James Bond 007: Spectre

Blu-ray Review

James Bond 007 - Spectre Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, seit 03.03.2016

OT: Spectre

 


Ein alter Bruder

In Bond #24 gibt’s ein Wiedersehen mit vielen alten Bekannten.

Inhalt

Der Majestäts effektivster Agent James Bond hat in Mexiko-Stadt mit Mühe und Not einen Terroranschlag auf eine riesige Menschenmenge verhindern können. Da er aber ohne Befugnis gehandelt hat, wird er von Mallory erst einmal in den unbefristeten Urlaub geschickt – Tribut an die bevorstehende Fusion von MI5 und MI6. Der Grund für Bonds Aktion ist eine Videobotschaft, die M ihm geschickt hatte, bevor sie getötet wurde. Darin weist sie Bond an, einen gewissen Sciarra zu finden, zu töten und auf keinen Fall dessen Beerdigung zu verpassen. Der Tod des Herrn wurde in Mexiko abgehakt, weshalb 007 sich auf der Bestattung einfindet und von dessen Witwe wichtige Informationen erhält. Die führen ihn zu einem konspirativen Treffen distinguierter Herren in Rom – eine Gesellschaft, die offenbar auf einen gewissen Franz Oberhauser hört, der wiederum vorgibt, Bond schon lange zu kennen. Doch nicht nur Oberhauser steht Bond feindlich gegenüber. Auch dessen Scherge Mr. Hinx sucht den Tod des Agenten und der alte Bekannte Mr. White mischt ebenfalls mit. Ohne Unterstützung vom MI6, der seinerseits durch ein Programm der totalen Überwachung für Unmut bei alten Geheimdienstlern sorgt, muss James darauf hoffen, seinen Hals mit Hilfe von Bill Tanner, Q und Moneypenny aus der Schlinge zu ziehen und dabei idealerweise einem globalen Terrornetz das Handwerk zu legen …

Zum 24. Mal (nicht eingerechnet: Sag niemals nie!) steigt der beste Geheimdienstler seiner Majestät in den Ring. Zum vierten Mal ist es der smarte Daniel Craig, der dem Franchise mit Casino Royale vor zehn Jahren neuen Schwung gab und der mit dafür verantwortlich ist, dass das letzte Abenteuer Skyfall zum bisher erfolgreichsten Bond aller Zeiten avancierte. Nun kommt also der Nachfolger und Spectre vertraut erstmals seit den 80ern (dort John Glen) einem Regisseur zum zweiten Mal die Regie eines 007-Films an. Sam Mendes geht mit dem jüngsten Werk allerdings sicht- und fühlbar andere Wege. Das „quittierte“ das Publikum zwar mit einem geringeren Kinobesuch als beim Vorgänger, doch wer möchte sich schon über 870 Mio. Dollar Einspiel und das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten beschweren? Zunächst fängt Spectre sogar klassischer an als dessen drei Vorgänger. In diesen war die typische Pistolenschuss-Szene vom Anfang weiter nach hinten (oder sogar in den Abspann) gerutscht. Direkt danach liefert Mendes mit dem Fest zum „Tag der Toten“ in Mexiko einerseits eine der größten Massenszenen des 007-Universum, lässt die darauffolgende Actionsequenz aber eher etwas gemäßigt angehen. Trotz des etwas geringeren Einstiegstempos (verglichen beispielsweise mit der sensationellen Fuß-Verfolgung in Casino Royale) übt diese Eröffnung einen großen Reiz durch ihre langen Kamerafahrten und tollen -einstellungen aus. Wenn Craig auf dem Sims (ja, das war er selbst) in luftiger Höhe über den Köpfen der Verkleideten entlangmarschiert, dann sind das typische Bond-Momente, die im Gedächtnis bleiben. Und nicht, dass wir uns falsch verstehen: Bonds Kampf gegen Sciarra im Helikopter ist durchaus spektakulär. Er wirkt aber vor allem dadurch, dass unter dem Hubschrauber tausende Statisten in Panik vor einem möglichen Absturz desselben verfallen.

Die sich daran anschließenden 30 Minuten sind dann allerdings beinahe von spiritueller Ruhe und Entspannung. Sie werden nur durch ein paar nette Szenen mit Q aufgelockert und gipfeln in einer Szene, die gleichzeitig Hommage an die frühen Filme des Franchise (und vor allem an die Sequenzen, in denen Blofeld mit Gefolgschaft am Tisch sitzt) ist und von der Präsenz des Christoph Waltz lebt – und das, obwohl dieser „nur“ als Schatten zu sehen ist. Besser kann man einen Bond-Bösewicht nicht einführen. Ganz ohne Action geht’s natürlich trotzdem nicht und so ist die Verfolgungsjagd zwischen Mr. Hinx im Jaguar und Bond im (extra für den Film gebauten) DB-10 nicht nur wegen der wunderschönen Fahrzeuge ein Augenschmaus, sondern auch aufgrund der Enge in den römischen Gassen und der Querbeschleunigung vor europäischer Hochkultur. Natürlich ist auch Spectre wieder ein typischer Bond, wenn es um Schauplatzwechsel und tolle Szenarien geht. Die Exotik Mexiko Citys und die edle Anmutung Roms sind die ersten Stationen. Herausragend sind indes die Aufnahmen am Altaussee in Österreich geraten, der von Nebelschwaden bedeckt und von Schee umgeben ist – das ist mal eine ganz andere Alpenlandatmosphäre als man sie sonst gewohnt ist. Gewohnt ist man auch die Anwesenheit schöner (Bond)Girls, die dieses Mal überraschend unterschiedlich besetzt wurden. Da ist zum einen Léa Seydoux (Grand Budapest Hotel), die als junges Love-Interest und Tochter des bösen Mr. White unserem Lieblingsagenten den Kopf verdrehen darf, zum anderen aber mit Monica Bellucci auch eine reife Dame, was vor allem in Sachen Authentizität dem Film gut tut – immerhin ist Bond auch nicht mehr der Jüngste. Was die Besetzung angeht, tauchen neben den beiden hübschen Frauen und den bekannten Gesichtern beim MI6 noch zwei neue Figuren auf seiten der Bösewichte auf: Zum einen darf Ziegelstein-Schädel Dave Bautista, dessen Figur etwas an eine Kombination aus Beißer und Oddjob erinnert, als wortkarger Killer für Schrecken sorgen und Bond in einer der besten Szenen des Films mal so RICHTIG vermöbeln. Zum anderen hält mit Franz Oberhauser ein Bad Guy Einzug, der seine zwei direkten Vorgänger wie Witzfiguren aussehen lässt.

Es ist bisweilen schon etwas unheimlich, wie sehr Christoph Waltz in internationalen Produktionen seine Schauspielerkollegen von Welt an die Wand spielt. Daniel Craig ist nun wirklich kein schlechter Darsteller, doch in den gemeinsamen Szenen mit Waltz richtet man die Augen ausschließlich auf den gebürtigen Wiener. Bis es allerdings (nach 102 Minuten) soweit ist, entfaltet Spectre einen fast meditativen Charakter, spart mit Dialogen und konzentriert sich auf seine Figuren sowie die stilsicheren Bilder. Die knapp zweieinhalb Stunden Laufzeit fühlen sich dabei schon mal etwas gedehnt an und vergehen nicht ganz so im Fluge wie die 143 Minuten des Vorgängers. Dessen Pluspunkt war vor allem die sehr intime Geschichte, die sich von den globalen Allmachtsfantasien typischer Bösewichte etwas entfernte und neben Bond vor allem M in den Mittelpunkt stellte. Die finalen Sequenzen im und um das schottische Cottage werden in Sachen Spannung und Atmosphäre wohl unerreicht bleiben. Spectre setzt dieser knisternden Stimmung die Stille der disziplinierten Arbeit in Oberhausers Zentrale entgegen – eine fast bizarre Situation, die nur mit ganz dezenter Geräuschunterstützung auskommt und abrupt in eine visuell außergewöhnlche Foltersequenz mündet. Ohnehin sind es die letzten knapp vierzig Minuten, die den 24. Bond zu einem packenden Film werden lassen. Während ärgerliche Details wie das geringe Futter, das man der Liebe zwischen James und Madeleine gibt oder die für 150 Minuten Laufzeit viel zu simple Story hin und wieder für einen holprigen Genuss sorgen, reißen die letzte Dreiviertelstunde und vor allem das wirklich starke Finale wieder den Großteil raus. So erreicht Spectre am Ende vielleicht nicht die Qualität des Vorgängers, ist aber allemal besser als Ein Quantum Trost und unterhält gerade wegen der vielen Querverweise.

Bild- und Tonqualität

Beim Bild nutzt auch Spectre diesen typisch gewordenen Look der Bond-Filme. Mit bewusst eingesetztem Korn und nie äußerster Schärfe oder brutaler Detailtiefe wirken gerade Zoomeinstellungen und Halbtotale bisweilen sogar etwas diffus. Die Farbkontraste sind zudem durch eine deutliche Warmfilterung etwas eingeschränkt. Viele Szenen werden von Braun- und Sandtönen dominiert und in dunklen Sequenzen ist der Schwarzwert nie wirklich knackig (32’40). Gerade die Außenszenen in Rom während der Nacht haben praktisch keinen Kontrast und Bonds Gesicht lässt sich bisweilen kaum vom Hintergrund differenzieren. Schade, dass sich bisweilen sogar Randunschärfen einschleichen (Beine und Schuhe 105’16). In Sachen Ton schlägt sich Spectre besser – und das, obwohl es schon wieder ein Film ist, dessen deutsche Tonspur mit einer dts-only-Fassung auskommen muss (in 5.1), während der englische Originalsound mit einer 7.1-dts-HD-Master-Spur klotzt. Man kann nur von Glück sagen, dass die herkömmlichen dts-Spuren sich so viel besser anhören als die veralteten Dolby-Digital-Pendants. Deshalb macht Spectre auch auf der deutschen Spur von Beginn an mächtig Spaß. Da kommt zunächst der abgrundtiefe Bass-Sweep bei der Einblendung der „The Dead are Alive“-Schrift und dann geht es direkt weiter mit der wunderbar aufgelösten percussiven Musik auf dem Fest der Toten. Die Musik ebbt daraufhin nicht mehr ab und steigert sich noch zu einem spannenden Höhepunkt, bevor 007 durch seinen Schuss ein ganzes Gebäude in die Luft jagt und das Heimkino eine ernstzunehmende seismische Aktivität erfährt (6’00). Doch auch die leisen Töne beherrscht der Sound: Wenn das sonore Timbre Blofelds im Konferenzraum erklingt, bekommt man als Zuschauer tatsächlich eine Gänsehaut – die Stimme von Christoph Waltz ist aber auch eine ganz besonders klingende, die in dem riesigen Saal mit entsprechendem Hall zur Geltung kommt. Akustisch herausragend ist auch die Verfolgung zwischen Motorflugzeug und Geländewagen am Altaussee geraten. Hier wird der äußerst dynamische und treibende Filmscore von direktionalen Propellergeräuschen und knochentrockenen Pistolenschüssen flankiert. Und wer sein Heimkino mal etwas kitzeln möchte, der dreht kurz vor der größten Explosion der Filmgeschichte (siehe Bonusmaterial) noch ein wenig auf (117’10). Zwar fehlt es dem Film an akustischen Gimmicks und Sounds, die bpsw. einen Mission: Impossible – Rogue Nation ausmachen, doch das braucht ein Bond eben auch nicht, um zu wirken. Das, was Spectre hier nutzt und anbietet, bleibt jedenfalls dauerhaft hochklassig.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Spectre kümmert sich in „Bond’s Biggest Opening Sequence“ zunächst um den spektakuläre Filmanfang. Gut 20 Minuten lang lebt das Totenfest von Mexico City noch einmal auf. Mit über 1000 Statisten ließ man die farbenprächtige Szene entstehen. Alle mussten geschminkt und kostümiert werden – ein riesiger Aufwand für eine riesige Szene. Neben diesem Feature gibt es sechs ultrakurze Videoblogs, die sich auf ebenso viele Aspekte des Films kümmern. Eins gilt Regisseur Sam Mendes, ein weiteres erzählt die Geschichte der (im Falle des Aston Martin) extra für den Film gebauten Fahrzeuge, das nächste stellt die beiden Bond-„Girls“ vor und das vierte gibt kurze Einblicke in die Action des Films, die soweit es ging real gefilmt wurde. Der Musik gilt ein weiteres Featurette und das letzte erklärt, warum die Filmexplosion im jüngsten Bond einen Eintrag im „Guinness Buch der Rekorde“ bekam. Mit einer Gesamtlaufzeit von neun Minuten fallen diese sechs Kurzdokus aber äußerst dünn aus, weshalb man bei einem derart erfolgreichen Film nur darauf hoffen (und möglicherweise damit rechnen) kann, das beizeiten noch einmal eine Special Edition mit reichhaltigerem Material erscheint.

Fazit

Spectre setzt der persönlichen Story des Vorgängers eine Ernsthaftigkeit gegenüber, die bisweilen für zähe Momente sorgt und auch nicht immer schlüssig erzählt ist. Demgegenüber fasziniert Christoph Waltz in der Rolle des Blofeld und die zahlreichen Referenzen an die eigene Bond-Historie sorgen für Déjà-vu-Momente. Die Blu-ray punktet mit sattem Sound, hinterlässt beim Bild aber gemischte Gefühle.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 85%
Tonqualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 40%
Film: 70%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: GB/USA 2015
Regie: Sam Mendes
Darsteller: Daniel Craig, Christoph Waltz, Naomie Harris, Monica Bellucci, Léa Seydoux,, Dave Bautista, Andrew Scott, Ben Whishaw, Ralph Fiennes, Rory Kinnear
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 148
Codec: AVC
FSK: 12

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