Blu-ray Review
OT: Kubo and the Two Strings
Von wegen Papiertiger
Im oscarnominierten Kubo – Der tapfere Samurai muss ein kleiner Junge in die große Welt hinaus, um gegen Hexen und den bösen Großvater zu kämpfen.
Inhalt
Der einäugige Kubo, der mit seiner kranken Mutter in einer Höhle lebt, sorgt für den gemeinsamen Lebensunterhalt, indem er die Geschichten über seinen heldenhaften Vater in Origami-Form vor dem staunenden Publikum auf dem Dorfplatz zum Leben erweckt. Allerdings muss sich Kubo immer vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause einfinden, da er sonst vielleicht wieder seinem bösen Großvater und den beiden Schwestern seiner Mutter begegnet, die bereits dafür verantwortlich sind, dass er nur noch ein funktionierendes Auge hat. Doch es kommt, wie es kommen muss: Kubo vertrödelt sich eines Tages und gelangt in die Dunkelheit. Prompt tauchen seine Tanten auf und drohen, ihm auch das zweite Sehorgan zu entwenden. Mit letzten Kräften kann seine Mutter ihre Schwestern abwehren und schickt Kubo auf eine Reise, Schwert, Rüstung und Helm des Vaters zu finden, um den Großvater zu bekämpfen. Zur Hilfe kommt ihm dabei ein Affe und ein Samurai, der in einen Käfer verwandelt wurde …
Fünf Jahre Produktionszeit – nicht einen Tag weniger dauerte es, bis das neue Stop-Motion-Abenteuer aus der Werkstatt von Laika (Coraline, Boxtrolls) komplett im Kasten war. Unter der Regie von Travis Knight, der bei Coraline noch leitender Puppen-Animateur war entstand mit Kubo – Der tapfere Samurai ein geradezu episches Werk, das gerade in Sachen Schauplatz-Vielfalt absolut einzigartig in der Stop-Motion-Welt ist. Auf gut 80 Sets spielt die Geschichte, die fernöstliche Tradition mit universellen Motiven vermischt und dabei ebenso bewegend wie unterhaltsam ist. Voller fantasievoller Einfälle, wie jener der lebendigen Origami-Figuren, entführt uns Knight auf eine Reise, die exotisch und voller traditioneller Bilder und Stimmungen ist. Wenn Kubo auf seiner Laute spielt, kann er die Papierfiguren zum Leben erwecken, was dem Film eine ebenso ungewöhnliche wie luftige Note verpasst. Der liebevolle Look der Stop-Motion-Technik wirkt in Zeiten digitalisierter Perfektion zwar altmodisch, lässt dafür aber viel Raum für die Erzählung an sich. Kubo beschränkt sich dabei nicht nur auf die japanische Geschichte, die den Geist der Samurai heraufbeschwört, sondern integriert vielmehr zahlreiche und allgemeingültige Motive: Familie, Liebe, Vertrauen und der im Hintergrund mitschwingende Umgang mit dem Tod sind in der geballten Kombination heute oftmals nicht (mehr) in Kinderfilmen anzutreffen. Doch hier gehen sie ausgewogen Hand in Hand.
Der Tenor ist dabei zwar durchaus (auch) düster, wird aber gerade durch den Sarkasmus des Affen und hinreißende physische Komik aufgelockert. So darf beispielsweise herzhaft gelacht werden, wenn unser Käfer-Samurai versucht, aus der Rückenlage aufzustehen. Und auch dessen Pfeil- und Bogentechnik mit vier zur Verfügung stehenden Armen ist ein Fest für detailverliebte Filmfans. Freunde des klassischen Stop-Motion-Films freuen sich überdies an der offensichtlichen Hommage, die Travis Knight an Ray Harryhausen, den Pionier dieser Anmiationstechnik gibt, wenn er das riesige Skelett-Monster (eine sechs! Meter große, handgefertigte Animationspuppe) auf unsere drei Helden loslässt. Die Sequenz ist dann auch das erste große Actionhighlight, das im Nachgang aber noch deutlich getoppt werden kann. Der Kampf zwischen Monkey und einer der bösen Schwestern ist an Rasanz kaum zu übertreffen, wenn man im Kopf behält, dass alles, was man sieht, Bild für Bild von den Animateuren der Puppen geformt wurde. Dass die Stimmung in diesen Momenten ziemlich düster ist, kann für zarter besaitete Sechsjährige schon mal ein wenig überfordernd sein, sodass man die Kids nicht unbedingt ganz alleine vor dem Fernseher sitzen lassen sollte. Abgewechselt werden die dunkleren und melancholischen Momente von wunderbar poetischen Sequenzen, in denen Träume den Weg aufzeigen oder die spirituellen und kulturellen Traditionen Japans heraufbeschworen werden. Und wenn am Ende das Thema Vergebung vor Vergeltung gestellt und praktisch zelebriert wird, bewirkt Kubo – Der tapfere Samurai, dass der Stärkere immer derjenige ist, der verzeihen kann und Liebe im Herzen trägt.
Bild- und Tonqualität
Das Bild von Kubo – Der tapfere Samurai liefert absolut satte Farben, die jede Szene an jedem der bunten Schauplätze zum Leben erweckt. Die Auflösung erreicht nicht ganz die Qualität von volldigitalen Animationsfilmen, reicht aber locker aus, um die feinen Details in Käfers Rüstung oder auch am Sandstrand locker zu offenbaren. Die Bildruhe ist dazu hervorragend un zeigt kein Rauschen und keine Körnung. Manchmal könnte Schwarz noch etwas knackiger sein, doch insgesamt ist der Kontrastumfang wirklich gut.
Akustisch liegt zwar erneut eine Differenz zwischen Originalspur in dts-HD-MA und deutscher Fassung in dts-only vor, doch die Unterschiede sind so marginal, dass man schon sehr genau hinhören muss, um sie zu erkennen. Beide Tonspuren von Kubo – Der tapfere Samurai leben von ihren bisweilen dynamischen Actioneinlagen, der sanften bis dynamisch trommelnden fernöstlichen Musik, die sich gleichmäßig und effektvoll über alle Lautsprecher legt und einer schönen Atmosphäre, die authentische Umweltgeräusche ins Heimkino transportiert. Die deutschen Dialoge sind allerdings gerade in den dynamischeren Sequenzen etwas zu leise geraten. Erstmals richtig gruselig und mit direktionalen Effekten angereichert wird’s wenn Kubos Tanten auftauchen und ihm nach dessen zweiten Auge trachten. Richtig fett wird’s dann, wenn das Trio in die Höhle des Skelett-Monsters einbricht und dieses kurz darauf zum Leben erweckt wird (43’30).
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Kubo – Der tapere Samurai findet sich ein Audiokommentar des Regisseurs sowie drei Featurettes. Das vierteilige „Kubos Reise“ nimmt dabei den Löwenanteil ein. Während der gut 30 Minuten Laufzeit erzählt Regisseur Travis Knight, dass es bisher das bei Weitem ambitionierteste Werk der Laike-Schmiede war. Von der Recherche der kulturellen Aspekte über die Arbeit mit dem Origami, bis hin zu den unfassbar detaillierten Bauten, Kostüme und Sets. Dazu die Realisierung des sechs! Meter großen Skelett-Monsters, der ebenfalls komplett in Stop-Motion-Technik entstand. In „Regionen der Erde“ geht’s um die verschiedenen „Drehorte“, was ebenfalls eine große Herausforderung darstellte, weil man ca. 80! Sets bauen musste. „Mythos von Kubo“ letztlich kümmert sich um den Inhalt der Story und die verschiedenen Motive, die ihr zugrunde liegen.
Fazit
Nichts gegen Zoomania, der bei der diesjährigen Oscar-Verleihung den Titel des besten Animationsfilms gewann, aber Kubo – Der tapfere Samurai hätte diese Trophäe schon wegen dem fantastischen Aufwand, den die Stop-Motion-Animateure in ihn gesteckt haben, ebenfalls hochverdient gehabt. Eine absolute Empfehlung für die Fans des Studios und vor allem für Freunde gut erzählter Geschichten mit detailverliebter Ausstattung.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 60%
Film: 90%
Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Travis Knight
Sprecher: Ben Hadad, Nana Spier, Benjamin Völz, Katrin Fröhlich, Stefan Bräuler
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 102
Codec: AVC
FSK: 6