Imperium

Blu-ray Review

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Ascot Elite, 09.12.2016

OT: Imperium

 


1488 Nate

Packender Thriller über einen Undercover-Agenten unter Neonazis.

Inhalt

Das FBI-Team von Nate Foster konzentriert sich aktuell auf das Dingfestmachen von islamischen Terroristen. Als bei einem Autounfall radioaktives Material verschwindet, ist man deshalb schnell dabei mit der Mutmaßung, es könnte einen neuen Anschlag muslimischer Extremer geben. Das jedoch sieht Kollegin Angela Zampino anders. Die Ermittlerin recherchiert seit Jahren im Neonazi-Milieu und vermutet, dass von dort ein neuer Terrorakt geplant wird. Nachdem sie Nate bei einem sensiblen Verhör mit einem Anhänger der Islamisten gesehen hat, weiß sie, dass der (noch) schüchterne Typ perfekt ist, um als Undercover-Agent in die Neonazi-Szene eingeschleust zu werden. Dessen Chef sieht das zwar anders, doch Nate will endlich etwas bewirken. Also schert er sich die Haare, streift sich ein „White-Power“-Shirt und eine Bomberjacke über und lernt seinen Text. Sein technischer Sachverstand und der antrainierte militärische Background beeindrucken die Radikalen der Zelle, zu der er Kontakt findet, sodass man ihm nach und nach vertraut. Mit der Zeit kommt er dem Ziel, dem großen Strippenzieher der Gruppe zu begegnen, immer näher. Doch Nates zielstrebiges und selbstsicheres Verhalten macht ihm nicht nur Freunde unter den Skinheads. Gerade die tumben Mitläufer bleiben misstrauisch. Und je länger sein Undercover-Job dauert, desto gefährlicher wird es für ihn …

Netter Magierlehrling? Pah, hat sich was mit Schwiermutters Lieblings-Zauberstab-Schwinger. Daniel Radcliffe nimmt (wie einst Elijah Wood in Hooligans und Edward Norton in American History X) Abschied vom Image des harmlosen guten Jungen und stürzt sich mit Wucht in ein politisch aufgeladenes Drama. Imperium beruht insofern auf wahren Begebenheiten, als dass er die Arbeit von Michael German schildert (dem der Film auch gewidmet ist). German arbeitete jahrelang für das FBI undercover in der rechtsradikalen Szene und schrieb am Drehbuch für den Film mit. Sicherlich mit ein Grund dafür, warum die porträtierten Gruppen so authentisch wiedergegeben werden. Vor allem die untereinander immer wieder aufkommenden Rangeleien und Rivalenkämpfe zeugen von gutem Wissen. Auch in Sachen Symbolik und Sprache hat Imperium seine Hausaufgaben gemacht. Hoch anrechnen muss man ihm, dass er sich darum bemüht, auch den ausgewiesenen Feindbildern differenzierte Eigenschaften zu verleihen. Regie-Debütant Ragussis geht also nicht den schlichten und einfachen Weg, über simple Dämonifizierungen zu arbeiten. Die Sorgen und Ängste einiger der Skinheads und rechten Aktivisten sind durchaus nachvollziehbar und die teilweise strategische Vorgehensweise erschreckt. Da kann man beinahe von „Glück“ sprechen, dass die einzelnen Gruppen sich untereinander nicht grün sind und weit davon entfernt sind, im Schulterschluss für die im Film angesprochene Revolution zu sorgen. Leider krankt der Film inhaltlich hier etwas, denn mit der Beschreibung von strenggenommen vier oder sogar fünf unterschiedlichen Gruppen, bzw. Solokämpfern bekommt man zwar einen ausgiebigen Überblick, weiß aber nicht so richtig, auf welche sich der Imperium denn nun fokussieren will.

Von der inhaltlich-politischen Ebene abgesehen ist Imperium durchaus auch filmisch spannend. Vor allem dann, wenn Nate aufzufliegen droht, hält man schon mal den Atem an. Dies auch deshalb, weil Daniel Radcliffe wohl die bisher beeindruckendste Leistung seiner Karriere abgibt (vor allem im Originalton, der deutlich prägnanter rüberkommt). Ihm mögen die Springerstiefel in der Praxis etwas zu groß sein, die intellektuelle Herausforderung der Rolle meistert er mit Bravur. Tatsächlich ist er vor allem dann richtig gut, wenn er den halbintelligenten White-Power-Aktivisten erklärt, dass sie sich idiotisch verhalten. Das Selbstbewusstsein, dass er an den Tag legt, wenn er ihnen mehr Struktur beibringt, steht ihm gut – ganz unabhängig von geschorenem Schädel und hochtaillierten Jeans. Den besten Moment hat Imperium, wenn Nate sich mit Ingenieur Gerry (ebenfalls hervorragend: Sam Trammell) im Garten über dessen bevorstehende Pläne berät. In dem Moment ist klar, dass die größte Gefahr von denen ausgeht, denen man es nicht ansieht. Dass der Film weitgehend ohne jede Action auskommen muss und vornehmlich von menschlichen Dynamiken lebt, ist dabei eher ein Gewinn – selbst wenn es hier und da mal etwas temporeicher sein dürfte und das Finale arg konstruiert wirkt.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Imperium bleibt in Sachen Kontrast deutlich hinter den Möglichkeiten zurück und kann auch in Sachen Schärfe und Auflösung nicht punkten (9’34). Ein leichtes Filmkorn gesellt sich auf uniformen Hintergründen hinzu und Farben bleiben relativ flach. Die leichte Braunfärbung in den Innenräumen ist Stilmittel, übertreibt es aber ab und an (13’05). Sogar Doppelkonturen sind hin und wieder sichtbar, was heutzutage nicht mehr sein muss.
Akustisch bleibt Imperium zunächst sehr auf die Front bezogen. Wenn Nate sich Infos über das radioaktive Material einholt, wird’s jedoch schlagartig räumlich und auch der Subwoofer darf eingreifen (ab 14’10). Die Stimmen klingen bisweilen etwas dünn, wobei die Originalspur ohnehin die bessere Wahl ist, weil die aggressive Intonierung der Dialoge hier viel besser rüberkommt. Zumal die Übersetzung in Sachen Ausdrucksweise manchmal deutlich abgeschwächt erscheint. Richtig effektvoll oder dynamisch wird der Film aber auch in der zweiten Hälfte nicht. Ab und an übernimmt die Filmmusik mal das Zepter, klingt aber auch ein wenig schepprig.

Bonusmaterial

Okay, in den Interviews des Bonusmaterials von Imperium ist Daniel Radcliffe dann doch wieder der nette Junge von Nebenan, dem man niemals zutrauen würde, dass er an einer kranken Taube auf der Straße vorbeifahren würde, ohne sie zum Tierarzt zu bringen. Zu seinen Aussagen zum Film gesellen sich noch ein paar Impressionen vom Zürich Film Festival.

Fazit

Wer als Fan von Harry Potter gerne vermeiden möchte, Daniel Radcliffe mit kahlgeschorenem Kopf, White-Power-Shirt und Hitlergruß zu sehen, der sollte um Imperium einen großen Bogen machen. All jenen, die bisher genau deshalb Vorurteile gegenüber dem Engländer hatten, können sich durch seine Leistung in diesem Polit- und Gesellschafts-Drama-Thriller eines Besseren belehren lassen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 20%
Film: 70%

Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Daniel Ragussis
Darsteller: Daniel Radcliffe, Toni Collette, Sam Trammell, Tracy Letts, Burn Gorman, Nestor Carbonell
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 109
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Imperium

Imperium (2016 Movie – Daniel Radcliffe, Toni Collette) - Official Trailer

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