Blu-ray Review
OT: John Wick
Revitalisierung
Da ist er jahrelang nur noch in mittelmäßigen bis schwachen Filmen unterwegs und dann DAS …
Jetzt folgt zudem die Veröffentlichung auf UHD.
Inhalt
John Wick hat gerade die Liebe seines Lebens an eine Krankheit verloren und sich mit einem jungen Beagle (ein Abschiedgeschenk der Verstorbenen) in seine Villa zur Trauer zurückgezogen, als er dort des Nachts von ein paar russischen Gangstern überfallen wird, die schon am Tag ein gewisses Interesse an seinem 69er Mustang gezeigt hatten. Brutal zusammengeschlagen wacht Wick kurze Zeit später auf, schaut seinem massakrierten Welpen ins Gesicht und findet eine Lücke in der Garage, wo eigentlich das Muscle-Car stehen sollte. Was der junge aufbrausende Dieb Iosef nicht ahnt: John Wick hat mal für dessen Papa und Mafiapaten Viggo den Aufräumer und Hitman gespielt, bis er sich mit einem letzten Auftrag von ihm freikaufen konnte. Deshalb ist Viggo auch alles andere als erfreut, als ihm zu Ohren kommt, was sein Bengel da verbrochen hat. Denn eins ist dem Unterweltboss klar: John Wick wird keine Sekunde zögern, sich an Iosef und seinen Schergen zu rächen …
John Wick nimmt sich in wenigen Minuten zu Beginn des Films die Zeit, seine Hauptfigur als einen vom Schicksal schwer getroffenen Typen vorzustellen und geht nicht den Weg, wie viele andere Genrevertreter, erst einmal mit einem Actionhighlight zu starten. Genau diese ersten gut zehn Minuten sind es, welche die Hauptfigur dem Zuschauer ans Herz wachsen lassen. Denn wer kann sich nicht mit einem Kerl identifizieren, der seine Frau plötzlich an eine Krankheit verliert und dessen bester Freund im Anschluss ein kleiner Beagle und ein 69er Mustang sind? Zuschauer mögen diese gebrochenen Helden und John ist ein Paradebeispiel für einen solchen. Obwohl David Leitch und Chad Stahelski bisher ausschließlich als Stunt-Koordinatoren (Die Tribute von Panem: Catching Fire, Wolverine: Wege des Kriegers) unterwegs waren, verstehen sie es, die Emotionen direkt von Beginn an in die richtigen Bahnen zu lenken. Wenn nach knapp 20 Minuten Viggo seinem Sohn Iosef darlegt, wem der ungestüme Emporkömmling da gerade das Auto geklaut und den Hund umgebracht hat, dann steigert sich John Wick erstmalig zu einem gänsehauterregenden Höhepunkt. Das Regieduo nutzt exakt die richtigen Bilder, spielt virtuous auf der Klaviatur der Spannungserzeugung und kennt von da an absolut kein Halten mehr. Es schließt sich eine eiskalte, unbarmherzige und höchst effektiv vollzogene Actionorgie an, die bis auf die kleinste Bewegung perfekt durchgestylt ist – von den gnadenlosen Shoot-outs bis zu den innovativ in Szene gesetzten Nahkämpfen.
Dass Keanu Reeves mit John Wick sein Actioncomeback feiert, ist nicht nur für dessen Fans eine Freude, sondern – sorry für die klaren Worte: verdammt noch mal Zeit! Zu lange dümpelte der charismatische Darsteller in seichten Romanzen und unterirdischen Kostümfilmen rum, ohne an seine Erfolge aus Speed oder Matrix anknüpfen zu können. Mit der Rolle des schweigsamen und gerechtigkeitsliebenden Killers überzeugt er nicht nur darstellerisch und durch seine typgerechte Besetzung, sondern hat auch gleich ein kleines Franchise an Land gezogen – immerhin ist ein zweiter Teil schon angekündigt. Auf der anderen Seite agiert ein Michael Nyqvist (Millennium-Trilogie) als Viggo böse genug, um ihn zu hassen und dennoch nicht zu stereotyp, um als bloßes Gangster-Abziehbild zu fungieren. Sogar ein ansonsten in der immer selben (oft nervigen) Hispano-Rolle gefangener John Leguizamo darf mal auf souverän und abgeklärt machen. Dazu gesellt sich ein routiniert agierender Willem Dafoe und ein paar weitere bekannte Gesichter in hochkarätigen Nebenrollen.
Und dann ist da ja noch das Steckenpferd der Regisseure, die Stundkoordination. Was Stahelski und Leitch bspw. in der Bar-Kampf-Szenerie an Choreografie und Ideen abfeuern (im wahrsten Sinne des Wortes), war schon lange nicht mehr derart unterhaltsam auf der Leinwand zu bewundern. Vor allem die innovativ geführte Gegner-Eliminierung per Handfeuerwaffe ist auf diese unmittelbare und nahe Art und Weise noch nie vollzogen worden. Äußerst erstaunlich, dass die FSK hier gleich beide Augen zugedrückt hat und den Film auch auf DVD/Blu-ray mit einer FSK-16-Freigabe ungeschnitten passieren ließ. Was hier an Exekutionen aus nächster Nähe und Gewalt exerziert wird, ist schon starker Tobak. Offiziell heißt es dazu in der Beurteilung, dass die „Shoot-outs beinahe comichaft übersteigert und Schauplätze künstlich und stilisiert sind, sodass ein Bezug zur Realität nicht gegeben sei“. Ob man dieser Bewertung folgt oder nicht, dem Filmfan wird’s vor allem Recht sein, dass er auf keine Szene verzichten muss. Tatsächlich haben sich die beiden Regisseure (nachzuhören im Bonusmaterial) bei der Realisierung von John Wick stark an favorisierten graphic novels entlang bewegt und ihre Figuren daran orientiert.
Bild- und Tonqualität Blu-ray
Das Bild von John Wick ist mitunter extrem gefiltert. In Wicks Villa und während einer Außenaufnahmen scheint eine Sonnenfinsternis zu herrschen, so kühl-violett und düster geht’s dort zu. Die Schärfe ist nur während Close-ups und im Zentrum sehr gut, verliert an den Rändern deutlich an Knackigkeit und ist insgesamt nur mittelmäßig.
Soundtechnisch fällt zu Beginn als erstes der Mustang auf: Wenn Wick seinen V8 antreibt und auf dem Flughafengelände querbeschleunigt, dann ist Gänsehaut aber mal sowas von garantiert. Jeder Milliliter Benzin gelangt direkt vom Vergaser ans Gehör und zündet dort ein Feuerwerk. Ebenso klasse sind die Schläge der Baseballschläger vertont, die dumpf in Wicks Körper treffen. Ohnehin sind die Kampfszenen in John Wick extrem räumlich und dynamisch geraten. Leider fallen die im Vergleich zu leise und nicht ganz homogen vertonten Dialoge dagegen ab. Wunderbar offen und raumfüllend sind dagegen wieder die rockigen und rumpelnden Beats des Soundtracks und Filmscores.
Bild- und Tonqualität UHD
Oft liegen BDs und UHDs relativ nah beieinander wenn es um die Bildqualität geht. Sicher, der erweiterte Farbraum und HDR bewirken eine andere Farbgebung und knackigere Kontraste, doch gerade Bildschärfe und -ruhe bleiben oft sehr ähnlich. Nicht so bei John Wick. Die UHD sieht in allen Belangen besser aus als die Blu-ray. Der mit Arri-Alexa-M und Arri-Alexa-XT-Kameras gefilmte Actioner lieferte 2.8K am Ausgang und erhielt von dort aus ein 4K Digital Intermediate, womit er immerhin die 2,25-fache Full-HD-Auflösung aufweist. Bemerken tut man dies von Beginn an. Die Einstellungen sind viel klarer, ruhiger und die Schärfe im Zentrum ist wirklich gut gelungen. Aufgrund der höheren Auflösung fallen die Randunschärfen am oberen und unteren Bereich auch nicht mehr ganz so stark auf, wenngleich sie nach wie vor vorhanden sind (Camaro 38’02). Bedeutend besser gerät auch die Bilddynamik. Das Geschehen ist nicht mehr ganz so dunkel und Schwarz ist jetzt richtig knackig. Aufgrund des integrierten Farbraums im Rahmen von Rec.2020 durften gerade Rottöne noch einmal richtig Kraft tanken. Aber auch der Sonnenaufgang vor der Skyline nach etwas über einer halben Stunde strahlt dynamischer. Sieht man von den oben angesprochenen Undeutlichkeiten am unteren Bildrand ab, ist die UHD bedeutend besser gelungen als die Blu-ray.
Bonusmaterial
Auch bei dieser UHD liegt das Bonusmaterial (mit Ausnahme des Audiokommentares mit den beiden Regisseuren) komplett auf der Blu-ray von John Wick Dort gibt’s zum Regiekommentar noch ein Making-of und sechs Featurettes. Letztere kümmern sich um die Stunts, die Schauspieler, die beiden Regisseure, die Unterwelt, den Club „Red Circle“ sowie das Design des Films. Das Making-of selbst läuft zehn Minuten und wurde fürs deutsche TV produziert – ist also eher gehaltlos. Die Featurettes laufen insgesamt knapp fünfzig Minuten und tauchen deutlich tiefer in die Dreharbeiten zu John Wick hinab.
Fazit
Nachdem Liam Neeson in 96 Hours das eiskalte Rache-Actionkino neu belebt hatte und einige eher durchschnittliche Nachahmer fand, ist John Wick nichts Geringeres als der heißeste Actionfilm seit Shoot ‚Em Up und einer der besten Genrefilme überhaupt. Für Reeves ist der Film endlich mal wieder ein echter und verdienter Hit, denn seine physische Präsenz und Arbeit ist herausragend – willkommen zurück, Keanu.
Die UHD liefert dazu das durchweg plastischere, rauschfreiere und ruhigere Bild, das mehr Kontrast und kräftigere Farben aufweist, jedoch unter den gleichen Randunschärfen. Der Atmos-Sound der englischen Tonfassung auf der UHD macht dazu mit zahlreichen zusätzlichen 3D-Sound-Informationen richtig Spaß, ohne in einem akustischen Overkill zu enden.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 70%
Bildqualität UHD: 85%
Tonqualität BD (dt. Fassung): 85%
Tonqualität BD (Originalversion): 90%
Tonqualität UHD (dt. Fassung): 85%
Tonqualität UHD (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 50%
Film: 90%
Anbieter: Studiocanal
Land/Jahr: China/Kanada/USA 2014
Regie: Chad Stahelski, David Leitch
Darsteller: Keanu Reeves, Michael Nyqvist, Alfie Allen, Willem Dafoe, Dean Winters, Adrianne Palicki, Omer Barnea, Bridget Moynahan, John Leguizamo, Ian McShane
Tonformate BD: dts HD-Master 5.1: de, en
Tonformate UHD: dts HD-Master 5.1: de // Dolby Atmos (True-HD-Kern): en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 102
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Real 4K: Jein (4K DI von 2,8K Quelle)
FSK: 16
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots: © 2014 Studiocanal. All Rights Reserved.)
Der Filminhalt ist bestimmt gelungen, die Realisierung für die Tonne. Kein natives 4k, kein deutscher 3D Ton, einfach nur beschämend.
Wobei man fairerweise sagen muss, dass JW aus 2014 ist und damals noch nicht flächendeckend native 4K-Kameras eingesetzt wurden. Für die UHD Blu-ray hat man hier immerhin ein 4K-DI vom 2.8K-Ausgangsmaterial angefertigt. Die „Realisierung“ oder auch Umsetzung auf die UHD Blu-ray macht also das Maximale möglich, was das Bild angeht. Hier ist die eingangs genutzte Kamera, bzw. deren Sensor der limitierende Faktor.
Immerhin bietet 2.8K (genauer: 2880 x 1620) bei der verwendeten ARRI Alexa M in Summe 4.665 Mio. Pixel.
Gegenüber Full HD mit 2.07 Mio. Pixel ist das mehr als die doppelte Auflösung. Soooooo für die Tonne ist das also nicht 😉
Was ich bei der UHD (und wie ich feststellen musste, auch auf der deutschen BD) im Vergleich zur schweizerischen BD vermisse, sind die englischen Untertitel. Außerdem gibt es auf der UHD weniger Kapitel. Aber das Update von BD zu UHD musste ich bei dem Angebotspreis einfach machen und Teil 2 habe ich auch auf UHD.