Netflix Review
OT: Isn’t It Romantic
Caught in a Romance
Direkt vom US-Kino ins internationale Streaming: Rebel Wilson lebt ein Leben wie in einer Tiefgarage.
Inhalt
„Die Welt ist kein Pretty-Woman-Film!“ – das jedenfalls bläut Natalies Mutter ihrer kleinen Tochter mit Erfolg ein. 25 Jahre später lebt die mollige Australierin in New York, arbeitet als Architektin und hat weder Freund noch überhaupt irgendein Glück. Bei der Arbeit missbrauchen sie alle Kollegen zum Kaffee holen oder Donuts mitbringen und dass sich Kollege Josh seit Ewigkeiten anflirtet, merkt sie nicht einmal. Schaut sie dann doch mal jemand in der U-Bahn an, dann nur, um ein Opfer für einen Handtaschenraub auszumachen. Als sie einem dieser Typen zeigt, was eine Harke ist und ihm ihren ganzen Frust zwischen die Beine tritt, knockt sie sich unglücklicherweise selbst aus. Als sie aufwacht, liegt sie in einem viel zu großen und feudalen Krankenhauszimmer und alles um sie herum ist freundlich, hell und wie im Film. Auch ihr Appartement hat sich verwandelt. Es ist plötzlich riesig, sie hat alle Schuhe, die man sich wünschen kann und es ist noch dazu aufgeräumt wie eine gut sortierte Edel-Boutique. Während sie sich darüber wundert, dass ganz New York wirkt als wäre es eine romantische Fantasie-Welt, reagieren genauso überraschend sämtliche Männer positiv auf Natalie – und damit ist nicht ihr plötzlich vorhandener schwuler bester Freund gemeint. Vor allem der etwas doofe, aber mit tollem Modelkörper ausgestattete Blake macht ihr den Hof. Während sie die Vorzüge dieser Welt nach der anfänglichen Verwunderung eine Weile genießt, stellt sie nach und nach fest, dass sie eine bestimmte Lektion lernen muss, um ihr altes Leben wieder zurück zu bekommen …
Na das ist doch mal was: Während Isn’t it Romantic in den USA am Wochenende vom 16./17. Februar in den Kinos anlief und dort hinter Alita: Battle Angel und Lego Movie 2 immerhin auf dem dritten Platz landete, bekommt der Rest der Welt die romantische Komödie gut zehn Tage später im Abo von Netflix nach Hause geliefert. Eigentlich 14 Tage zu spät – immerhin ist es ein waschechter Valentinstag-Film. Aber wir wollen uns nicht beschweren, denn gute Romanzen kann man ja eigentlich immer gucken. Und, oh Wunder: Isn’t it Romantic ist tatsächlich gut geworden. Die quietschbunte Komödie macht sich herzerfrischend lustig über Schönheitsideale, Geschlechter-Klischees und berühmte Vorbilder wie Pretty Woman oder 30 über Nacht. Natürlich muss man die Stereotypen erst einmal schaffen, bevor man sie ironisch brechen kann. Und welche Hauptdarstellerin wäre dafür besser geeignet als die aus den Pitch-Perfect-Filmen bekannte Australierin Rebel Wilson?
Sind Darstellerinnen mit molliger Figur ansonsten eher klischeehaft und (oft) bemühter Sidekick, darf sie hier in einer Hauptrolle zeigen, wie verkorkst unsere Schönheitsideale wirklich sind. Wie bescheuert die Stereotypen des schwulen Freundes, der kein eigenes Leben zu haben scheint und wie vorhersehbar die romantischen Filme sind. In einer grandiosen Szene zu Beginn erklärt sie ihrer Kollegin, warum sämtliche dieser Filme völlig unrealistisch sind – und damit ist nicht nur gemeint, dass die Frauen morgens bereits perfekt geschminkt aus dem Bett aufstehen. Die knapp dreiminütige Schimpftirade zeigt sie nicht nur als talentierte physische Komikerin, sondern auch von einer sehr natürlich-authentischen Seite.
Manchmal jedoch scheitert Isn’t it Romantic auch an seinem Drahtseilakt. Denn wer zeitgleich versucht, sich über das klischeehafte Bild von RomComs lustig zu machen, im selben Moment aber genau dessen Strukturen und Motive nutzt, der kann auch mal aus dem Tritt kommen. Und dass das Ende des Films ebenso vorhersehbar ist jenes der angeprangerten RomComs – das sollte einem von vornherein auch klar sein. So verlässt Regisseur Strauss-Schulson den Pfad der konträren Gegenüberstellung von Natalies ehemaligem und jetzigem Leben und erfüllt allzu gerne die Stereotypen, die sein Film eigentlich kritisieren wollte. Natürlich ist es aber immer noch witzig, wenn von überall Vanessa Carltons A Thousand Miles erklingt und sie einen Notruf absetzt, weil ihre Wohnung scheinbar von jemand Fremden in Perfektion versetzt wurde. Und wenn in der Mitte des Films plötzlich eine spontane Musicalnummer eingearbeitet wird, ist auch das als ironischer Kommentar zu verstehen. Ebenso wie die Tatsache, dass Sex in einer RomCom offenbar nicht stattfinden darf. Doch das Zuckersüße macht eben auch irgendwann mal pappsatt, weshalb ein bisschen mehr Bösartigkeit hier Wunder gewirkt hätte, um das Gag-Niveau beständig hoch zu halten. So wie beispielsweise die vom Rückwärtsgang-Piepsen eines LKWs übertönten Vier-Buchstaben-Wörter Natalies, was als bissiger Kommentar auf die PG13-Sprachzensur der MPAA verstanden werden darf.
Bild- und Tonqualität
Isn’t it Romantic liegt zwar nicht in 4K vor, sondern nur in Full HD, doch dafür glänzt der Stream mit einem lupenreinen, absolut körnungsfreien Bild. Sämtliche Oberflächen und Texturen bleiben rauschfrei und die Schärfe in Close-ups ist dermaßen knackig, dass man das Make-up von Wilson zweifelsfrei erkennen kann. Die Farben sind durchweg dem Thema entsprechend kräftig und bisweilen bonbonbunt. Ab und an übertreibt es der Film dabei etwas und auf knallroten Farben gibt’s dann das einzig sichtbare (Farb)Rauschen. Außerdem sieht man in aufblendenden Szenen des Öfteren mal Banding-Artefakte – ein Tribut an die mit knapp unter 5Mbps laufende Datenrate bei Netflix.
Beim Ton kommen beide Sprachen in Dolby Digital Plus. Die Konzentration liegt absolut auf dem Center. Echte Dynamik gibt’s praktisch überhaupt nicht. Selbst Filmmusik bleibt flach und ohne irgendeinen Druck. Lediglich räumlich wird es schon mal, wenn Vögel im Park zwitschern. Dialoge sind durchweg gut verständlich und kommen sauber aus dem Center.
Nur wer bitteschön kam auf die vollkommen debile Idee, Liam Hemsworth einen bayerischen Akzent zu verpassen, wenn er im Original einfach etwas gewählter spricht als in seiner ersten Szene? Das ist weder witzig, noch passend und den Verantwortlichen sollte man zu einer Woche Biermaß-Tragen auf dem Oktoberfest verdonnern!
Naja. Immerhin kann sich derjenige damit rühmen, dem Film so ziemlich jeden Dialogwitz geraubt zu haben, der im Original noch vorhanden war – das muss man auch erst mal schaffen.
Fazit
Isn’t it Romantic hat einige entlarvende Momente, strotzt vor Anspielungen auf die Klischee-RomComs der letzten 30 Jahre und punktet mit einer natürlichen Hauptdarstellerin. Für einen unterhaltsamen und familientauglichen Abend/Sonntagnachmittag ist also gesorgt. Der Filmkenner hätte sich allerdings mehr Konsequenz bei Umsetzung der kritischen Aspekte und schlicht mehr schwarzen Humor gewünscht.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Film: 60%
Anbieter: Netflix
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Todd Strauss-Schulson
Darsteller: Revel Wilson, Liam Hemsworth, Adam Devine, Betty Gilpin, Priyanka Chopra
Tonformate: Dolby Digital Plus: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 88
4K: Nein
Datenrate: 4.87 Mbps
FSK: 12
(Copyright der Cover und Szenenbilder: © 2017 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved)