Land Ho!

DVD Review

Land ho Blu-ray Review Cover
Sony Pictures Home, seit 30.04.2015

OT: Land Ho!

 


Elvis schwebt raus aus dem Gebäude

Wenn zwei ältere Herren nach Island reisen und dort den einen oder anderen Joint konsumieren, ist ein vergnüglicher Filmabend garantiert.

Inhalt

Zwei Erster-Klasse-Tickets nach Island – Rentner Mitch hat seinen Ex-Schwager (die beiden waren mal mit zwei Schwestern verheiratet, bis der eine sich scheiden ließ und der andere zum Witwer wurde) mal eben luxuriös auf die kleine Insel eingeladen. Dort angekommen hat Mitch vor allem eins im Sinn: einen oder auch zwei draufmachen. Dass Colin eher der zögerlich-konservative ist, stört Mitch nur bedingt, immerhin hat er ein vereinnahmendes Wesen und übernimmt das Reden und die Kontrolle. Die vollkommen konträren Typen kebbeln sich zwar hin und wieder, erleben aber alles in allem einen absolut außergewöhnlichen gemeinsamen Urlaub …

Land Ho! ist ein durchgängig charmanter, manchmal subtil aber oft vordergründig witziger Mix aus Komödie und Road Movie. Der Film lebt von seinen beiden vollkommen gegensätzlichen Typen, die schon beim Interpretieren von Gemälden unterschiedlichere Meinungen kaum haben könnten. Während Mitch die nackte Frau auf dem Kunstwerk als Lustobjekt mit festen Brüsten und einem Nabel sieht, in dem man zwei Tequilas versenken könnte, meint Colin erkennen zu können, dass es sich um ein gequältes Selbstporträt einer misshandelten Frau handelt. Es sind Momente wie diese, die einen beiläufigen Humor etablieren, der zu einem Dauerschmunzeln einlädt – perfekt transportiert von zwei Hauptdarstellern, die treffender kaum ausgewählt hätten sein können. Vor allem Earl Lynn Nelson, der gerade mal drei Filme in seiner Vita hat, geht vollkommen auf in seiner extrovertierten und frauenverliebten Rolle. Wie ein Walter Matthau auf Koks wirbelt er durch Land Ho! und hat mit seiner überdimensionierten Brille etwas von Martin Scorsese. Seine permanenten Penis- und Geschlechtsteilallegorien KÖNNTEN peinlich wirken, sind es aber nicht – sind es auch deshalb nicht, weil er in Paul Eenhoorn einen adäquaten Gegenpol hat, dessen ruhige und konservative Art Mitchs leidenschaftlichen Sexismus entschärft.

Und dann gibt’s da großartige Szenen wie jene, als beide vor einem Geysir stehen und mit dramatischen “domdom domdom”-Beschwörungen dessen Ausbruch provozieren wollen. In solchen Momenten weiß man: Es gibt auch noch so etwas wie eine heile Welt im Film und manchmal ist es gar nicht schlecht, diese auch zu zeigen. Überdramatische oder gekünstelt-tragische Höhepunkte? Gibt es in Land Ho! nicht – und das ist gut so. Der Film wirkt immer mal wieder wie eine Rohdiamant-Version der Matthau/Lemon-Filme – auch weil die Kamera oft eine pseudokumentarische Haltung einnimmt und die beiden Protagonisten mehr beobachtet als inszeniert. Vor allem die extremen Naheinstellungen wirken authentisch, echt und unmittelbar. Natürlich tut sie das immer nicht die ganze Zeit und so sind gerade die Landschaftsaufnahmen der isländischen Gegend einfach großartig. Und trotzdem das Wetter während der Dreharbeiten nur bedingt bombig war, verspürt man augenblicklich die Lust, dieses rohe und ungezähmte Land zu bereisen. Das Außergewöhnliche an Land Ho! ist, dass es im Grunde keinen echten Spannungsverlauf gibt, keine komplexe Handlung im Hintergrund. Aaron Katz und Martha Stephens, die beiden Regisseur/innen, lassen ihren Film improvisiert wirken und erleiden damit zu keiner Zeit Schiffbruch. Im Gegenteil: Während viele Filme gekünstelt wirken, sobald man ihnen den Touch der Improvisation gibt, erscheint das Geschehen in Land Ho! jederzeit authentisch und trotz des scheinbar belanglosen Gequatsches hört man den beiden alten Herren und ihren Geschichten nur zu gerne zu.

Bild- und Tonqualität

Die DVD von Land Ho! hat ein nicht immer scharfes, relativ unruhiges – manchmal artefaktet es sogar (Himmel: 84’35) und etwas kontrastarmes Bild  Das hilft während der Außenaufnahmen, die Stimmung des schroffen Landes zu intensivieren, sieht aber nicht gerade toll aus. Die Farben sind eher blass und bedienen sich aus einer warmen Palette. In Sachen Ton bleibt Land Ho! eher frontbezogen, bezieht die hinteren Lautsprecher vor allem während der Filmmusik mit ein. Dann scheppert der Subwoofer allerdings ein bisschen grummelig vor sich hin. Differenziert und ausgewogen klingt das nicht. Dafür sind die Dialoge der recht gelungenen Synchronisation sehr gut verständlich.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Land Ho! warten neben einem Kommentar von Kommentar von Paul Eenhoorn, Earl Lynn Nelson, Martha Stephens und Aaron Katz noch entfernte Szenen sowie Fragen & Antworten beim Los Angeles Film Festival. Hier stehen ebenfalls Paul Eenhoorn, Earl Lynn Nelson, Martha Stephens und Aaron Katz, ergänzt um Elizabeth McKee Rede und Antwort.

Fazit

Es gibt ein paar Filme, die bedingungslos positiv sind – die so positiv sind, dass man dauernd nach dem Haken sucht, weil man denkt, es müsse doch noch was dramatisches passieren. Das Paradebeispiel dafür ist Mit Herz und Hand (“The World’s Fastest Indian”) mit Anthony Hopkins. Ab heute gesellt sich Land Ho! dazu, der zwar roher und ungeschliffener ist, aber ebenfalls für ein durchgängig positives Erlebnis sorgt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 40%
Film: 85%

Anbieter: Sony Pictures Home
Land/Jahr: USA/ISLAND 2014
Regie: Aaron Katz, Martha Stephens
Darsteller: Paul Eenhoorn, Earl Lynn Nelson, Karrie Crouse, Elizabeth McKee, Alive Olivia Clarke
Tonformate: Dolby Digital 5.1: de, en, sp
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 91
Codec: AVC
FSK: 6

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