Blu-ray Review
OT: Kickboxer: Vengeance
Stelldichein der Blumenkohl-Ohren
27 Jahre nach dem Original gibt’s ein Remake zu Karate Tiger 3 – Der Kickboxer.
Inhalt
Eric und Kurt Sloane sind zwei begeisterte Martial-Arts-Kämpfer. Nachdem Erich einen Wettbewerb gewonnen hat, möchte er seine Fähigkeiten noch erweitern und reist dafür nach Bangkok. Dort will er in einem Kampf gegen Master Tong Po unsterblich werden (und nebenbei 400.000 Dollar kassieren). Da die dortigen Kämpfe ohne Limit ausgefochten werden, der Tod also einkalkuliert wird, ist Kurt, der Bruder Eric trainiert, dagegen. Zu Recht, wie sich herausstellen soll. Denn im Ring verliert Eric und Tong Po bricht ihm das Genick. Kurt macht sich deshalb auf nach Fernost, um den Tod des Bruders zu rächen. Das Vorhaben scheitert jedoch und er landet bei den örtlichen Behörden. Hätte er dort nicht in Person der Polizistin Liu eine Verbündete (und bald Geliebte), würde er wohl in einem dortigen Verlies verrotten. So aber landet Kurt bei Master Durand, dem gleichen Trainer, der auch Eric das Muay Thai lehrte. Mit dessen Hilfe will er sein Rache-Vorhaben dann in die Tat umsetzen …
Kickboxer wurde 1989 hierzulande als dritter Teil der Karate-Tiger-Serie vermarktet, deren ersten Teil mit Jean-Claude Van Damme in der Rolle des Bösewichts besetzt war. Eigentlich aber war Kickboxer der erste Teil eines eigenen Franchise, das insgesamt fünf Teile umfasste. Nun also kommt mit Kickboxer – Die Vergeltung ein Remake des ersten Teils, der hierzulande Karate Tiger 3 – Der Kickboxer hieß. So weit, so unklar. Macht aber auch nichts, denn die Filme hatten jeweils ohnehin nicht viel miteinander zu tun. Glücklicherweise sind auch die 80er endlich vorbei und man lädt Martial-Arts-Filme nicht mit plakativ-rassistischer Ideologie auf. Nichts anderes war Karate Tiger 3 – Der Kickboxer seinerzeit, indem er den guten Weißen gegen den bösen Asiaten auftreten ließ und ihn zum Übermenschen stilisierte. Wenngleich das Grundgerüst in Kickboxer – Die Vergeltung nicht sonderlich anders ist, so vermeidet er dennoch die gesellschaftspolitische Aussage und beschränkt sich weitgehend auf die Kampfakte und eine eingebaute Beziehungskiste. Dass Van Damme nun den „altersweisen“ Mentor und nicht den hitzigen Prügler geben darf, steht ihm besser zu Gesicht als seine damalige Rolle – zumal er immer noch gut in Form zu sein scheint. Man muss den belgischen Haudrauf-Export nicht zwingend mögen, kann ihm aber attestieren, dass er im Alter zunehmend ein bisschen Selbstironie in seine Rollen einfließen lässt – und das hat auch Stallone und Schwarzenegger nicht geschadet. An seiner Seite geben sich aktuelle und ehemalige Kampfchampions unterschiedlicher Martial-Arts-Stile die Klinke in die Hand und sorgen für ein möglichst authentisches Actiongelage. Tatsächlich wurden die Fights sorgsam choreografiert und von den Akteuren selbst ausgeführt. Die Stuntmen sind hier ausnahmsweise die Darsteller selbst. Auch die Akkuranz bei den Kampfarten selbst ist bedeutend besser. Während die Filme der 80er Jahre hier kaum Wert auf Realismus legten und wild durcheinandermixten, was nun Karate, Muay Thai oder Kickboxen sei, wird in diesem Bezug heute viel mehr Wert auf Sorgfalt und die (kritische Fanbase) gelegt.
Und so ist, sorry liebe Fans des Originals, das Remake der bessere Film. Denn bei aller romantischen Verklärung für die Action-Heroen der Vergangenheit: Karate Tiger 3 – Der Kickboxer war inhaltlich schwach, schauspielerisch mies, nicht sonderlich gut getimt und, wie erwähnt, ideologisch höchst fragwürdig. Jetzt sollte man von Kickboxer – Die Vergeltung kein filmisches Meisterwerk erwarten. Auch hier sind die Darsteller mehr Sportler als echte Akteure. Alain Moussi (Wolves – Die letzten ihrer Art), der sowohl im Kickboxing als auch im Jiu-Jitsu erfahren ist, war bisher hauptsächlich als Stuntdouble für Hugh Jackman, Travis Fimmel oder Jay Courtney unterwegs und schlägt sich als Protagonist wacker. Ganz im Gegensatz zu Darren Shahlavi, dessen kurze Rolle von Bruder Eric ziemlich unsympathisch rüberkommt. Traurig indes, dass der ausgebildete Kämpfer und frühere Bodyguard von Patrick Stewart oder Bruce Willis Anfang 2015 an einer Herzattacke verstarb. Dave Bautista, der zuletzt gezeigt hat, dass er tatsächlich schauspielern kann, bleibt etwas reduziert als Tong Po und Van Damme selbst scheint seine Einstellung von 1989 mittlerweile peinlich zu sein, wenn er weder Eric noch Kurt in den Kampf schicken möchte, sondern „nur“ den ehrenvollen Trainer gibt. Diese Ideologie steht ihm weitaus besser – ganz im Gegensatz zur peinlichen Heino-Gedächtnis-Sonnenbrille. Die Bösen sind hier übrigens nicht ganz so schwarz-weiß gemalt und eher bei den Kampfpromotern und der korrupten Polizei zu suchen. Herkunft und rassistische Tendenzen spielen im Remake keine Rolle.
Abgesehen vom Story-Hintergrund und den Darstellern bleibt bei Kickboxer – Die Vergeltung natürlich noch die Action. Während die ersten 30 Minuten nur vereinzelte Kampfszenen zu bieten haben, darf man bei Minute 29 einer durchaus eindrucksvollen und groß angelegten Sequenz auf den Straßen Thailands beiwohnen. Die ist bisweilen balettartig choreografiert und kunstvoll inszeniert – sieht man mal von den sichtbar unechten Dickhäutern ab, auf denen sich die Jungs prügeln. Nicht ganz überzeugend geraten jene Momente, in denen sich die eigentlich bereits gut austrainierten Darsteller aufgrund ihrer Rolle selbst bremsen müssen. Diesen Szenen sieht man an, dass sich der Unterlegene in sein Schicksal ergibt und praktisch nicht zur Wehr setzt. Viel besser dann beispielsweise Bewegungen und Abläufe während Kurts neuerlichen Besuchs in Pos Schule (ab 50’30). Da hier auch unterschiedliche Kampfstile gezeigt werden, ist für Abwechslung und Spaß gesorgt. Auch die Trainingssequenzen zwischen Kurt und Durand geraten unterhaltsam – vor allem, weil Van Damme mehr als einmal wirklich witzig ist (selbst wenn er sich auf der Schubkarre hat doublen lassen). Da lässt es sich auch verzeihen, dass die Liebesgeschichte völlig unterbelichtet und unerklärt bleibt. Die 18er Freigabe ist übrigens stark übertrieben. Weder agieren die Figuren übermäßig brutal oder menschenverachtend, noch nimmt es die gezeigte Brutalität mit den übleren Vertretern der Gattung Martial-Arts auf.
Bild- und Tonqualität
Abgesehen von einem sichtbaren Korn eröffnet das Bild von Kickboxer – Die Vergeltung mit epischen Aufnahmen der fernöstlichen Szenerie und ist auch ansprechend scharf.Grade Nahaufnahmen stechen hier hervor. Im Inneren der Kampfschule Pos allerdings verflachen die Kontraste drastisch und das Geschehen wirkt trübe und milchig. Während der Außenszenen in Durands Schule gesellt sich ein teils drastischer Grünfilter dazu
Besser als das etwas unausgewogene Bild macht es der Ton von Kickboxer – Die Vergeltung: Vor allem der Filmscore wird über eine sehr breite Bühne transportiert, welche die fernöstlichen Klänge und die oft percussiven Elemente griffig im Heimkino platziert. Die Dialoge fallen dagegen kaum ab und sind in beiden Sprachfassungen homogen eingebettet. Faustschläge, Fußtritte und andere Kampfhandlungen gelangen bisweilen wuchtig zum Zuschauer. Der bei Minute 32 einsetzende Regen klingt allerdings zunächst ziemlich künstlich. Besser hingegen die Schüsse in der Lagerhalle (54’47)
Bonusmaterial
Im sechseinhalbminütigen Behind the Scenes kommen die Darsteller und Produzenten ein wenig zu Wort und schilder, dass der Realismus an oberster Stelle stand und wie glücklich alle darüber sind, Jean-Claude van Damme mit an Bord bekommen zu haben. Dave Bautista erklärt seine Figur des Tong Po mit Augenzwinkern zur „Martial-Arts Version des Teufels“ und kann sich dabei ein Lachen nicht verkneifen.
Fazit
Zeitgemäße Neuverfilmung eines 80er-Jahre-Prügelfilms, der vielleicht etwas zahm geworden ist, aber dafür ohne die fragwürdige sozialpolitische Einstellung auskommt. Die Actionszenen gehen in Ordnung, auch wenn fernöstliche Filme das meist besser machen. Fans des Originals werden sich abwenden, moderne und junge Martial-Arts-Freunde finden sich jedoch in Kickboxer – Die Vergeltung wieder.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 30%
Film: 55%
Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: USA 2015
Regie: John Stockwell
Darsteller: Alain Moussi, Dave Bautista, Jean-Claude van Damme, Gina Carano, Darren Shahlavi, Sara Malakul Lane, Georges St-Pierre
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 91
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)