Hotel Transsilvanien 2 3D – Neue Monster, neue Probleme

Blu-ray Review

Hotel Transsilvanien 2 3D Blu-ray Review Cover
Sony Pictures, seit 25.02.2016

OT: Hotel Transylvania 2

 


Vampir oder nicht Vampir?

Das jedenfalls ist die Frage, die sich Graf Dracula im zweiten Teil von Hotel Transsilvanien stellt.

Inhalt

Im Hotel Transsilvanien stehen Änderungen ins Haus. Nicht nur dass Johnny und Mavis sich vermählt haben, ist Graf Dracula hocherfreut darüber, dass seine Tochter von ihrem Johnny Nachwuchs erwartet. Noch erfreuter ist der Hausherr, als ein waschechter neugeborener Junge vor ihm steht – die Blutlinie scheint somit gerettet. Was ihm allerdings Sorgen bereitet: Der kleine Zögling hat viel von seinem Vater … sehr viel … zu viel, um genau zu sein, denn selbst mit vier Jahren sind dem Kleinen noch keine Fangzähne gewachsen und fliegen kann er auch noch nicht. Da Mavis darüber nachdenkt, den Wohnsitz in Menschengebiet zu verlagern, um ihrem Sohn damit ein passenders Zuhause zu geben, heckt Großpapa Dracula einen Plan aus. Während Tochter und Schwiegersohn sich die Umgebung der Menschen anschauen, passt der Opa auf den Nachwuchs auf und ordnet ein mehrtägiges Vampircamp für junge Nachwuchsblutsauger an. An dessen Ende muss der Kleine dann doch soweit sein, sich in eine Fledermaus zu verwandeln. Immerhin ist er bald fünf Jahre alt und jeder Vampir weiß, dass selbst Spätfangzahner mit Abschluss dieses Lebensjahres zu echten Vampiren werden sollten …

Hotel Transsilvanien hat 2012 eine ganze Menge Animationsfans überrascht. Nicht viele hatten den Monsterspaß auf der Rechnung und mussten sich nach dem Genuss eingestehen, dass etwaige Vorurteile, der Film könne zu albern werden, eben nicht mehr waren als genau das: Vorurteile. Denn was der von Robert Smigel geschriebene und Genndy Tartakovsky inszenierte Streifen an Gagfeuerwerk schon während der ersten zehn Minuten abfeuerte, reichte manchen Konkurrenten für komplette 90 Minuten. Dazu kamen jede Menge im Animationsgenre unverbrauchter und dennoch klassischer Gruselfiguren, die man schon lange mal in einem entsprechenden Werk persifliert sehen wollte. Dennoch beging der Film nicht den Fehler, seine Figuren der Lächerlichkeit preiszugeben, sondern griff ihre skurrilen Eigenschaften mit augenzwinkerndem Humor auf. Nun, drei Jahre später, folgt mit Hotel Transsilvanien 2 die Fortsetzung. Adam Sandler, der im ersten Teil „nur“ Graf Dracula sprechen durfte, war von dem Stoff so begeistert, dass er nun auch am Drehbuch mitschrieb und koproduzierte. Erneut gelingen dem Skript dabei einige große (Schleichfahrt auf dem Roller) und viele nette kleine Gags, die man oftmals erst beim zweiten Hinschauen sieht und sich dann umso mehr darüber amüsieren kann. Natürlich kennt man die Hauptfiguren nun schon, weshalb die großen Überraschungen des ersten Teils ausbleiben. Ohnehin verschiebt Hotel Transsilvanien 2 den Fokus etwas – weg vom permanenten Gagfeuerwerk hin zu einer eher traditionellen Familiengeschichte: Fragen der Erziehung, Übernehmen von Verantwortung, Akzeptanz des Wesens Anderer – das sind Themen, die universell sind und anschaulich vermittelt werden. Gut, es sind auch keine besonders neuen Themen aber Tartakovsky ist routiniert genug, diese charmant umzusetzen. Zumal er zahlreiche Referenzen an Realfilm-Vorbilder wie Bram Stokers Dracula integriert. Johnnys Verkleidung für den Maskenball verulkt beispielsweise ganz offensichtlich Gary Oldmans Frisur – und zwar als „Pavianpopo“. Großartig auch die Realfilmszenen aus Mel Brooks‘ (spricht im Original den Urgroßvater) Frankenstein Junior, die im Dracula-Remix-Video laufen. Dies sowie die witzigen Running Gags (Apportierzwang Waynes oder Draculas hinderlich-lange Fingernägel beim Handy-Tippen) trösten auch über das etwas geringere Komik-Tempo in Hotel Transsilvanien 2 hinweg. Im Finale holt der Film dann das bis zu diesem Zeitpunkt verpasste wieder nach und integriert sensationelle Kampfszenen. Ein grandioser Besetzungscoup ist dem deutschen Verleih mit Dieter Hallervorden gelungen, der Urgroßvater Vlad eingesprochen hat. Wenn er mit seiner typisch brüchigen Stimme preisgibt, dass Dracula als Kind in den Sarg gepinkelt hat, dann muss man selbst an sich halten. Erneut großartig ist auch Rick Kavanian als Dracula während die anderen Stimmen nicht durchweg gelungen sind (Palina Rojinski klingt als Mavis wenig emotional und wirkt wie Andreas Bourani als Johnny nur aufgrund der akuten Bekanntheit besetzt).

Bild- und Tonqualität

Hotel Transsilvanien liefert ein in allen Belangen perfektes Bild. Die äußerst knalligen Farben – es scheint wirklich jede einzelne Grund- und Mischfarbe genutzt worden zu sein – kommen dermaßen plastisch rüber, dass es kracht. Dabei überstrahlt selbst bei den komplizierten Rotverläufen nichts und Blobbis grün ist so saftig, dass man sich an Wackelpudding mit Waldmeistergeschmack erinnert fühlt. Schwarzwerte sind herausragend knackig und lassen Draculas Umhang äußerst plastisch erscheinen. Selbstredend ist auch die Schärfe perfekt und zeigt jedes einzelne Haar an Waynes Fell. Auch wenn Johnnys Mutter ihrem Göttergatten über den Pullunder streicht, sieht man jedes feine Detail, das die Animatoren in diese leichte Berührung und Bewegung auf dem Kleidungsstück hineingezeichnet haben (46’44). Natürlich steht die Bildruhe dem nicht nach und zeigt sich frei von jeder Körnung oder Artefaktneigung in Bewegungen.
Akustisch ist die Fortsetzung von Hotel Transsilvanien noch ein kleines bisschen besser als der fast zeitgleich erschienene Alles steht Kopf.
Großartige Surroundsounds während die Gruppe auf dem wackeligen Turm dem kleinen Enkel das Fliegen beibringen will (49’00) und richtig Druck beim Zusammenbrechen des  (50’36). Ein wahres Feuerwerk an direktionalen Effekten fackelt Hotel Transsilvanien 2 spätestens dann ab, wenn die Truppe Blobbi aufbläst und mit wahnsinniger Geschwindigkeit durch die Nacht zum Hotel zurückfliegt. Und was während des Showdowns gegen die Fledermaus-Sippe von Urgroßvater Vlad an Dynamik eingesetzt wird, sucht aktuell seinesgleichen. Die Bass-Sweeps während der eingestreuten Zeitlupen-Kampfszenen reichen jedenfalls locker aus, um die Nachbarschaft in kollektive Alarmbereitschaft zu versetzen.

3D-Effekt

Was erst vor einigen Tagen für Alles steht Kopf galt, das kann auch von Hotel Transsilvanien 2 behauptet werden: Die dreidimensionale Darstellung des animierten Streifens ist wunderbar gelungen. Tolle Tiefenstaffelungen mit mehreren Ebenen (an Mavis Bett 8’38, Empfangshalle 13’13) sorgen für einen absolut greifbaren 3D-Effekt und die Herkunft aus dem Rechner vermeidet naturgemäß jede Problematik eines Realfilms (vor allem jener, die „nur“ 3D-konvertiert wurden). So gibt es zu keiner Zeit Ghostingeffekte, Doppelbilder oder Randverletzungen. Selbst wenn Figuren mal extrem im Vordergrund stehen (10’20), stellt sich kein Schieleffekt ein. Klasse gelungen ist beispielsweise auch das „in den Raum stellen“ der Brille des „Unsichtbaren Mannes“ – man hat fast das Gefühl, man könnte sie ihm wegnehmen und sie einfach aus dem Fernseher/der Leinwand herausgreifen. Wenn die Figuren/Handlung im Vordergrund spielt und der Hintergrund aus Mauerwerk oder Bäumen besteht, wird dieser schon mal auf Zweidimensionalität reduziert, was jedoch kein Makel ist, sondern die Konzentration aufs Wesentliche fördert. Exzessive Pop-Out-Effekte bleiben in Hotel Transsilvanien 2 meist aus. Wenn Enkelchen den Turm hinabstürzt gibt’s dann aber doch mal Anlass für „Aus-dem-Bild-Heraustret-Effekte“, die recht gut gelungen sind. Lediglich in den ganz schnellen Actionszenen wird es fürs Auge ein wenig zu hastig und man kommt nicht mehr ganz hinterher (ab 56’00).

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial der 2-Disk-Blu-ray von Hotel Transsilvanien 2 umfasst hauptsächlich interaktive Featurettes und weniger Making-ofs. So kann man Monster Karaoke singen oder die schaurigen und lustigen Geräusche des Films machen. Außerdem gibt’s eine kommentierte Anleitung, wie man seine Lieblingsfiguren malen kann und einige entfallene Szenen. Für die älteren Zuschauer empfehlen sich die beiden (untertitelten) Audiokommentare: Der von Regisseur Tartakovsky ist ein wenig technisch und spröde geraten. Umso entspannter ist das Pendant, in dem Adam Sandler, Mit-Autor Robert Smigel und Mit-Produzent Allen Covert zusammentreffen. Die Drei haben viel zu lachen und Sandler gibt zu Protokoll, dass Mel Brooks der Grund für ihn war, komische Filme machen zu wollen.

Fazit

Hotel Transsilvanien 2 erreicht zwar nicht die hohe Gagdichte des Vorgängers und das Mitwirken von Adam Sandler am Drehbuch sorgt für ein paar flache Witze, doch dafür ist die Familien- und Toleranzgeschichte universell und für die kleinen Zuschauer ebenso verständlich wie sie für die Erwachsenen Vorbildfunktion haben sollte. Technisch gesehen ist die Blu-ray über jeden Zweifel erhaben und liefert ein sensationell plastisches Bild und einen höchst effekt- und druckvollen Ton.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 100%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 50%
Film: 70%
3D-Effekt: 90%

Anbieter: Sony Pictures
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Genndy Tartakovsky
Sprecher: Rick Kavanian, Andreas Bourani, Palina Rojinski, Vicco Clarén, Hans-Eckart Eckhardt, Dieter Hallervorden
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 89
Codec: AVC
Real 3D: Ja
FSK: 6