Blu-ray Review
OT: Kandahar
Raus aus der Wüste
Gerard Butler muss als Undercover-Agent vor dem Zugriff unterschiedlicher Parteien flüchten.
Inhalt
Tom Harris, gut ausgebildeter Ex-MI6-Agent, arbeitet seit geraumer Zeit auf Zuruf und innerhalb von Black-Ops als Undercover-Agent für die CIA. Für seinen jüngsten Auftrag nimmt er eine Tarnung als Techniker eines Schweizer Kommunikationsunternehmens an. Sein Ziel: Eine Schadsoftware in iranische Atomforschungsanlagen einschleusen und so das Land daran hindern, Atombomben zu erwerben. Harris gelingt der Coup, doch er hat seine Rechnung ohne den iranischen Geheimdienst gemacht. Der ließ die britische Journalistin Luna überwachen, die Informationen über die laufende Sabotage erhielt. Kurz nach der Zerstörung der Anlage durch die Schadsoftware wird Luna festgenommen und erzählt Farzad, dem Leiter der Ermittlungen, was sie weiß. Während Tom den Iran über Dubai verlässt, heftet sich Farzad auf seine Fersen. Da Toms Kontaktmann in Dubai noch einen lukrativen Job in Herat offeriert, nimmt Harris an. Doch dann erfährt er, dass seine Tarnung aufgeflogen ist und er über Kandahar die Flucht nach Hause antreten muss …
Ric Roman Waugh und Gerard Butler kennen sich mittlerweile ziemlich gut. Bereits zweimal kreuzten sich die Wege des Schauspielers und des Regisseurs. In Angel Has Fallen, dem dritten Teil der Fallen-Serie, entwickelten sie ein großangelegtes Verschwörungsszenario rund um einen erneuten Anschlag auf den Präsidenten, während sie in Greenland andere Wege beschritten. Dort ließen sie den Familienvater John mitsamt Ehefrau und Sohnemann als Auserkorene des Heimatschutzministeriums im Auge des drohenden Untergangs der Welt vor Kometensplittern flüchten. Nun arbeiteten sie zum dritten Mal zusammen und nehmen wieder Abstand vom „normalen“ Familienvater. Kandahar hat eher wieder die typischen Gerard-Butler-Filme-Züge, in denen ein Ex-irgendwas-Agent zum Rächer/Retter oder Solokämpfer wird. Die Skriptvorlage allerdings ist nicht rein fiktiv, sondern kommt vom ehemaligen Militäroffizier Mitchell LaFortune, der darin seine Erfahrungen bei der Defense Intelligence Agency (DIA) verarbeitet hat. LaFortune war 2013 in Afghanistan im Einsatz, während die Welt unter dem Einfluss der Snowden-Enthüllungen stand. Gerard Butler zeigte früh Interesse an der Vorlage und fungierte hier nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Produzent.
Was dabei herauskam, ist ein durchaus spannend aufgebauter Agenten-Action-Thriller, der vor allem durch eines überrascht: seine betonte Ernsthaftigkeit. Waugh hält in teils konsequenten Bildern und mit düsterer Musikunterlegung fest, dass er es ernst meint. Die Entführung von Journalistin Luna gerät entsprechend heftig. Zimperlich gehen die Kerle nicht vor. Das Setting (gedreht wurde in Saudi-Arabien und dort erstmals für eine US-Produktion in der Stadt Dschidda sowie in der Al -‚Ula-Oase) hilft, um das Ganze möglichst authentisch abzubilden. Und das erfährt man hier tatsächlich spürbar. Es macht einfach viel aus, wenn man sieht und weiß, dass hier nicht in Studios vor Greenscreens oder LED-Wänden, sondern an echten Schauplätzen gedreht wurde. Dass Kandahar seine Story ein wenig aufbauscht und mit zahlreichen Figuren anreichert, um am Ende doch in einem typischen Action-Showdown zu landen, sei verziehen. Allzu unübersichtlich wird’s nicht und folgen kann man dem Ganzen durchaus. Außerdem nimmt sich Waugh auch Zeit für seine Nebenfiguren. Gerade Toms Übersetzer-Kollege Mohammad erhält erstaunlich viel Screentime, was dem Film guttut. Ebenso wie die Tatsache, dass man Farzad, dem Einsatzleiter vom iranischen Geheimdienst, eine sehr menschliche Seite verpasst und ihn nicht unnötig zum Fiesling ohne Gewissen degradiert, auch wenn das im Verlaufe des Films nicht mehr zum Tragen kommt.
Die Actionszenen an sich fallen zwar nicht über die Maßen spektakulär aus, doch die Sequenz mit dem Hubschrauber in stockfinsterer Nacht nach etwa 60 Minuten ist wirklich herausragend spannend geraten. Kandahar bemüht sich zudem weitestgehend um eine ausgewogene Darstellung der Glaubensrichtungen und dämonisiert die beteiligten Parteien nicht über die Maßen. Allerdings schreckt man nicht vor einem vor Pathos triefenden Ende zurück, das so übertrieben ist, dass es kracht. Vor allem, wenn man in Betracht zieht, was hier alles für zwei Männer getan wird. Außerdem ärgerlich sind nach wie vor gewisse Überheblichkeiten, mit denen der westliche Film Menschen aus dem Nahen Osten begegnet. Als die Wachen in Bezug auf Toms Arbeit misstrauisch werden, reicht dem Undercover-Mann ein Griff in seine Tasche und zum Smartphone, um die schnelle Internetverbindung zu präsentieren. Man muss also nur ein bisschen Fußball zeigen und schon sind die etwas verloren in der Wüste rumstehenden Wachen befriedigt. Ob das an der Stelle glaubwürdig ist oder nicht, sei dahingestellt. In jedem Fall wirkt es arrogant. Wer sich an solchen Dingen nicht stört, bekommt einen gradlinigen Actionthriller mit atmosphärischem Setting und ein paar sehr spannenden Momenten.
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Bild- und Tonqualität BD
Wie die allermeisten Film der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit, so wurde auch Kandahar digital gedreht. Allerdings ist es nicht der ruhigste aller Digitalfilme. Ein gewisses Maß an digitalem Rauschen ist durchgängig zu sehen, was allerdings nur jene stört, die es absolut clean wollen. Was man allerdings ebenfalls direkt sieht, ist die sehr helle Abstimmung. Tageslichtszenen sind teils schon arg leuchtend und überziehen auf hell angestrahlten (weißen) Flächen (Hochhäuser bei 9’41). Die Schärfe gerät in Close-ups sehr gut und zeigt Gesichter mit knackiger Detailauflösung. Geht’s in Halbtotale, ist das oft noch okay, aber nicht immer. Totale hingegen dürften mehr Detailtiefe bieten. Recht gut gelingen die Kontraste, die zwar noch von einem etwas satteren Schwarz profitieren dürften, aber bei Mischhelligkeiten durchaus zufriedenstellen. Hin und wieder werden Bärte in Dunkelheit etwas grünlich eingefärbt, doch das sandige Szenario erhält angenehm authentisch-warme Farben. Was das Encoding angeht, hätte es noch besser sein dürfen. Gerade bei den uniformen, jedoch mit Schattierungen versehenen Flächen (wie dem Wüstenkamm zu Beginn) zeigt sich es sich nicht sehr souverän. Im unteren Bereich wird das Digitalrauschen nicht homogen wiedergegeben und bildet unschön wabernde Teilbereiche, teils mit leichten Einfärbungen. Etwas besser wird das bei den Vogelperspektiven im Anschluss, die gleichmäßiger rauschen. Hier dürfte die UHD Blu-ray vermutlich sauberer arbeiten.
Die Blu-ray (und auch die UHD Blu-ray) kommen mit je einer DTS-HD-Master-Tonspur für beide Sprachfassungen. Und den beiden ist gemein, dass sie während der Scharmützel sehr räumlich agieren. Immer wieder hört man widerhallende Geräusche von den umliegenden Bergen, die das Geballer mit unterschiedlichen Kalibern authentisch nachhallen lassen. Erstaunlicherweise ist es – untypisch für Anbieter Leonine – dieses Mal die englische Fassung, die etwas leiser (rund 3-4 dB) eingepegelt ist und subjektiv auch etwas weniger dynamisch klingt. Nicht, dass die deutsche Version eine Ausgeburt an brutaler Dynamik wäre, sitzen bei ihr die zahlreichen Explosionen im neunten Kapitel satter. Dies allerdings unter der Einschränkung, dass es so richtig ultratief nur einmal runtergeht – während der unterirdischen Explosion nach etwas über 17 Minuten. Während der Gefechte hingegen kommt nur gelegentlich mal ein etwas satterer Bass zur Geltung. Beispielsweise während einer Granatenexplosion. Zwar ist Kandahar nicht vorzuwerfen, dynamikkomprimiert zu sein. Aber so richtig aus den Puschen kommt er eben auch nicht immer.
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Bild- und Tonqualität UHD
Kandahar wurde mit einer ARRI Alexa Mini LF sowie einer Sony FX3 aufgenommen. Letztere kommt nicht selten bei YouTube-Vloggern zum Einsatz. Während beide Geräte mit 4K aufzeichnen, war nicht gesichert herauszufinden, ob es ein 4K-DI gab oder nicht. Gesichert ist, dass HDR in Form von HDR10 an Bord ist und das Ganze im Rahmen eines erweiterten Farbraums abgelegt wurde. Schaut man sich das Bild an, ist es vor allem zwei Nuancen dunkler. Da eine der Schlüsselszenen bei Nacht spielt und man oft nur durch ein Nachtsichtgerät sieht, werden diese Szenen über die UHD Blu-ray so dunkel abgebildet, dass man hier ohne Restlicht schauen sollte. Allerdings ist der Schwarzwert satter und nimmt auch nicht so schnell eine tendenzielle Grüneinfärbung an, wie es bei der Blu-ray der Fall ist. Bei den Spitzlichtern dürfte die UHD Blu-ray allerdings durchaus mehr Punch haben. Die nächtliche Beleuchtung der Stadt bei 31’00 ist zwar etwas farbkräfiger und -differenzierter, allerdings könnten die Leuchtelemente wesentlich mehr „knallen“. Farblich gefällt die HDR-Scheibe besser, da sie wärmer abgestimmt und weniger gelbbetont in der Wüste oder auf den Gesichtern erscheint. Gerade bei Hauttönen wirkt das natürlicher. Über fast die komplette Laufzeit ist das Encoding sichtbar sauberer, auch wenn es mit den ganz schwierigen Momenten wie der Szene am sandigen Wüstenkamm zu Beginn ebenfalls noch zu kämpfen hat. Dennoch werden uniforme Flächen homogener abgebildet und das gleichmäßigere und feinere Digitalrauschen sorgt auch für eine bessere Auflösung in der Tiefe. Wir haben es übrigens durchaus mit einem 4K-DI zu tun, was man gut am höheren Detailgrad während der Totale von Städten erkennen kann. Bei 50’22 kann man die Türmchen besser erkennen, werden die Stromleitungen sauberer abgebildet und die Fenster in den Häusern definierter dargestellt. Auch die Zeichnungen der Fugen zwischen den Backsteinen gerät schärfer/klarer.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD Blu-ray ist dunkler abgestimmt und weniger gelb im Wüstensand. Farblich sieht das realistischer aus.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD-BD hat hier im Encoding auch noch leichte Probleme. Wichtig ist aber: Man sieht diese feinen Linien im Sand im unteren Bereich (wie von einer Klapperschlange), die von der Blu-ray nicht aufgelöst werden.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD Blu-ray kann das ein wenig besser, aber weiterhin nicht perfekt. Gut zu sehen am Hochhaus rechts unten.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … ist dies einer der weniger glücklichen Shots, um mehr Auflösung zu zeigen. Das ändert sich aber bei den anderen Screenshots.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … doch die generelle Kontrastdarstellung ist sichtbar besser. Schwarz ist einfach knackiger.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … zeigt sich durchaus ein Plus an Auflösung. Erkennbar am Kennzeichen, aber auch an den Fenstern der Hochhäuser. Ebenfalls gut erkennbar ist das harmonischere Encoding, das souveräner ist als bei der Blu-ray.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … zeigt sich die HDR-Scheibe natürlicher und mit mehr Braunanteilen.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … erkennt mehr Details auf Travis Fimmels Gesicht und im Bart.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Gut sichtbar auch hier: Die dunklere Abstimmung mit dem gleichzeitig aber besseren Kontrastumfang.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … sind Stromkabel, Details und die Türmchen im Hintergrund schärfer abgebildet.
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Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Kandahar findet sich nebem dem Trailer lediglich ein Behind the Scenes, das mit zwei Minuten auch arg dünn ausgefallen ist und mehr einem unkommentierten Trailer-Blick hinter die Kulissen gleicht.
Fazit
Kandahar erfindet das Rad nicht neu und Gerard Butler macht hier kaum mehr, als in sämtlichen anderen Filmen ähnlicher Machhart. Damit liegt er ungefähr auf einem Level mit Jason Statham. Seinen Fans wird’s gefallen. Und Ric Roman Waugh gelingen einige wirklich spannende Momente. Diese werden von einem effektvollen und weitgehend dynamischen Ton begleitet, während das Bild der Blu-ray verbesserungswürdig ist und das der 4K-Disk im oberen Mittelfeld landet.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 70%
Bildqualität UHD: 75%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 85%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 10%
Film: 70%
Anbieter: Leonine Distribution
Land/Jahr: USA 2023
Regie: Ric Roman Waugh
Darsteller: Gerard Butler, Hakeem Jomah, Lee Comley, Ali Fazal, Bahador Foladi, Fahim Fazli, Farhad Bagheri
Tonformate BD/UHD: dts-HD-Master 5.1: de, en
Untertitel: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 121
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66/BD-100
Real 4K: Ja/Nein (xx DI)
High Dynamic Range: HDR10, Dolby Vision
Maximale Lichtstärke:
FSK: 16
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Leonine)
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Trailer zu Kandahar
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Kleiner Hinweis: Der Film ist nicht in Dolby Vision!
Korrekt. Steht auch so im Text. Nur leider in den technischen Angaben unten nicht gelöscht. Danke für den Hinweis.