Blu-ray Review
OT: Jojo Rabbit
Imaginärerrrr Frrrreund
Taika Waititis Jojo Rabbit hat mehr zu bieten als Nazi-Satire.
Inhalt
Johannes Betzler trägt seinen Spitznamen „Jojo Hasenfuß“, seit er bei der Ausbildung zum Jungvolk-Mitglied zu „feige“ war, einem Hasen den Hals umzudrehen. Dabei möchte Jojo doch nur eines: Seinen besten Freund Hitler zufriedenstellen. Denn zu dem hat Jojo ein besonderes Verhältnis. Er erscheint ihm als imaginärer Freund immer wieder und gibt ihm Tipps, wie er ein guter Nazi sein kann. Außerdem bringt er ihm bei, mit Inbrunst „Heil Hitler“ zu rufen.
Da Jojo davon ausgeht, dass sein Vater in Italien an der Front kämpft (während alle anderen behaupten, er sei ein Feigling und deshalb desertiert), bleiben ihm derweil nur seine Mutter und eben dieser imaginäre Adolf an seiner Seite. Zunehmend scheint dieser eine Vaterrolle einzunehmen und berät Jojo in allen Lebenslagen. Ein bisschen ratlos ist dieser eingebildete Hitler aber dann doch, als Johannes ein Mädchen entdeckt, das seine Mutter hinter der Wand versteckt hält. Denn dieses Mädchen ist die jüdische Teenagerin Elsa. Nicht gerade das, was im Haushalt eines heranwachsenden strammen Hitlerjungen etwas zu suchen hat. Doch guter Rat ist nun teuer. Verrät er Elsa, verrät er auch seine Mutter. Das Resultat wäre schrecklich. Also muss sich Jojo wohl oder übel mit Elsa auseinandersetzen – und erlebt dabei sein blaues Wunder …
The World needs ridiculous films, because the world is ridiculous! Taika Waititis Statement im Bonusmaterial ist Programm für seinen jüngsten Film Jojo Rabbit. Basierend auf der Vorlage von Christine Leunens adaptierte er sein mittlerweile oscarprämiertes Drehbuch und fügte seine ganze eigene Art von Humor hinzu.
Damit hatte er schon bei seinem Thor: Tag der Entscheidung für zündende Gags gesorgt, nachdem er mit 5 Zimmer, Küche, Sarg eine grundkomische Dracula-Variante abgeliefert hatte. Nicht jedem gefiel und gefällt das, bei manchen eckte es auch an. Und das wird ihm mit Jojo Rabbit nicht anders gehen. Wer allerdings ohnehin abwinkt, wenn er das Wort „Nazi-Satire“ hört, der ist sicherlich auch nicht die richtige Zielgruppe für diesen Streifen.
Wobei es ja nicht einmal „nur“ eine Satire über Hitler-Deutschland ist, sondern unterliegend vor allem ein durchaus bewegender Film über das Erwachsenwerden eines Zehnjährigen. Eines Jungen, der davon ausgeht, dass ihn das Training beim Jungvolk zum Mann machen wird und der dann umso überraschter ist, als die viel erwachseneren Handlungen nicht vom Kriegsspielen im Wald ausgehen, sondern davon, einem Mädchen zu begegnen, das seine Mutter zuhause versteckt hält.
Es ist die Dynamik und es ist der Gegensatz aus Slapstick-Comedy in den Szenen mit Nazisoldaten oder im Zusammenspiel mit dem von Waikiki selbst gespielten imaginären Hitler und den emotional fordernden Szenen, in denen Jojo dem jüdischen Mädchen begegnet. Die ganze Absurdität der Kriegsmaschinerie wird im Angesicht des immer respektvoller werdenden Umgangs zwischen Jojo und Elsa deutlich. Zwar bleibt Pathos in diesen Szenen nicht aus, doch dafür schämt sich Jojo Rabbit nicht. Im Gegenteil, Pathos transportiert hier die relevanten Momente echter Wertschätzung und sorgt dafür, dass der Toleranzgedanke in den Vordergrund rückt.
Wenn sich die beiden zunächst an Stereotypen abarbeiten und dann eine Stellvertreter-Brieffreundschaft antreten, weil sie die eigenen Gefühle
Gleichzeitig liefert der Film aber Humor ab. Und zwar im besten Stile eines Dr. Strangelove oder Chaplins Der große Diktator.
Schon die Eröffnungssequenz ist ein brüllkomischer Einstand, wenn Jojos imaginärer Adolf ihm vorwirft, er könne ihn noch besser an“heilen“ und daraufhin eine Heil-Hitler-Battle entsteht, die an die grandiose Szene erinnert, in der Steve Martin als Inspector Clouseau sich an der Aussprache des Wortes „(H)amburger“ versucht.
Und das Niveau von gepflegter und treffsicherer Satire hält Waikikis Film auch weiterhin. In der nächsten Sequenz darf Sam Rockwell als Trainer des „Jungsvolks“ zeigen, warum er schon lange und immer noch zu den besten Schauspielern seines Landes zählt. So eine herrlich überzeichnete Rolle wie diese kann einfach keiner so süffisant darstellen, ohne lächerlich zu wirken.
Apropos Lachen: Jojo Rabbit ist zweifelsohne eine Komödie. Eine Satire, die das Dritte Reich und den Hitlerkult gehörig auf die Schippe nimmt. Dennoch bleibt einem natürlich immer mal wieder das Lachen etwas im Halse stecken. Wenn Fraulein Rahm das Jungvolk mit den Worten „Zeit, Bücher zu verbrennen“ aufscheucht, hat das nun mal einen sehr realen Bezug. Und während zahlreiche Schilderungen (bspw. die Charakterisierung des Juden kurz zuvor) im Sinne einer absurden Verschwörungstheorie übertrieben wurden, um dem Anspruch der Satire gerecht zu werden, wirken Bilder von brennenden Büchern sehr real und immer noch beängstigend.
Dass es Waikiki eine Herzensangelegenheit war, das von ihm auf Basis der Vorlage von Christine Leunens verfasste Drehbuch zu verfilmen, sieht man ihm in jeder Sekunde seiner eigenen Rolle an. Der Regisseur spielt Jojos imaginären Freund Adolf. Und er tut es auf eine wirklich unnachahmliche Art, hat mitunter die besten Komikmomente des ganzen Films.
Neben Sam Rockwell und sich selbst kann er aber auch auf eine grandiose Scarlett Johansson vertrauen, was ein weiterer Pluspunkt des Films ist. Zurecht mit einer Oscarnominierung für die besten Nebenrolle bedacht, schafft die Darstellerin es, dem Film (und ihrem Filmsohn) Wärme und Herzensgüte zu schenken, gleichzeitig aber eine höchst emanzipierte und wenn nötig auch mal sehr zupackende (oder wahrer: zutretende) Frau zu spielen. Das hat auch deshalb Klasse, weil es immer wieder ein Leichtes gewesen wäre, Figuren zu Karikaturen verkommen zu lassen. In Rosie transportiert der Film sein gutes Gewissen, seine humanitäre Moral und seine Toleranzbotschaft. Und wenn sie in einer denkwürdigen Sequenz gleichzeitig Mutter und Vater spielt, sitzt man als Zuschauer ähnlich beeindruckt dort wie Jojo, dem diese Lektion des Lebens zuteil wird.
Dessen Darsteller, der junge Londoner Roman Griffin Davis, ist als Jojo eine echte Offenbarung. In seinem Schauspieldebüt! gelingt es ihm mühelos, sowohl die überzeichneten Ideologie-Momente des Hitler verehrenden Jungen darzustellen als auch die leisen Töne in der sich aufbauenden Beziehung zu Elsa oder bei jenen Momenten, die einem ein bisschen im Hals stecken bleiben, abzuliefern.
Es ist den Machern UND der Synchro übrigens hoch anzurechnen, dass sie beide es nicht mit der Aussprache übertreiben. Während die Figuren im Original zwar ein etwas härteres Englisch sprechen, aber bis auf ein vereinzeltes th-Problem [ti-äetsch] bei Fraulein Rahm nicht in typisches Klischee-Nazisprech verfallen, hat man dies in der Synchro ebenfalls weitgehend vermieden. Es wäre auch schlicht zu platt gewesen und hätte zum Tenor des Films nicht gepasst. Schon gar nicht, wenn man die sanften und emotional aufgeladenen Szenen wie das Gespräch zwischen Elsa und Rosie betrachtet, das nach etwas über einer halben Stunde trotz aller Komik des Films mit einem echten Kloß im Hals zurück lässt. In einer der dunkelsten Szenen verschmelzen Satire, Drama, realer Hintergrund und Spannung zu einem wirklich packenden Höhepunkt: Wenn die Gestapo bei Jojo vorbeischaut, um nach dem Rechten zu sehen, hält man mitunter fast den Atem an, weil es so spannend inszeniert und so bitter die Historie reflektierend ist, dass man fast Beklemmungen bekommt. Gefolgt von der traurigsten Szene des Films schafft es Jojo Rabbit dennoch, mit einem unglaublich hoffnungsvollem und lebensbejahenden Bild zu schließen. Und David Bowie darf dazu von Helden singen.
- Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
Bild- und Tonqualität BD
Jojo Rabbit hat einen ausgesprochen erdigen und von Brauntönen dominierten Look. Es herrschen Ocker- und Sandfarben vor, die von etwas Beige und Grün ergänzt werden. Die echten Farbtupfer kommen von den roten Nazi-Flaggen, die kontrastreich herausstechen. Über eine nachträglich Körnung des digital aufgenommenen Films hat man versucht, einen analogen Look zu erzeugen, der allerdings darunter leidet, dass das Korn befremdlich soft erscheint. Die Schärfe ist in den allermeisten Fällen gut und in Close-ups sogar sehr gut. Daran kann dann auch das nachträgliche hinzugefügte Korn nichts ändern. Artefakte bleiben praktisch komplett aus. Sehr gut gelingen auch die etwas kühleren Szenen im Schwimmbad, die zu den wenigen Momenten gehören, in denen mal nicht alles in Brauntönen gehalten ist. Die Blau- und Türkistöne werden gut getroffen und bieten eine willkommen Abwechslung zum Rest.
Wie bei Anbieter Fox üblich, kommt die Blu-ray (und auch die UHD) mit einem deutschen dts-Ton, der sich in aller Regel deutlich besser schlägt als man aufgrund seiner Komprimierung denken könnte. Und das ist auch hier der Fall. Zwar liefert Jojo Rabbit kein Dauerfeuerwerk an dynamischen Ausbrüchen oder Effektschlachten, aber wenn er „ran“ muss, dann tut er das sehr ordentlich. Die vereinzelten Schüsse, die Captain K nach etwas über fünf Minuten abfeuert stechen einzeln und räumlich heraus. Ebenso raumfüllend klingen die völlig unterschiedlich gewählten Filmsongs, die von Beatles in deutscher Sprache gesungenen Komm‘ gib mir deine Hand bis hin zu Tom Waits‘ I Don’t Want to Grow Up oder dem (erneut deutsch gesungenen) Helden von David Bowie reicht.
Sämtliche Außenszenen gefallen durch ihre atmosphärische Umgebung. Ob das Pferdegetrappel ist oder Vogelgeräusche. Und die Sequenz im Schwimmbad lässt den authentischen Hall ebenfalls ins Heimkino. Nach 84 Minuten hält dann mit ein paar echten Explosionen der Krieg ein wenig Einzug ins Heimkino, was durchaus dynamisch wiedergegeben wird. Es mag nicht dauerhaft spektakulär zugehen, in Jojo Rabbit. Aber technisch vorwerfen kann man den Tonspuren nichts.
- Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
Bild- und Tonqualität UHD
Jojo Rabbit wurde komplett digital gefilmt. Zum Einsatz kamen hier Kameras vom Typ Arri Alexa Mini und Arri Alexa SXT, die mit 3.4K aufzeichneten. Für das Digital Intermediate wurde jedoch auf 2K herunter skaliert, was dann wiederum für die UHD hochgerechnet wurde. Gemastert wurde das Ganze dann mit dem statischen HDR-Format HDR10 sowie einem im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum.
Trotz des „nur“ 2K-DIs liefert die UHD in der Tiefe mehr Ruhe und Sicherheit. Beim Gebäude im Hintergrund (20’09) ist die Hausnummer nun nahezu erkennbar, wo es über die Blu-ray wirklich schwer ist, überhaupt Zahlen auszumachen. Auch die Loch-Felgen der beigeblauen Limousine auf der Straße sind klarer und deutlicher und die Korbstruktur der Behälter im rechten Bildbereich ist ebenfalls akzentuierter. Der „Wir geloben“-Spruch an der Wand nach 28’34 lässt sich über die UHD zumindest in Teilen lesen, während es über die BD wirklich schwer ist, Buchstaben zu erkennen. Man sieht zwar, dass man es nicht mit einer nativen 4K-Scheibe zu tun hat, aber grundsätzlich kann sich die Detailtiefe wirklich sehen lassen. In puncto Color Grading wirken die meisten Einstellungen sehr nahe an jenen der Blu-ray. Allerdings ist die Intensität sichtbar erhöht. Gerade die zahlreich vorkommenden Rot-Töne (alleine in den vielen Hakenkreuz-Fahnen) sind intensiver und kräftiger. Die erdige Farbgebung kommt noch etwas satter rüber, was auch daran liegt, dass HDR10 eine Kontrastintensivierung durch eine etwas dunklere Grundabstimmung erreicht. Zwar liefert die Disk keine Metadaten, aber so richtig kräftig erscheinen Highlights wie die Reflexionen in den Augen oder Lichter in der Nacht nicht. Wie schon bei der Blu-ray ist auch hier das nachträglich hinzugefügte Korn seltsam unfilmisch. Es wirkt auch hier befremdlich soft. Das hat man (wenn es denn schon Stilmittel ist) schon authentischer gesehen.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD bietet mehr Kontrast und kräftigere Farben.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Auch hier liefert die UHD mehr Intensität.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Hier wird deutlich, dass eine UHD schlicht mehr Nuancen darstellen kann und dadurch mehr Tiefe erzeugt.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Kräftigerer Teint und satteres Rot. Die UHD kann beides besser/intensiver.
- Dieser Artikel hat Deutsche Sprache und Untertitel.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Jojo Rabbit finden wir drei entfernte Szenen, die unter anderem auch den imaginären Herman Göhring porträtieren (oder sollte man besser „verballhornen“ sagen?). Die Outtakes zeigen dann entsprechende Albernheiten und Versprecher vom Set. Das Hinter-den-Kulissen-Featurette nimmt sich dann 30 Minuten Zeit, die Produktion näher zu beleuchten. Wir erfahren viel darüber, wie die Macher und Darsteller über die Story denken und bekommen zudem einige Schauspielporträts zu sehen. Obendrauf gibt’s dann noch den Audiokommentar von Taika Waititi. Das Bonusmaterial ist untertitelt.
Fazit
Jojo Rabbit mag im Mittelteil ein wenig hängen, weil der Wechsel von Komik auf Dramatik erst einmal eingeleitet und verdaut werden muss. Doch am Ende ergibt sich das stimmige Gesamtbild eines wunderbar gespielten, beizeiten brüllkomischen und dann wieder bedrückenden und dramatischen Films, der mit einem bedingungslos positiven Bild schließt.
Die UHD liefert dazu die kontrastreicheren und vor allem farbkräftigeren Bilder, die insgesamt auch eine bessere Laufruhe aufweisen. Der dts-Sound ist im Rahmen seiner Anforderungen sehr gut gelungen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 80%
Bildqualität UHD: 80%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 80%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 60%
Film: 85%
Anbieter: 20th Century Fox Home Entertainment Germany
Land/Jahr: USA/D/CZE 2019
Regie: Taika Waititi
Darsteller: Roman Griffin Davis, Scarlett Johansson, Thomasin McKenzie, Taika Waititi, Sam Rockwell, Rebel Wilson, Stephen Merchant, Alfie Allen
Tonformate BD/UHD: dts-HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 108
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Nein (2K DI)
High Dynamic Range: HDR10
Maximale Lichtstärke: keine Angabe
FSK: 16
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: 20th Century Fox Home Entertainment Germany)
… bzw. dessen Aussagen zu HDR10+.
Okay, vielen Dank für deine Ausführungen und auch nochmal vielen Dank zu deinem Kommentar zum Artikel vom HDTV Magazin von Christian Trozinski bzw. dessen Aussagen.
Gerne geschehen 🙂
Ihr schreibt, dass die UHD den besseren Kontrast und die satteren Farben hat. Also zumindest auf den Vergleichs-Screenshots hier ist das für mich nicht zu erkennen. Die UHD erscheint hier einfach nur dunkler. Teilweise so dunkel, dass die Details in dunklen Bildteilen komplett „absaufen“, z.B. der Jeep im dritten Bild, die Statuen links im Hintergrund im vierten Bild. Auch im zweiten Vergleichsbild ist die Türe im links im Hintergrund bei der UHD nur noch ein schwarzes Loch, das Pferd verliert fast alle Details.
Leider sind Screenshots (wie man sie auch macht) immer noch keine ideale Möglichkeit, exakt das abzubilden, was ein TV (bspw.) darstellen und das Auge live wahrnehmen kann. Das gilt für die Caps von Caps-a-holic, denen die HDR-Informationen weitgehend fehlen, und ebenso für meine, die vom Screen abfotografiert sind, um HDR etwas besser abbilden zu können und mehr das zu repräsentieren, was ein TV darstellt, nicht das, was theoretisch auf der Disk ist.
Allerdings ist hier die Dynamik nicht komplett abbildbar, weil der TV mehr Dynamik erzeugt als die Kamera aufzeichnen kann. Deshalb fokussiere ich die Belichtung stets so, dass es zum Text passt, der als Bildunterschrift drunter steht.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wichtig(er) als die Screen-Caps ist der Text. Und dem kann man Glauben schenken, da ich das ja mit eigenen Augen sehe. Die leichten Versumpfungen, die du über die Screens wahrnimmst, sind auf der physischen Disk live nicht vorhanden. Kontrast und Dynamik der UHD sind besser als über die Blu-ray.
Beim Jeep-Bild bspw. ging es mir darum, abzubilden, wie viel nuancierter die abgeblätterte Wand rüberkommt. Dafür habe ich die Belichtung entsprechend auf die helle Wand ausgerichtet. Deshalb ist der Reifen nicht mehr voll durchzeichnet. Gleiches gilt für die Statuen im vierten Bild. Hier liegt die Belichtung auf den Gesichtern, um dort die Unterschiede zu zeigen. Leider ist es so, dass man wirklich perfekte Screenshots (also exakt das, was der TV wiedergibt) nicht erstellen kann. Deshalb ist es gerade bei meinen Reviews wichtig, den Text in Kombination zu lesen. Sich nur an Screen-Caps entlang zu hangeln, wirft auch das Problem auf, dass jeder PC/Laptop/Tablet/Handy wiederum Farben/Kontraste/Dynamik anders wiedergibt. Auch das ist natürlich etwas, das man in seine Beurteilung von Caps immer mit einbeziehen muss.
Oft sind HDR Screenshots ja deutlich dunkler als beim SDR Bild zumindest wenn ich deine Internetseite auf meinem SDR Monitor betrachte. Wie ist es denn in der Praxis auf deinem kallibriertem OLED HDR TV? Sind da die Bilder auch häufig dunkler?
Sie sind in der Regel dunkler abgestimmt, ja. Wobei man das so einfach nicht sagen kann. Je nach Mischbeleuchtung sind die hellen Anteile wiederum deutlich heller als über die Blu-ray. Es ist ja eine Eigenschaft von HDR, die Kontrastdynamik zu spreizen. Also im Dunklen knackiger und im Hellen prägnanter zu sein.
Es gibt natürlich UHDs, die in Sachen HDR schlampen und über eine dunklere Bildabstimmung suggerieren, dass mehr Kontrast vorhanden ist, während Spitzlichter mit gerade mal 200-300 Nits zu Buche schlagen. Und natürlich kommen bis zum Leser gleich mehrere Faktoren hinzu, wie eben auch das Endwiedergabegerät (Monitor, Handy oder ähnliches), das HDR in der Regel ja eh nicht beherrscht.
Deshalb ist auch hier immer der Text relevant und wertvoll, wo ich entsprechend beschreibe, wie sich die Dynamik zwischen dunklen Bildanteilen und hellen Spitzlichtern verhält. Die Screencaps sollten nie isoliert betrachtet und als Wertung verstanden werden, sondern immer nur als Ergänzung zum geschriebenen Wort.
Hmmm… wirklich verstehen tue ich das nicht. Für mich wäre es logischer wenn die HDR Bilder insgesamt betrachtet nicht dunkler wirken, aber dafür in dunklen Bereichen besser durchzeichnen und in hellen Bereichen mehr „strahlen“. In diesen hellen und dunklen Bereichen könnten sich die Farben dann auch anders präsentieren. Es stellt sich mir also die Frage warum man sie in der Regel dunkler abstimmt? Verliert das Bild dadurch nicht auch an Natürlichkeit? Ich meine HDR kann natürlich bessere durchzeichnen in dunklen Bereichen als SDR, aber deswegen den ganzen Film insgesamt dunkler abzustimmen erschließt sich mir nicht.
Hast du noch keine UHD selbst zu Hause, mit der du nachvollziehen kannst, wie es „live“ aussieht?
Doch schon, allerdings bisher nur ein 4K TV ohne HDR… Ich bin bestimmt auch nicht der Einzige der das irritierend findet.
Man muss es im Vergleich gesehen haben, um es letztlich einordnen zu können.
Gehen wir von den guten UHDs (nicht den schlecht gemasterten wie bspw. Solo – A Star Wars Story) aus, ist die Durchzeichnung im Schwarz in der Regel besser, obwohl Schwarz noch knackiger und tiefer erscheint. Die Spitzhelligkeiten sind deutlich besser und strahlen förmlich. Dennoch kann es sein, dass die Grundhelligkeit bei einigen UHDs generell etwas dunkler abgestimmt ist. Da wird aus einer mittäglichen Lichtstimmung bspw. eher eine nachmittägliche. Zwar ist das nicht bei allen Scheiben so „extrem“, aber eben bei einigen.
Was da jetzt gewollt ist, was der ursprünglich intendierte Look ist (ob eher jener der BD oder jener der UHD), bleibt natürlich offen. Fakt ist, dass trotz der im Schnitt etwas dunkleren Abstimmung das subjektive Kontrastempfinden des Zusehers gesteigert wird. Das Bild wirkt knackiger und satter. Eben auch, weil Spitzlichter prägnanter sind und besser hervortreten. Dazu hast du wesentlich mehr Farb- und Grauschattierungen, die die Bilder nuancierter werden lassen. Und es kommt eine bessere Tiefenwirkung zustande.
Bei QLED- oder LCD-TVs wirst du das vermutlich so sehr gar nicht merken, weil die Dinger aus sich heraus meist heller sind. Auf einem OLED ist es auffälliger. Dafür hast du dort halt noch satteres Schwarz.
Es gibt in der Tat aber ein paar UHDs, die du im Vergleich zur BD auf einem OLED nur gucken kannst, wenn es drumherum eher dunkel ist.