Jane Got a Gun

Blu-ray Review

Jane Got a Gun Blu-ray Review Cover
Universum Film, seit 13.05.2016

OT: Jane Got a Gun

 


Alte Rechnungen

Natalie Portman in einem hübsch-altmodischen Western.

Inhalt

Jane Hammonds würde ihren Mann am liebsten umbringen, wenn er nicht ohnehin mit fünf Kugeln im Leib aufgetaucht wäre. Seine jüngste Konfrontation mit der Bishop Bande bringt auch Jane und ihre Tochter in große Gefahr, weshalb die taffe Mutter zunächst ihr Kind in Sicherheit bringt und dann zu Dan, ihrem Ex reitet, um ihn um Hilfe zu bitten. Der ist allerdings nicht nur dem Alkohol verfallen, sondern hat nicht die geringste Lust, sich auf das Selbstmordkommando einzulassen – immerhin ist John Bishop so etwas wie der gefürchtetste Mann der ganzen Umgebung. Jane reitet also wieder von dannen und bewaffnet sich selbst bis an die Zähne. Doch schon kurze Zeit später fängt sie einer von Bishops Jungs ab und Jane kann nur entkommen, weil Dan doch noch zur Hilfe schreitet. Doch selbst zu Zweit stehen die Chancen denkbar schlecht, besteht die Bishop Gang doch aus einer halben Armee …

Um Jane Got a Gun stand es lange nicht gut: Regisseurin Lynne Ramsay stieg kurz vor Drehbeginn aus, Michael Fassbender, der für die Rolle des Dan vorgesehen war, kam in Konflikt mit den Dreharbeiten zu X-Men: Zukunft ist Vergangenheit, sodass Joel Edgerton, der als John Bishop geplant war, dessen Part übernahm. Jude Law, der daraufhin den John spielen sollte, stieg ebenfalls wieder aus, nachdem Ramsay absagte. Und zu allem Übel ging auch noch die Produktionsfirma in die Insolvenz. Viel schlechter kann es um einen Film kaum stehen, bevor auch noch die erste Klappe fällt. Jetzt könnte man fürchten, dass dies dem fertigen Film anzusehen ist, wird aber wohl nie erfahren, wie Jane Got a Gun geworden wäre, wenn man ihn wie geplant umgesetzt hätte. Herausgekommen ist am Ende ein kleiner, immer noch gut besetzter und höchst klassischer Western. Haben die Neo-Western der 90er und 2000er immer wieder (erfolgreich) versucht, groß angelegte Geschichten zu erzählen, geht es hier um nichts anderes als den typischen Konflikt zwischen Revolverhelden mit offenen Rechnungen. Gut, ein bisschen Romantik spielt auch noch mit rein, wenn in Rückblenden erzählt wird, warum Jane und Dan nicht einfach ein Paar geblieben sind. Hin und wieder springt der Film zu oft in der Zeit hin und her, anstelle ein wenig konzentrierter die Ereignisse der Vergangenheit zu erzählen. Auch zieht es sich zu Beginn des letzten Drittels etwas, bis sich die finale Auseinandersetzung endlich ihren Weg bahnt. Das allerdings gerät durchaus effektvoll und funktioniert gleichsam als Kumulation des drohenden Unheils. Wenn vor Janes Haus die Feuerfallen explodieren und der Filmscore sich zu seinem ersten Höhepunkt heraufschwingt, dann hat das durchaus epische Qualität – schade, dass die Hinführung mitunter so zäh geriet. Ein wenig entschädigt wird man als Zuschauer durch die überraschend heftigen Shoot-outs, die zwar nicht ultrablutig ausfallen, dafür aber oft in Nahaufnahme zu sehen sind. Besonders Bills Amoklauf durch das Hurenhaus sei da zu nennen. In Sachen schauspielerischer Leistung, mithin dem größten Unsicherheitsfaktor aufgrund der widrigen Produktionsumstände, zeigt Jane Got a Gun zwei Seiten: Während Joel Edgerton mit seinem melancholischen Blick eigentlich ein prima Ersatz für Fassbender ist (den man sich als leidenden Ex-Lover gar nicht so Recht vorstellen kann), wirkt Ewan McGregor als Bishop zunächst ziemlich deplatziert. Zumal man ihn unter seinem Schnäuzer auch kaum zu erkennen vermag. Bis zum Finale hat er einfach zu wenig Screentime, um entsprechend zu zeigen, dass er seine fiese Rolle gut hätte ausfüllen können. Selbst Auge in Auge mit Jane fehlt etwas die nötige unbarmherzige Gnadenlosigkeit, die seine Figur hätte ausstrahlen können. Natalie Portman in der Titelrolle hingegen agiert durchaus routiniert und glaubwürdig – immerhin hat sie seit dem 2010er Black Swan keine relevante Hauptrolle mehr gespielt. Ihre Jane ist kämpferisch, selbstbewusst und dennoch auch mal verletzlich – allesamt Emotionen, die Portman authentisch und glaubwürdig darstellt.

Bild- und Tonqualität

Das dem Thema Western durch seine warme Braunfilterung angepasste Bild von Jane Got a Gun ist sehr laufstabil und rausch-/körnungsarm. Innenraumszenen werden nur spärlich ausgeleuchtet, man vertraut auf rein natürliches Licht. Während die Schärfe und Auflösung in Naheinstellungen relativ gut ist, sind bisweilen Randunschärfen zu beobachten (Portmans Füße 68’34).
In Sachen Sound beginnt Jane Got a Gun zunächst unspektakulär, was sich jedoch mit dem ersten abgefeuerten Schuss deutlich ändert. Die Ladung aus dem Gewehr zerschneidet den Raum mit Wucht und Nachhall (23’45). Auch der sich daran anschließende Einsatz der Filmmusik gelingt dynamisch. Stimmen sind im Verhältnis leider ein kleinwenig zu leise abgemischt. Wenn Bill das Laufhaus besucht, tritt er mit kolossaler Gewalt die Türen ein, bevor seine Colts ziemlich eindeutig klarmachen, was er davon hält, dass man Jane als Prostituierte missbrauchte (67’00). Das alles verblasst aber gegen den Kugelhagel, der einsetzt, wenn Bishops Leute aus Janes Haus ein Nudelsieb machen (73’50). Wenn die Kugeln aus allen Richtungen einschlagen, das Holz der Hütte zerbirst und der Nachhall noch Kilometer entfernt zu hören ist, dann ist das ganz großes akustisches Kino.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Jane Got a Gun findet sich leider nichts außer Programmtipps des Anbieters.

Fazit

Vielleicht wäre Jane Got a Gun ein anderer Film geworden, wenn er wie usprünglich geplant umgesetzt worden wäre. Aber auch so hat der Western seine klassischen Momente. Während die etwas zähen Dialogsequenzen nicht vollends überzeugen, sind die Schießereien (trotz teilweiser Dunkelheit) sehr gut gelungen und entschädigen für ein paar Längen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 85%
Tonqualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 5%
Film: 70%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Gavin O’Connor
Darsteller: Natalie Portman, Ewan McGregor, Joel Edgerton, Rodrigo Santoro, Noah Emmerich
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 94
Codec: AVC
FSK: 16

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Martin Zopick

Wieder ein Beispiel dafür, dass sich der Neowestern emanzipiert. In den Hauptrollen Natalie Portman (Titel) und Joel Edgerton (Dan). Regisseur Gavin O’Connor hat mit Brutalitäten nicht gegeizt und Jane benutzt ihre Knarre wie ein Mann. Die Retros machen den Plot gelegentlich etwas unübersichtlich (ein Ballonflug z.B.), aber am Ende klärt sich alles auf.
Wieder spukt der Bürgerkrieg in den Köpfen der Beteiligten herum und zwingt sie in Situationen, die sie so nicht geplant hatten. Jane war mal mit Dan verlobt. Krieg! Sie heiratet Bill, wird Mutter und gerät in die Fänge von Bösewicht Tom Bishop (Ewan McGregor), der sie zur Prostitution zwingt.
Als Bill angeschossen bettlägerig wird, macht sich Jane auf um Tom zu finden, der ihre Tochter hat. Gemeinsam mit Dan, jetzt als Geschäftspartner erwartet sie Tom und die Bishop Bande. Packendes Finale bei Nacht mit fulminantem Feuerwerk und Pyroeffekten. Viel Dunkel im Licht der Fackeln.
Jane ist das Opfer, das sich in der Männerwelt behauptet. Viele Männer sind einfach Schweine, denen Jane das Hirn wegballert oder genau da hin schießt, wo es den Jungs weh tut.
Das bleihaltige Finale macht aus Bretterwänden Küchensiebe und die, die sich dahinter verstecken, ergeht es nicht besser. Das Ensemble überzeugt durchaus und Natalie Portmann glänzt in einer für sie seltenen Rolle. Ewan McGregor gibt den süffisanten Fiesling – auch für ihn eine ungewohnte Rolle.
Familienfreundliches Happy End versöhnt die Geschlechter.