Jacky – Im Königreich der Frauen

Blu-ray Review

Jacky - Im Koenigreich der Frauen Blu-ray Review Cover
Pandastorm Pictures, seit 26.06.2015

OT: Jacky au royaume des filles

 


Blasphemeri

Was, wenn in einem Staat nicht die Frauen, sondern die Männer die unterdrückten Geschlechter wären?

Inhalt

Einst lebten Männer und Frauen in gleichberechtigter Harmonie. Doch warum mussten die Herren der Schöpfung vor etwas über 2000 Jahren auch wieder so gierig sein und den Hals nicht voll kriegen? Prompt wurden sie dazu verdonnert Schleier zu tragen und nur noch Schleim zu essen. Die Frauen, die sich seinerzeit vornehm zurückhielten, herrschen über sämtliche Ministerien und über die Männer – versteht sich. Geführt von La générale und ihrer zukünftigen Nachfolgerin Colonelle Bübünne XVII., die ebenso streng wie in ihrer Authorität attraktiv ist. Das jedenfalls findet der junge Jacky, der heimlich in die Frau in Uniform verliebt ist. Gut, dass die heiligen Stuten (Pferde werden traditionell angebetet) aussprachen, dass nun die Zeit der Vermählung der Colonelle gekommen sei. Der große Bübünnerie-Ball soll vorbereitet werden, mithin das Fest, bei dem der Zukünftige der Herrscherin in spe auserkoren wird. Jacky wäre nicht verliebt, wenn er bei dem Gedanken nicht hyperventilieren würde. Doch dann kommt ihm eine Revolution dazwischen …

Unterdrückung mit umgekehrten Vorzeichen: Jacky – Im Königreich der Frauen ist unglaublich respektlos, politisch zu 100% inkorrekt und … ein großer Spaß. Natürlich, das sollte man im Hinterkopf haben, handelt es sich um eine französische Produktion und wer das französische Komödiengenre kennt, der weiß, dass unsere Nachbarn auch gerne mal über die Stränge schlagen. Völlig absurde Albernheiten und stetes zielen unter die Gürtellinie bleiben jedoch dankenswerterweise meist aus. Natürlich ist Jacky keine intellektuelle Arthouse-Komödie, doch ein bisschen Monty-Python-Wind (so schreibt’s der Anbieter aufs Cover) weht tatsächlich durch den Film – und das liegt nicht nur an den Schleier tragenden Männern und lustigen Reitszenen auf einem Pony, sondern vor allem an der gesellschaftskritischen Aussage im Subtext. Spiegelt man die Tatsachen autoritärer Glaubenssysteme und vertauscht die Rollen von Männern und Frauen, wird noch deutlicher, wie absurd solche Formen der Unterdrückung tatsächlich sind. Das große Verdienst von Jacky ist die Tatsache, dass er exakt diesen, soeben geschriebenen Satz provoziert und man in der Metaebene bemerkt, dass man gerade furchtbar sexistisch gedacht hat. Denn warum fällt einem das erst auf, wenn Männer unter der Unterdrückung zu leiden haben? Wenn Jacky also neben dem vordergründigen Humor dazu anregt, dass man sein eigenes Denken noch mal genau hinterfragt, dann hat er vermutlich mehr bewegt als man von einer Komödie ansonsten erwarten kann. Dass Jacky dabei nicht Schiffbruch erleidet, liegt auch an Regisseur Riad Sattouf. Der zwar in Frankreich geboren wurde, als Sohn eines Syrers aber zunächst in Algerien, Libyen und Syrien aufwuchs. Er weiß also, wovon er redet, bzw. inszeniert und entzieht sich damit eines allzu leicht gemachten Vorwurfs, dass er sich einfach nur über fremde Gepflogenheiten lustig macht.

Größtes Manko von Jacky ist, dass er dabei scheitert, eine Geschichte zu erzählen. Nicht nur schleicht sich dabei die eine oder andere Länge und Zähigkeit ein, sondern rutscht die Satire recht häufig in Revolutionsklischees ab – eben nur mit anderen Vorzeichen. Ein bisschen mehr treffsicherer Slapstick hätte hier gut getan – zumal es visuell durchaus interessante und wirksame Szenen gibt. Der Moment etwa, wenn weiß verschleierte Männer um die Gunst der Colonelle buhlen. Am besten ist der Film immer dann, wenn einem das Lachen im Halse stecken bleibt – so beispielsweise bei den diversen sexuellen Anzüglichkeiten oder Vergewaltigungsversuchen der Frauen an Jacky. Das ist nicht nur ziemlich derbe, sondern sorgt gleichzeitig für ein ziemlich unbequemes Gefühl in der Magengegend. Durchaus treffend besetzt ist übrigens der aktuell viel beschäftigte Vincent Lacoste in der Hauptrolle. Der macht nicht nur unter dem Schleier eine gute Figur, sondern ist so etwas wie der ruhende Pol inmitten all der hektischen und (manchmal) flachwitzigen Charaktere um ihn herum. Leider kann auch er nicht verhindern, dass Sattouf am Ende auch noch ein Plädoyer für die Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlicher Liebe integriert. Das wirkt irgendwie etwas unbeholfen und hastig drangepappt und wäre eher Anlass für einen anderen Film gewesen.

Bild- und Tonqualität

Das 1,85:1-Bild von Jacky – Im Königreich der Frauen hinterlässt einen ruhigen Eindruck und präsentiert die roten Gewänder der Herren kräftig. Der Kontrastumfang arbeitet Details in der Regel gut heraus und die Schärfe geht durchaus in Ordnung. Lediglich Jackys Gesicht wirkt hin und wieder etwas weich. Auf uniformen Hintergründen wie dem Himmel ist ein dezentes Rauschen erkennbar, das aber nicht extrem störend ins Gewicht fällt.
Da passiert in Jacky akustisch gut 17 Minuten lang überhaupt nichts außer gut verständlichen Dialogen und dann ballert eine Offizieren mal eben zwei Schüsse in die Luft, die vermutlich jeden Tiefschläfer aus dem Narkoseschlaf holen würden. Die dann demonstrierte Dynamik stünde auch einem Actionreißer gut zu Gesicht. Auch das Gewitter nach gut 41 Minuten ist ein Muster an Räumlichkeit und Knalleffekt.

Bonusmaterial

Bonusmaterial bietet die Blu-ray von Jacky nicht an – lediglich der Originaltrailer und ein paar Programmtips finden sich auf der Disk.

Fazit

Ein Plädoyer wider die Unterdrückung jeder Art – das ist der politische Subtext von Jacky – Im Königreich der Frauen, der vordergründig eine politisch inkorrekte und alberne Komödie mit dezenten Anleihen bei den Pythons ist.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 55%

Anbieter: Pandastorm Pictures
Land/Jahr: Frankreich 2014
Regie: Riad Sattouf
Darsteller: Vincent Lacoste, Charlotte Gainsbourg, Michel Hazanavicius, Didier Bourdon, Laure Marsac
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 90
Codec: AVC
FSK: 12

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