Kenau – 300 gegen die Armee Spaniens

Blu-ray Review

Kenau - 300 gegen die Armee Spaniens Blu-ray Review Cover
Ascot Elite, seit 04.08.2015

OT: Kenau

 


Johanna von Haarlem

Packender und epischer Historienfilm aus den Niederlanden.

Inhalt

Haarlem im Jahre 1572: Die Armee Spaniens steht vor den Toren und als mächtigstes Land der Welt stellen sich ihnen nur törichte Führer entgegen. Prinz Wilhelm von Oranien ist so einer, der unter protestantischer Flagge gegen die Spanier kämpft. Doch Haarlem ist bisher untentschlossen. Während der Ratsherr Duyff drauf und dran ist, klein beizugeben, formiert sich ein Widerstand, der Unterstützung in der Bevölkerung sucht. Kenau Simonsdochter Hasselaer, Betreiberin der örtlichen Schiffswerft, hält nichts davon, sich gegen die Spanier aufzulehnen, sondern Verhandlungen für das beste Mittel. Doch als ihre Tochter nach einer Protestaktion bei lebendigen Leib verbrannt werden soll und nur durch den Gnadenschuss der älteren Schwester vor der Pein bewahrt wird, steigt der Hass gegenüber den Ereignissen in der schockierten Frau hoch – zumal sie erfährt, dass Duyff die Stadt verkauft hat. Sie organisiert eine Herberge für die anrückende Verstärkung von Prinz Wilhelm und schwingt sich gar selbst zur Widerständlerin auf. Den ersten Ansturm der Spanier können sie mit versammelten Kräften abwehren, doch die Verluste sind zahlreich. Als Kenau einen heißen Tipp bekommt, dass ein erneuter Angriff auf ein ungeschütztes Tor bevorsteht, sichert sie dieses mit den Frauen des Dorfes und sorgt so für Verwirrung bei den Spanieren …

Maarten Treurniet inszenierte im letzten Jahr mit Kenau – 300 gegen die Armee Spaniens ein für niederländische Verhältnisse geradezu episches historisches Schlachtengemälde und erzählt die Geschichte von Kenau, einer Frau, die gemeinsam mit 300 weiteren weiblichen Widerständlern mit dafür verantwortlich sein soll, dass Holland seine Unabhängigkeit erlangen konnte. Diese Taten machten sie landesweit berühmt, wenngleich die Dame durchaus auch heute noch kontrovers betrachtet wird. So gilt der Name Kenau immer noch etwas abfällig als Synonym für Mannsweib. Treurniert spart diese Kontroverse natürlich in seinem Film aus, geht es doch vornehmlich um die Formierung des Widerstands und die sich daran anschließenden Schlachten. Seine Hauptdarstellerin Monic Hendrickx (Der Blitzangriff: Rotterdam 1940) schickt er dabei durch eine Tour de Force an Gefühlen und dramatischen Ereignissen, lässt sie mitansehen, wie die eigene Tochter aufgeknüpft wird und alsbald das Schwert gegen die vorrückenden Spanier zücken. Das Treiben in Kenau ist dabei stets unterhaltsam und sowohl in punkto Ausstattung als auch in Bezug auf Atmosphäre entsprechend teuren Produktionen aus den USA ebenbürtig. Zwischen den Angriffen macht sich zwar auch ein wenig Zähfluss breit, den man hier und da hätte straffen können, doch immerhin entwickelt der Regisseur seine Charaktere nachhaltig. Dabei spart er im Übrigen nicht mit Kritik an seiner Hauptfigur, die immer mal wieder als selbst- und herrschsüchtig beschimpft wird und vor ihren eigenen Gefühlen davonläuft. Hendrickx gibt dabei eine bravouröse Vorstellung ab. Ihr spröder Charme ist genau richtig, um die ambivalente Hauptfigur darzustellen. An ihrer Seite ist Barry Atsma (Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück) ein wenig zu gutaussehend und über den Dingen stehend, um als echter Hauptmann durchzugehen. Es fällt schwer zu glauben, dass Ripperda so viel Unterstütung und Verständnis für Kenau aufgebracht hat.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Kenau – 300 gegen die Armee Spaniens kommt extrem ruhig rüber, offenbart kaum Körnung oder gar Rauschen. Der Kontrastumfang wurde etwas reduziert, um dem Thema und der Authentizität gerecht zu werden. Vornehmlich herrschen Brauntöne, nur wenige kräftigere Farbtöne blitzen hier und da durch. Die Schärfe bleibt auf mittelmäßigem Niveau, Umrisse sind hier und da etwas weich. Noch etwas störender ist aber die Tatsache, dass die zahlreichen Innenaufnahmen bei Nacht nur extrem spärlich ausgeleuchtet wurden, um die Authentizität zu wahren. Das zeugt zwar von hohem Realismus, macht es aber schwierig, die Details zu erkennen.
Akustisch gibt’s natürlich genug Anlass für sämtliche Lautsprecher, ihre Daseinsberechtigung zu zeigen. So geraten die Kampfsequenzen durchaus effektvoll. Abgeschossene Pfeile sirren durch die Luft, Musketen krachen räumlich und Schwarzpulverexplosionen sprengen sich den Weg ins Heimkino frei. Stimen hingegen bleiben etwas dünn, wirken komprimiert. Schade, dass Kenau nicht (bzw. nur während der spanischen Dialoge) untertitelt wurde, denn die holländische Originalspur ist deutlich authentischer und die Sprache macht ohnehin richtig Spaß beim Zuhören. Ein akustisches Highlight sind die Geräusche, die auf dem Eis produziert werden, wenn die Haarlemer Frauen eine Warenlieferung abfangen.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Kenau findet sich neben dem Originaltrailer und weiteren Programmtipps noch eine Bildergalerie zum Film.

Fazit

Unabhängig von spekulativen historischen Fakten liefert Kenau – 300 gegen die Armee Spaniens fesselndes europäisches Kino mit guten Darstellern und opulenter Ausstattung. Gleichzeitig ist die Hauptfigur ähnlich wie Johanna von Orléans ein frühes Beispiel für Emanzipation.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 15%
Film: 70%

Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: NL/Ungarn/BE 2014
Regie: Maarten Treurniet
Darsteller: Monic Hendrickx, Barry Atsma, Attila Árpa, Matthijs van de Sande Bakhuyzen, Lisa Smit, Antoin Cox
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, nl // dts HD-Master 2.0: de, nl
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 112
Codec: AVC
FSK: 16

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