Blu-ray Review
OT: Homeland
Alte Rechnungen und neue Gegner
Jahr Fünf von Homeland stattet Berlin enen Besuch ab.
Inhalt
Zwei Jahre sind vergangen, seitdem sich Carrie dafür entschieden hat, dem CIA den Rücken zu kehren und sich mitsamt Kind außerhalb der USA niederzulassen. Geführt hat es sie nach Berlin, wo sie mit ihrem Freund Jonas Hollander lebt. Der arbeitet, genau wie sie selbst, für Otto Düring, einen wohlhabenden Menschenfreund, dessen Düring-Stiftung sich um Spendengelder kümmert, um der leidenden Zivilbevölkerung im Nahen Osten zu helfen. Carrie soll als dessen Sicherheitsberaterin dafür sorgen, dass dessen Spendenreise in ein Flüchtlingslager im Libanon so glatt wie möglich läuft. Carrie jedoch weiß um die vor Ort aktiven islamischen Aktivisten und Terroristen und lässt widerwillig alte Kontakte spielen, um das in ihren Augen lebensmüde Unternehmen abzusichern. Unterdessen greift ein Hacker Dokumente ab, aus denen hervorgeht, dass der deutsche Geheimdienst seine eigenen Landesprotokolle umgeht und den CIA für sich spionieren lässt. Diese Zusammenarbeit steht auf wackeligen Füßen und auch Saul kann nicht verhindern, dass sich die Deutschen aus dem Abkommen zurückziehen, nachdem bekannt wird, dass es ein Sicherheitsleck gab. Saul, der entgegen seines Vorhabens nicht Direktor des CIA geworden ist, versucht zu retten, was zu retten ist und muss gleichzeitig dafür sorgen, dass sein verlängerter Arm in den Krisengebieten der Welt nicht für interne Probleme sorgt. Denn Quinn ist durch die Ereignisse der letzten Jahre zum desillusionierten Zyniker geworden, der schon mal empfiehlt, eine ganze Region „plattzumachen“, da man die Alternative (200.000 US-Soldaten zur Absicherung von medizinischen und edukativen Einrichtungen) ohnehin nicht bewilligen würde. Deshalb ist er zunächst auch nicht verwundert, als der nächste Name auf seiner to-kill-Liste kein Unbekannter ist. Währenddessen kann Carrie ihrem Arbeitgeber Düring gerade so das Leben retten, als ein Attentäter auf der Presseerklärung im Flüchtlingscamp auftaucht. Doch galt der Anschlag wirklich ihm? Und kann Carrie die Drahtzieher hinter der Aktion ausmachen, während CIA-intern offenbar einige Leute falsch spielen? Um Antworten auf die vielen Fragen zu bekommen, muss sie erneut Saul kontaktieren. Doch der vertraut ihr nicht mal mehr auf zehn Meter Entfernung – bis er selbst in Verdacht und somit in die Enge gerät …
Endete die vierte Staffel von Homeland schon überraschend intim und ruhig, wo sie zunächst mit einem Paukenschlag begann, verlagert sich das Geschehen in der fünften Season noch mehr auf politische Verwicklungen und dialoglastige Sequenzen. Zum übergeordneten Serieninhalt „Terror“ gesellen sich aktuelle Themen wie Spionage, Zusammenarbeit der Geheimdienste und Pressefreiheit hinzu. Dabei arbeitet die Serie mehr denn je mit gegenseitigen Vorurteilen West gegen Ost, bzw. Glaube vs. Glaube. Carrie wird bspw. in der ersten Folge direkt mal angelastet, dass sie in allen islamisch gläubigen Menschen Terroristen sieht. Im Falle Carries mag das nicht zutreffen, doch die Frage richtet sich grundsätzlich ans Publikum. Apropos Publikum: Schön für den Deutschen (und speziell für den Berliner) Zuschauer sind natürlich die zahlreichen Schauplätze, an denen gedreht wurde. Konzerthaus, Hauptbahnhof, das verfallende Olympiadorf von 1936, gute Restaurants, belebte Plätze – für Kenner der Gegend wird’s eine Freude sein, hier zuzuschauen. Zumindest, wenn man darüber hinwegsehen kann, dass der Tenor nicht gerade deutschfreundlich gerät, was die Tatsache angeht, dass man den BND als zahnlosen Tiger erscheinen lässt. „Was ist nur mit diesen Deutschen los?“ fragt Allison Carr, die Chefin vom CIA Berlin, Saul in einem Moment und schert damit gleich das ganze Volk über einen Kamm. Natürlich haben wir es bei der Gruppe rund um Saul mit wenig moderaten Vertretern der CIA zu tun, doch die Tatsache, dass gerade dieser kurz zuvor Carrie vorwirft, sie arbeite mit einem zusammen, dessen Familie im Zweiten Weltkrieg für Leid unter den Juden verantwortlich war, zeigt, dass er kaum verstanden hat, warum es in Deutschland entsprechend weitgehende Gesetze gibt. Zumal Homeland hier in der Darstellung unzureichend recherchiert ist, denn der BND hat keine Exekutivbefugnisse und kann „im Vorbeigehen“ auch nicht einfach eine Journalistin mit amerikanischem Pass in Gewahrsam nehmen. Aber von diesen kleinen etwas ärgerlichen Details abgesehen, die amerikanischen Serien, bzw. deren Drehbuchschreibern durchaus passieren können, muss man sich einzig durch die etwas zähflüssige erste Episode kämpfen, um wirklich gut unterhalten zu werden. Denn die sich aufbauende Spannung vor, während und nach der Ansprache Dürings vor der Presse und den Leitern des Flüchtlingscamps gehört zu den intensiveren Szenen der mittlerweile seit fünf Jahren erfolgreichen Serie. Zudem wirft schon die zweite Folge extrem dynamische Fragen auf, die dafür sorgen, dass man sich fragt, wer hier gegen wen und warum spielt. Die Tatsache, dass fast in jeder Folge neue Figuren auftauchen, sorgt allerdings nicht gerade für Übersichtlichkeit.
Man sollte schon „dranbleiben“ beim Schauen der Serie und nicht allzu viel Zeit zwischen den einzelnen Folgen vergehen lassen – zudem sich die fünfte Staffel von Homeland vielleicht ein paar Schauplätze zu viel vornimmt: Carrie und ihr Drang, die Zusammenhänge zu erkennen. Carrie, die versucht, für ihre Tochter da zu sein. Carrie, die ihrem Freund Jonas entsprechen möchte. Carrie, die für Peter Quinn da sein will – und das ist nur eine Figur im Spiel der Serie. Weitere drei Hauptfiguren finden sich in zahlreichen Dynamiken wieder, spielen mal in die eine und mal in die andere Richtung, täuschen an, wechseln die Fronten und erscheinen öfter auf der intriganten oder lügnerischen, denn auf der aufrichtigen Seite. Die Rolle der Ex-CIA-Agentin Carrie wurde, um all diesen Dynamiken zu entsprechen, um eine Harmonie-Facette bereichert, die man ihr allerdings nicht ganz abnimmt. Die liebevolle Mutter und (zunächst) scheinbar unkomplizierte Frau in einer Partnerschaft mit einem Europäer mag nicht ganz zur taffen Ex-Geheimdienstlerin passen. Kein Wunder, dass sie nach dem Anschlagsversuch im Flüchtlingscamp erst einmal beschließt, nicht nach Berlin zurückzukehren und in alte Verhaltensmuster zurückfällt – zu sehr ist ihr vertrauter Investigativ-Geist geweckt. Abgesehen von der Hauptdarstellerin hat man sich inhaltlich an akuten Geschehnissen orientiert: Während sich die vorhergehende Staffel von Homeland vornehmlich das schwierige Verhältnis zwischen den USA und Pakistan vorknöpfte, flechtet Season 5 die mehr als aktuelle Syrien-Problematik in Verbindung mit dem Terror des IS sowie der anschwellenden Zahl der Flüchtlinge ein – und das vor dem Hintergrund, dass gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem die Serie in Deutschland gedreht wurde, die Zahl der hierzulande ankommenden Flüchtenden deutlich anstieg. Im Übrigen entstand Staffel fünf tatsächlich komplett in Berlin und den Babelsberger Studios – auch das, was Libanon und Umgebung sein soll. Damit wurde erstmalig eine komplette Season einer US-Serie in Deutschland gedreht. Die Vermischung mit deutschen und deutschsprachigen Schauspielern ist dabei nicht immer gelungen. Ist Sebastian Koch in der Person des Düring eine echte Bereicherung für die Staffel – zumal er offen und deutlich US-Kritik üben darf, ist Alexander Fehling als Jonas auf eine unnötig passive Rolle reduziert. Dafür kann der gut agierende Darsteller nichts, weil es schlicht das Drehbuch ist, das ihm hier die Suppe versalzt. Ebenfalls ärgerlich (siehe Tonbewertung) ist die Tatsache, dass die im Originalton deutsch belassenen Dialoge mit nicht ausblendbaren englischen Untertiteln versehen sind. All diejenigen, die Homeland seinerzeit wegen der Geschichte zwischen Brody und Carrie interessant fanden und den Wechsel nach dessen Tod nicht vollzogen haben, werden auch mit der fünften Staffel ihre Schwierigkeiten haben. Dabei zeigt die Serie doch, wie wandelbar und dynamisch sie geworden ist und sich aktuellen Geschehnissen anpassen kann. Vielleicht sollte man die Show deshalb lieber wie eine Variante von 24 sehen – mit deutlich höherem Agentenanteil und globaleren Auswirkungen, sowie tatsächlichen gesellschaftspolitischen Grundlagen.
Bild- und Tonqualität
asHomeland gehört von jeher zu den bildtechnisch besten TV-Serien und hatte dieses Niveau in der letzten Staffel noch einmal etwas gesteigert. Staffel fünf hält dieses Level mühelos. Das Bild ist absolut sauber und frei von Rauschen. Selbst wenn der Kontrastumfang noch ein bisschen höher sein könnte, gelingen Farben natürlich und Schwarz wirkt durchaus kräftig. Die Detailtiefe ist selbst in Innenraumszenen noch gut und nur wenige Halbtotale leiden ab und an unter leichten Unschärfen. Beim Ton von Homeland zunächst der Hinweis auf ein ärgerliches Detail: Im Original wurden die Gespräche unter Deutschen in deutscher Sprache belassen und für das englischsprachige Publikum untertitelt. Diese Untertitel lassen sich in der deutschen Synchro nicht ausblenden, obwohl es für uns deutschsprachige ja nichts gäbe, das man untertiteln müsste. Hier hätte man lediglich beim Mastering ein paar Häkchen an anderer Stelle machen müssen, um dies deaktivieren zu können. Ansonsten ist auch der Sound für eine Serie nach wie vor sehr gut. Dialoge kommen klar und ohne Verzerrungen aus dem Center, die stimmungsvoll-atmosphärische Filmmusik beschäftigt oft sämtliche Lautsprecher und wenn dann mal Actionszenen das Geschehen bestimmen, wird’s auch räumlich und effektvoll. Sicherlich könnte das hier und da noch etwas ausgeprägter und wuchtiger sein, aber über die gesamte Laufzeit von zehneinhalb Stunden
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Homeland findet sich auch in Season 5 komplett auf der dritten Disk. Dieses Mal beschränkt es sich auf zwei Featurettes. Zum einen ist da das elfminütige „Evolution of Carrie“, das schildert, wie sich die Hauptfigur über die Jahre entwickelt hat – von den aus 9/11 motivierten Anfängen über ihre bipolare Störung bis hin zur Beziehung zu Saul, Brody und Quinn. „Homeland in Berlin: Beyond the Wall“ beschäftigt sich knapp zehn Minuten lang mit dem für eine US-Serie ungewöhnlichen Drehort Berlin und den Grund, warum Season 5 unbedingt dort hat stattfinden müssen. Beide Featurettes sind recht interessant, allerdings fällt der Bonusinhalt im Gegensatz zur vorherigen Staffel etwas mager aus.
Fazit
Homeland – Season 5 orientiert sich noch mehr als die vorherige Season in Richtung 24 und schlägt ein paar Haken zu viel, um stets locker folgen zu können. Die grundsätzliche Thematik im Hintergrund ist allerdings hoch aktuell und äußerst spannend. Der Schauplatz Berlin hält überdies zahlreiche bekannte Orte bereit und sorgt nicht nur bei Bewohnern der Hauptstadt für Déjà-vus. Dass das Finale sehr individuell auf Carries Figur zugeschnitten ist, ist nur konsequent und zeigt, dass nach wie vor Potenzial in der Serie steckt.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Serie: 75%
Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2015/’16
Regie: Diverse
Darsteller: Claire Danes, Mandy Patinkin, Rupert Friend, F. Murray Abraham, Nina Hoss, Alexander Fehling, Sebastian Koch, Miranda Otto, Sarah Sokolovic
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 630
Codec: AVC
FSK: 16