Hostile

Blu-ray Review

Hostile Blu-ray Review Cover
Splendid Entertainment, 27.04.2018

OT: Hostile

 


Öffne deine Augen

Achtung, Achtung: Bitte diesen Regisseur in Zukunft im Auge behalten!

Inhalt

Die Welt ist eine staubige Einöde geworden und nur noch wenige Menschen haben die Apokalypse überlebt. Nur um der nächsten Gefahr ausgesetzt zu sein – den marodierenden Mutanten-Kreaturen, die die Kontrolle übernommen haben. Juliette gehört zu denen, die ihr Dasein retten konnten und seitdem mit ihrem Geländewagen durch die Wüste fährt, um zu plündern, was sie kriegen kann. Eine kurze Ablenkung am Steuer lässt sie jedoch von der Fahrbahn abkommen und verunfallen. Kurz darauf erwacht sie im Fahrzeug. Allerdings ist ihr Bein gebrochen und sie hängt mit genau diesem kopfüber im Lenkrad fest. Ihre einzige Waffe hat es noch dazu aus dem Fahrzeug geschleudert. Selbst als sie sich befreien kann, ist an Flucht nicht zu denken, denn sobald die Nacht eintritt, tauchen die Kreaturen auf …

Moment mal … Hatte ich die Blu-ray von Mad Max: Fury Road nicht gestern noch in der Hand und sie dann ordnungsgemäß in ihrer Hülle und im Regal verstaut? Warum liegt sie dann jetzt wieder im Player … Oh, Halt. Da ist ja eine Frau unter dem Gesichtstuch verborgen – Tom Hardy fehlt.
So ähnlich könnte es wohl jedem ergehen, wenn er sich die ersten Szenen und Minuten von Hostile anschaut. Denn der Film aus französischer Produktion ist nicht nur weitgehend in der Wüste Marokkos gedreht, sondern atmet die staubige Endzeit-Atmosphäre des Blockbusters von George Miller zu Beginn auf eindrucksvolle Weise. Davon, dass sich hier nach und nach ein Horrorthriller seinen Weg bahnt, merkt man zunächst nichts.
Was aber rein gar nichts macht, denn das Setting ist extrem stimmungsvoll und packend. Filmemacher Mathieu Turi hat sich seine Sporen als assistierender Regisseur von Tarantino (Inglourious Basterds) oder Besson (Lucy) verdient und dabei wirklich gut zugeschaut.
Eine Idee davon, wie begabt er nun in seinem Langfilmdebüt zu Werke geht, bekommt man schon während der tollen Aufnahmen aus der direkten Vogelperspektive, die eindrucksvoll vermitteln, wie leer und trostlos die Welt geworden zu sein scheint. Auch die Sequenz, in der Juliette das Wohnmobil eines alten verletzten Mannes von (noch nicht sichtbaren) Unwesen befreit, funktioniert wunderbar.

Mit dem Schauplatzwechsel ins Innere des verunglückten Jeeps nimmt Hostile dann einen etwas anderen Ton an und integriert Elemente eines Dramas. Wir erfahren in Rückblicken von Juliettes früherem Leben und sehen, wie sie zwischen Drogengeschichten und neuem Freund aus anderer Gesellschaftsschicht pendelt – ein haltloses Leben, in dem sie (zunächst) scheinbar nur bedingt besser dran war als nach der Apokalypse.
Über Letztere erfahren wir übrigens erst nach weit über einer Stunde etwas, denn die Rückblicke tasten sich nur langsam vorwärts. Man könnte dem Film vorwerfen, hier das Tempo immer wieder etwas zu verschleppen, aber spätestens nach dem Finale weiß man, dass man Turi damit Unrecht tun würde.
Dass der Grund für den Weltuntergang erst spät offenbart wird, macht auch deshalb nichts, weil das gegenwärtige Szenario dermaßen spannend ist, dass es einem schon mal kalt den Rücken runterläuft. Wenn Hostile das erste Mal eine der Kreaturen auf Juliette hetzt, wird dies durch gruseligste Geräusche unterstützt. Turi filmt den Mutanten nur bis zu den Knien. Noch darf man also nur erahnen, wie die Dinger aussehen und hat dennoch schon die Hosen gestrichen voll. Vollkommen zurecht, wie man erfahren wird. Denn die einzige echte blutige Szene zeigt durchaus beeindruckend, dass praktische Masken immer noch am besten funktionieren. Die wendete man übrigens auch für den Mutanten an. Dargestellt vom am Marfan-Syndrom leidenden Herren namens Javier Botet (der schon die Kreatur in Mama spielte sowie einen Xenormophen in Alien: Covenant oder demnächst den Slender Man im gleichnamigen Film), brauchte man nur noch einen schaurigen Ganzkörper-Anzug und fertig war der gruselige Mutant. Der erinnert zwar etwas an die Höhlenwesen aus The Descent, aber das ist ja eine durchaus positive Assoziation.
Brittany Ashworth (The Crucifixion) gibt derweil eine absolut überzeugende Verletzte, die mit einer Mischung aus Furcht und versuchter Kontrolle über die Situation atemlos im Fahrzeug sitzt und um alles in der Welt vermeiden will, ihren Revolver abzufeuern, um nicht noch mehr von den Mutanten anzulocken. Bis zum Schluss sitzt man deshalb gebannt vor dem Geschehen und wird mit einem Ende konfrontiert, das zwar nicht ganz überraschend kommt, in seiner dargestellten Intensität aber dennoch atemlos zurücklässt.

Bild- und Tonqualität

Ein erdiges und wunderbar analog-körniges Bild empfängt den Zuschauer von Hostile. Unmissverständlich macht der Film auch optisch klar, dass er sich ein bisschen an die typischen Endzeit-Apokalypse-Thriller anhängen möchte. Krass gefilterte Farben stellen den Kontrast zwischen brauner Schotterpiste und cyan-blauem Himmel dar. Die Schärfe ist durchweg gut, wird auch vom Korn nicht beeinträchtigt. Die Szenen, die in der „heilen“ Welt spielen, sind etwas kühler gefiltert, passen deshalb aber gut zu eben jenen Momenten.
Beim Sound fällt vor allem eins auf: Ein ziemlicher Nachhall. Die Cover-Version von House of the Rising Sun scheppert ziemlich hallig durchs Heimkino und klingt nach großer, leerer Fabrikhalle. Die Stimmung im Film macht’s besser. Der Wind, der über die sandige Landschaft fegt, wird recht räumlich auf die Lautsprecher verteilt und wenn Druck benötigt wird, kommt er. So wie nach knapp sechs Minuten, wenn aus dem oberen Stockwerk Schritte druckvoll per Subwoofer in den Saal transportiert werden. Auch das Gequietsche und Gegrunze der Wesen kommt ziemlich schaurig rüber und nutzt sämtliche Lautsprecher rundherum.
Erstaunlich vehement und wirklich herausragend gelungen ist der Autounfall Juliettes, der das Heimkino mal eben auf links krempelt (12’15). Und wenn sie dort von den Mutanten belagert wird, entpuppt sich der Sound von Hostile als einer der innovativst vertonten, dynamischsten und effektvollsten der letzten Zeit. Schon alleine das Rennen und Trampeln der Wesen rund um das Auto sorgt für eine Gänsehaut. Man kann die Schritte absolut präzise orten.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Hostile gibt’s eine entfernte Szene sowie vier Featurettes. In „Dressing & Make-up“ bekommen wir Einblicke in die Arbeit an den Fleischwunden sowie an der Prothese für den Mutanten. „Hostile Land“ entführt uns nach Marokko, wo weite Teile des Films entstanden. „The Man Behind the Beast“ zeigt ein paar Eindrücke von Javier Botet am Set. Der extrem knochige Typ, der unter einer Genmutation leidet, vermittelt ziemlich beeindruckend, dass es nicht nur um sein außergewöhnliches Äußeres geht, das seine Film-Kreaturen so überzeugend wirken lässt. „A Journey into Hostile Land“ ist dann am Schluss ein 45-minütiges Making-of, das noch mal sehr intensiv auf die komplette Produktion eingeht.

Fazit

Hostile schafft es, selbst den (fast) alles gewohnten Zuschauer noch zu überraschen und verbindet unfassbar spannende Szenen mit intensivem Schauspiel, einer schlüssigen Story und einem Ende, das ebenso erschreckend wie bewegend ist – ein kleines Meisterwerk im Genre.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 80%
Film: 90%

Anbieter: Splendid Entertainment
Land/Jahr: Frankreich 2017
Regie: Mathieu Turi
Darsteller: Brittany Ashworth, Grégory Fitoussi, Javier Botet, Jay Benedict, David Gasman, Carl Garrison
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 83
Codec: AVC
FSK: 18 (uncut)

Trailer zu Hostile

Hostile - Trailer Deutsch HD - Ab 27.04.2018 im Handel!

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