Kill the Messenger

Blu-ray Review

Kill the Messenger Blu-ray Review Cover
Universal Pictures, seit 21.01.2016

OT: Kill the Messenger

 


Dark Alliance

Ein ganz dunkles Kapitel der US-Politik

Inhalt

Kalifornien 1996: Gary Webb arbeitet als Journalist für die San Jose Mercury News und hat schon des Öfteren über Drogengeschäfte berichtet. Als ihm die hübsche Coral eines Tages geheime Papiere zuspielt, die beweisen, dass die CIA mit den mittelamerikanischen Drogenkartellen gemeinsame Sache macht. Um die Contras in Nicaragua zu finanzieren, hat sich der US-Geheimdienst die Suchtmittel zu Nutze gemacht, schleust Kokain im großen Stile ins Land und lässt es auf den Straßen von L.A. verkaufen. Je weiter Webb mit seinen Nachforschungen vordringt, desto nervöser werden die Verantwortlichen in Politik und Geheimdienst. Es dauert nicht lange und man droht ihm von staatlicher Seite, seine Recherchen einzustellen. Als Webb und sein Chefredakteur die Story bringen, reagiert das CIA mit Verleumdungen und die Kollegen der großen Zeitungen ziehen es vor Autor und die Mercury News mit Hohn zu überziehen. Es dauert nicht lange und alle, die einst hinter ihm standen, wenden sihc nun gegen Webb …

Michael Cuesta inszenierte mit Kill the Messenger einen Politthriller alter Schule, der sich nicht auf vordergründige Action konzentriert, sondern ruhig und investigativ eines der dunkelsten Kapitel der US-Innenpolitik aufrollt. Beginnend mit den Beteuerungen der US-Präsidenten der 60er/70er und 80er Jahre, den Drogen den Krieg zu erklären, ist schon von dem Moment an klar, dass Cuesta die salzigen Finger tief in die Wunde legen wird. Neben Watergate hätte die Affäre um die Finanzierung der Contras in Nicaraguar eigentlich mindestens genauso viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verdient gehabt. Doch heute scheint das bereits vergessen. Umso ungeheuerlicher sind die Fakten, wenn man sie durch Kill the Messenger filmisch aufgearbeitet präsentiert bekommt. Das muss man sich mal vorstellen: Da stellt sich der Kopf des US-Staates hin und erzählt vom Kampf gegen die Drogen und im Hintergrund sorgt der Geheimdienst dafür, dass die todbringenden Suchtmittel ins Land kommen und verteilt werden. Cuesta (Produzent der zweiten Staffel von Homeland) nimmt stilistisch ein wenig Abstand von der ebenfalls gesellschaftspolitischen Serie, punktet aber dennoch mit spannenden Dialogen und sich nach und nach zuspitzenden Ereignissen. Vor allem die Szenen vor Gericht entwickeln eine unglaubliche Dynamik und Sogwirkung. Die Kamera hält dabei einen ausgewogenen Kompromiss aus stillen, ruhigen und aktiven Bildern. Oft wird in typischer Spionage-Manier aus der Entfernung gefilmt – beispielsweise wenn Webb mit Informanten oder Kollegen im Wagen spricht. Wenn Kill the Messenger dann noch einmal das Tempo und die Richtung wechselt, weil die Veröffentlichung der Geschichte dazu führt, dass sich plötzlich Webb und nicht die CIA verantworten muss, spitzen sich noch einmal die Geschehnisse zu und man schaut gebannt auf die Leinwand. Gary wird plötzlich zum Opfer übelster Verleumdungen und der Film arbeitet minutiös heraus, wie man dessen Leben nach und nach zur Hölle machte, ihm jede Unterstützung entzog.

Es ist aber nicht nur die Brisanz der Geschichte und die aufmerksame Regie, die Kill the Messenger zu einem Höhepunkt des Politthriller-Genres werden lässt. Vor allem durch ausnahmslos brillante Darstellerleistungen und die hochkarätige Besetzung bis in die Nebenrollen hinein bleibt der Film durchweg spannend. Jeremy Renner, der sogar in reinen Unterhaltungsfilmen immer wieder herausragt, legt hier seine bisher fesselndste und beste Performance hin. Von der anfänglichen Neugier seiner Nachforschungen über seinen selbstsicheren Auftritt VOR der Veröffentlichung bis hin zum mehr und mehr verunsicherten Privatmenschen, in dessen Leben gestochert wird wie in einem wenig schmackhaften Griesbrei – Renner spielt sich mit einer Vielzahl an Emotionen und Facetten in eine oscarwürdige Vorstellung. An seiner Seite tauchen Namen wie Oliver Platt, Michael Sheen, Andy Garcia, Barry Pepper oder Ray Liotta auf, die ebenfalls allesamt vorzüglich agieren. Und so ist Kill the Messenger ein spannender Politthriller mit tollen Darstellerleistungen, der ganz nebenbei auch noch unverholen Kritik an den Methoden des Geheimdiensts sowie an den manipulativen Fähigkeiten der Presse übt. Der echte Gary Webb starb übrigens 2004 durch zwei Kopfschüsse – die offizielle Erklärung: Selbstmord. Das klingt absurd und ist es vermutlich auch …

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Kill the Messenger ist wunderbar abgestimmt auf die Politthriller der 70er Jahre. Ein deutlich sichtbares Korn, das in dunklen Szenen noch einmal zunimmt, bestimmt gemeinsam mit einer leichten Farbentsättigung und bräunlichen Filtern den Look. Das mag nach heutigen Qualitätsgesichtspunkten nicht sonderlich hübsch aussehen, wirkt aber ungemein passend und authentisch. Die Schärfe ist grundsätzlich auf der Höhe und die Auflösung weiß ebenfalls zu gefallen, was man anhand der schönen Detailtiefe der Totalen aufs Kapitol gut sehen kann (39’09).
Akustisch wird’s schon mal etwas räumlicher, wenn das Geschehen „auf die Straße“ wechselt. So beispielsweise zu Beginn von Kapitel 6, wenn Gary nach South Central L.A. geht. Die Filmmusik rumpelt ein wenig garagenbandmäßig, was aber wiederum gut zur Stimmung von Kill the Messenger passt. Die Dialoge bleiben stets gut verständlich und die deutsche Spur im regulären dts fällt qualitativ nicht merklich hinter die Originalfassung in dts-HD-Master zurück.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Kill the Messenger finden sich neben dem Audiokommentar von Regisseur Cuesta sowie einigen unveröffentlichten Szenen auch noch drei Featurettes: „Dreharbeiten in Georgia“ lässt Kameramann und Produzenten kurz zu Wort kommen, warum Georgia ein idealer Drehort für den Film war, „Crack in Amerika“ klärt ein wenig über die Verbindung zwischen CIA und der Drogenmafia auf – allerdings in der Kürze der Zeit (2’51) kaum erschöpfend. Die Starbesetzung kümmert sich um die hochkarätige Besetzung und warum diese an dem Projekt teilnehmen wollte.

Fazit

Kill the Messenger ist allerbeste Polit-Thriller-Unterhaltung für jene, die auch Dame, König, As, Spion mochten. Anfängliche Längen überspielt das hervorragend aufgelegte Ensemble rund um einen herausragenden Jeremy Renner.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 80%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Michael Cuesta
Darsteller: Jeremy Renner, Mary Elizabeth Winstead, Robert Patrick, Michael Sheen, Ray Liotta, Michael K. Williams, Rosemarie DeWitt, Paz Vega, Andy Garcia, Barry Pepper
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 112
Codec: AVC
FSK: 16

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