Blu-ray Review
OT: King Richard
Zwei neue Mozarts
Will Smiths oscarprämierte Darstellung des Tennis-Vaters von Serena und Venus Williams.
Inhalt
Richard Williams wuchs in Cedar Grove, Louisiana auf. Geschenkt hat man dem Nachtwächter nichts. Mittlerweile lebt er mit seiner Frau Oracene in Compton, einem Vorort von Los Angeles. Oracine brachte drei Töchter mit in die Ehe, gemeinsam bekamen sie zudem die Mädchen Serena und Venus. Für die beiden Jüngsten hat Richard schon vor ihrer Geburt eine Art Plan entwickelt. Nach diesem sollen sie einmal erfolgreiche Tennisspielerinnen werden. Als die Mädels gerade einmal zehn Jahre alt sind, beginnt er, sie vor seiner eigenen Arbeit zu trainieren. Da Tennis ein teurer Sport ist, sammelt er ausrangierte Tennisbälle und putzt Klinken bei den zahlreichen Trainern und Clubbetreibern der Gegend. Die lassen ihn allerdings immer wieder abblitzen. Doch Richards Fleiß (und Penetranz) wird belohnt. Bei einem Vorspiel können sie den renommierten Coach Paul Cohen überzeugen. Der will allerdings nur Venus kostenlos trainieren und für bezahltes Training reicht das Geld nicht. Serena wird währenddessen von ihrer Mutter weiter trainiert, während Richard Cohen mit seiner Besserwisserei auf die Nerven geht. Dennoch: Der Erfolg stellt sich ein – zu aller Überraschung sogar bei beiden Mädchen …
Was war das für eine Oscar-Nacht vor einigen Wochen. Fand die 2021er Verleihung der Goldjungen coronabedingt praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sollte es endlich wieder etwas zu feiern geben. Doch dann musste Moderator und Comedian Chris Rock ja unbedingt einen Witz über den krankheitsbedingten Haarausfall von Jada Pinkett Smith machen. Deren Göttergatte schritt nach kurzem Zögern zur Tat, enterte unaufgefordert die Bühne und langte zu. Das Ergebnis: Ein verdatterter Rock, ein schockiertes Publikum und ein Will Smith, der sich seitdem mühen muss, die Wogen zu glätten, um nicht für sämtliche Filmprojekte in der Zukunft gecancelt zu werden. Nicht klug war seine Handlung vor allem deshalb, weil es seinen (eigentlich verdienten) Auftritt als Gewinner des Oscars für die beste männliche Hauptrolle bereits vor Ort schmälerte und im Nachhinein gar die Diskussion aufkam, ob er die Trophäe nicht direkt wieder abgeben solle. Abgegeben hat er seinen Sitz in der Oscar-Academy, was bei rund 10.000 Mitgliedern aber nicht weiter auffällt. Jetzt soll dieser Blog nicht der Ort sein, um über die Aktion an sich zu diskutieren. Vielmehr darf und soll es um King Richard gehen – eben jenen Film, für den Smith den ersten Oscar seiner langjährigen Karriere bekam. Und das absolut zu Recht. Denn selbst wenn er ihn moralisch bei einigen oder sogar vielen verspielt hat, ist er darstellerisch höchst verdient. Als Vater der beiden im Tennis so erfolgreichen Williams-Schwestern leistet er hier wirklich Bravouröses. Dass er den ebenso eifrigen wie beratungsresistenten; nicht aufgebenden und gleichzeitig von sich überzeugten Vater trotzdem charmant und liebenswürdig präsentiert, ist ein Gewinn für den Film. Einer frühen Provokation eines Halbstarken begegnet Smith‘ Richard dann mit eben jener Abgeklärtheit, die ihm in der Oscar-Nacht fehlte. Weit konfrontativer tritt er auf, wenn es um die Auseinandersetzung mit den Profitrainern geht. Die Momente, in denen King Richard dem besserwissenden Papa Raum gibt, lassen den Zuschauer schon mal denken, dass ein wenig mehr Zurückhaltung durchaus angebracht gewesen wäre. Dennoch schaffen Film und Hauptdarsteller es, hier nicht in Fremdscham zu versinken. Flankiert wird Smith von zwei absolut überzeugenden Jungschauspielerinnen, die nicht nur in den Freizeitmomenten überzeugen und dort wunderbar authentisch und liebenswürdig erscheinen. Saniyya Sidney und Demi Singleton, die zu Beginn der Dreharbeiten nicht einmal 14 Jahre alt waren, gelingt es, vor allem auch die Tennis-Szenen absolut glaubwürdig rüberzubringen. Und das, ohne ausgiebiges Nutzen von Close-ups und irgendwelchen hektischen Schnitten. Man sieht die beiden wirklich spielen – und zwar richtig gut. Für Saniyya Sidney war die Herausforderung besonders groß, musste sie als Linkshänderin doch auf die rechtshändige Venus umtrainieren.
King Richard macht bei allem Humor zwischendurch und bei allem Spaß an den immer erfolgreicher aufspielenden Mädchen aber nicht Halt vor den schwierigen Themen. Ob das die kurzen Gewaltausbrüche der Halbstarken gegen Richard sind, die TV-Bilder von der Misshandlung Rodney Kings oder Szenen, in denen eine übereifrige Nachbarin den Williams‘ das Jugendamt in Begleitung der Polizei auf den Hals schickt – stets dominiert Smith solche Momente mit Präsenz und glaubwürdiger Emotionalität.
Erstaunlich ist auch die Tatsache, dass die Inszenierung der Sportszenen funktioniert – immerhin ist Tennis nicht unbedingt der telegenste Sport für Kinofilme. Respekt dafür, dass die Matches dennoch spannend und durchaus sehr ansehnlich geraten sind. was aber wiederum auch an den überzeugend (hier im wahrsten Sinne des Wortes) aufspielenden Jungschauspielerinnen liegt. Abseits vom Tennisthema und den Familiendynamiken gelingt es Regisseur Reinaldo Marcus Green überdies, durch Richards Figur dem Alltagsrassismus gekonnt und sehr humorvoll den Spiegel vorzuhalten. Selbst hier merkt man dem Film trotz des eigentlich dramatischen Subtextes seine Lockerheit an, was schon ein Kunststück für sich ist. Denn ein ernstes Thema an der Oberfläche so leicht zu verhandeln, ohne es aber auf die leichte Schulter zu nehmen oder zu bagatellisieren, ist kein einfaches Unterfangen.
Bild- und Tonqualität BD
Der digital fotografierte King Richard wurde authentisch auf die 90er getrimmt. Zum einen gibt’s eine ganz leichte hinzugefügte Körnung, zum anderen haben helle Oberflächen und Umrisse einen leichten Weichzeichner-Glow und das grundsätzliche Grading hat eine deutliche Tendenz ins Gelbe. Abgesehen davon lösen Close-ups hervorragend auf und stellen die Details auf Gesichtern oder Objekten plastisch und griffig dar. Der Kontrastumfang ist im besten Fall als harmonisch zu bezeichnen. Auch wenn das letzte Quäntchen Schwarz fehlt, passt die Bilddynamik. Versumpfungen auf dunklen Bildanteilen sind kein Thema, dafür reißen helle Umrisse schon mal aus – was aber wiederum zu den verwendeten Stilmitteln gehört.
Schön, dass Anbieter EuroVideo bereits die Blu-ray mit einem Dolby Atmos Sound ausgestattet hat. Jetzt ist es natürlich so, dass King Richard als Familien- und Sportdrama thematisch kaum Gelegenheit gibt, akustische Eskapaden abzuliefern. Die Höhen-Speaker werden über die Laufzeit von 145 Minuten in Summe vielleicht zwei Minuten überhaupt für 3D-Sounds in Betrieb genommen. Das allerdings schließt aus, dass die Filmmusik stets dezent mit nach oben gemischt wird, um eine räumlichere Atmosphäre zu erhalten. Echte Höhen-Toneffekte beschränken sich auf Zuschauer-Klatschen/-stimmung in den Stadien und ein paar Durchsagen des Schiedsrichters. Doch das kann und sollte man dem Film, bzw. seiner Atmos-Spur nicht ankreiden, wenn es schlicht keinen sinnvollen Anlass für Soundeffekte gibt. Auf der regulären Ebene klingt die Tonspur wirklich gut. Sämtliche Außenszenen leben durch ihre luftige Akustik auf. Vogelgezwitscher, Raunen von Menschen in der Umgebung oder die Geräusche des Tennistrainings werden authentisch ins Heimkino transportiert. Wenn fette Beats aus den tiefergelegten Straßenkreuzern der Halbstarken dringen, pumpt der Bass ganz ordentlich und fügt der Tonspur spürbare Dynamik hinzu. Ausgewogen und gut verständlich bleiben indes die Stimmen – auch jene der hervorragenden deutschen Synchro.
Bild- und Tonqualität UHD
King Richard wurde vollständig digital gedreht. Zum Einsatz kamen insgesamt drei Kameras. Von der ARRI Alexa Mini über die XT Plus bis hin zur Panavision Millennium DXL 2. Während die ARRIs bei 3.4K-Auflösung liegen, kommt von der Panavision-Kamera Quellmaterial in 8K hinzu. Gemeinsam gemastert wurde dann über ein 4K-DI, was den Film weitgehend zu einem nativen 4K-Output werden lässt (weitgehend, weil die 3.4K-Aufnahmen natürlich ursprünglich nicht ganz die 4K liefern). Zusätzlich kam noch ein Grading in HDR10 inklusive eines im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraums hinzu. In der Praxis zeigt sich die 4K-Scheibe mit einem Eindruck, der etwas sauberer bei der Kantenschärfe ist, dort keine Artefakte rund um feine Objekte offenbart und in der Tiefe einen Hauch mehr Auflösung bietet. Das gelbliche Grading ist geblieben, hier und da sogar etwas prominenter vertreten. Ein Dynamikmonster ist auch die UHD-BD von King Richard nicht. Auch hier sind Schwarzwerte nur sehr gut und nicht herausragend gut; und auch hier zeigen sich die helle Bereiche nicht besonders strahlend (dem gelblichen Grading und dem generellen Gewitterwetter-Look geschuldet). Die UHD Blu-ray ist etwas dunkler gemastert, was weniger Überkontrastierungen auf hellen Flächen verursacht und generell ist sie die bessere und auch weitgehend fehlerfreie Scheibe. Ob man den Look des Films prinzipiell mag, steht auf einem anderen Blatt.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): etwas dunkleren Oberflächen, wirken weiße Teilbereiche mitunter noch etwas stärker eingefärbt.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … als die UHD-BD, die ansonsten in dieser Szene farblich sehr ähnlich bleibt.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD-BD löst hier ein wenig besser auf.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD-BD ist etwas harmonischer kontrastiert und übertreibt es auf den hellen Bereichen (hier die Wiese) weniger.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von King Richard findet sich ein neunminütiges Making-of, das ein wenig über die Produktion und das eigentliche Wesen des Films erzählt. In „Will Smith als Richard Williams“ geht es dann etwas über sechs Minuten um die Darstellung des Tennisvaters durch Will Smith, der das Leben der Williams-Familie als gelebten amerikanischen Traum sieht. Weitere fünf Minuten läuft „Champions auf der großen Leinwand“, das sich etwas mit der Geschichte der beiden Tennisdamen beschäftigt und auch das mühevolle Training der beiden jungen Darstellerinnen beschreibt. Hier wird noch einmal deutlich, wie aufopfernd vor allem Saniyya Sidney war, musste sie doch von ihrem Linkshänder-Dasein auf eine Rechtshänder-Tennisspielerin umtrainieren.
Fazit
King Richard ist ein starkes Sportlerinnen-Drama, das von der Performance seines Hauptdarstellers zwar dominiert, aber nicht plattgemacht wird. Unter der Oberfläche der Schauspielleistung von Will Smith schlummert ein toller Film über die Verwirklichung des Amerikanischen Traums durch zwei Mädchen, deren Voraussetzungen sicherlich nicht die allerbesten waren. Vielleicht 20 Minuten zu lang geraten, überzeugen hier aber alle Darsteller ebenso wie die dynamisch inszenierten Tennis-Matches.
Die UHD Blu-ray ist harmonischer im Look, allerdings muss einem das sehr stilisierte Bild schon gefallen. Die Dolby-Atmos-Tonspur ist auf der regulären Ebene sehr authentisch und nutzt die Heights für zusätzliche Atmosphäre – allerdings ohne großartige 3D-Sound-Integration.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 80%
Bildqualität UHD: 80%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (dt. Fassung): 75%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (dt. Fassung): 30%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion):75%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 30%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 80%
Anbieter: EuroVideo Medien
Land/Jahr: USA 2021
Regie: Reinaldo Marcus Green
Darsteller: Will Smith, Saniyya Sidney, Demi Singleton, Jon Bernthal, Aunjanue Ellis, Tony Goldwyn
Tonformate BD/UHD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 145
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-100
Real 4K: Ja (4K DI)
High Dynamic Range: HDR10, Dolby Vision
Maximale Lichtstärke:
FSK: 12
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: EuroVideo)
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Trailer zu King Richard
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Der film hat mir sehr gut gefallen. Anfangs dachte ich, nee das ist nichts für mich. Aber dann hat er wirklich gefesselt und ein echt guten eindruck hinterlassen.
Eigentlich ganz nettes Filmchen.
Schade dass es auf ewig diesen bitteren Beigeschmack haben wird.
Zum Glück konnte ich den Film letztes Jahr bereits in der Sneak Preview sichten.
Bitteren Nachgeschmack? Weil?
Ich denke, dass k-ulf die Sache mit Smith‘ Ohrfeige bei den Oscars meinte.
Abseits der Ohrfeige bei den Oscars: ein Geschmäckle hat auch, dass im Film selbst der Vater den Kindern diesen Weg vorgibt, bevor diese überhaupt geboren sind. Wenn man hier bisschen weiter darüber nachdenkt, ist das in einer gewissen Art und Weise schon übel.
Ja, das ist natürlich ein gewisses Thema. Indes scheinen die beiden Schwestern keinerlei Groll zu hegen – und das trotz teils zweifelhafter Aktionen in deren Jugend. Sicher ein Thema, das der Film mehr oder weniger ausspart (eine kurze Szene mal ausgenommen).