Blu-ray Review
OT: Kings
Eskalation
Atmosphärisch dichtes Rassendrama mit prominenter Besetzung.
Inhalt
Los Angeles, 1991/1992: Rassenunruhen sind an der Tagesordnung und der die übermäßige Gewalt an Rodney King am 03. März 1991 durch Officer vom LAPD hat die Lage nochmals verschlimmert. Wenige Wochen vor dem Urteil gegen die Täter versucht Millie ihre acht Pflegekinder in South Central LA vor dem zu bewahren, was auf den Straßen los ist. Die ständigen Provokationen und Gegenprovokationen lassen es immer wieder brodeln und Millies versoffener Nachbar Obie, der auf alles einen Hass hat, ist auch keine Hilfe. Dann werden die vier Polizisten freigesprochen und das Chaos nimmt seinen Lauf …
Kings hat es tatsächlich geschafft, in den US-Kinos mit einem Einspiel von 270.000 Dollar praktisch am Publikum vorbeizuspielen – vollkommen zu Unrecht. Denn das mit Halle Berry und Daniel Craig prominent besetzte Rassendrama schildert erstaunlich authentisch, wie sich die Unruhen in LA während des Rodney-King-Prozesses auf das gesamte soziale Umfeld auswirken. Dabei beginnt der Film fiebrig, hastig und nervös. Vermittelt dem Zuschauer fast 1:1, wie prekär, angespannt und gewalttätig die Situation damals gewesen sein muss. Nach der Einführung, in der Berry die Hauptrolle spielt, konzentriert sich der Film der jungen türkischen Regisseurin Deniz Gamze Ergüven nach etwa 20 Minuten vornehmlich auf zwei ihrer „Kids“. Anhand der vollkommen unterschiedlichen Charaktere von Jesse und William werden die beiden möglichen Seiten vielleicht etwas zu plakativ, aber eben auch nachvollziehbar gegenübergestellt. Während Jesse sich aus Ärger heraushält und mit ein bisschen Arbeit für sich und seine neue Freundin ein Sandwich kauft, sucht William die Lösung in Aggression und besorgt sich eine Pistole. Der dritte Erzählstrang von Kings kümmert sich dann nach gut 45 Minuten um Obie, der kurzzeitig und unfreiwillig zum Ersatzdad dreier Pflegekinder von Millie wird. Neben der authentischen Schilderung der alltäglichen Gewalt und der fortwährenden Provokationen sind es vor allem die Darsteller, die hier überzeugen. Allen voran Daniel Craig, der als raudiger Obie sichtbar Spaß an seiner rotzigen Rolle hatte. Wenn er sein ausgedientes Sofa auf die anrückenden Cops wirft und dabei flucht wie ein Kesselflicker, ist das schon spaßig. Wunderbar aber dann zu sehen, wie entspannt und ausgelassen er mit den kleinen Kids umgeht und sie zu beschäftigen weiß, nachdem diese sich zu ihm geflüchtet haben. Halle Berry tut das, was sie zuletzt oft gut konnte: Betroffen dreinschauen. Ihr gebührt leider die undankbarste Rolle, die ein wenig an Kidnap erinnert und die sie etwas auf Hysterie und atemloses „Wo sind meine Kinder?“ reduzieren. Herausragend ist Lamar Johnson (demnächst in X-Men: Dark Phoenix zu sehen), der als Jesse sämtliche Gefühle des Zuschauers kanalisiert und an dessen Figur sich die Unruhen letztlich entzünden, wenn sich während der finalen 30 Minuten die Rassenunruhen ihren Weg bahnen. Dass selbst die sanfteste Seele irgendwann eruptiv aus sich herausbricht, Manchem wird der sporadisch eingestreute Humor vielleicht missfallen – gerade zum Schluss. Allerdings sorgt das für ein bisschen willkommene Entspannung während der wirklich dramatischen Szenen mit Jesse.
Bild- und Tonqualität
Kings hat ein bewusst stilisiertes Bild, das mit sichtbarem Korn daherkommt, häufig Gebrauch von Lens-Flare-Effekten macht und durchweg braun gefiltert ist. Das führt zu sehr warmen Hauttönen und einer angenehmen Stimmung. Die Schärfe ist in Naheinstellung recht gut, wird bisweilen aber bewusst etwas reduziert, was die Einstellungen weicher erscheinen lässt. Auch das wirkt aber bewusst eingesetzt – insgesamt weckt das ein bisschen 70er-Jahre-Flair.
Akustisch konzentriert sich Kings natürlich lange Zeit auf die Dialoge, die sauber und klar wiedergegeben werden. Allerdings fallen auch hier immer mal wieder unvermittelt Schüsse, die die Stille effektvoll unterbrechen. Im letzten Drittel wird’s dann effektvoller. Denn während die Unruhen ausbrechen, schreien Menschen wild durcheinander. Hände werden auf Autodächer getrommelt und Hubschrauber kreisen über der Szenerie. Schüsse fallen und beschäftigen sämtliche Lautsprecher
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Kings bleibt vollständig leer. Nicht mal die Trailer sind an Bord.
Fazit
Kings ist in den deutschen Kinos erst gar nicht und in den US-Lichtspielhäusern unter seinen Möglichkeiten gelaufen. Auf Blu-ray sollte das geändert werden, denn das intensiv gespielte und emotional packende Drama hat es verdient, gesehen zu werden.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 0%
Film: 80%
Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: Frankreich/Belgien 2017
Regie: Deniz Gamze Ergüven
Darsteller: Halle Berry, Daniel Craig, Lamar Johnson, Kaalan Walker, Rachel Hilson
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 87
Codec: AVC
FSK: 12