Blu-ray Review
OT: Holmes & Watson
Majestätsbeleidigung
Wer Sherlock Holmes und Dr. Watson mag, der sollte sich lieber noch mal einen der Guy-Ritchie-Filme oder aber die großartige BBC-Serie anschauen. Denn dieser Film ist eher etwas für Zelluloid-Masochisten.
Inhalt
London 1881: Weil sich Kriegsheimkehrer Watson in Suizidabsicht in den Vorgarten von Sherlock Holmes gestürzt hat, muss er dem Meisterdetektiv wohl dankbar dafür sein, dass dessen Riesen-Zucchini ihm das Leben rettete. Fortan treten die beiden nur noch als Duo auf, trampeln gerne von einem Fettnapf in den nächsten und müssen einen Fall lösen, bei dem sogar die Queen Mum in Gefahr gerät …
Etan Cohen ist der Regisseur der neuen Komödie mit Will Ferrell und John C. Reilly – Etan, wohlgemerkt. Nicht Ethan. Mit den berühmten Coen-Brüdern hat der gebürtig aus Israel stammende Filmemacher und Drehbuchschreiber nur den (fast gleichen) Nachnamen gemein.
Und WIRKLICH nur den Nachnamen. Denn vom hintergründigen Humor des Regieduos, das für The Big Lebowski oder O Brother, Where Art Thou? verantwortlich ist, hat Etan vermutlich nicht mal was gehört. Schon die Besetzung seiner beiden Hauptdarsteller mit Ferrell und Reilly lässt es vermuten und so ist es dann leider auch. Was in Amerika wundersamerweise immer wieder funktioniert, krepiert hierzulande ohne Umschweife im sprichwörtlichen Rohr.
Innerhalb der ersten 15 Minuten wird man dazu animiert, über latent schwulenfeindliche und weniger latent, sondern offen frauenfeindliche Jokes zu lachen. Dazu kommt eine zerplatzende Riesen-Zucchini und eine absurde Gerichtsverhandlung, in der das Wort „Wichser“ mit den pubertärsten Umschreibungen gesucht wird, die amerikanische Drehbuchschreiber im Humor des 80er-Jahre-Kinos zusammen gesammelt haben. Wer nach 17 Minuten beim unappetitlichen Versuch der beiden Ermittler, eine Zwiebel zu essen, noch weiter am Ball bleibt, dem gebührt mein Respekt. Spätestens zehn Minuten später kommt dann, was kommen muss: eine Kübelszene, juchhe. Wer ab hier noch weiter zuschaut, hat dann selbst schuld.
Was mag sich Etan Cohen (der auch das Drehbuch schrieb) bei diesem völlig witzfreien Skript nur gedacht haben? Ob er damit infantile Träume aus der Kindheit zu Papier gebracht hat? Oder sind ihm doch eher spontane Geistes-Ergüsse beim täglichen Konsum bewusstseinserweiternder Drogen gekommen? Was auch immer es war, die Tatsache, dass dieser Quark mit einem Budget von über 40 Mio. Dollar finanziert wurde, ist ein Schlag ins Gesicht einer jeden Independent-Produktion, die jahrelang um ein paar tausend Dollar betteln muss.
Das Problem am nicht vorhandenen Witz von Holmes & Watson: Für diejenigen, die es lustig finden, ist die Altersfreigabe zu hoch. Alle anderen fragen sich buchstäblich, ob sie im falschen Film sitzen.
Hatten wir schon über die Besetzung gesprochen? Will Ferrell macht das, was er in seinen schlechtesten Filmen tut: Improvisieren, grimassieren und sich dabei selbst viel zu witzig finden. Und John C. Reilly? Tja, er bekommt nicht mal das mit dem Improvisieren hin. Die Chemie zwischen den beiden Darstellern stimmt ebenfalls nicht, was aber auch daran liegen könnte, dass das Skript Watson zum hechelnden Schoßhündchen des Meisterdetektivs geschrieben hat. Denn eigentlich sollten sich die beiden durch ihre zahlreichen Kooperationen mittlerweile gut kennen.
Einziger Lichtblick in Holmes & Watson ist Rebecca Hall als Dr. Grace Hart. Wenn sie als als Ärztin in London auftaucht und davon erzählt, dass sie in den USA rein verdiensttechnisch schon viel fortgeschrittener wären (und 30% dessen bekommen, was die Herren verdienen), dann gehört das sogar zu den gelungensten auf zeitgenössische Kritik abzielenden Witzen. Wesentlich besser jedenfalls als die deplatziert wirkenden Gags gegenüber Donald Trump.
Und was Ralph Fiennes in diesem geistigen Tiefflieger zu suchen hat, weiß er vermutlich nicht mal selbst. Womöglich hatte er eine Überdosis rohe Zwiebel als er das Drehbuch las. Mehr als die daraus resultierende Flatulenzen bleiben beim Zuschauer nach quälenden 90 Minuten leider auch nicht über.
Bild- und Tonqualität
Ganz egal, was man vom Inhalt von Sherlock Holmes halten mag – das Bild der Blu-ray ist fast über jeden Zweifel erhaben. Mit sattem Schwarzwert, famosem Kontrastumfang und bestechender Bildruhe setzt die Disk knapp unterhalb der Stelle an, wo die Messlatte von Referenztiteln gelegt wird. Hier und da überstrahlen helle Bereiche etwas und Gesichter wirken dann schon mal etwas schwammig (20’47).
Der Ton liegt in dts-HD-Master vor und konzentriert sich vornehmlich auf die Dialoge. Die Filmmusik erweitert den Raum allerdings ganz ansprechend. Dass der Sound auch effektvoll kann, beweist er anfänglich, wenn der Bienenschwarm durch Holmes Arbeitszimmer summsebrummt (9’46). Auch der Kampf gegen einen Hünen kommt mit Surroundsignalen – ebenso wie die aus der um Klassen besseren Serie mit Benedict Cumberbatch geklauten Prä-Visualisierungen.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial warten neben insgesamt 19! entfernten oder erweiterten Szenen, die den Film unnötigerweise auf gut zweieinhalb Stunden gebracht hätten, noch fünf Minuten an gelöschten Impro-Gags sowie drei Featurettes. Eines kümmert sich um die beiden Hauptdarsteller und ihren Spaß am Set. Das Zweite erweitert den Kreis des Casts um die anderen Darsteller und im Dritten bekommen wir noch mal eine Zusammenfassung von Mrs. Hudsons Männern.
Fazit
Sir Arthur Conan Doyle würde sich im Grabe rumdrehen, wenn er diesen humoristischen Dünnpfiff sehen müsste. Vielleicht geht es ihm da ähnlich wie Kurt Cobain, nachdem er im Grunge-Himmel die Coverversion … ähm -vergewaltigung seines Smells Like Teen Spirit durch Miley Cyrus mitanhören musste. Apropos „anhören“. Wenn man im Film denkt, es ginge nicht mehr schlimmer, fangen die beiden Detektive auch noch zu singen an – Etan Cohen, echt jetzt??
Für den Zuschauer über 12 ist Holmes & Watson eine Beleidigung des mitteleuropäischen Humorverständnisses, gegen den Johnny English zum hochintellektuellen Arthaus-Kino wird.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 20%
Anbieter: Sony Pictures Entertainment Deutschland
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Etan Cohen
Darsteller: Will Ferrell, John C. Reilly, Ralph Fiennes, Hugh Laurie, Rebecca Hall
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 90
Codec: AVC
FSK: 12
(Copyright der Cover und Szenenbilder: © 2018 Columbia Pictures Industries, Inc. and Mimran Schur Pictures, LLC. All Rights Reserved.)
Wer gibt denn für so ein Schund Geld aus ? Finger weg von diesen Film.