Homeland – Die komplette Season 6

Blu-ray Review

Homeland - die komplette sechste Staffel Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, 09.11.2017

OT: Homeland

 


Doppeltes Spiel

Zurück in den Staaten – Season 6 von Homeland macht den Feind im Inneren aus.

Inhalt

Carrie konnte es nicht übers Herz bringen und hat Peter Quinn nicht das Licht ausgepustet. Immerhin ist der daraufhin tatsächlich aus dem Koma erwacht und befindet sich nun in Rehabilitation. Weil Carrie ihm gegenüber Schuldgefühle hat, besucht sie in tagtäglich, was ihrem Freund allerdings mehr schadet als hilft. Währenddessen hat Elizabeth Keane die US-Präsidentschaftswahlen für sich entschieden, ihr Amt aber noch nicht angetreten. Dennoch wird sie schon mal von Saul und Dar Adal in den wichtigen Dingen bezüglich des IS und der Terrorabwehr unterrichtet. Was den beiden Führungsmännern des CIA gar nicht gefällt: Keane hat kein gesteigertes Interesse an militärischen Operationen im Nahen Osten – sicherlich auch, weil ihr eigener Sohn bei einem Einsatz im Irak zu Tode kam. Carrie hat damit zunächst nichts zu tun. Sie arbeitet für eine Stiftung, die sich um die juristische Vertretung von Muslimen in der Stadt kümmert. Otto Düring ist das ein Dorn im Auge, sähe er Carrie doch lieber auf größeren Baustellen. Als sie mit dem Fall des jungen Sekou Bah betraut wird, weiß sie nicht, was sie damit lostritt. Denn Bah wird bald zum Spielball viel höherer Mächte. Und zwar jenen aus dem Inneren. Denn die CIA unter Adals Führung versucht mit allen Mitteln, die designierte Präsidentin auf einen iranfeindlichen Kurs zu bringen – koste es, was es wolle …

Ungewöhnlich lange musste man auf die sechste Staffel von Homeland warten, die erst im Sommer in Deutschland ausgestrahlt wurde. Doch manchmal ist Geduld eben eine Tugend und man kann sich umso mehr freuen. Season 6 kehrt zurück in die USA und nimmt sich den Schauplatz New York – ein gerade in terroristischer Hinsicht brisanter Hintergrund für aktuelle Entwicklungen innerhalb der Politik und Terrorabwehr. Das Tempo ist zunächst bewusst niedrig und nimmt sich Zeit, um bekannte und neue Figuren entsprechend vorzustellen, auf Veränderungen einzugehen. Für den Zuschauer ist es natürlich erst einmal erfreulich, dass Quinn doch noch mit von der Partie ist, war er doch über die letzten Staffeln zum Liebling der Fans geworden. Umso schwerer ist es, ihn in seinem desolaten Zustand beobachten zu müssen. Für Rupert Friend natürlich eine Möglichkeit, ganz neue schauspielerische Nuancen zu zeigen. Und wenn es soweit gehen muss, dass ihn der akute Verfolgungswahn zu irrationalen Handlungen (und damit einer der spannendsten Folgen) zwingt. Claire Danes indes wird mehr und mehr reduziert auf zwei Verhaltensweisen: verzweifeltes Weinen und egoistisches Handeln. Mehr noch als in den letzten Staffeln von Homeland schon löst ihr Verhalten in Season 6 immer wieder extreme Konsequenzen aus, an denen andere sterben, zugrunde gehen oder mindestens in Gefahr geraten, Job und Karriere zu verlieren. Wie ein Bulldozer der Gerechtigkeit rennt sie mit dem Kopf durch die Wand, verursacht Chaos, legt noch mal den Nachbrenner an und verursacht noch mehr Chaos. Wie man als Drehbuchschreiber ernsthaft auf die Idee kommen kann, dass Carrie ihre Tochter mit dem unzurechnungsfähigen Quinn alleine lässt, das muss einem erst mal erklärt werden. Und damit ist nicht nur die Gefahr gemeint, dass dieser immer wieder mit epileptischen Anfällen zu tun hat und einer Aufsichtspflicht nicht im Ansatz nachkommen kann.

Wo Carrie auftaucht, wächst hinterher das sprichwörtliche Gras nicht mehr. In Episode acht ist sie am Boden zerstört und hört in ihrem Kopf nur diesen einen Satz: „Untauglich als Mutter“. Als Zuschauer kann man aufgrund ihrer Verhaltensweise nicht umhin, dieser Hypothese mit einem: „Ja, stimmt“ beizupflichten. Und so muss sie in den Gesprächen, die sie mit einem Psychiater zu führen hat, durchaus selbst feststellen, dass sie die Prioritäten nicht korrekt gesetzt hat.
Da Carrie dieses Mal zudem zwischen den Stühlen unterschiedlicher Interessengruppen sitzt, ist es vor allem die sich im Hintergrund entfaltende Story aus internen Machtspielen, Verrat und Spionage, die für Spannung sorgt. Carrie wirkt hier bisweilen während der ersten fünf, sechs Folgen wie ein Fremdkörper. Mehr Beachtung schenkte man da ihrem ehemaligen Vertrauensmann Saul Berensen, der überdies zunächst die einzige Auslandsreise antreten darf. Wechselten die bisherigen Staffeln häufig zwischen Szenen im Nahen Osten und jenen der westlichen Welt, konzentriert man sich in Homeland – Season 6 deutlich auf Amerika.
Und dort passiert genug. Wenn schon FBI und CIA gegeneinander spielen und eine designierte US-Präsidentin vom Geheimdienst an der Nase herumgeführt wird, dann ist klar, dass es den Machern in der aktuellen Staffel mehr als sonst schon um das Gefüge innerhalb der politischen Strukturen der USA ging. Außerdem nimmt man ganz offen und deutlich Bezug auf die Nutzung von #fakenews, womit der aktuelle echte Präsident der USA sein Fett auf ziemlich offene Art und Weise abkriegt. Wenn in so genannten Boiler Rooms Angestellte damit beschäftigt sind, hunderte von Fakeprofilen in sozialen Netzwerken zu erstellen und gezielt für alternative Fakten zu sorgen, ist das vielleicht etwas überspitzt, vielleicht aber auch nicht.
Spätestens ab Episode neun intensivieren sich aber Geschichte, Atmosphäre und Spannung. Sämtliche Einzelstorys werden nach und nach miteinander verknüpft und die emotionale Einbindung des Zuschauers intensiviert sich. So entwickelt man bald ziemlich (nachvollziehbare) Aggressionen gegen den Initiator des ganzen Spiels und hofft auf seine baldige Entlarvung.

Bild- und Tonqualität

Wie schon die Vorgänger-Staffel, so liefert auch Homeland – Season 6 ein blitzsauberes Bild mit absolut hoher Laufruhe. Selbst in dunklen Szenen, bspw. in einer Bar, sieht man kein Körnchen Unruhe oder gar Banding-Effekte. Schwarz ist absolut satt und dennoch hervorragend durchgezeichnet. Der Kontrastumfang ist beständig hoch und liefert bestechende Übergänge zwischen Carries hellblonden Haaren und ihrer dunklen Kleidung. Die Schärfe ist ebenso hervorragend und lässt in Close-ups wirklich jede Einzelheit erkennen. Randunschärfen sind hier auch kein Thema.
Der Ton von Homeland ist ebenso auf die Dialoge fokussiert, wie die Staffel praktisch fast ohne große Action-Highlights auskommt. New York allerdings lebt stets atmosphärisch auf, sobald es vor die Türe geht. Wird geschossen, werden die Effektlautsprecher mit einbezogen, wobei es hier durchaus noch etwas direktionaler und druckvoller zugehen dürfte. Die Explosion des Lieferwagens hat da schon ein wenig mehr Kraft. Allerdings bleibt’s bei diesen kurzen Höhepunkten. Wirklich viel passiert nicht in der aktuellen Staffel, sodass die Konzentration tatsächlich meist auf die Front bezogen bleibt.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Homeland findet sich auch in Season 6 komplett auf der dritten Disk. Drei Featurettes spendierte man. In „Am Originalschauplatz: New York City“ gibt’s zwei Minuten Einblicke in ein paar Szenen, die vor Ort gedreht wurden. Dazu noch Statements der Darsteller. „Hintergründe zur Season 6“ läuft ebenfalls nur drei Minuten und nutzt diese Zeit, um neben dem Schauplatz New York noch einmal ein paar Facts über die Story zu liefern. „Fragen und Antworten auf dem Paleyfest NY 2016“ letztlich zeigt die drei Hauptdarsteller und zwei der Showrunner auf dem wichtigen Festival für TV-Serien in einem entspannten und informativen Gespräch mit dem Moderator. Die Laufzeit beträgt hier gut 55 Minuten und man bekommt tatsächlich auch mal Einblicke in die Motivationen und Reflexionen, wenn reale Ereignisse die fiktionalen einholen. So ereigneten sich die Anschläge in Paris während einer Actionszene, die für Season 5 in Berlin gedreht wurde. Und die Tatsache, dass man darüber nachdachte, wie sich die muslimischen Darsteller fühlen, welche die Terroristen spiel(t)en, führte dazu, die Show in die Staaten zurück zu holen und einen stärkeren Blick darauf zu werfen, welche Rolle die USA in der ganzen Terror- und Weltpolitik spielen. Weil dieses Gespräch so interessant ist (es fand während der Dreharbeiten zur sechsten Staffel statt), verzeiht man auch den geringen Informationsgehalt der zwei anderen Kurzfeaturettes.

Fazit

Homeland – Season 6 reduziert im Vergleich zu den vorhergehenden Seasons vor allem die Anzahl der Schauplätze und bleibt bis auf eine kurze Ausnahme in den USA. Das bisher akute Thema Terrorismus rückt drastisch in den Hintergrund und wird von einer spannenden Story um politische Machtspielchen abgelöst. Die lässt sich zwar ein bisschen Zeit, schließt jedoch mit drei äußerst spannenden Episoden und herausragendem Schauspiel von Rupert Friend. Da sieht man auch gerne darüber hinweg, dass Carries Rolle mittlerweile auch  mal an den Nerven zerrt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 85%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 50%
Serie: 75%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Diverse
Darsteller: Claire Danes, Mandy Patinkin, Rupert Friend, F. Murray Abraham, Sebastian Koch
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 630
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Homeland – Staffel 6

Homeland Season 6 (2017) | Official Trailer | Claire Danes & Mandy Patinkin SHOWTIME Series

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