Kill Your Friends

Blu-ray Review

Kill Your Friends Blu-ray Review Cover
Ascot Elite, seit 18.03.2016

OT: Kill Your Friends

 


Verfluchte Spice Girls!

In Kill Your Friends hasst Musikmanager Steven Stelfox Bands und dröhnt sich durch eine laute Satire aufs Musikbiz.

Inhalt

„Es geht nicht um Musik, es geht um Geld!“ – Steven Stelfox, Manager bei einem Londoner Plattenlabel, ist die Qualität vollkommen schnuppe. Für ihn ist wichtig, wer Erfolg hat, denn das Musikbusiness ist ein Milliardengeschäft. Seine Arroganz ist sein Kapital und Frauen sind nur dann existent, wenn er ein sexuelles Interesse an ihnen hat. Wer so strebsam ist, der kann im Musikbusiness nur dann aufsteigen, wenn er möglichst skrupellos agiert. Sein Ziel ist es, den aktuellen Head of Office zu beerben. Dafür braucht er aber schnellstmöglich einen Hit, um den Oberboss des Labels auf seine Seite zu bekommen. Dabei steht ihm aber ständig sein eigenes Ego im Weg, das gerne selbst leben würde wie ein Popstar. Als auch eine teuer von ihm eingekaufte Single nichts bringt und man seinen verschlafenen und zugedröhnten Kollegen Roger auf den anvisierten Posten zu setzen, schreckt Steven auch vor Mord nicht zurück. Als ihm dies den Job als Interims-Chef einbringt, sieht er auf einem Festival eine Band, die möglicherweise alles verändern wird. Doch es kommt noch viel schlimmer …

Kill Your Friends, das steht nach der Eröffnung fest, will schockieren. Wenn ein gnadenlos arroganter Steven seinem Manager-Freund Roger einen Drogencocktail mixt und er anschließend auf den dadurch zusammengebrochenen und am Boden liegenden Kollegen uriniert. Dabei nutzt er selbstredend das Element vollkommener Übertreibung, um ein Business zu persiflieren, das in seinem eigenen Sut suhlend inzestuös vor sich hinbrutzelt. Basierend auf John Nivens (der auch das Drehbuch schrieb) gleichnamiger Buchvorlage nimmt Kill Your Friends das Musikgeschäft der End-Neunziger auseinander, präsentiert die verantwortlichen Produzenten und Manager ausnahmslos als drogenabhängige, durchgeknallte oder wahlweise völlig arrogante Schnösel und gibt sich als eine Mischung aus American Psycho und Trainspotting. Mit Letzterem hat der Film die von seiner Hauptfigur ans Publikum gerichteten Monologe gemein, denn Mit-Produzent Nicholas Hoult führt den Zuschauer praktisch durch Kill Your Friends. Leider ist er zwar schauspieltechnisch in der Rolle perfekt besetzt aber eben auch nicht mal im Ansatz sympathisch. Wenn er von Misserfolg zu Misserfolg stolpert und dabei über Leichen geht, fühlt man nicht mal für eine Sekunde mit ihm mit. Besser ergeht’s da schon James Corden (Carpool Karaoke) als zugedröhntem Manager Roger, der auf Droge in der Unterhose wie ein Bär durch die Gegend robbt und CDs frisst. Er agiert konsequent gegen sein Image vom lieben Nebenan-Jungen, ohne dabei in oberflächlicher Arroganz zu ersaufen. Ein Vokuhila-Moritz-Bleibtreu darf dazu in einem vollkommen entfesselten Auftritt seinen Suck-my-Dick-Song an den Mann bringen. Darstellerisch hat übrigens Georgia King (Cockney’s vs. Zombies) als Stevens Assistentin Rebecca die Nase vorne. Sie ist so etwas wie der Anker, an dem sich der Zuschauer etwas festhalten kann – unerwartete Überraschung inklusive. Aber am Ende geht’s ja nicht (nur) um Schauspieler, sondern um die böse, böse Musikbranche. Und die bekommt mit einem Haufen entlarvender Momente so richtig ihr Fett weg. Ob das die Lügen sind, die die Manager den Talenten auftischen („Ihr behaltet die volle Selbstbestimmung“) oder das korrupte Verhalten der verantwortlichen A&Rs untereinander. Leider fehlt Kill Your Friends dann doch die Bissigkeit der Buchvorlage und etwa zur Hälfte des Films wird’s gar ein bisschen zäh. Niven hätte hier durchaus mehr Zähne beim Drehbuch zeigen dürfen, um einen ähnlichen Kult zu erzeugen, der seinerzeit Trainspotting folgte. Der hatte im Übrigen auch die bessere Musik. Monatelang hielt sich damals der Soundtrack in den Charts. Da wirkt es beinahe schon wie ein Denkzettel der mündigen Musikhörer gegenüber dem arroganten Musikbusiness, das Kill Your Friends porträtiert, dass der Score von Kill Your Friends dies nicht wiederholen kann. Allerdings liegt das nicht an der Songauswahl. Gut, es ist ein wenig unglücklich, ausgerechnet einen aus Trainspotting bekannten Song auch hier zu verwenden, doch mit Titeln wie Smack my Bitch up von Prodigy, Beetlebum von Blur oder Karma Police von Radiohead gehört der Soundtrack zu den Stärken des Films.

Bild- und Tonqualität

Beim Bild von Kill Your Friends darf man zwar keine Wunder erwarten, doch die klaren und recht hellen Eindrücke sowie die teils guten Kontraste in schummrigen Bars wissen durchaus zu gefallen. Die Körnung ist noch angenehm und bleibt stets auf einem filmisch-athentischen Niveau. Durchgängig besser könnte die Schärfe sein, die in Halbtotalen schon mal spürbar durchschnittlich ist und während der arg hell ausgeleuchteten Szenen wirken Farben dann nicht mehr ganz so kräftig wie sie sein könnten.
Während die Musik recht räumlich und sogar druckvoll aus den Lautsprechern erklingt, sind die Stimmen (vor allem jene von Steven) etwas dumpf und unangenehm vertont. Manchmal hat man das Gefühl, man muss sich die Watte aus den Ohren nehmen. Die Soundeffekte der Songs sind allerdings recht beeindruckend und raumfüllend (26’40) und der Subwoofer hat dann auch gut zu tun. Kill Your Friends lebt also akustisch zwischen den Welten der weniger schönen Stimmen und einem sehr effektvollen Ton während der Musik- und Sound-Sequenzen.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Kill Your Friends warten neben dem Original- und dem Deutschen Trailer noch zehn Interviews (unter anderem mit Buch- und Drehbuchautor John Niven). Niven spricht ein paar wahre Worte, warum ein Film niemals so sein wird, wie ein Buch. Zu den Interviews gesellen sich Szenen von der Premiere auf dem Zürich Filmfestival (mit Konzentration auf Moritz Bleibtreu) und eine unkommentierte B’Roll.

Fazit

Kill Your Friends funktioniert als bittere und blutigen Satire auf das arrogant-überhebliche Musikgeschäft. Manager und Talentscouts bekommen ihr Fett weg und das Publikum wird als dumme Schafsherde porträtiert, die jedem Trend dankbar hinterherrennt. Das ist bisweilen witzig, oft zynisch aber nicht durchweg rasant in Szene gesetzt. Manchmal hat man das Gefühl, Owen Harris‘ Film möchte zu sehr den Kult erzeugen, den andere vor ihm mit ähnlichen Filmen erreicht haben. Was bleibt sind eine ganze Menge Wahrheiten sowie einige sehr gute Darstellerleistungen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 70%

Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: GB 2015
Regie: Owen Harris
Darsteller: Nicholas Hoult, James Corden, Joseph Mawle, Craig Roberts, Georgia King, Tom Riley
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 103
Codec: AVC
FSK: 16

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