen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 40%
Tonqualität (dt. Fassung): 40%
Tonqualität (Originalversion): 50%
Bonusmaterial: 40%
Film: 45%
Anbieter: Maritim Pictures
Land/Jahr: Chile 2012
Regie: Patricio Valladares
Darsteller: Siboney Lo, Carolina Escobar, Daniel Antivilo, Carmen Paz, Josef Mora
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, sp // DD 2.0: de
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 91
Codec: AVC
FSK: 18 (geschnitten)