Blu-ray Review
OT: Infección
Die Natur findet ihren Weg …
Venezolanischer Virus-Thriller mit viel Herzblut.
Inhalt
… der etwas müde, aber überzeugt gesprochene Satz von Dr. Adam Vargas, der hier als Überschrift dient, will echte Hoffnung erwecken. Hoffnung in einer Zeit, in der Venezuela von einer Epidemie heimgesucht wird. Ausgehend von einer Drogenhöhle nahm ein Tollwutvirus seinen Lauf und verändert die Menschen vor ihrem Tod in rasende Bestien. Während die Stadt bereits verloren scheint und das Militär sich zurückgezogen hat, kommt das Virus auch langsam in der Bergregion an, in der Adam mit seinem Sohn lebt. Als der dort praktizierende Doktor mitbekommt, dass mit den Menschen etwas nicht stimmt, fürchtet er um das Leben seines Filius. Denn den hatte er kurz zuvor zu den Großeltern in den Kurzurlaub geschickt. Nun, da Adam weiß, dass ein Virus sein tödliches Unwesen treibt, will er nur noch zu ihm und ihn aus der Stadt holen. Doch der Weg dorthin ist gesäumt vom Chaos und rasenden Infizierten …
28 Days later – nur viel dreckiger. So oder so ähnlich könnte man Infection beschreiben. Es beginnt so schmuddelig, dass man sich an die berühmte Toilette aus Trainspotting erinnert fühlt, wenn sich zwei Junkies irgendein Zeug in die Venen spritzen, was kurze Zeit später für den Ausbruch der Seuche sorgen wird. Der venezolanische Film beginnt durchaus spannend und weckt die Hoffnung auf einen packenden Endzeitfilm. In Zeiten von Covid-19 haben Virus-und Epidemie-Filme ohnehin Hochkonjunktur– selbst wenn dieser schon vor dem Ausbruch von Corona produziert worden. Dass Filmverleihe und Anbieter Stimmungen nutzen möchten, um entsprechende Filme zu platzieren, ist natürlich verständlich und thematisch passt es für die einen ziemlich gut, während die anderen das Thema Virus- oder sonstwie Epidemie nicht mehr hören können. Im Falle von Infection wurde die Produktion dann auch nicht von der Corona-, sondern von der Zika-Virus-Realität eingeholt. Und von der venezolanischen Regierung. Denn die fand gar nicht witzig, dass der Film das Landesmilitär als unsensible Versager darstellt und die Realität eines durch den Chavismus (die Auswirkungen von zwei Jahrzehnten Hugo Chávez als Präsident des Landes) runtergewirtschafteten Landes, das zudem unter einer Hyperinflation leidet und eine Armutsquote von über 90% hat, darstellt. Konsequenterweise verbot die venezolanische Regierung den Film im eigenen Land.
Im Gewand eines dystopischen Horrorthrillers darf sich der Rest der Welt aber als Klientel sehen und ihn durch die späte Veröffentlichung (fertig war der Film bereits 2018) auch als Widerspiegelung der Corona-Tatsachen interpretieren. Zombiefilme reflektieren ohnehin stets eine entsprechende gesellschaftliche Situation. Und es ist schon ein bisschen beängstigend, wenn in den ersten 15 Minuten des Films der Weg der Epidemie nachgezeichnet wird. Ausgehend vom Patienten X stecken sich nach und nach die Menschen an, weil sie nichts von dem ahnen, was auf sie zukommt und munter in der Weltgeschichte umher reisen. Auch wenn die Krankheit in Infection einen zügigen und grundsätzlich ultimativen Verlauf nimmt, kann man sich in etwa vorstellen, wie die Geschichte mit Covid-19 ihren Lauf nahm.
Natürlich sind wir hier aber mitten in einem Film und in einem Film eskaliert die Situation natürlich viel schneller. Das Chaos auf den Straßen verwandelt sich bald in offenen Bürgerkrieg zwischen tollwütigen Menschen und Ordnungskräften sowie den ahnungslosen und wehrlosen Bürgern dazwischen. Hier sind es auch nicht Hamsterkäufe von Toilettenpapier – es wird einfach sofort geplündert.
Infection schildert seine Geschichte dabei zunächst auf zwei Ebenen. Zum einen zeigt er uns das ausbrechende Chaos in den großen Städten, nutzt dafür Fernsehschnipsel von Ärzte-Aussagen oder YouTube-Videos, in denen das Chaos zu sehen ist. Zum anderen schildert er in etwas ruhigeren Bildern, wie die Tollwut auch die Berggegend erreicht, in der Adam als Arzt seinen Dienst verrichtet. In Rückblicken erfahren wir außerdem, dass er und sein Sohn einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen mussten. Inszenatorisch merkt man Infection hier und da etwas an, dass er mit widrigen Produktionsumständen zu kämpfen hatte. Venezuela ist nicht gerade ein Land, in dem es für ein unabhängiges Filmteam jederzeit möglich ist, ohne Gefahr an Ort und Stelle zu drehen. Entsprechend fanden die meisten der Außenszenen in entlegenen Gegenden statt, um möglichst wenig auf andere Menschen zu treffen. Gleichzeitig sorgte Polizeischutz für eine halbwegs vorhandene Sicherheit von Team und Darstellern.
Da das Land aber viele authentisch runtergekommene Gegenden zu bieten hat, ist es auch nicht so schlimm, wenn man hier und da nur drei Darsteller auf irgendwelchen verlassenen Geländen laufen sieht. Erstaunlich gut funktionieren zudem die Angriffe der Tollwütigen. Da es sich hier nicht um Zombies im romero’schen Sinne handelt, dürfen sie freilich auch ihre Beine in die Hand nehmen und mit potenziellen Opfern um die Wette rennen. Das Gerät durchaus rasant, da die Kamera in solchen Situationen nahe bei den entsprechenden Schauspielern ist. Nicht alle von ihnen können indes überzeugen, so manche Akteure agieren ein wenig hölzern. Gerade jene Darsteller, die das Militär porträtieren, sind eher etwas unbeholfen. Ebenfalls ein bisschen unglaubwürdig ist die Lösung, warum das Tollwut-Virus mutiert ist. Dass die Wissenschaftlerin auf diese vermeintlich doch recht leichte Erklärung (ob sie realistisch ist oder nicht sei mal dahingestellt) nicht selbst gekommen ist, ist dann schon etwas fragwürdig. Das Ende gerät zudem ziemlich hopplahopp und abrupt. Doch das macht der Film mit teils atmosphärischen und spannenden Momenten wieder wett. Beispielsweise, wenn Adam und die Gruppe, zu der er stößt, in einem verlassenen und runtergekommenen Hotel auf Tollwütige in den Gängen und Zimmern treffen. Das ist wirklich stimmungsvoll gefilmt und die Location zeigt, dass man aus der Not, abgelegene Drehorte zu finden, einfach eine Tugend gemacht hat. Die Bilder von Leichenbergen, die desinfiziert und verbrannt werden, bleiben ebenfalls im Gedächtnis und Infection spart auch nicht mit bitteren Szenen. Wie in The Walking Dead wird auch hier nicht jeder überleben, den man ins Herz geschlossen hatte. Und auch Adam wird im Laufe des Films Dinge tun, die ihn verändern werden und die er wahrlich nicht wollte.
Bild- und Tonqualität
Infection wurde sichtbar digital gefilmt. Der Bildstand ist sehr ruhig, Körnung oder Unruhen sind kein Thema. Auch die Auflösung weiß zu gefallen, was man gut an der sich von der Stadt entfernenden Kamera nach etwas über fünf Minuten erkennen kann. Selbst eine Strukturen an Fenstern und auf Dächern kommen gut zur Geltung. Ein wenig Banding setzt es dann allerdings bei 6’12 in den Wolken. Außerdem könnten die dunklen Szenen etwas besser durchzeichnet sein. Gerade Schattenbereiche auf Gesichtern in den Innenraumszenen versumpfen etwas. Eine dezente Filterung sorgt außerdem für einen ab und an etwas soften Eindruck auf Gesichtern. Die Farben gelingen ganz ordentlich, haben aber einen leicht gelblichen Einschlag. Zum Filmthema passt das ganz gut, wirken die Gesichter doch durch die Bank etwas kränklich.
Dafür, dass Infection mit geringem Budget gedreht wurde, hat man ihm eine sehr räumliche Akustik verpasst, die mit toller Räumlichkeit punkten kann. Nicht nur fächert sich der Score immer wieder räumlich auf, sondern werden auch die fauchenden Angriffe der Infizierten äußerst effektvoll rübergebracht. Dazu gibt es hervorragend ortbare Stereo-Effekte wie bspw. das Klopfen an der Haustür bei 15’08. Klar und deutlich kommen zudem die Stimmen aus dem Centerkanal. Wenngleich die Synchro nicht in allen Positionen hochklassig besetzt ist. Wie gut der Ton umgesetzt wurde, kann man auch nach etwa 27 Minuten hören, wenn ein laufender Jeep-Motor glaubwürdig von den vorderen auf die hinteren Speaker weitergegeben wird, während die Kamera an ihm vorbeizieht. Später fallende Schüsse aus automatischen Waffen feuern ihre Projektile dann ebenfalls sehr effektvoll ab und wenn ganze Gruppen Infizierter angreifen, wird es sogar mal richtig dynamisch.
Bonusmaterial
Mit Ausnahme von Filmtipps gibt es hier nichts zu entdecken.
Fazit
Infection sieht man sein geringes Budget zwar etwas an, aber unter den gegebenen Produktionsumständen hat Regisseur Pedota eine ganze Menge aus dem Setting rausgeholt. Die Angriffe der Infizierten liefern Terror, die Hintergrundgeschichte ist trotz gängiger Genre-Gewohnheiten, emotional nachvollziehbar und es bleiben tatsächlich einige Szenen haften. Das ist in Summe mehr als die schwächeren Genrevertreter zu bieten haben – zumal erstaunlich ist, wie gut man die Actionmomente inszeniert hat.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 5%
Film: 60%
Anbieter: Busch Media Group
Land/Jahr: Venezuela/Mexiko, 2017
Regie: Flavio Pedota
Darsteller: Rubén Guevara, Leonidas Urbina, Genna Chanelle Hayes, Magdiel González, Luca de Lima, Ronnie Nordenflycht, Joel Rivero
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, sp
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 97
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Busch Media Group)
*Affiliate-Links sind mit * gekennzeichnet. Für Einkäufe über diese Affiliate-Links erhalten wir eine Provision. Für den Käufer entstehen keine Mehrkosten. Infos zum Datenschutz findet ihr hier.
Trailer zu Infection
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.