Jurassic World

Blu-ray Review

Jurassic World Blu-ray Review Cover
Universal Pictures, seit 22.10.2015

OT: Jurassic World

 


Natürliche Auslese

Der dritterfolgreichste Film aller Zeiten entert das Heimkino.

Inhalt

„Wenn euch irgendwas jagt, lauft!“ – Der Ratschlag von Grays Mom Karen sollte ironisch sein und enthält doch ein Fünkchen Wahrheit. Immerhin ist der vor 20 Jahren eröffnete Dinosaurierpark damals Schauplatz eines ziemlich verheerenden Ausbruchs einiger geklonte Dinosaurier gewesen. Heute ist Jurassic World ein absolut sicherer Tierpark mit mehr als 20 unterschiedlichen Spezies. So spektakulär wie das Ganze ist, so abhängig ist das Geschehen von den Besucherzahlen. Und diese steigen immer dann an, wenn ein neuer Dino präsentiert wird. Idealerweise ist der dann größer und gerne auch aggressiver als die bisherigen Urzeitechsen. Das ist auch der Grund, warum sich die Verantwortlichen rund um Leiterin Claire Dearing vor kurzem einen Dino-Hybriden, also eine Mischung aus zwei unterschiedlichen Spezies designt und zum Leben erweckt haben. Der Indominus Rex ist ein ganz besonders liebreizendes Kerlchen geworden und frisst einen T-Rex gerade mal so zum Frühstück. Dass das nicht ganz der Natur entspricht, weiß auch Owen Grady, der sich um die Zähmung der Raptoren kümmert und einen Draht zu den Dinos hat. Einen Indominus Rex, noch dazu einen, der isoliert aufgewachsen ist, zähmt man aber nicht einfach, man läuft vor ihm weg – und zwar so schnell wie möglich. Vor allem, wenn das hungrige Kerlchen aufgrund eines dummen Zufalls plötzlich aus seinem Gehege ausbrechen kann und ungefähr 20.000 Besucher schlagartig auf dessen Speisekarte stehen …

September 1993: Der Verfasser dieser Zeilen betritt das erste Mal ein Kino außerhalb des ansonsten frequentierten, übel verquarzten Weseler Lichtspielhauses „Im Dudel“. Der Grund: Steven Spielbergs Jurassic Park. Das große Multiplex in Essen hatte erst kurz zuvor eröffnet und der Film, der das Thema visuelle Effekte in ein neues Jahrtausend führen sollte, lief in gefühlt zehn von 16 Sälen. Wahrscheinlich waren es am Ende immerhin sechs und vor jedem einzelnen stand eine unfassbare Traube von Menschen. Nun, 22 Jahre nach dem ersten und 14 Jahre nach dem dritten Teil des Dino-Franchise startet die Serie also von Neuem und schlug im Kino ein wenig unerwarteterweise ein wie eine Bombe. Natürlich hatte man mit einem Erfolg gerechnet. Wohl aber nicht mit einem weltweiten Einspiel von 1,6 Mrd. Dollar. Damit liegt Jurassic World hinter Avatar und Titanic auf dem dritten Platz der erfolgreichsten Filme aller Zeiten – 16 Plätze vor Jurassic Park, der seinerzeit das Zeitalter der Big-Blockbuster einläutete und insgesamt (ohne Inflationsausgleich und inklusive seiner 3D-Wiederaufführung vor etwas über zwei Jahren) bei knapp 1,0 Mrd. Dollar liegt. In einer Zeit, in der die Kinos vor Superheldengeschichten nur so wimmeln, schien es irgendwie cool zu sein, in einen verhältnismäßig oldschooligen Kreaturenfilm zu gehen. Noch überraschender ist dies, da Regisseur Colin Trevorrow vor der Inszenierung von Jurassic World „nur“ durch einen (großartigen) Independentfilm namens Journey of Love – Das wahre Abenteuer ist Liebe aufgefallen war. Die Zeiten unabhängiger Filme scheinen nun für den sympathischen Regisseur vorbei zu sein, denn (man mag es kaum glauben) Trevorrow ist noch einmal eine Stufe auf der Karriereleiter nach oben gestolpert und darf für 2019 Star Wars: Episode IX dirigieren. Aber mal weg von den Fakten: Ist Jurassic World wirklich so gut, wie es die Einspielergebnisse vermuten lassen?

Um es ohne Umschweife zu sagen: Lässt man die Originalität und Innovation des ersten Teils beiseite, ist der vierte Film absolut ebenbürtig. Manchmal wähnt man sich gar in ein einem aufwändiger produzierten Reboot mit starkem Remake-Charakter: So gibt es zwei Kinder, die den Park besuchen, einen Anverwandten, der diese dort empfängt, es gibt einen ignoranten und affektierten Sicherheitstypen und den realistischen Kerl, der zum Helden mutiert. Glücklicherweise hat man keine Entsprechung für Laura Derns Archäologin gefunden – einmal eine Figur, die zwei Stunden mit offenem Mund rumrennt reicht der Filmgeschichte aber auch. Die Besetzung selbst kann sich sehen lassen. Nicht nur ist mit B. D. Wong der (jetzt nicht mehr ganz so junge) Wissenschaftler Henry wieder mit an Bord, passen auch Bryce Dallas Howard und Chris Pratt ziemlich gut in ihre Rollen. Howard beherrscht den Spagat aus unnahbarer durchorganisierter Zicke und langsam zugänglich werdender besorgter Tante hervorragend und Pratt ist seit Guardians of the Galaxy ohnehin Everybodys Darling. Wie die beiden sich kämpferisch auf den Weg machen, um ihre Neffen zu finden, ist schauspielerisch weitaus besser und amüsanter als das, was der unterforderte Sam Neill und seine überforderte Partnerin im Original veranstaltet haben. Was Jurassic World etwas fehlt, ist ein Jeff-Goldblum-Charakter, der mit seinem wilden Gesten das Darsteller-Highlight in Jurassic Park markierte.

Neben den realen Schauspielern sind natürlich die Dinos die Hauptfiguren und hier überzeugt Jurassic World auf ganzer Linie. Die Technik macht es möglich, dass man heute nicht mehr über eine Stunde warten muss, bis der schaurige Böse-Saurier in Erscheinung tritt und dunkel muss es auch nicht mehr sein. So erlebt man im vierten Film des Franchise die Dinos von Beginn an sowie in heller Pracht und Vielfalt. Von den flinken Velociraptoren über die großen Pflanzenfresser und den T-Rex bis zum äußerst beeindruckenden Mosasaurus und dem Indominus, der in der Tat ziemlich bösartig umgesetzt wurde. Apropos bösartig: Erstaunlich brutal geht der Film trotz (meist) fehlenden Blutes zu Werke. Da werden immer wieder aus verhältnismäßig heiterem Himmel Nebenfiguren nicht nur verletzt, sondern einfach rigoros getötet. Ist zwar eigentlich klar, weil fleischfressenden Sauriern wohl ziemlich egal ist, welcher Mensch ihnen gerade vor den Kiefer läuft, doch zur Stimmung des Films passt das nicht immer perfekt. In Sachen Action bedient sich Trevorrows Film übrigens nicht nur beim Original, sondern gerne auch mal bei Genreklassikern wie Die Vögel oder Indiana Jones. Letzteres vor allem dann, wenn Owen auf dem Motorrad im Gefolge seiner Raptoren durch den Dschungel heizt – eine der packendsten Szenen des Films, der sich ein beinahe halbstündiger Showdown der Extraklasse anschließt. Wie schon 1993 gehören auch 2015 die stärksten Szenen den Raptoren, die im Rudel auf Beutefang gehen. Dass deren Animationen absolut perfekt sind, muss hier sicher nicht erwähnt werden. Bei allem Spaß und Unterhaltungsfaktor muss auch Kritik angebracht werden. So bricht (wie schon damals in Spielbergs Film der T-Rex) auch hier der große Killer nur aufgrund eines völlig dämlichen Fehlers der Menschen aus seinem Gehege aus. Würde ein erfahrener Dinosaurier-Dompteur und Naturbursche, der dem Projekt Indominus Rex grundskeptisch gegenübersteht, wirklich ohne eine weitere Überprüfung sich nur auf das fehlende Wärmebild des Exemplars verlassen und einfach so in das Gehege eintreten? Und wo wir gerade bei Kritik sind: Schon in Jurassic Park nervte das Product Placement und offensichtlich hat auch für den neuen Film ein Autobauer aus Stuttgart-Untertürkheim den Zuschlag fürs Sponsoring erhalten. Deren blitzblankes SUV-Coupé darf dann auch gleich mehrfach seinen Kühlergrill prominent in die Kamera halten – und es nervt genauso wie damals.

Ungewöhnliches Bildformat

Beim Bild von Jurassic World fällt zunächst das ungewohnte Format von 2,00:1 auf. Warum das so ist, erklärte Kameramann John Schwartzman damit, dass er selbst gerne in Scope, also Widescreen gedreht hätte. Steven Spielberg, der als ausführender Produzent ein Wörtchen mitzureden hatte, entgegnete allerdings, dass er es (wie schon beim Original) gerne in 1,85:1 gehabt hätte – und zwar, um die Dinosaurier größer auf den Bildschirm/die Leinwand zu bekommen. Man einigte sich deshalb auf einen Kompromiss und der lag eben bei 2,00:1.
Das Bild selbst ist bisweilen extrem krisp und scharf. Hin und wieder hat man den Eindruck, dass es sogar ein wenig überschärft – gerade, wenn Darsteller in Nahaufnahme gefilmt werden. Farben in Jurassic World sind äußerst lebhaft und die Detailtiefe ist ziemlich beeindruckend. In dunklen Bereichen auf Gesichtern gehen schon mal Details etwas unter, dafür hinterlässt das dezente Korn einen sehr analog-filmischen Eindruck. Ganz herausragend sind die digital animierten Kreaturen gelungen. Nicht nur passen sie sich gut in ihre Umgebung ein, sondern haben bspw. die Raptoren eine beeindruckend plastische Textur. Störend sind hingegen die arg kräftigen Gesichtsfarben in den dunkleren Szenen. Oft meint man, die Damen und Herren wären zu lange auf der Sonnenbank gewesen. Gerade Bryce Dallas Howard leidet darunter, wenn sie in der dunklen Kommandozentrale vor den bunten Instrumenten steht. Diese Momente stehen einer Big-Budget-Produktion tatsächlich nicht gut zu Gesicht und enttäuschen ein wenig.

Tonqualität

Es ist ja mittlerweile keine Überraschung mehr, dass gerade die großen Filmverleihe bei ihren Blu-rays die deutsche Tonspur sträflich vernachlässigen. Universal Pictures ist da leider keine Ausnahme. Und so muss auch Jurassic World mit einer regulären 5.1-dts-Spur auskommen, wo die Originalfassung mit feschem 7.1-dts-HD-Master daherkommt. Allerdings, das muss man fairerweise sagen: Die reguläre dts-Spur ist der HD-Variante bis auf Nuancen ebenbürtig. Selbst die Lautstärke (sonst oft merklich unterschiedlich) liegt auf dem gleichen Niveau. Der aus dem Wasser emporschießende Mosasaurus hinterlässt bei seiner Fütterung eine beeindruckend dynamische Effektnote und wenn sich der gerade ausgebrochene Indominus Rex dem unter dem Fahrzeug liegenden Owen nähert, atmet er derart tieffrequent aus seinen Nüstern aus, dass der Boden wackelt. Auch sein erster Auftritt im Gehege wird begleitet von knarzenden Atemgeräuschen und dumpfen Schritten. Leider fehlen aber zwischendurch auch Informationen. So landet der Pick-up ziemlich unspektakulär auf dem Dach, nachdem ihn der riesige Saurier meterhoch durch die Luft geschleudert hatte. Auch der Filmscore (angelehnt an das Original von 1993) klingt manchmal etwas spitz und wenig differenziert. Das sind zwei Kritikpunkte, die zwar auffallen, jedoch immer dann in den Hintergrund rücken, wenn der Indominus irgendwo hinter dem Zuschauer im Park herumläuft und Witterung aufnimmt. Wenn sich Palmen dumpf knicken, Blattwerk rieselt und seine Schritte den Boden zum Vibrieren bringen, ist das genauso beeindruckend, wie die entkommenden Flugsaurier, die höchst effektvoll durch die Luft gleiten. Ohne zu Übertreiben gehört der Sound von Jurassic World zu den lebhaftesten und räumlichsten der letzten Zeit, wenn es um die Effektdarstellung geht. Ein wenig mehr Differenziertheit und Homogenität hätte ihm aber gut getan.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial der Blu-ray von Jurassic World stolpert man zunächst über die entfernten Szenen. Knapp sechs Minuten laufen diese, tragen aber nicht allzu viel zum Film bei, sind also durchaus zu Recht herausgenommen worden. Am nettesten ist noch die Sequenz zwischen Owen und Claire, wenn er sich mit Dinosaurierkacke einschmiert und das Gleiche auch von ihr verlangt. Neben den unveröffentlichten Sequenzen warten dann insgesamt fünf Featurettes auf den Käufer der Disk. In „Chris & Colin tauchen in Jurassic World ein“ gibt’s neun Minuten lang ein Interview zwischen Chris Pratt und Regisseur Colin Trevorrow, das die beiden in ziemlich selbstironischer Laune zeigt. Wir erfahren bspw., dass Pratt schon 2009 voraussah, irgendwann Teil des Casts des vierten Jurassic-Park-Films zu sein. In „Willkommen zu Jurassic World“, einem der Hauptfeatures, das mit 30 Minuten Laufzeit wirklich aufschlussreich geraten ist, führt uns Steven Spielberg zurück zu den Ursprüngen des Franchise. Außerdem erfahren wir kapitelweise etwas über den Drehort Hawai, die animatronischen Dinos und natürlich auch über die Darsteller. „Dinosaurier streifen umher“ kümmert sich natürlich um die eigentlichen Hauptdarsteller des Films, die visuell erschaffenen Urzeitviecher sowie die Interaktion mit den Darstellern, die erneut viel Fantasie aufbringen mussten, wenn sie mit Tennisbällen oder grünen Holzteilen als Dinoersatz arbeiten mussten. In „Jurassic World: All Access Pass“ sezieren Pratt und Trevorrow anhand einiger Szenen die Herangehensweise an eben jene Sequenzen. Die „Führung durch das Innovationszentrum mit Chris Pratt“ letztlich ist ein zweiminütiges Kurzfeaturette über die große Museumshalle der Jurassic World. Auch hier entpuppt sich Pratt mal wieder als alberner Spaßvogel. Insgesamt hätte man sich trotz der nicht wenigen Featurettes noch ein bisschen mehr Making-of gewünscht. Eine zweite Disk mit umfassendem Bonusmaterial hätte dem dritterfolgreichsten Film aller Zeiten durchaus gut gestanden.

3D-Effekt

Der nachträglich ins Dreidimensionale konvertierte Jurassic World weist einige Szenen auf, die explizit für den 3D-Effekt entworfen wurden. Das sieht man bereits der 2D-Fassung an, wenn immer mal die riesigen Mäuler der Dinosaurier auf den Zuschauer zuschnappen oder der spitze Schnabel der Flugdinos aus dem Bildschirm zu ragen scheint – allerdings ließ sich das bei diesem Review nicht nachvollziehen, da mir leider lediglich die 2D-Version zum Review zur Verfügung gestellt wurde.

Fazit

Jurassic World ist eine moderne, rasante, perfekt getrickste Version des Originals von 1993 geworden. Das schien 2015 den Nerv der von Superhelden übersättigten Zuschauer getroffen zu haben und kann jetzt auf Blu-ray zu Hause genossen werden. Die ist technisch zwar sehr gut aber eben nicht in allen Punkten herausragend. Ein wenig Potenzial bleibt bei Bild und Ton auf der Strecke, was für die Besitzer potenter Heimkinos etwas schade ist. In Sachen Unterhaltung und Monsterkreaturen kann Trevorrows Film aber voll überzeugen und zieht (wen wundert’s) eine Fortsetzung nach sich, die für 2018 geplant ist.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 60%
Film: 75%
3D-Effekt: Wertung entfällt

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Colin Trevorrow
Darsteller: Chris Pratt, Bryce Dallas Howard, Ty Simpkins, Nick Robinson, Irrfan Khan, Vincent D’Onofrio, Jake Johnson, Omar Sy, Judy Greer
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 124
Codec: AVC
FSK: 12

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