John Carpenter’s THE THING – Deluxe Edition

Blu-ray Review

The Thing modern blu-ray review cover
Universal Pictures, 28.03.2019

OT: The Thing / The Thing (Prequel)

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„Absolut normal“

Carpenters Body-Horror-Meisterwerk im remasterten Gewand.

Inhalt

Warum schießen sie auf den Hund

Der Südpol, das ewige Eis: Die Mitarbeiter einer amerikanischen Forschungsstation werden plötzlich aufgeschreckt, als ein Hubschrauber mit zwei Kollegen der norwegischen Station Jagd auf einen scheinbar wehrlosen Hund macht. Zwei Situationen später ist der Hubschrauber mit einem der Norweger verunglückt und der andere von den Amerikanern in Notwehr erschossen. Der Hund überlebt und wird in der US-Basis aufgenommen. Was keiner ahnt: Das Tier ist kein Erdenhund mehr. Vielmehr hat sich ein außerirdischer Organismus seiner bemächtigt, nachdem die Norweger ein uraltes, im Eis gefrorenenes Alien-Raumschiff freigelegt hatten. Dieser Organismus bricht eines Nachts aus dem Hundekörper aus. Zwar gelingt es den Forschern, das blutige Gebilde zu zerstören. Doch fortan weiß keiner vom anderen, ob er eventuell infiziert ist. Das Misstrauen unter den Kollegen wächst und die außerirdische Lebensform holt sich einen nach dem anderen …

MacReady hat das Sagen in der Station

Irgendwann im Herbst 1988: Ein 37cm-Röhren-TV, ein VHS-Rekorder und ein (erwachsener) Bekannter, der schon nach zehn Minuten einschlief. Exakt das ist die Ausgangssituation, in der ich mich als 13-jähriger damals befand. In Sachen Altersfreigabe vollkommen ungeeignet und in puncto Filmgenuss bis dato eher von Taran und der Zauberkessel vergruselt worden, offenbarte sich mir in den folgenden 110 Minuten ein Erlebnis, das ich bis heute nicht vergessen habe und auch nie mehr vergessen werde.
Während wir im Jahre 2019 scheinbar nicht mal mehr in Filme eintauchen können, die gigantischen Bombast auf drei Meter Bildbreite mit zehn Lautsprechern präsentieren, reichte dieses minimale, technisch aus heutiger Sicht vollkommen antiquierte Setup aus, um eine Atmosphäre und Spannung zu erzeugen, die ich bis heute nur selten wieder erlebt habe – wenn überhaupt.
Vielleicht war aber genau diese Ausgangssituation ideal. Denn ohne zu wissen, was die internationale Kritik sechs Jahre zuvor über Carpenters Folgewerk zu Die Klapperschlange gesagt und geschrieben hatte, war ich komplett unvoreingenommen. Und ich hätte ehrlich gesagt auch milde gelächelt, wenn ich gewusst hätte, dass das Lexikon des internationalen Films geschrieben hatte: „… doch angesichts der damit produzierten Ekelszenen, Blutorgien und Leichensezierereien mag man solche Trickkunst kaum würdigen. Carpenter begnügt sich mit der Sensation. Innere Spannung und ironische Brechungen kommen zu kurz.“

Was haben die Norweger gefunden?

Tja, manchmal liegen sie halt doch falsch, die Herren Kritiker. Bei Carpenter war es gleich mehrfach so und im Falle von Das Ding aus einer anderen Welt strafte sie das spätere Publikum auch Lügen.
Einer aus diesem Publikum war übrigens Quentin Tarantino und seine Emotionen mit The Thing dürften sich mit vielen Zuschauern decken:

„The Thing was probably the one movie of all the individual films that I’ve seen that influenced [Reservoir] Dogs the most, because in some ways it’s the same idea. You have a bunch of guys trapped in a situation that they can’t get out of, in a very claustrophobic situation where nobody can trust anybody. It scared the living hell out of me. The thing about it is, the tension and the anxiety and the claustrophobia and the fear and the distrust that was running around those men came straight out into the movie theatre.“

Und wenn Tarantino das sagt, kann’s so falsch vielleicht ja nicht sein. Zwar war die Verfilmung der Erzählung „Who Goes There“ von John W. Campbell jr. auch im Kino kein Erfolg, aber Im Nachgang umso mehr. The Thing dürfte in den 80ern einer der am häufigsten ausgeliehen Filme in den Videotheken (ähm… Video-WAS?) gewesen sein. Und das vollkommen zu Recht. Denn der vom Lexikon monierte „Spannungsmangel“ kann nur beanstandet werden, wenn man sich offenbar einzig auf die Splatter-Effekte konzentriert. Natürlich verfehlten auch diese ihre Wirkung nicht. Immerhin handelt es sich bei den Masken und Prothesen von Rob Bottin um die extrovertiertesten, die das Kino bis dato gesehen hatte.

Der Doc macht sich Sorgen

Wer natürlich nur im Blick hat, dass die erste Verfilmung des Stoffes von 1951 mit einem Schattenwesen und weitgehend ohne Gewalt realisiert wurde, vermisst vielleicht die subtile Art. Denn subtil war Carpenter sicher nicht. Seinem Film aber Spannungsmangel vorzuwerfen, ist fast zynisch. Denn schon die grundsätzliche Situation in der beengten Station, von der es keine Flucht gibt, sorgt für Thrill. Dass dann das große Misstrauen ausbricht, sorgt gar für nervenzerrende Momente. Als MacReady gegen Ende die teils gefesselten Kollegen testet, hätte man das kaum packender gestalten können. Alleine diese Sequenz gehört zu den spannendsten Momenten des 80er-Jahre-Kinos. Dazu dann die Suspense, die davon ausgeht, dass der Zuschauer immer etwas früher ahnt, aus wem es als nächstes ausbricht – und schon hat man jeden Kritiker von damals auf den Boden der Tatsachen geholt. Ein weiterer Vorwurf war die angeblich mangelnde Charaktertiefe. Mangelnd? Das muss man dann mal ins Verhältnis mit einem der aktuelleren Blockbuster wie bspw. Aquaman setzen. Letzter hat eine ungefähr ähnliche Anzahl an halbwegs wichtigen Figuren. Tiefe hat nicht eine von diesen. Gegen heutige Produktionen liefert Das Ding aus einer anderen Welt geradezu philosophisch tiefgründige Charaktere. Und alle sind während des Films und bleiben auch danach noch greifbar und im Gedächtnis. Auch, weil sie individuell und stark besetzt sind. Und das nicht nur in Carpenters damaligem Lieblingsdarsteller Kurt Russell. Das komplette Ensemble agiert glaubwürdig und selbst in ihren Verwandlungen kann man sie noch wiedererkennen – ein Verdienst der genialen Masken von Bottin. Um dann doch noch darauf zu sprechen zu kommen: Was er hier in einer Vielzahl an Körperverwandlungs-/Bodyhorror-Szenen realisierte, sucht noch heute seinesgleichen. Ob es die eingefrorenen und schon mutierten Leichen auf der norwegischen Basis sind oder die Live-Action-Verwandlungen in der US-Station im späteren Verlauf. Mehr Kreativität sah man zuvor nie und auch später eher selten. Und wenn man heute Szenen wie den Reanimationsversuch anschaut, der zum Einbrechen des Oberkörpers von Vance führt, ist das immer noch ein äußerst wirkungsvoller Effekt.

Bild- und Tonqualität

Kreaturenverwandlungen

Die einzige bisher in Deutschland erhältliche Blu-ray kam von Universal, während man in den USA und später in Großbritannien neuer abgetastete Fassungen bekommen hatte. Die Scream-/Shout!-Factory-Fassung, die 2016 von einem Interpositiv in 2K abgetastet wurde, hat man hierzulande ebenso wenig veröffentlicht wie die 2017er Arrow-Fassung, für die man eine 4K-Restauration vornahm.
Eben jenes vom Negativ vorgenommene Master bildet nun aber die Grundlage für die Turbine-Medien/Universal-Deluxe-Edition. Entsprechend bekommt man praktisch das identisch aussehende Bild, das sich nur bei genauem Hinsehen etwas in der Schärfentiefe unterscheidet.
Und ein Upgrade wurde durchaus Zeit. Denn während die Original-Universal-Fassung arg soft ausfiel und das ganze Korn wegfilterte, übertrieb es die Shout!-Factory-Veröffentlichung mit der nachträglichen Schärfung. Das sah im direkten Vergleich zwar beeindruckend aus, führte aber zu deutlich sichtbarem Edge Enhancement an Objekträndern. Von der Farbgebung her war die klassische Universal-Version eher erdig und in Innenräumen teils sehr dunkel. Das führte bisweilen zu schwacher Durchzeichnung in düsteren Szenen. Außerdem eliminierte das deutliche Filtern der Körnung auch gleich Details weg. So sah man den Tischtennis-Ball zu Beginn in Einzelbild-Schaltung teils gar nicht mehr. Auch der Rotor des Hubschraubers blieb oft auf seinen dunklen Motorenkern beschränkt. All diese Probleme hat das 4K-Remaster nicht mehr. Der Ball ist durchweg zu sehen und auch der Rotor zeigt mehr deutliche Einzelbilder mit wahrnehmbaren Rotorblatt. Zusätzlich führte eine Anhebung des Gamma-Wertes sowie ein neues Color Grading im Post-Produktions-Prozess nun zu einem helleren, gleichzeitig kühleren, etwas blaueren Look. Das wiederum passt wesentlich besser zum Szenario des Films und wurde explizit so auch von Carpenter und Kameramann Dean Cundey freigegeben. Gut gelungen sind auch die Farben, die in den Verwandlungsprozessen sehr kräftig erscheinen. Trotz der Zurücknahme der Überschärfung der Shout!-Factory-Fassung und einer wesentlich harmonischeren Detailtiefe bleiben Close-ups sehr krisp. Bisweilen erkennt man jede Hautfalte und -pore, wenn die Kamera im Fokus ist (was leider nicht immer der Fall ist). Das Wegfallen von Filterung bewirkt natürlich auch eine Rückkehr des analogen Korns des auf 35mm-Film aufgenommenen Horror-Thrillers. Ab und an sind die Schwarzwerte nicht ganz so knackig wie man es sich wünschen würde. Auf der einen Seite wirken sie manchmal etwas aufgehellt, auf der anderen könnten sie in anderen Momenten etwas mehr Zeichnung vertragen.
Kleine Anekdote am Rande: Der in der Universal- und auch in der Shout!-Factory-Fassung fehlende Tischtennisball ist im Remaster wieder enthalten.

Blu-ray alt: (Slider ganz nach rechts): Ja wo ist er denn, der Tischtennisball? Die alte BD filtert ihn in vielen Einzelbildern schlicht komplett weg.

Blu-ray neu (Slider ganz nach links): Die neue, vom 4K-Remaster erstellte Blu-ray hat den Ball wieder.

Blu-ray alt: (Slider ganz nach rechts): In einzelnen Einstellungen teils drastisch anderer Bildinhalt bei der alten BD. Dazu die deutlich wärmere, erdigere Farbgebung.

Blu-ray neu (Slider ganz nach links): Die neue BD zeigt wesentlich mehr Bildinhalt und eine kühlere Farbgebung.

Blu-ray alt: (Slider ganz nach rechts): In den dunklen Szenen ist die alte BD zu düster und es mangelt ihr an Durchzeichnung.

Blu-ray neu (Slider ganz nach links): Die neue BD punktet durch die Anpassung der Gamma-Kurve mit mehr Zeichnung, zeigt aber das Korn auch stärker.

Blu-ray alt: (Slider ganz nach rechts): Während der helleren Szenen wirkt die alte BD hingegen etwas knackiger im Kontrast.

Blu-ray neu (Slider ganz nach links): Die neue BD ist hier dann etwas zu hell und weniger kontrastreich.

Blu-ray alt: (Slider ganz nach rechts): Beim Bildausschnitt wird dann trotz Korn und Zoom-Einstellung klar, dass die alte BD weniger Auflösung hat. Die Schrift auf dem Helikopter ist praktisch nicht lesbar.

Blu-ray neu (Slider ganz nach links): Die neue BD zeigt durch ihr 4K-Remaster zwar auch keine klar definierten Buchstaben. Dennoch ist hier immerhin noch mit etwas Fantasie lesbar, was auf dem Heli steht.

Das Misstrauen wächst

Beim Ton von The Thing integrierte man nicht nur sämtliche US-Fassungen (dts-HD Master in 5.1, 2.0 sowie den Original Mix in 4.1), sondern auch die restaurierte deutsche 2.0-Spur, für die zwei bisher fehlende Sätze rekonstruiert wurden. Ebenfalls mit an Bord ist eine deutsche dts-HD-Master-Spur in 5.1, die man ebenfalls neu aufbauen musste. Und das hat man beachtlich gut gemacht. Schon der Hubschrauber zu Beginn nutzt die Surroundspeaker ausgiebig und fliegt hervorragend ortbar durchs Heimkino. Selbst wenn die Schüsse aus dem Gewehr (typisch 80er) relativ dünn bleiben, muss man den Hut vor der Direktionalität und guten Ortung der Tonspur ziehen. Zumal sie unter keinerlei Dropouts oder ähnlichen Problemen leidet. Natürlich dürfte mehr Druck kommen – beispielsweise, wenn der Hubschrauber explodiert. Und natürlich ist das hier kein Muster an Dynamik. Außerdem klingen Flammenwerfer und Feuerlöscher ein wenig phasenverschoben. Aber in Summe mit den gut verständlichen Dialogen und der nahezu vollständigen Rauschfreiheit darf der Sound sich in die besseren Umsetzungen von 80er-Jahre-Genrefilmen einreihen.

Bonusmaterial

Vielleicht einer der spannendsten Momente des Kinos überhaupt

Puh, einmal kurz Luft holen und los:
Die Deluxe Edition von The Thing kommt zunächst einmal in einem sehr wertigen und dicken Pappschuber, das es in zwei Varianten gibt. In diesen findet sich neben der Doppel-Blu-ray mit dem remasterten 1982er Original und dem 2011er Prequel noch die Soundtrack-CD zu Carpenters Film sowie fünf Artcards, ein Filmposter und ein Jackenaufnäher (Outpost 31). Obendrauf gibt es ein 76-seitiges Booklet, das die literarische Vorlage von Campbell liefert sowie ein umfassendes, 128-seitiges Booklet zur Geschichte des Films, das Produktionsfotos, Skizzen uvm. bietet.
Das Bonusmaterial auf den Disks rekrutiert sich beim 1982er Film aus vier unterschiedlichen Audiokommentaren und beim 2011er Prequel aus drei Featurettes mit einer Gesamtlaufzeit von 160 Minuten sowie vier Interviews (unter anderem mit Carpenter) mit einer Länge von insgesamt 70 Minuten. Zu guter Letzt wartet dann noch eine Extra-Bonus-Blu-ray mit weiterem Material zum 1982er Original. „Fear on Film“ ist ein Gespräch zwischen Carpenter, Cronenberg und Landis, das gut eine halbe Stunde läuft. Dazu gibt’s noch Storyboard-Film-Vergleiche, sechs Minuten an nicht verwendeten Szenen sowie einige Trailer und Promo-Clips. Vier kürzere Making-of Clips sowie die US-TV-Version des Films (94 Min./4:3) komplettieren das reichhaltige und erschöpfende Angebot. Sämtliches Bonusmaterial und die Audiokommentare haben deutsche Untertitel.

Fazit

Damals als Technik-/Maskenvehikel ohne Seele missverstanden, heute ein klaustrophobischer Klassiker mit wegweisendem Make-up und konsequentem Ende. Die Zeiten ändern sich und The Thing bleibt. Und das in seiner bisher besten audiovisuellen Version in dieser tollen Deluxe Edition. Wer noch eine irgendwo ergattern kann, sollte es tun. Wertsteigerung garantiert.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 100%
Film: 90%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 1982 // 2011
Regie: John Carpenter // Matthijs van Heijningen Jr.
Darsteller (1981): Kurt Russell, Wilford Brimley, T. K. Carter, David Clennon, Keith David, Richard Dysart
Darsteller (2011): Mary Elizabeth Winstead, Joel Edgerton, Ulrich Thomsen, Eric Christian Olsen, Adewale Akinnuoye-Agbaje
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 109
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Universal Pictures)

Trailer zu The Thing

John Carpenter's The Thing original trailer (1982) HQ

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9 Kommentare
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JW

Moin ist Dir bekannt, ob, das Mediabook https://bluray-disc.de/blu-ray-filme/137877-john_carpenters_the_thing_edwards_mediabook_edition?comments#ca von den Discs der Turbine-Fassung entspricht?

blooob

bitte den ton von turbine mit den neuen DTS:X vergleichen.

Turbine: „Alle Tonspuren waren auf allen weltweiten Veröffentlichungen bisher stellenweise leicht asynchron und wurden korrigiert.“

da hat jemand das gefixte asynchrone von turbine mit den neuen DTS:X verglichen. bei DTS:X fand keine korrektur statt. ist teilweise noch immer asynchron. echt schade.

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https://imgbox.com/kROuWvnv

JW

Moin, ist ein Review der UHD bereits in Planung?

JW

UHD gerade erhalten.

ondy

Hellraiser und Das Ding sind meine lieblings Horrorklassiker

Rüdiger Petersen

Das lohnt sich wirklich. Klasse umgesetzt. Ich persönlich mochte den Film schon immer. Diese Edition wird schnell vergriffen sein.