House Harker – Vampirjäger wider Willen

Blu-ray Review

Harker-BD-2D
OFDB / Koch Media, 26.04.2018

OT: I Had a Bloody Good Time at House Harker


Go Devils!

Entfesselte Horror-Satire mit hervorragend aufgelegten Darstellern und blutigem Finale.

Inhalt

Charlie und Gerry heißen Harker mit Nachnamen. Genau DIE Harkers. Also Nachkommen jenes Jonathan, der seinerzeit mit einem gewissen Professor Van Helsing einem noch gewisseren Graf Dracula den Garaus gemacht hatte. Doch der berühmte Ahn hat den beiden Brüdern nicht gerade Glück gebracht. Aktuell sitzen sie in einer Bruchbude, für die sie Zuschüsse zur Renovierung erhalten haben. Dumm, dass sie gar nicht daran denken, defekte Sicherungskästen und lose Balkongeländer in Schuss zu bringen, sondern die Kohle lieber in eine Laien-Bühnenstück investiert haben, mit dem sie Zuschauer locken und Geld verdienen möchten. Noch dümmer allerdings, dass plötzlich zwei Leichen im Haus liegen, die man irgendwie entsorgen muss. Doch aus der Not wächst die Idee: Mit zweierlei Handwerksgerät präpariert man die Toten und inszeniert einen Vampirangriff. Und wer wüsste besser Bescheid, ob es sich um einen echten Vampirangriff handelt als die Harkers? Die stellen sich als Retter desjenigen dar, der diesem Vampir auch zum Opfer hätte fallen können und nutzen die Gunst der Stunde. Denn nun können sie ihre Theater-Show mit der entsprechenden Publicity auf den Weg bringen. Wäre da nicht der echte Vampir, der plötzlich auf der Bildfläche erscheint …

Nicht mehr ganz frisch vom 2016er Fantasy Filmfest erhält dieser Fun-Horror nun seine Blu-ray-Premiere in Deutschland. House Harker – Vampirjäger wider Willen ist, so viel sei vorweg gesagt, ein echter Brüller!
Von Fans für Fans, von Horrorfreunden für Horrorfreunde – das ist hier nicht nur eine Floskel, sondern Programm. Mit einem irrwitzigen Tempo schlagen schon die ersten sieben Minuten bis zur Titelsequenz an. Wenn in schnellen Schnitten zwischen inszeniertem Laien-Stück und atmosphärischem Profi-Wunschfilm hin- und hergeblendet wird, ist das schon treffsicher und spaßig. Vor allem, wenn Gerry seinen Bruder Charlie mal wieder zu stark am Seil hochzieht und der daraufhin wie ein Schluck Wasser in der Kurve in seinem Hüfthalter hängt. Auch der Besuch der Bezierksbeamtin gerät zum rasant-geschnittenen Schlagabtausch und zeigt, dass sämtliche Darsteller bis in die kleinsten Nebenrollen einen Heidenspaß an diesem übersteigerten Treiben hatten – ganz egal, ob sie talentiert sind oder nicht.
Erstaunlicherweise funktioniert sogar der Wortwitz und liefert immer wieder überraschende Gags, die nur selten ins hochalberne abdriften. Bisweilen geht es derart Schlag auf Schlag, dass man sich fragt, wo die Drehbuchautoren (von denen drei auch die Hauptdarsteller geben und der vierte die Regie übernahm) die ganzen Ideen hergenommen haben. Klar, manchmal geht’s schon arg chaotisch bis anarchisch zu. Aber gerade solche Filme wie House Harker braucht das Horror-Genre, um sich zwischendurch zu erden und nicht allzu ernst zu nehmen.

Und selbst wenn es dann so zwischen Minute 15 und Minute 30 mal etwas länger dauert, bis der Spaß wieder an vorderster Stelle steht, so ist spätestens mit der zweiten Leiche im Hause Harker wieder Schenkelklopfen angesagt. Nicht nur die Idee, die ihrem älteren Nachbarn kommt, ist großartig, auch wenn das Quartett mit Akkuschrauber zu Werke geht und dabei eine Blutdusche genießt, bleibt kein Auge trocken – vor allem nicht die von Charlie, Gerry und Ned.
Es bleibt nicht mal beim Vampir-Subgenre. Auch der Exorzismus-Film bekommt sein Fett, bzw. seine Erbsensuppe weg und so ein bisschen Blade-Persiflage gibt’s obendrauf.
Darstellerisch gab’s oben ja schon den Hinweis, dass sich alle richtig ins Zeug legen. Dennoch ragen zwei der Akteure noch heraus. Zum einen ist da Derek Haugen als Ned, dessen Holzfiguren-Arbeiten großartig sind und dessen ignorantes Verhalten dem Sheriff gegenüber wirklich Spaß macht und der erstaunlich variantenreiche Mimik an den Tag legt. Ganz und gar nicht variabel sind dagegen die Gesichtszüge von Noell Carroll als Charlie – aber das mit voller Absicht und mit einer unglaublichen Selbstdisziplin. Wie er hier mit praktisch einem einzigen Gesichtsausdruck durch House Harker wandelt, sorgt jedes Mal für ein Schmunzeln, wenn der hornbebrillte und bemützte, vermeintlich ach so harmlose Harker-Bruder auf der Bildfläche erscheint.
Übrigens: Wenn es nach etwas über 50 Minuten auch entsprechend derb-blutig wird, können sogar die Masken überzeugen. Einen ebenso überraschenden wie ziemlich innovativ sitzenden Vorgeschmack dafür gibt’s in dem Moment, wenn der Obervampir der Dame vom Amt einen schwungvollen Schlag auf den Hinterkopf verpasst (53’45). Doch das bleibt nicht das einzige großartige Detail in einem ziemlich sensationellen Showdown, der bei aller Improvisation in seinen besten Momenten sogar schon mal an Jacksons Braindead erinnert.

Bild- und Tonqualität

House Harker ist relativ glatt produziert und weich gefiltert. Schärfe und echte Auflösung sucht man oft vergeblich. Fokussierte Objekte und Figuren sind nur selten wirklich knackig, wie beispielsweise bei den TV-Szenen nach etwas über 40 Minuten oder bei Naheinstellungen von Nachbar Walter. In dunklen Szenen gibt es ab und an krasses Farbrauschen und digitale Artefakte. Der Kontrastumfang ist eher mittelmäßig und zeigt bisweilen zu helle, an anderer Stelle im Dunkeln versumpfende Bildanteile.
Beim Sound muss man mit der hiesigen Tonspur leider etwas in die Kritik gehen. Während die Originalfassung verhältnismäßig homogen rüberkommt, sind die Stimmen der deutschen Version zu leise – besonders dann, wenn der meist rockige Soundtrack ansetzt und alles andere übertrumpft. Besonders krass kommen die Jump-Scare-Sounds und die dämonischen Geräusche aus den Speakern – zu laut und zu sehr in den Vordergrund gemischt, aber immerhin effektvoll (17’15).

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von House Harker gibt’s neben einem Trailer ein paar Einblicke und Interviewschnipsel vom Besuch der Macher auf dem Fantasy Filmfest 2016.

Fazit

Im Original heißt House Harker I Had a Bloody Good Time at House Harker – und die „bloody good time“ kann man auch beim Genuss dieser teilweise entfesselten Horror-Komödie haben. Absolutes Pflichtprogramm für Genrefans.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 55%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 30%
Film: 75%

Anbieter: OFDB Filmworks / Koch Media
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Clayton Cogswell
Darsteller: Derek Haugen, Jacob Givens, Noel Carroll, Whitney Moore, Arlan Godthaab, Nathan Lorch
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 83
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu House Harker

https://www.youtube.com/watch?v=N66CEuusa54&feature=youtu.be

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